Ich habe über die Wahl des Themas und auch des Titels nachgegrübelt.
Anlass zu diesem Thread war meine Arbeit am Tamino Opernführer für den ich in Zukunft wieder gelegentlich Beiträge schreiben werde.
Ich arbeite derzeit an der Inhaltsangabe der Schubert-Oper "Alfons und Estrella" von Franz Schubert nach einem Libretto von Franz Schober, einem Werk , das nicht mal in jedem Opernführer verzeichnet ist.
Was als Pflichtübung begann, - ich habe die Arbeit immer wieder verschoben - endete in Begeisterung.
Ursprünglich war ein Thread über Schuberts Opern geplant - aber vielleicht haben zu wenige Mitgklieder je eine gehört (?)
Die nächste Alternative wäre ein Thread über "Vergessene Opern" allgemein gewesen - aber auch diese Lösung befriedigte mich nicht. Letztendlich sieht der Kompromiss folgendermaßen aus: Ich beginne hier einen Thread über "weniger gespielte" deutsche Opern - mit der Option einen ebensolchen über Italienisch Oper folgen zu lassen . Wenn mich mien Gedächtnis nicht trügt, habe ich etwas vergleichbares zur französischen Oper schon vor Jahren gestartet - ein "Renner" dürfte das nicht gewesen sein.....
Zurück zum Thema:
Wenn wir uns fragen, welche Opern in deutscher Sprache denn eher im Hintergrund stehen, dann wäre die Antwort leichter - wenn wie die Frage stellen - was denn haute überhaupt noch auf den Spielplänen steht. Natürlich Richard Wagner (der ja einen Sonderfall darstellt), dann natürlich Mozart (Zauberflöte - Entführung ) Beethoven, Richard Strauß.
Dann gibt es noch viele Werke die namentlich bekannter Komponisten - Lortzing - Dittersdorf - Flotiow - Schubert -Kienzl - Nicolai ) und dann noch all jene, von denen nur Spezialisten den Namen kennen und Tonaufnahmen nur uin der Vergangenheit angefertigt wurden. Nicht alles ist "zu Unrecht" vergessen - manches aber würde vermutlich heute von einem Teil des Publikums willkommen geheissen.
Ich beginne am besten gleich bei Schubert - und hier mit "Alfonso und Estrella"
Wie konnte es sein, daß einer der beliebtesten Komponisten des 19. Jahrhunderts de facto mit ALLEN seinen Opern und Singspielen - und mir sind immerhin 8 vollendete bekannt - Schiffbruch erlitten hat. So wurde "Alfonso und Estrella" bereits 1822 vom Wien "Theater am Kärntnertor (relativ nahe der heutigen Staatsoper - die damals noch nicht erbaut war) abgelehnt wurde.
Manchal wir das auf das angeblich schwache Libretto geschrieben, manchmal auf die angeblich zu wenig dramatische Musik Schuberts. Ich finde jedoch, daß die Geschichte zwar durchaus Clichécharakter hat, aber nicht schwächer und nicht stärker ist als vieles was heute als erfolgreich gilt. Zudem ist sie überschaubar und meiner Meinung nach durchaus bühnenwirksam.
Die Ouvertüre ist meiner Meinung nach ein wenig nichtssagend und steht in keinem Verhältnis zu den wunderbaren - teilweise sehr liedhaft angelegten Arien - die nun folgen werden.
Weiters wird dem Werk - beispielsweise ein "Mangel an Virtuosität" nachgesagt. Das mag sein - der Wirksamkeit tut die indes keinen Abbruch. Zudem konnte ich vereinzelt durchaus Arien mit dramatischem Charakte finden.
Ich habe zahlreiche Parallelen zu anderen Werken festgestellt so beispielsweise die Rachearie des Adolfo:
"Ja meine Rache will ich kühlen
Sie lodre auf in blutger Tat
Um Deine Krone will ich spielen
Du stolzer, frecher Mauregat"
Immerhin lehnt sich hier ein erfolgreicher Feldher gegen seinen König auf -
ein Wunder daß die österreichische Zensur die Stelle durchgehen liess.
Die Balldade des Froila
"Der Jäger ruhte hingegossen"
wo eine schöne Truggestalt den jungen Jägerburschen auf ihr virtuelles Schloß lockt,
wo sich dann alles in Luft auflöst und der Jäger in die Todesschluch stürzt
steht in der Tradition eines Carl Loewe
Manches findet sich von Weber - vor allem die Liebe zu volkstümlichen Chorszenen, wir werden mit der Einsamkeit der Herrschenden konfrontiert, die Verdi in seiner Arie des König Philipp "Sie hat mich nie geliebt" ungleich düsterer dargestellt hat, aber die Arie "Nur bewundert von dem Neide - bin ich auf den Thron gestellt" hat auch ihre Reite. Schubert ist eben nicht Verdi - und er versucht ihm auch nicht nachzueifern,
Es ist überliefert, daß Schubert und Schober mit "Alfonso und Estrella" einen eigenständigen Stil kreieren wollten. Allein- das scheint nicht funktioniert zu haben.
Ich halte diese Aufnahme für einen unwiederholbaren Idealfall in der Besetzung.
mfg aus Wien
Alfred
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