Lieber Orfeo,
herzlichen Dank für diese Übersicht, die das Suchen sehr erleichtert. Und besonders noch herzlicheren Dank für diese kenntnisreiche Fleißarbeit!
Carlo
Lieber Orfeo,
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Carlo
Lieber Orfeo,
herzlichen Dank für diese Übersicht, die das Suchen sehr erleichtert. Und besonders noch herzlicheren Dank für diese kenntnisreiche Fleißarbeit!
Carlo
Dem möchte ich mich anschließen: Ein toller und hochinteressanter Thread, lieber Orfeo!
Und dann fiel mir ein: "Final Alice" von David del Tredici (1937-2023), eine Oper in Konzertform für Sopran, Folkensemble und Orchester! Ein kurzes Stück von ca. einer Stunde. Aber Barbara Hendricks alleine ist hörenswert.
Die Aufnahme unter Sir Georg Solti (Chicago Symphony Orchestra) Barbara Hendricks gibt es leider nicht (mehr) bei JPC.
Die Aufnahme unter Sir Georg Solti (Chicago Symphony Orchestra) Barbara Hendricks gibt es leider nicht (mehr) bei jpc.
Lieber KarmaPemaDorje, aber noch das Covera!
Barbara Hendricks, Chicago Symphony Orchestra, Georg Solti
LG Fiesco
Odysseus und Nausikaa
Zwei vollkommen unterschiedlichen Darstellungen der Episode aus Homers Odyssee lernt man in den Opern von Peggy Glanville-Hicks und August Bungert kennen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie beide eklatant von Homers Vorlage abweichen. Die eine endet mit der Hochzeit Nausikaas, die andere mit deren Suizid.
Wer hat nicht "Die Sagen des Klassischen Altertums" von Gustav Schwab gelesen? Hier kann man sich die entsprechenden Episoden aus dem II. Buch "Odysseus" nochmals in Erinnerung rufen
es folgen mehrere Kapitel, in denen Odysseus u.a. seine Begegnungen mit Circe, Kalypso und den Sirenen während seiner Irrfahrt schildert bis zum Kapitel “Odysseus verabschiedet sich von den Phäaken“, oder, wer am Original hängt, liest direkt bei Homer
Kurzfassung der für die Opern relevante Episode: Gemäß Homer bricht die junge Nausikaa, im Traum durch Pallas Athene dazu ermuntert, morgens mit ihren Dienerinnen zum Strand auf und wäscht dort mit ihnen am Fluss in der Nähe des Strandes Wäsche und sie spielen mit einem Ball. Durch das Kreischen der Mädchen, als der Ball weit wegfliegt, wird ein unbekleideter Schiffbrüchiger geweckt, der in einem nahe gelegenen Gebüsch vor Erschöpfung eingeschlafen war. Die anderen Mädchen fürchten sich vor ihm, Nausikaa jedoch hat keine Angst. Sie gibt ihm zu essen und Kleidung. Danach weist Nausikaa ihm den Weg zum Haus ihres Vaters, wo der Fremde sich während des Gastmahls als Odysseus zu erkennen gibt und über seine Irrfahrt berichtet. Mit Geschenken überhäuft verabschiedete sich Odysseus schließlich von den gastfreundlichen Phäaken und setzt mit deren Hilfe seine Reise in die Heimat fort.
I.
Nausicaa
Oper in drei Akten von Peggy Glanville-Hicks
Der größte Teil des Librettos basiert auf Robert von Ranke-Graves‘ Roman „Homer's Daughter“ aus dem Jahr 1955 und wurde von Ranke-Graves selbst und dem Librettisten Alastair Reid geschrieben. Der Roman ging von der amüsanten Idee aus, dass die Odyssee nicht von Homer, sondern von einer griechischen Prinzessin auf Sizilien geschrieben wurde. Der Roman ist eine völlig spekulative Rekonstruktion dessen, wer diese ominöse Frau war und warum sie ein solches Werk schrieb. Die Idee, dass eine Frau die Werke Homers schrieb, tauchte ursprünglich schon bei Samuel Butler auf, der diese Theorie in „Die Autorin der Odyssee“ (The Authoress of the Odyssey, 1897) entwickelte. Ranke-Graves ging in seinem Roman auf Butlers Theorie ein.
Die Komponistin Glanville-Hicks hatte schon lange vor der Konzeptualisierung ihrer Oper Nausicaa ihr Interesse am literarischen Werk des Schriftstellers Robert von Ranke-Graves bekundet (“Ich, Claudius, Kaiser und Gott” machte ihn auch in Deutschland bekannt). Graves akzeptierte die Anfrage der Komponistin für eine Vertonung und sie arbeiteten von 1956 bis 1958 gemeinsam mit dem Librettisten Alastair Reid am Libretto der Oper.
Die Texte der Solisten sind auf Englisch und die Chöre auf Griechisch.
Die Vorgeschichte in der Oper
Im kurzen Prolog der Oper unterhält sich Nausikaa mit dem Sänger Phemius über die Rolle, die Penelope in der Odyssee spielt.
Handlung
König Alcinous ist von der Suche nach seinem vermissten Sohn Laodamas nicht zurückgekehrt. Seine Tochter Nausicaa und ihre Mutter, Königin Arete, befürchten, dass Alcinous inzwischen tot ist und wissen nicht, wie sie sich der Freier um Nausikaas Hand, die die Abwesenheit Königs ausnutzen, erwehren sollen.
Als ein angeblicher Adliger aus Kreta namens Aethon (der ursprüngliche Odysseus) nach einem Schiffbruch an einem Strand auftaucht und um Schutz und Hilfe bittet, nimmt Nausicaa sein plötzliches Erscheinen als Antwort der Göttin Athenas auf ihr Bitte um Hilfe und beschließt, Aethon als Bettler verkleidet in den Palast zu bringen. Aethon gelingt es schließlich, den Anweisungen der Göttin Athene folgend, die Freier zu beseitigen. Aethon bekennt dann seine Liebe zu Nausicaa und Königin Arete entdeckt seine wahre Identität. Nausicaa kündigt an, dass jeder Verehrer, dem es gelingt, den im Palast befindlichen Großen Bogen des Herkules zu spannen, sie zur Frau nehmen kann. Da Königin Arete befürchtet, dass es einem der Freier gelingen könnte, den Wettbewerb anstelle von Aethon zu gewinnen, arrangiert sie sofort die Hochzeit von Nausicaa und Aethon nachdem ihr ein Orakel verkündigt hat, dass eine Hochzeit noch in dieser Nacht das Problem lösen würde. Anschließend gewinnt Aethon den Kampf gegen die Freier und tötet einen nach dem anderen. Durch Nausikaas Eingreifen bleibt der mit den Freiern sympathisierende Sänger Phemius am Leben. Der König kehrt zurück und beschließt, seine Tochter für ihre Tapferkeit zu belohnen. Nausikaas Wunsch ist es, dass Phemius fortan ihre eigene Version der Geschichte (ohne Penelope) singt. Alcinous akzeptiert ihren Wunsch und die Oper endet in einer Atmosphäre allgemeiner Heiterkeit.
Die Oper wurde 1961 in Athen uraufgeführt, wobei die Sopranistin Teresa Stratas die Titelrolle im Odeon des Herodes Atticus verkörperte.
Davon gibt es eine CD mit Highlights “Nausicaa - Scenes From The Opera“
Trotz ihres damaligen Erfolgs wurde die Oper seit 1961 nicht mehr aufgeführt.
II.
Homerische Welt (Die Odyssee: Teil II) - Nausikaa
August Bungert
Angaben zum Komponisten August Bungert (1845-1915)
Der Name und das Werk des Komponisten, werden wohl nur Musikkennern bekannt sein. Dabei verglichen die zeitgenössischen Musikkritiker ihn wegen seines Opernzyklus Odysseus sogar mit Richard Wagner und dessen Ring des Nibelungen. Sein erster Durchbruch gelang ihm, als er in den frühen 1870er Jahren zwei Kompositionswettbewerbe gewann, in deren Jury auch Johannes Brahms und Franz Liszt saßen. Das Preisgeld ermöglichte ihm einen Aufenthalt in Italien, wo er mit der Prinzessin zu Wied und späteren rumänischen Königin auf eine Seelenverwandte und Förderin traf, mit der ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Nicht wenige der Gedichte, die sie unter dem Künstlernamen Carmen Sylva schrieb, wurden durch Bungert vertont. 1880 begann August Bungert mit der Konzeption des mehrteiligen Opernzyklus „Homerische Welt“ einen Versuch, den Kosmos der griechischen Mythologie und Sagen aus „Ilias“ und „Odyssee“ auf die Bühne zu bringen. Die Vertonung der „Odyssee“ umfasst vier Opern, die "Ilias" blieb dagegen nur Konzept. Mit den antiken Legendenstoffen traf Bungert den damaligen Zeitgeist und wurde berühmt. Die Dresdner Hofoper zeigte sich bereit, den vierteiligen Opernzyklus „Die Odyssee“ uraufzuführen. 1896 gab es „Odysseus Heimkehr“, 1898 „Kirke“, es folgte 1901 „Nausikaa“ und den Uraufführungsreigen schloss 1903 „Odysseus Tod“ ab. Die Hamburger Oper spielte die drei ersten Opern in den darauf folgenden Jahren nach. In Berlin kam es 1899 dagegen nur zu einer Inszenierung von „Odysseus Heimkehr“. Die Odysseus-Opern erlebten zwischen 1896 und 1903 fast 100 Aufführungen an namhaften deutschen und europäischen Häusern und brachten dem Komponisten ein ansehenliches Vermögen ein. Carmen Sylva wurde die treibende Kraft des 1911 vom Musikwissenschaftler Max Chop gegründeten Bungert-Bundes, der unter anderem vorsah, nach dem Vorbild der Bayreuther Wagner-Festspiele in Bad Godesberg Bungert-Festspiele zu inszenieren. Noch einmal versuchte sich die Kölner Oper 1903 an „Odysseus Heimkehr“ und markierte damit den Schlusspunkt der szenischen Aufführungsgeschichte von Bungerts vierteiligem Zyklus, den er pathetisch das „Riesenwerk meines Lebens“ nannte, während ein Kritiker die Opern als „mythologisches Varieté“ bezeichnete. Bungert galt in dieser Zeit als Antipode von Richard Wagner. Wagners Werke hatten Themen aus der nordischen Mythologie zum Gegenstand, Bungerts Libretti bezogen ihre Stoffe hingegen aus der griechischen Klassik.
Eine gewisse Nähe zu Richard Wagner erkennt man auch in Bungerts Texten:
und im an Isolde erinnerenden Schlussgesang Nausikaas
Henry Chevalier schrieb 1898 im Hamburger Abendblatt: „Es ist wirklich ein Missbrauch Homerischer Ideen, der hier getrieben wird. Dazu eine schwülstige, halb sentimentale, halb hohl pathetische, in sich stillose und dem Geiste des Originals direkt entgegenarbeitende Musik, die Nesslersche Gefühle und Gefühlchen in einen aufgedonnerten Mantel steckt. Ein Riesenapparat ist dauernd in Bewegung und als Resultat eine bleierne Monotonie. Was die Leute da in langen Reimen und Liedern singen, ist so entsetzlich gleichgültig; sie könnten Kochbuchrezepte singen mit demselben Eindruck. Es ist auch nicht ein neuer Klang, nicht eine neue melodische Linie in dieser Musik; lauter alte Formeln in Harmonie und Melodik sind es, die das ganze Werk beherrschen.“
Eine glühende Bungert-Verehrerin war allerdings die Wagnersängerin Lilli Lehmann, die seine Lieder schätzte.
1903 schrieb Wilhelm Kleefeld in Bühne und Welt über den Komponisten: „Schade, dass bei ihm das Können nicht im rechten Verhältnis zum Wollen steht. Bungert ist ein ansprechendes Talent für Liedmalerei, für feinen Nippes und Tonmosaiken; die Kraft des Bahnbrechers, der er sein möchte, geht ihm ab. Hätte sich der rheinische Sänger von Liebe und Wein, der namentlich durch geschickte Vertonung zahlreicher Carmen Sylva-Lieder sich einen klangvollen Namen erworben hat, auf dieses sein ureigenstes Gebiet beschränkt, er hätte darin wirklich Hohes erreichen können. In seinen Opern bleibt seine Kunst am Äußerlichen haften und kann den Hörer nicht packen und ergreifen.“
Bungerts mangelnde Begabung, wirkungsvolle Gesangstexte zu schreiben, wird auch an einem Zitat aus „Odysseus Heimkehr“ deutlich: „Eine Sphinx hier! Hohe Brüste, Rauschgieraugen! Tigertatzen! Trinkst du dieser Brüste Lüste, werden dich die Tatzen kratzen.“
Allgemeine Angaben zur Oper:
Homerische Welt (anderer Titel: Die Odyssee) ist eine Opern-Tetralogie, Libretto von August Bungert
1. Teil: Kirke, Musik-Tragödie in 3 Akten, op. 30/1, uraufgeführt 1898 in der Hofoper Dresden
2. Teil: Nausikaa, Musik-Tragödie in 3 Akten, op. 30/2, uraufgeführt 1887 in Leipzig (Erstfassung); am 20. März 1901, Hofoper Dresden (Zweitfassung)
3. Teil: Odysseus’ Heimkehr, Musik-Tragödie in 3 Akten, op. 30/3, uraufgeführt 1896 in der Hofoper Dresden
4. Teil: Odysseus' Tod, Musik-Tragödie in 3 Akten, op. 30/4, uraufgeführt 1903 in der Hofoper Dresden
Im Jahre 1885 veröffentlichte August Bungert im Verlag von Friedrich Luckhardt die Erstfassung eines Librettos seiner vierteiligen „Homerische Welt“. Er wählte „Nausikaa“ als Ausgangspunkt, von dem aus sich das Konzept allerdings in den nächsten Jahren wesentlich verschieben sollte. Als die Opern von 1896 bis 1903 in Dresden, Berlin und Hamburg über die Bühnen ging, handelte der erste Teil von Kirke, der zweite von Nausikaa, der dritte von Odysseus’ Heimkehr und der vierte von Odysseus’ Tod (der bei Homer nicht vorkommt). Auch in der Ideenwelt hatte sich seit 1885 viel verändert; aus der Betonung des Lebens als Leiden und der Kunst als Tröstung wurde nach Bungerts Bekanntschaft mit Friedrich Nietzsche eine immer stärkere Akzentuierung des aktiven, handelnden Menschen und der selbstständigen Gestaltung des eigenen Geschicks.
Libretto der Oper mit einem Vorwort von August Bungert
Es gibt keinerlei Tonaufzeichnungen der Oper.
Zu August Bungert gibt es im Forum einen Thread: "Der Mann, der Richard Wagner übertreffen wollte".
Eine ausführliche Inhaltsangabe der Oper befindet sich außerdem im Tamino-Opernführer.
Lieber Carlo und lieber Tristan2511
Danke für das Lob. Das war Ansporn für den soeben neu eingestellten Beitrag über Odysseus und Nausikaa.
Charles Gounod
Ulysse
“Musique de scene“ für das gleichnamige Drama in fünf Akten von François Ponsard
UA 18. Juni 1852 Theâtre Francais, Paris
Der „Ulysse“ stieß bei seiner Premiere an der Comédie-Française im Jahr 1852 auf gnadenlose Ablehnung, was hauptsächlich an der Arbeit Ponsards lag. Ponsard bearbeitete nicht den antiken Text selbst, sondern eine Prosaübersetzung von Anne Dacier aus dem Jahr 1716. Leidtragender war Gounod, denn seine Musik setzte kein Libretto in Szene, sondern begleitete musikalisch das Geschehen auf der Bühne und war alleine ziemlich wirkunglos.
Es gibt fast keine Dokumentation zu seiner Komposition, der Dramentext ist zwar erhalten, ebenso der 140-seitige Klavierauszug , aber ansonsten findet sich außer "Le chant d'Ericlée" nichts an Tonaufzeichnungen. Sogar die Website charles-gounod.com erwähnt den Ulysse nur mit zwei mageren Zeilen.
Also müssen wir uns begnügen mit dem einzigen Tondokument bei YT
Le chant d'Euryclée aus Ulysse
Text: François Ponsard, Musik: Charles Gounod
Je vous plains ô veuve désolée
Vous aviez un mari vaillant dans la mélée
Sage dans le conseil
Celui qui doit entrer dans ta couche déserte
Ne t'égalera pas, noble fils de Laerte,
Ulysse aux Dieux pareil.
Vous quitterez Ithaque et ses fertiles plaines
Et cette chambre antique où vous filiez vos laines
Pour un foyer lointain
Votre nouvel époux sera méchant peut être
Il va vous maltraiter et vous parler en maitre
D'un ton dur et hautain.
Weiterführung der Beiträge zum Thema Die Odyssee #389, #395, #397
Rolf Riehm
I.
Das Schweigen der Sirenen
Musiktheatralische Komposition für 4 Sänger, 2 Sprechstimmen und Orchester (1994)
Auftrag der Staatsoper Stuttgart - UA 9. Oktober 1994 nach der gleichnamigen Erzählung von Franz Kafka
In dem Epos "Die Irrfahrten des Odysseus" wird unter anderem davon berichtet, wie sich Odysseus und seine Männer vor der Verlockung der Sirenen schützen, indem den Männern Wachs in die Ohren gestopft wird und Odysseus, der den Sirenengesang hören möchte, am Mast angekettet wird. Der als Vernichtungswaffe eingesetzte Gesang der Sirenen sollte so wirkungslos bleiben.
Kafka nahm in einer Erzählung eine Äderung vor, indem Odysseus beide Schutzmittel an sich selbst erprobte; Mitstreiter und Begleiter gibt es nicht. Er wähnte sich durch die Mittel Wachs und Ketten vor dem Gesang geschützt und passierte die Gewässer der Sirenen unbeschadet und frei. Die Sirenen allerdings fielen nicht auf die List des Helden herein und gaben gar keinen Laut von sich, denn eine noch schrecklichere Waffe als der Gesang ist das Schweigen der Sirenen. Das führte aber bei Odysseus dazu, dass er fälschlicherweise glaubte, die Sirenen durch seine List besiegt zu haben.
Der ursprünglich titellose Text Kafkas entstand 1917 und wurde von Max Brod aus dem Nachlass ediert und mit „Das Schweigen der Sirenen“ betitelt. Ein überlieferter Anhang zu der Geschichte sagt, dass Odysseus sehr wohl bemerkte, dass die Sirenen schwiegen, dies aber mit List verbergen konnte.
Wenn Riehm sich 20 Jahre später in einem Auftragswerk für die Oper Frankfurt erneut dem Thema “Sirenen“ nähert, dann mit weiter gesteigerten Ambitionen.
II.
Sirenen – Bilder des Begehrens und des Vernichtens
Uraufführung am 14. September 2014 in Frankfurt
Riehm schrieb sein eigenes Libretto auf der Grundlage mehrerer Texte, die sich auf die Begegnung von Odysseus und Kirke mit den Sirenen beziehen, wie sie in Homers Odyssee erzählt wird. Er nutzte dabei zusätzlich Textelemente von Karoline von Günderrode, Giovanni Pascoli und Isabelle Eberhardt und beleuchtete verschiedene Aspekte des Mythos. Riehm arbeitete zwischen 2010 und 2013 an der Komposition. Riehm arbeitete zusammen mit dem Dirigenten an der Partitur und nahm noch in der letzten Probenphase Änderungen vor. Der Komponist traf die Sänger der Uraufführung, insbesondere Tanja Ariane Baumgartner und Lawrence Zazzo, die die beiden Hauptfiguren sangen, und schrieb ihre Rollen für ihre spezifischen Stimmen. Die Stimme des Odysseus ist eine Mischung aus der Sprechstimme eines Schauspielers (in Frankfurt bei der UA: Michael Mendl) und dem ausdrucksstarken Gesang eines Countertenors. Die Oper wurde von Casa Ricordi veröffentlicht.
Zu den Instrumenten gehören neben Streichinstrumenten auch archaische Holzbretter, eine Singende Säge, ein Akkordeon und ein Klavier. Der erste Teil der Oper spielt auf Circes Insel Aiaia (Circes Lamento). Der zweite Teil beginnt mit dem Gesang der Sirenen. Kirke, Odysseus und Telegonos dominieren die Schlussszene.
Handlung
Kirke ließ auf Befehl der Götter ihren geliebten Odysseus ziehen. Damit er zu ihr zurückfinden würde, verriet sie ihm das Geheimnis, den betörenden Gesang der Sirenen zwar zu hören, aber dennoch dem Tod entgehen zu können. Kirke entledigt sich so ihrer Konkurrentinnen, die sterben müssen, wenn es ihnen nicht gelingt, mit ihrem Gesang die Besucher zu bezirzen, um sie später aufzufressen. Odysseus überlebte, kehrte aber nie zu Kirke zurück.
Kirkes Hoffnung, Odysseus, der mit ihr Telegonos[*] gezeugt hatte, werde wieder zurückkehren, erfüllt sich also nicht. Sie schickt daher später Ihren und Odysseus‘ erwachsenen Sohn aus, um Odysseus zu suchen. Telegonos landet auf Ithaka, begegnet dem Vater, ohne ihn zu erkennen, und durchbohrt ihn mit dem Speer, den dieser bei Kirke zurück ließ. Die Verletzung wird zum Tod führen. Telegonos begleitet den Sterbenden, der bis in den Tod getrieben ist von dem unbändigen Verlangen, durch die Sirenen die Wahrheit über die Welt zu erfahren. In seinen Gedanken macht sich Odysseus auf eine Reise zu den Sirenen, auf der ihm niemand folgen kann. Er erreicht das Land, in dem die Lebenden zu den Toten sprechen. Dort erwartet ihn Kirke, die er einst verließ und vergaß.
Mehr Informationen zur Oper im Magazin der Oper Frankfurt September/Oktober 2014 ab Seite 6
Dazu eine Besprechung der Frankfurter UA im Online Merker.
Sogar die Bild-Zeitung ließ sich zu einer Kritik hinreißen: "Sie waren die geilste Gruppe der Antike. Spice Girls ein Dreck dagegen. Ihr Gesang war unwiderstehlich. Fans aber fanden durch sie nur den Tod" ..... "Schräge, schrille, nervende Töne. Selbst ein Blecheimer kommt zum Einsatz. Behämmerte Holzbohlen zählen zu den Instrumenten." Aber der Rezensent Dr. Josef Becker fand trotzdem auch lobende Worte“Lawrence Zazzo als bezaubernd singender Odysseus ist ein wunderbarer Stimmartist, Tanja Ariane Baumgartner beeindruckt als Kirke mit irrem Stimmstakkato.“
Rolf Riehm betonte immer wieder, dass der zweite Teil des Titels (Bilder des Begehrens und des Vernichtens) für das Verständnis der Oper wichtig sei.
Trailer zu »Sirenen – Bilder des Begehrens und des Vernichtens«|Oper Frankfurt
[*] Von Homer wird Telegonos nicht erwähnt. Erst das später zugefügte Ende der Theogonie von Hesiod führtrt ihn als einen Sohn von Odysseus und Kirke an. Laut der Telegonie schickte Kirke Telegonos, als dieser erwachsen war, auf die Suche nach seinem Vater Odysseus, der zu dieser Zeit schon nach Ithaka zurückgekehrt war. Ein Sturm trieb an die Küste Ithakas, von der er annahm, dass es sich um Kerkyra handele. Vom Hunger getrieben, stahl er die Früchte der Felder. Odysseus und sein ältester Sohn Telemachos verteidigten ihr Land, wobei Telegonos ahnungslos seinen Vater mit seiner Lanze tötete. Diese Waffe, an deren Spitze der giftige Dorn eines Stachelrochens befestigt war, erhielt Telegonos von seiner Mutter Kirke. Er brachte den Körper seines Vaters nach Kirkes Insel Aiaia zurück und nahm Odysseus’ Witwe Penelope und Telemachos mit sich. Kirke machte die beiden unsterblich und heiratete Telemachos, während Telegonos Penelope zur Frau nahm. Penelope gebar daraufhin Italus, welcher später die Tochter des Königs Latinus ehelichte.
Das war ein tolles Spektakel, bin wegen Lawrence Zazzo hin, aber das ganze war ein gelungenes Event!
Mit..... 1987 Europeras 1 & 2 von John Cage1986 Stephen Climax von Hans Zender2006 Caligula von Detlev Glanert gehört es zu meinen liebsten Uraufführungen die ich bis heute gehört habe !
LG Fiesco
Weiterführung der Beiträge zum Thema Die Odyssee #389, #395, #397ff
Odysseus und Kalypso
Odysseus auf Ogygia
Klaus Arp
Odysseus ist auf der Insel Ogygia bei Kalypso gelandet. Diese hofft, da sich in ihn verliebt hat, dass die Götter ihm Unsterblichkeit verleihen. Doch die Götter verlangen, dass er die Insel verlassen soll. Doch weder Kalypso noch Odysseus folgen dem Willen der Götter. Daraufhin lässt Hermes die toten Helden aus Troja auferstehen. In Odysseus entstehen jedoch bei ihrem Erscheinen erste Schuldgefühle. Erst als sein Sohn Telemach auf die Insel kommt und die Rückkehr nach Ithaka erbittet, nimmt er Abschied von Kalypso und will in Zukunft nur noch für den Frieden leben.
Die Musik der Oper wurde als „durchkomponierte Minimal Music“ beschrieben. Die melodischen Passagen sind ausdrucksstark, während die Gesangspartien im deklamatorischen Stil dem Text folgen. Die UA war 1989 in Koblenz.
Calypso - Sieg der Weisheit über die Liebe
Georg Philipp Telemann
TWV 21:19 (nur fragmentarisch erhalten, bisher keine Aufnahme)
Libretto Johann Philipp Praetorius nach John Hughes und François Fénelon
UA 18. Aug. 1727 Oper am Gänsemarkt, Hamburg
_ * _
Abschluss der Beiträge zum Thema Die Odyssee #389, #395, #397ff
Von der Odyssee inspiriertes Musiktheater im Laufe der Jahrhunderte
Es gibt mit hoher Wahrscheinlicheit noch paar weitere Titel. Wer fündig wird, kann sie ja hier im Thread einfügen.
Korrektur zu den Einträgen 8. und 9. oben
1681 del Gaudio - Ulisse in Feaccia
1681 Accaciuoli - Ulisse in Feaccia
Filippo Acciaiuoli (auch Filippo Acciaioli) war bekannt für das von ihm gegründete und geleitete Puppentheater, für welches er selbst Maschinen entwickelte und Stücke schrieb. In Venedig führte er 1681 Ulisse in Feaccia mit der Musik von Antonio dal Gaudio auf.
Die Komposition stammt also von Antonio dal Gaudio (ich schrieb falsch: del Gaudio), Accaciuoli hat zwar auch komponiert, in diesem Fall hat er aber die fremde Komposition nur aufgeführt.
Das Libretto gibt es hier: https://www.loc.gov/resource/m…tz.19666.0/?sp=4&st=image
Aber Antonio del Gaudio gibt es auch, der ist aber ein jetzt lebender Pianist und komponiert auch.
Manchmal gelingt mir ein Geschenk, das gar nicht beabsichtigt war. So gestern Abend im Staatstheater Mainz: normalerweise wird der "Pagliacci" von Ruggero Leoncavallo ja mit der "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni kombiniert, zwei kurzer Opern, die dann einen Abend füllen. Mainz macht Neues: als erstes wird die seltene Oper "Le Villi" von Giacomo Puccini gegeben. Dies war sein Erstlingswerk als Oper mit zarten 24 Jahren, eingereicht in einem Wettbewerb.
Natürlich noch kein Meisterwerk, aber Puccini konnte ich deutlich raushören und im Versimo schwelgen. Mainz hat für beide Stücke die gleiche Bühnengrundausstattung mit einem offenen neuen Gebäude gewählt, die moderne Inszenierung von Verena Stoiber war schlüssig, unterhaltsam und dienlich. Bei den Gesangsleistungen gab es unterschiedliche Qualitäten.
LE VILLI / PAGLIACCI (DER BAJAZZO) (Trailer aus dem Staatstheater Mainz)
In dieser Kombination kommt jedoch Bekanntes und Neues gut zusammen. Gerne wieder so ein Experiment!
Dies war sein Erstlingswerk als Oper mit zarten 24 Jahren, eingereicht in einem Wettbewerb.
....... eingereicht ja, aber weder gewonnen noch 2. oder 3. Platz sondern ...... disqualifiziert!
Lieber KarmaPemaDorje,
Puccini reichte „Le Villi“ für den ersten Musikwettbewerb der Casa Musicale Sonzogno ein, die im April 1883 für eine neue, unaufgeführte Oper „inspiriert von den besten Traditionen der italienischen Oper“ ausgeschrieben wurde. Zur Jury gehörte auch sein Lehrer am Konservatorium, Amilcare Ponchielli. Puccinis Einreichung wurde wegen Unleserlichkeit des Manuskripts jedoch disqualifiziert: .... The operas were then assessed by a panel consisting of the composers Ponchielli, Platania and Dominiceti, the conductor Franco Faccio and Galli himself. The rules prescribed that the two most praiseworthy works be produced consecutively, with the Milanese public being left to proclaim the outright winner. After some deliberation the jury was unanimous in its selection of Luigi Malpelli's "Anna e Gualberto" and Guglielmo Zuelli's "La fata del nord"; however, they also chose unanimously to reject Puccini's "Le villi" apparently because of the illegibility of the score. .... (zitiert aus Remo Nannetti "The Sonzogno Concorsi, 1884-1906").
Am 31. Mai 1884 wurde seine Erstlingsoper Le Villi im Teatro Dal Verme in Mailand in einer einaktigen Fassung uraufgeführt, die er aber nach der UA nochmals überarbeitete. Am 26. Dezember des gleichen Jahres (vier Tage nach seinem 26. Geburtstag) wurde die revidierte Fassung mit zwei Akten in Turin uraufgeführt.
Edison Denisov
L'écume des jours
Staatsoper Stuttgart, Foto-Copyright A.T. Schäfer
Der Schaum der Tage
"Drame lyrique" in 14 Bildern und sieben Intermezzi, mit einem Libretto Denisovs nach Boris Vians Roman L’écume des jours. UA am 15. März 1986 Opéra-Comique, Paris. Weitere Aufführungen gab es 1989 in Perm, 1991 in Gelsenkirchen, 1994 in Mannheim, 2012 in Stuttgart.
Der Roman wurde vorab in Auszügen in Sartres Les Temps Modernes abgedruckt und 1947 publiziert. Anfangs erfolglos, hat er ab den 1960er Jahren Kultstatus erreicht. Er wurde in die Liste der 100 Bücher des Jahrhunderts von Le Monde aufgenommen und wurde inzwischen dreimal verfilmt.
Nachdem der russische Komponist Denisov bereits 1973 einen Liederzyklus "La vie en rouge" auf Texte des französischen Jazzmusikers und existenzialistischen Dichters Boris Vian komponiert hatte, wählte er dessen Roman L’écume des jours zur Vorlage einer Oper. Er schrieb das Libretto in französischer Sprache selbst, integrierte darin einige von Vians Gedichten und nutzte dabei auch Gregorianischen Gesang und liturgische Texte.
Die Geschichte ist eine Ode ans Leben, die Nihilismus propagiert aber ebenso Kriege, Kapitalismus und das perverse Treiben der Medien verurteilt, ohne hierbei ihren Charme zu verlieren.
„Der Schaum der Tage“ ist eine wirkliche Perle der Weltliteratur und behandelt das Leben des jungen Colin, der ein dekadentes, sorgenfreies Leben, unbehelligt vom Leid der Welt führt. Als er Chloé kennenlernt, verlieben die Beiden sich unsterblich ineinander, doch das Glück ist nur von kurzer Dauer, denn die schönen Momente des Lebens währen oft nur kurze Zeit, sie vergehen wie der Schaum auf den Wellen. Chloé erkrankt, eine Seerose wuchert und gedeiht in ihren Lungenflügeln und zehrt an ihren Lebenskräften. Selbstlos opfert sich Colin für seine große Liebe auf, doch er kann die Tragik des Lebens nicht aufhalten, die Tragik des Schicksals, die alle Protagonisten der Romans und der Oper einholt.
Ähnlich wie Puccinis La Bohème erzählt L'Écume des jours eine Geschichte von jungen, alternativ lebenden Menschen, die in einer Tragödie endet. Wie Mimì oder Violetta aus Traviata leidet Chloé unter einer tödlichen Krankheit ihrer Lungen. Zuerst ist die Oper voller Lebensfreude der Protagonisten, aber als sich die Tragödie nähert, wird sie dunkler und dunkler. Der wohlhabende Colin, der am Anfang alles zu haben scheint, verliert alles, indem er versucht, seine geliebte Chloé zu retten.
Die Oper spielt in Paris nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein neues Gefühl der Freiheit durchdringt die Stadt, die Jugend ist voller Lebensfreude, sie will feiern, Jazz hören, sich verlieben. Der junge und wohlhabende Colin ist da keine Ausnahme. Er trifft sich zu einem Abendessen mit seinem Freund, dem Buchhändler Chick, bei dem sein Butler Nicolas ein Klavier mit einer Maschine vorführt, die von der Musik inspirierte Cocktails zubereitet. Während des Abendessens vertraut Colin Chick an, dass er von einem Mädchen geträumt hat, das er treffen möchte. Chick ist auch verliebt seit er Alise, Nicolas Nichte, auf einer Konferenz von Jean-Sol Partre (ein Wortspiel auf dem berühmten Philosophen Sartre) getroffen hat.
Am nächsten Tag auf einer Schlittschuhbahn treffen Chick und Colin auf Alise und Isis, die sie zum Geburtstag ihres Hundes einlädt. Auf der Party lernt Colin Chloé kennen, die er als das Mädchen seines Traumes erkennt. Colin und Chloé verlassen die Party vorzeitig, um durch die Stadt zu schlendern, nehmen Platz auf einer rosa Wolke, die verhindert, dass sie von anderen Leuten gesehen zu werden und verlieben sich.
Chloé, Alise und Isis bereiten sich auf die Hochzeit vor; jede ist voller Freude und Liebe. Dieses Glück wird aber nicht lange dauern.
Während Colins und Chloés Flitterwochen hat Chloé eine Vision von Monstern, Schmutz und Rauch. Zurück in Paris klagt sie über einen Schmerz in ihrer Brust. Das Haus beginnt sich auch bizarr zu verhalten: Die Fliesen haben Schwierigkeiten beim Atmen(!) und die Wände scheinen zu schrumpfen. Der Arzt stellt eine tödliche Diagnose: Chloé hat eine Wasserlilie, die in ihrer Lunge wächst. Die einzige mögliche Heilung ist, die Lilie ständig mit frischen schönen Blumen zu umgeben, damit sie nicht größer wird. An Chloes Krankenbett tröstet Colin sie, indem sie einen Roman über Tristan und Isolde lesen. Um die hohen Blumenrechnungen bezahlen zu können, arbeitet Colin in einer Waffenfabrik, wo er Waffen aus Samen züchtet, wobei er das Saatgut mit seinem Körper warm halten muß. Chloé geht es aber nicht besser. Alise informiert Colin, dass Chick sein ganzes Geld für Jean-Sol Partre Bücher ausgegeben hat und dass er sie verlassen will. Polizisten wollen Chicks Bibliothek beschlagnahmen, ein Kampf folgt, in dem Chick bei der Verteidigung seiner Bücher stirbt. Die verzweifelte Alise setzt die Buchhandlungen mit den Büchern von Jean-Sol Partre in Brand.
Chloé stirbt. Colin ist verzweifelt. Er spricht mit dem ans Kreuz genagelten Jesus über die Vergeblichkeit all dieser Todesfälle. Die Hausmaus will Colins Wohnung verlassen und bittet die Katze um Hilfe, aber die Katze ist nicht besonders hilfsbereit. Ein blindes Mädchen, das die Straßen entlang geht, tritt auf den Schwanz der Katze: die Katze schließt ihre Maul um den Kopf der Maus.
Es ist eine poetische und phantastische Bildsprache, die "L'Écume des jours" so einzigartig und bewegend macht: Ingenieure verdienen weniger als Bauarbeiter; ein mechanisches Kaninchen, das Pillen herstellt; rosa Wolken, sprechende Mäuse und schrumpfende Häuser. Diese totale Erzählungsfreiheit war fruchtbarer Boden für den Avantgardisten Denisov, der seine musikalische Welt jenseits der auferlegten Linien des „sozialistischen Realismus“ ausbauen wollte.
Die genaue Handlung kann man bei Wikipedia nachlesen
Denisov verwendete für die vom Jazz inspirierten Teile des Textes auch in seiner Musik Jazz-Elemente. Dazu setzte er nicht nur typische Jazz-Instrumente wie Saxophone, E-Gitarren, Trommeln und Klavier ein. Eine besondere Rolle spielt Duke Ellingtons eingespielte Trompetenmelodie „Chloe“. Detlef Gojowy wies in seinem Artikel bei Grove Music Online auf Parallelen zu den Jazz-Opern der 20er Jahre von Ernst Krenek oder Kurt Weill hin.
L’écume des jours, Inszenierung in Perm
L’écume des jours, Inszenierung in Stuttgart
Presse
https://onlinemerker.com/stutt…-tage-von-edison-denisov/
https://www.die-deutsche-buehn…wahnsinn-lauert-ueberall/
Stuttgarter Nachrichten, 03.12.2012
„Mit Edison Denisovs ‚Der Schaum der Tage‘ gelingt der Oper Stuttgart ein umjubelter Theatercoup.“
DIE ZEIT, 06.12.2012
"Komik und Trost, Trauer und Wahnwitz werden eins.“
Ein Interview mit Edison Denisov von Bruce Duffie: https://www.bruceduffie.com/denisov.html
Die sieben Intermezzi aus "L'écume des jours" sind unter dem Titel "Colin Et Chloé" am 17.10.1983 bei einem Konzert in der UdSSR mit dem Symphonieorchester des Kulturministeriums der UdSSR unter dem Dirigenten Vassily Sinaisky aufgenommen worden, also noch vor der Uraufführung in Paris. Die Aufnahme gibt es auf einer Vinyl-LP.
Anton Rubinstein
M o s e s
geistliche Oper in 8 Szenen op. 112
UA (konzertant) 20. Februar 1894 in Riga
Die vergessene Oper wurde am 15. Oktober 2017 in Warschau unter Michail Jurowski erstmals nach über einem Jahrhundert wieder aufgeführt und ist möglicherweise ihre erste vollständige Aufführung.
Das Libretto wurde von Salomon Hermann Mosenthal geschrieben, der Rubinstein zuvor schon das Libretto für die Oper Die Maccabäer geliefert hatte. Die Oper Moses sollte ursprünglich szenisch in Prag uraufgeführt werden, musste aber nach einigen Proben abgesagt werden, offiziell aus finanziellen Gründen. In den nächsten Jahren wurde das Werk in Riga sowie in St. Petersburg, Bonn, Amsterdam, Köln und Wien konzertant aufgeführt. Es gibt keine sicheren Beweise dafür, dass die gesamte Oper jemals vollständig auf der Bühne aufgeführt wurde.
Die Handlung folgt der Geschichte von Moses, angefangen bei der Rettung aus dem Nil durch die Tochter des Pharaos, die von Mosenthal Asnath genannt wurde, bis zum achten Bild auf den Hügeln Jordaniens mit dem Tanz um das goldene Kalb.
Trotz der spätromantischen Klangpracht erinnert das dreieinhalbstündige Werk eher an ein Oratorium denn eine Oper. Gewisse Längen sind schon alleine wegen seiner Dauer unvermeidlich. Die fast megalomanische Dimension des Werkes wird durch die mehr als zwanzig Gesangspartien und die zwei eingesetzten Chöre deutlich. Ein Eingang ins Standardrepertoire hatte von Anfang an aufgrund der gewaltigen aufführungstechnischen Anforderungen wenig Aussicht auf Erfolg.
Die eigenartige Klassifizierung als "geistliche Oper deutet schon darauf hin, dass es sich um ein Werk mit Anlehnung an Oratorien handelt. Die Nähe zu den großen Oratorien Händels und Mendelssohns ist unverkennbar, ohne jedoch deren Qualität zu erreichen.
Die Last der musikalischen Erzählung ruht auf der Rolle des Moses (Bariton), der hauptsächlich in feierlichen Begleitrezitativen und Ariosi auftritt. Die Chöre repräsentieren je eine Gruppe – das Volk von Israel bzw. die Ägypter – und stellen einen besonders wichtigen Partner für ihn dar. Unter den zahlreichen dramatischen Personen der biblischen Erzählung mit 20 Solopartien ist besonders die Stimme Gottes (Tenor) hervorzuheben.
Der Librettist Salomon Hermann Ritter von Mosenthal (auch: Friedrich Lehner, *14.1.1821 in Kassel) entstammte einer jüdischen Kaufmannsfamilie, die kurz nach seiner Geburt
ihr Vermögen verlor. Nach dem Besuch des Kasseler Lyceum Fridericianum ging er 1842 nach Wien, wo er bald eine beachtliche literarische Karriere machte. 1850 wurde er Beamter im Unterrichtsministerium; er wurde zu einer zentralen Figur des Wiener Kulturlebens und trat bei vielen Anlässen als Gelegenheitsdichter auf. Der große Durchbruch kam 1848 mit dem Volksstück Deborah, das nach seiner Uraufführung in Hamburg einen beispiellosen Siegeszug um die Welt antrat (400 Aufführungen in New York, über 500 Aufführungen in London). Bekannt ist er heute vor allem als Autor des Librettos Die lustigen Weiber von Windsor von Otto Nicolai. Außerdem verfasste er das Libretto für Karl Goldmark Oper Die Königin von Saba.
Kritik zur Aufführung in Warschau und der Aufnahme im Online-Merker
https://onlinemerker.com/anton…premiere-warner-classics/
Moses als Thema im Musiktheater
G. F. Händel: Israel in Egypt, 1738
G. Rossini: Mosé in Egitto, 1818
G. Rossini: Moïse et Pharaon, 1827 (rev.)
Max Bruch: Moses, 1895
Myroslav Skoryk: Moses, 1905
Arnold Schönberg: Moses und Aron, 1957
Henry Mollicone: Moses, 2019
Über diese Opernrarität hatte ich bereits an anderer Stelle berichtet. Da sie soeben in Stralsund neue inszeniert wurde, kopiere ich meinen Beitrag und stelle ihn hier erneut ein.
Einen Bericht über die Aufführung kann man im
Online-Merker lesen.
https://onlinemerker.com/stral…madeus-hartmann-premiere/
In keiner Zeit gab es so viele Adaptionen von Stoffen aus dem Dreißigjährigen Krieg für das Musiktheater wie zur NS-Zeit. Diese Musiktheaterwerke brachten unterschiedliche politische Positionen zum Ausdruck. Ludwig Mauricks Oper "Simplicius Simplicissimus" und die im Auftrag von Goebbels verfasste Oper "Frankenburger Würfelspiel" standen eindeutig innerhalb der NS-Ideologie (es gibt heute kaum Material über diese Opern), wogegen Karl Amadeus Hartmanns "Simplicius Simplicissimus" als dezidiert antifaschistisches Werk zu verstehen ist. Richard Strauss’ Oper "Friedenstag" ist in seiner politischen Aussage ambivalent.
Die Nationalsozialisten erteilten Hartmann schon frühzeitig ein Aufführungsverbot, da sie seine Musik als „entartet“ bezeichneten. Statt sich den musikalischen Vorstellungen der Nazis zu fügen, entschied sich Hartmann für die innere Emigration. Er blieb seinen künstlerischen Idealen treu und komponierte einfach weiter - allerdings nur noch für die Schublade. Keines seiner Werke durfte an die Öffentlichkeit gelangen, da dies von den Nationalsozialisten schwer bestraft worden wäre. Hartmann verstand seine kriegskritische Oper als Aufruf zur Menschlichkeit und gegen Unt
In keiner Zeit gab es so viele Adaptionen von Stoffen aus dem Dreißigjährigen Krieg für das Musiktheater wie zur NS-Zeit. Diese Musiktheaterwerke brachten unterschiedliche politische Positionen zum Ausdruck. Ludwig Mauricks Oper "Simplicius Simplicissimus" und die im Auftrag von Goebbels verfasste Oper "Frankenburger Würfelspiel" standen eindeutig innerhalb der NS-Ideologie (es gibt heute kaum Material über diese Opern), wogegen Karl Amadeus Hartmanns "Simplicius Simplicissimus" als dezidiert antifaschistisches Werk zu verstehen ist. Richard Strauss’ Oper "Friedenstag" ist in seiner politischen Aussage ambivalent.
Die Nationalsozialisten erteilten Hartmann schon frühzeitig ein Aufführungsverbot, da sie seine Musik als „entartet“ bezeichneten. Statt sich den musikalischen Vorstellungen der Nazis zu fügen, entschied sich Hartmann für die innere Emigration. Er blieb seinen künstlerischen Idealen treu und komponierte einfach weiter - allerdings nur noch für die Schublade. Keines seiner Werke durfte an die Öffentlichkeit gelangen, da dies von den Nationalsozialisten schwer bestraft worden wäre. Hartmann verstand seine kriegskritische Oper als Aufruf zur Menschlichkeit und gegen Unterdrückung. Er komponierte sie zwischen 1933 und 1936 und versteckte die Komposition in einem Zinkkasten in seinem Garten. 1955 schuf er eine revidierte Fassung.
Zu Beginn der Oper tritt ein Sprecher auf, der davon berichtet, dass im Jahr 1618 zwölf Millionen Menschen in Deutschland lebten, dann jedoch der Krieg kam und es im Jahre 1648 schließlich nur noch vier Millionen waren. Daraufhin stellt er Simplicius vor: Einen Jungen, der weder vom Krieg noch von sonst etwas eine Ahnung habe.
In der Oper kommen immer wieder eindeutige Anspielungen über das Dritte Reich vor. Besonders deutlich wird dies, wenn Simplicius „Erlös uns von dem Reich“ statt „Erlöse uns von dem Bösen“ und „Denn dein ist das Reich“ singt:
erdrückung. Er komponierte sie zwischen 1933 und 1936 und versteckte die Komposition in einem Zinkkasten in seinem Garten. 1955 schuf er eine revidierte Fassung.
Zu Beginn der Oper tritt ein Sprecher auf, der davon berichtet, dass im Jahr 1618 zwölf Millionen Menschen in Deutschland lebten, dann jedoch der Krieg kam und es im Jahre 1648 schließlich nur noch vier Millionen waren. Daraufhin stellt er Simplicius vor: Einen Jungen, der weder vom Krieg noch von sonst etwas eine Ahnung habe.
In der Oper kommen immer wieder eindeutige Anspielungen über das Dritte Reich vor. Besonders deutlich wird dies, wenn Simplicius „Erlös uns von dem Reich“ statt „Erlöse uns von dem Bösen“ und „Denn dein ist das Reich“ singt:
Entnommen: https://www.festspielhaus.de/a…chtsmaterial_Version2.pdf
An anderer Stelle spricht Simplicius einen Feldwebel mit „Ach mein lieber Hermaphrodit“ an, worauf der Feldwebel sagt „Du Narr, welcher Teufel hat dir gesagt, dass ich Hermann heiße“. Das Einbinden dieses Dialogs ist ein Verweis auf Hermann Göring, der für seine oft sehr feminin gehaltene Uniform bekannt war. Dieser Wortwechsel findet sich bereits in der Romanvorlage, gewinnt jedoch hier einen völlig neuen Kontext.
Myroslav Skoryk
Moses (Мойсей)
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Opernhaus Lviv/Lemberg vergab das Theater eine Auftragsoper an den ukrainischen Komponisten Myroslav Skoryk.
Skoryks Oper Moses (ukrainisch: Мойсей), die auf dem gleichnamigen Poem in 20 Gesängen von Ivan Franko aus dem Jahr 1905 basiert, wurde am 20. Mai 2001 in Lviv (Lemberg) uraufgeführt, zeitgleich mit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. in der Ukraine (23.–27. Juni 2001). Das Libretto erarbeitete der Komponist zusammen mit Bohdan Stelmach, der die Idee zu dieser Oper hatte. Die Oper gliedert sich in zwei Akte und fünf Szenen mit Prolog und Epilog.
Das Libretto und das Gedicht von Ivan Franko basieren auf dem Mosesthema des Alten Testaments, beide schildern wie Moses, nachdem er die Kinder Israels vierzig Jahre lang in der Wüste geführt hatte, von Aufrührern Dathan und Abiram angegriffen wird. Moses verlässt das Lager, um zu meditieren, und In seiner Abwesenheit verehren die Israeliten das Goldene Kalb. In der Wüste wird Moses von einem bösen Geist, Azazel, und auch vom Geist seiner Mutter Jochebed in Versuchung geführt, die ihn dazu bringen wollen, sich von Jehova loszusagen.
Dass es dem Dichter weniger um den biblischen Moses und die Israeliten ging, sondern mehr um das ukrainische Volk, wird in Ivan Frankos Gedicht sehr schnell deutlich. Schon der Prolog von „Moses“ zeigt das. Das unterdrückte, geknechtete Volk, dem eine bessere Zukunft vorausgesagt wird, werde als freie Nation den Kaukasus erschüttern, und frei bis an die Küste des Schwarzen Meeres leben. Es ist also eindeutig von der Ukraine die Rede, an deren „Auferstehung“ der Dichter glaubt und nicht von einem Land im Nahen Osten. Die in der Bibel vorhandene Spannung zwischen Assimilation oder Beharren auf Eigenständigkeit der Israeliten angesichts der Übermacht des Feindes ist auch im Gedicht greifbar: Soll das versklavte Israel sich mit den Mächtigen arrangieren und sich dabei assimilieren, oder soll es den schwierigen Weg in die Freiheit gehen, wo Blutvergießen und Niederlagen drohen?
Ivan Franko
Ivan Franko schrieb sein Moses-Gedicht unter dem Eindruck der „Russischen Revolution“ des Jahres 1905, die gegen die zaristische Unterdrückung gerichtet war. Bis auf den heutigen Tag ist Frankos Werk in der Ukraine nach wie vor aktuell und warnt vor Aufgabe oder Arrangieren mit den Mächtigen. Moses als "ukrainischer" Held ruft das Volk zur Besinnung auf die eigenen Stärken, trotz scheinbarer Unterlegenheit. Dass der Weg in die Freiheit gefährlich und mühsam ist, wird nicht verschwiegen. Aber auch nicht, dass er alternativlos ist.
Moses / Мойсей von Ivan Franko gibt es hier auch in deutscher Übersetzung
Die Oper und ihr Komponist
Myroslav Skoyk wurde 1938 in Lwów (von 1921 bis 1939 der polnische Name der Stadt Lviv/Lemberg, die Woiwodschaft der Zweiten Polnischen Republik war). Seine Eltern waren Musiliebhaber, was in der Familie lag, denn seine Großtante war die berühmte Sängerin Solomiya Krushelnytska und sie war es, die den Eltern eine Musikausbildung für den Knaben empfahl.
Wie in Frankos Poem geht es auch in Skoryks Oper nicht nur um das biblische Thema sondern auch um ein sehr aktuelles politisches und internationales. Der Komponist glaubt, dass es für alle Völker gilt, insbesondere für diejenigen, die für ihre Unabhängigkeit und den Aufbau ihres Landes kämpfen. Ihm zufolge versuche auch die Ukraine, ihren Weg durch interne und externe Probleme zu finden.
Der Prolog ist eine Ansprache des Dichters an das ukrainische Volk, die die Parallelen der Geschichte deutlich macht. Um die Aktualität der Opr zu betonen, wird der Prolog von einem Sänger vorgetragen, der heutige Kleidung trägt, während die Sänger und der Chor der Handlung in historisirenden Kostümen auftreten.
Gleichzeitig wollte Skoryk nicht, dass seine Oper nur im politischen Kontext bewertet wird. Moses ist der Begründer des jüdischen Monotheismus. Die Anbetung eines einzigen Gottes wurde später von vielen Völkern der Welt übernommen. Er wird von Christen, Juden und Muslimen als Prophet verehrt. Moses ist ein Symbol menschlicher Weisheit. Die Produktion der Oper wurde übrigens mit Hilfe des Vatikans finanziert und auf CD veröffentlicht.
Bereits vor der Aussführung wurden Audio- und Video Aufnahmen incl. Booklet gemacht und ein Fernsehfilm über die Entstehung der Oper gedreht. Der Papst selber war zwar in der Ukraine, konnte aber wegen Terminen in Kiew keine Vorstellung besuchen, gratulierte aber am 25. Juni dem Kreativteam. Seitdem gehört das Werk zum Repertoire der Opernhäuser in Lviv und Kiew und wurde im Rahmen von Gastspielen auch im Ausland gespielt.
Video ab min 01:15 ca.
https://youtu.be/5eDQjl0wiuI?si=CcfekanPF96AK6YP
Konzert 2012: Der Prolog zur Oper Moses. Myroslav Skoryk dirigierte im Oktober 2012 anlässlich eines Festkonzerts zu Ehren von Papst Benedikt XVI. das Akademische Jugendsinfonieorchester in der ukrainischen Kirche Santa Sofia in Rom.
https://youtu.be/AM3XTxiE-J8?si=BpqdpB7wzXyfs1de
PS ganz nebenbei: ich hatte im vorherigen Beitrag ganz unten das Entstehungsdatum der Komposition mit dem Jahr 1905 angegeben. Das ist natürlich falsch, denn nur die Gedichtvorlage stammt aus diesem Jahr. Aber, da die Oper hier im Westen wirklich unbekannt ist, dürfte kaum jemand den Fehler bemerkt haben.
Vorab eine Klarstellung: das folgende Stück ist keine Oper sondern ein Schauspiel mit Musik
Preziosa Op.78
Schauspiel mit Gesängen in 4 Aufzügen von Pius Alexander Wolf
Musik von Carl Maria v. Weber
Verbindender Text zu C.M. von Weber's vollständiger Musik Preziosa
Der gesamte Text von Pius Alexander Wolffs Schauspiel Preciosa (64 Seiten)
Preziosa (oft auch Preciosa) ist ein Theaterstück von Pius Alexander Wolff aus dem Jahr 1821 mit Bühnenmusik von Carl Maria von Weber (katalogisiert als sein Op. 78 / J. 279). Das musikalische Werk besteht aus einer Ouvertüre und 11 Nummern, die das Stück begleiten. Es wurde 1820 komponiert und 1821 uraufgeführt, im selben Jahr, in dem auch die Klavierpartitur erstmals veröffentlicht wurde. Die vollständige Partitur erschien mehr als 20 Jahre später, im Jahr 1843, im Druck. Das Stück enthält eine Ouverture, eine Marsch, zwei Ballette, mehrere Chöre und Preziosas Lied "Einsam bin ich, nicht alleine". Die Uraufführung war in Berlin am 14. März 1821, also etwa drei Monate vor dem Freischütz. Das Stück wurde seinerzeit außerordentlich oft gespielt.
Aufführungsbesprechung Leipzig: “Preciosa” von Carl Maria von Weber am 23. Dezember 1822: […] "Zur Feier des Geburtfestes Sr. Majestät unsers allergnädigsten Königs erschien zum ersten Male auf unserer Bühne: Preziosa, Schauspiel in 4 Akten mit Gesang und Tanz von Pius Alexander Wolff. Das Publikum nahm diese Darstellung um so günstiger auf, da es sich schon lange auf ein Stück gefreut hatte, das seines rhythmischen Redeklanges und der von Carl Maria v. Weber dazu componirten trefflichen Melodieen wegen, auf mehreren deutschen Theatern gerechten Beifall fand .... >weiterlesen:
Aufführungsbesprechung Breslau, 1823: „Preciosa“ von Carl Maria von Weber: […] "Preziosa, Schauspiel in 4 Akten, vom Schauspieler Wolf in Berlin, mit Musik von Carl Maria von Weber. – So gut es gedacht ist, so leidet es denn doch hin und wieder an Eintöngikeit, und hat deshalb nicht voll angeklungen, so schön auch manche Arrangements und die Musikpartien waren. Preziosa muß das Ganze halten, aber auch alle mimischen Künste vereinen; deklamiren, treffend darstellen, singen, tanzen. Fehlt irgend an diesen einzelnen Dingen etwas, so fehlt es am Ganzen. Der Frau v. Holtei gelang Vieles recht gut und schön, aber doch immer noch fehlte Etwas, und sie wurde, was sonst selten bei ihr der Fall ist, auch monoton. Manchmal gab sie zu viel, wo nur Naivität Einfaches erforderte; manchmal zu wenig. Tanz und Gesang sind nicht Nebensachen, sondern gehören gar wesentlich zu dem lieblichen Nimbus. Uebrigens verdient das Geleistete Anerkennung. […]"
Quelle: Complete Works of Carl Maria von Weber. Digital Edition (Version 4.8.1 of August 21, 2023)
Die Ouverture
"Die Sonn erwacht" Chor aus der Oper Preziosa
Die Vorlage zum Schauspiel Preziosa mit der Musik von Carl Maria von Weber ist die 1613 in Madrid erschienene Novelle La Gitanilla (deutscher Titel: Geschichte des Zigeunermädchens) von Miguel de Cervantes. Es ist die Geschichte eines 15-jährigen Roma-Mädchens namens Preciosa, das mit ihrer vermeintlichen Familie nach Madrid reist. Dort trifft Preciosa auf den Adligen Don Juan de Cárcamo, der bereit ist, zwei Jahre lang in Preciosas Familie zu leben, wenn er im Gegenzug Preciosa heiraten darf. Die Aufdeckung eines jahrelang zurückliegenden Verbrechens von Preciosas angeblicher Großmutter und eines aktuellen Verbrechens Don Juans führt zu vielen Komplikationen aber schlußendlich zu einem unerwarteten Happy End. Interessant ist dabei, dass die im Rahmen einer Sippenhaft willkürlich festgesetzten Roma nur gegen Bürgschaft freigesetzt werden, während der Totschläger Don Juan de Cárcamo als Ritterssohn und Angehöriger der angeshenen Gesellschaft vergleichsweise glimpflich davonkommt.
Den deutschen Text der Novelle habe ich soeben auch als frei zugängliches E-Book bei Projekt Gutenberg gefunden.
Donizetti : Dalinda
Mit 185 Jahren Verspätung erblickt Gaetano Donizettis Oper «Dalinda» am Berliner Konzerthaus das Licht der Öffentlichkeit. Das erst 2019 wiederentdeckte Stück hat eine bewegte Geschichte.
Eine halbszenische Operninszenierung. Vor dem Orchester auf der Bühne, hält Lidia Fridman als Dalinda ihren vergifteten Sohn Ildemaro (Luciano Ganci) liegend im Arm.
Chor der Berliner Operngruppe, Orchester der Berliner Operngruppe, Felix Krieger
erscheint am 15.3 .'24
Zitat von RICORDI
NR 142428
Neapel, Frühjahr 1834. Nach der Uraufführung von Lucrezia Borgia an der Scala (26. Dezember 1833) wollte Gaetano Donizetti seine jüngste Oper im Teatro San Carlo aufführen. Es wäre der erste von mehreren Versuchen dieser Art, von denen keiner erfolgreich war. Die bourbonische Zensur lehnte Lucrezia entschieden ab, ebenso wie alle anderen getarnten Versionen von Felice Romanis Libretto, die bis 1837 zur Genehmigung vorgelegt wurden. Diese Reihe von Ablehnungen beschädigte Donizettis Beziehung zur neapolitanischen Regulierungskommission für Theater und Unterhaltung praktisch irreparabel. Im Spätsommer 1838 hatte die Situation den Siedepunkt erreicht. Poliuto , Donizettis neue Oper für das Teatro San Carlo, wurde ebenfalls verboten, während die Zensur ihn zu erheblichen Änderungen an Pia de' Tolomei zwang, die Poliuto ersetzen sollte . Aber das war noch nicht alles – da Pia de' Tolomei noch nicht uraufgeführt worden war, verlangte die Kommission von Donizetti, ein weiteres Melodram auszuarbeiten, das im Herbst aufgeführt werden sollte.
Donizetti war so verärgert, dass er beschloss, Neapel zu verlassen und nach Paris zu reisen, wo große Aufträge auf ihn warteten. Doch bevor er nach vier frustrierenden Jahren ging, entschied sich Donizetti, Lucrezia Borgia eine letzte Chance zu geben. Im Gegensatz zu seinen früheren Bemühungen beschränkte sich der Komponist dieses Mal nicht darauf, mit Hilfe anderer Änderungen an Romanis Libretto vorzunehmen, die den Schauplatz und die Charaktere betrafen: Er hatte beschlossen, die Partitur zu überarbeiten. Lucrezia Borgia, das zur Zeit des Dritten Kreuzzugs im Nahen Osten spielt, wurde erheblich verändert und in Dalinda umbenannt . Doch wie alle anderen war auch dieses neue Unterfangen zum Scheitern verurteilt. Nachdem Donizetti Neapel verlassen hatte, wurde Dalinda von der Zensur abgelehnt und nie im Teatro San Carlo aufgeführt. Aber damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Es ist wahrscheinlich, dass einige Zeit nach dem Tod des Komponisten die Manuskriptpartitur für Dalinda , die Donizetti in Neapel zurückgelassen hatte, in der Hoffnung, dass die Oper dort eines Tages endlich aufgeführt werden könnte, stückweise verkauft wurde.
Nachdem fast alle fehlenden Teile des Dalinda- Manuskripts geborgen und „neu zusammengesetzt“ wurden, präsentiert die heutige kritische Ausgabe das Melodram so, wie Donizetti es beabsichtigt hatte. Endlich, fast zwei Jahrhunderte nach seiner Entstehung, ist Dalinda bereit für die Aufführung. Natürlich wurde ein großer Teil der Musik für Dalinda von Lucrezia Borgia übernommen . Donizettis zahlreiche Modifikationen waren jedoch erheblich und werden mit völlig neuem, durch und durch originellem Material kombiniert, insbesondere im dritten und letzten Akt. Für den Tenor Ildemaro gibt es eine lange, fließende Arie; ein äußerst zarter und tragischer Frauenchor; sowie ein Arioso, das der Tenor vor seinem Tod singt. Dalinda selbst ist die Tochter des Anführers der kämpferischen Ismailis, gefangen in einer Männerwelt, während der Krieg zwischen Muslimen und Christen tobt. Die Entwicklung dieser Figur und der völlig neue historische und soziale Kontext ihres Leidenswegs verleihen dieser Oper eine völlig einzigartige Identität. Basierend auf musikalischen und dramaturgischen Überlegungen löst sich „Dalinda“ zumindest teilweise von der Konfiguration, die es inspiriert hat – Lucrezia Borgia – und zeigt eine verblüffend vorausschauende Verwandtschaft mit den tragischen Ereignissen, die in den letzten Jahren Osteuropa und den Nahen Osten erschüttert haben.
https://onlinemerker.com/berli…chollenen-donizetti-oper/
https://www.tagesspiegel.de/be…-konzerthaus-9798299.html
LG Fiesco
Manuel Brug schrieb am 05.08.2023 in RONDO einen Bericht über Grauns Iphigenia in Aulis. Da liest man u.a.: "..... Mit Aulis haben sich bekanntermaßen vokal nur Gluck und Vicente Martín y Soler beschäftigt. Dazu gesellt sich nun noch Carl Heinrich Graun".
Das sind, wie man im Folgenden erkennen kann, nur 3 von mehr als 30 Opern zum Thema Iphigenie in Aulis
Iphigenia
"Singe-Spiel" von Johann Jacob Löwe, Libretto Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, 1661 zum zweiundachtzigsten Geburtstag Herzog Augusts in Wolfenbüttel aufgeführt.
Die wunderbar errettete Iphigenie
„Singe-Spiels“ von Reinhard Keiser, Libretto Christian Heinrich Postel, UA 1699 Hamburg Theater am Gänsemarkt. Die Musik hat sich leider nicht erhalten
Iphigénie en Aulide
Tragédie-opéra von Christoph Willibald Gluck, nach einem Libretto von François Gand-Leblanc du Roullet, nach Jean Racine, UA 19.04.1774 in Paris, Académie Royale
Iphigenia in Aulis
1. Oper in drei Akten von Carl Heinrich Graun, Libretto Georg Caspar Schürmann (1728), UA 1731 in Hamburg
2. Bearbeitung von Christoph Willibald Glucks Tragédie-opéra Iphigénie en Aulide durch Richard Wagner
Uraufführung am 24. Februar 1847, Königliches Hoftheater Dresden, WWV 77
Ifigenia in Aulide
1.Oper von Domenico Scarlatti, Libretto Capece Carlo Sigismondo UA 11.01.1713 in Rom Palazzo Zuccari
2. Oper in drei Akten von Antonio Caldara, Libretto Apostolo Zeno , UA 05.11.1718 Hoftheater Wien
3. Melodramma von Giuseppe Maria Orlandini, Libretto Apostolo Zeno, UA 04.02.1732, Florenz Teatro alla Pergola
4. Oper von Nicola Antonio Porpora, Libretto von Paolo Antonio Rolli, UA 03.05.1735 London Haymarket Theater
Diese Oper wird im September 2024 im Rahmen des Festivals “Bayreuth Baroque“ in der Regie von Max Emanuel Cencic aufgeführt
5. Oper von Giovanni Porta, Libretto von Apostolo Zeno, UA München Hoftheater 1738
6. Oper in drei Akten von Carl Heinrich Graun, Libretto von Leopold Villati 1748, UA 13.12.1748 in Berlin Hofoper
7. Dramma per musica von Nicolo Jomelli, Libretto von Mattia Verzazi; UA 09.02.1751, Rom Teatro Argentina
8. Azione drammatica von Gennaro Catalisano, Libretto von Giovanni Baldanza, UA 1756 Palermo
9. Dramma per musica von Ferdinando Bertoni Ferdinando, Libretto Vittorio Amedeo Cigna-Santi, UA 23.01.1762 Torino Teatro Regio
10. Dramma per musica von Carlo Franchi, Libretto von Libretto Vittorio Amedeo Cigna-Santi. UA 03.02.1766 Rom Teatro Argentina
Und es folgen noch 17 weitere italienische Opern mit dem Titel “Ifigenia in Aulide“
Pietro Alessandro Guglielmi 1768
Francesco Salari 1776
Giuseppe Sarti 1776
Vicente Martìn y Soler 1779
Lorenzo Rossi 1784
Alessio Prati 1784
Ignace Joseph Pleyel 1785
Angel Tarchi 1785
Giuseppe Giordani 1786
Niccolò Antonio Zingarelli 1787
Luigi Cherubini 1788
Giuseppe Mosca 1799
Giuseppe Maria Curcio 1799
Vittorio Trento 1804
Louis Gianella 1808
Vincenzo Federici 1809
Pietro Giovanni Parolini 1819
Il *sacrificio d'Ifigenia
von Johann Simon Mayr, Libretto von Cesare Arici, UA Brescia 1811 (es gibt mehrere Titel dieser Oper: Ifigenia in Aulide 1813, Ifigenia 1821)
Iphigenia
Oper in drei Akten des US-amerikanischen Komponisten Wayne Shorter, Libretto von Esperanza Spalding
UA 18.11.2021 in Boston
Als Handelnde beteiligt sind Agamemnon, Menelaos, Kalchas, Iphigenie, Artemis, keine Klytämnestra.
Iphigenie wird von insgesamt sechs Sängerinnen verkörpert, die jeweils eine andere Erscheinungsform oder historische oder psychische Situation Iphigeniens darstellen. Sie ist die Verkörperung aller Frauen in einer Welt, in der Männer Kriege anzetteln und Frauen ihrem Ehrgeiz opfern. Nachdem Iphigenie geopfert wurde, treten die sechs Darstellerinnen wieder auf und erzählen ihre eigenen Geschichten und überlegen, wie sie sich in dieser Situation verhalten bzw. ob sie sich den Plänen Agamemnons fügen sollen. Agamemnon kommen daher im Nachhinein Zweifel, ob die Vollziehung das Opfers richtig war. Unter der musikalischen Begleitung eines Jazztrios wandern die Beteiligten eher ziellos über die Bühne; wie das Stück enden soll, bleibt offen
Il sacrificio d'Ifigenia
von Johann Simon Mayr, Libretto von Cesare Arici, UA Brescia 1811 (es gibt mehrere Titel dieser Oper: Ifigenia in Aulide 1813, Ifigenia 1821)
Die Oper ist nicht nur mit unterschiedlichen Titeln aufgeführt worden, sondern sie wurde auch bearbeitet, z.B. gekürzt von 17 Szenen (Brescia) auf 9 Szenen (Rom)
Il sagrifizio di Ifigenìa: azione seria drammatica per musica : da rappresentarsi in occasione dell'apertura del Nuovo teatro di Brescia pel carnovale dell'anno 1811
Mayr, Giovanni Simone - comp.
Arici, Cesare, supposed librettist
Ifigenia in Aulide: azione seria drammatica per musica : da rappresentarsi nell'Imp. e R. teatro di via della Pergola la primavera del 1817, sotto la protezione di S.A.I. e R. Ferdinando III, gran-duca di Toscana
Mayr, Giovanni Simone - comp
Arici, Cesare, supposed librettist
Die historischen Aufführungen von Giovanni Simone Mayrs Ifigenia in Italien
(alle Angaben aus dem Corage System "Repertoire und Archiv italienischer Opern-Libretti von 1600 bis 1900" der Universität Bologna)
Il sacrifizio d'Ifigenia
1811 Brescia
1814 Genua
Ifigenia in Aulide
1813 Siena
1814 Perugia
1817 Florenz
Ifigenia
1821 Palermo
um die jeweiligen Besetzunslisten anzuzeigen auf | Interpreti v | klicken
Schrekers "Der singende Teufel" aus dem Theater Bonn kann man auf Operavision in einer Aufnahme vom 19. Mai 2023 ab dem 17. Februar 2014 bis zum 17. August 2014 sehen.
.......bis 2024
LG Fiesco
ps: war 2023 dabei
Ifigenia in Aulide
4. Oper von Nicola Antonio Porpora, Libretto von Paolo Antonio Rolli, UA 03.05.1735 London Haymarket Theater
Diese Oper wird im September 2024 im Rahmen des Festivals “Bayreuth Baroque“ in der Regie von Max Emanuel Cencic aufgeführt
Es gibt bisher anscheinend keine Gesamtaufnahme von Porporas Oper, daher an dieser Stelle eine bekannte Arie von zwei verschiedenen Stimmen gesungen.
Philippe Jaroussky bzw. Simone Kermes singen die Arie des Achilles "Le limpid'onde" aus Ifigenia in Aulide von Nicola Porpora.
Sicher wird die Bayreuther Inszenierung im Sommer aufgenommen, dann kann man den Sopranisten Dennis Orellana in der Rolle des Achilles hören.
Le limpid’onde
allor d’Anfriso, Febo tornato per quelle sponde, innamorato d’altro bel viso, vedran l’armento a pascolar. Ma no ’l vedranno, benché sdegnato, voler che all’ara beltà sì rara s’abbia a svenar. |
Die klaren Wellen
des Amphriso werden, sobald Phoebus an dieses Gestade, in eine andere Schöne verliebt, zurückgekehrt ist, die Herde weiden sehen. Doch sie werden nicht sehen, wenngleich er erzürnt ist, dass nach seinem Willen eine so seltene Schönheit auf dem Altar geopfert wird. |
Ifigenia in Aulide
Vicente Martín y Soler
UA Neapel 1779
Noten Material
Es gibt nur eine einzige stark gekürzte und neu arrangierte Aufnahme von Vicente Martín y Solers Ifigenia in Aulide. Eine Beurteilung der Oper kann es daher leider nur anhand der einzig existierenden Aufnahme geben. Aber diese Aufnahme bestätigt, dass Martín y Soler nur in der komisch-pastoralen Welt seiner beiden größten Erfolge Una cosa rara und L’arbore di Diana wirklich in seinem Element war.
Mit seiner seinen etwas dünnen Orchesterstrukturen war Martín y Soler nicht der Mann, der die Qualen der antiken Charaktere der Antike in einer extremen Situation verkörpern konnte. Die Arien von Agamemnon und Iphigenie kurz vor ihrer Opferung (die in letzter Sekunde durch Dianas Eingreifen abgewendet wurde) sind zwar anmutig und berührend, passen aber nicht so ganz zur dramatischen Situation. Manchmal befriedigt Martín y Soler hauptsächlich die Eitelkeit seiner Sänger mit Unmengen von Koloraturen. Sogar das sich inhaltlich in Erregung steigernde Quartett, das den ersten Akt beendet, lässt nichts weiter als eine leichte Aufregung vermuten.
Matthew Locke & Christopher Gibbons
Cupid and Death
Masque von James Shirley
Als Quelle für sein Stück über den gewitzten Liebesgott Cupido und seinen Widersacher Tod verwendete Shirley John Ogilbys Übersetzung einer Fabel Äsops über Cupido, der irrtümlich seine eigenen Pfeile mit denen des Todes verwechselt. Es ist das einzige Maskenspiel aus der Zeit vor der Restauration, von dem Libretto und Partitur erhalten sind.
Die englische “Masque“ ist ein höfisches Maskenspiel und ein direkter Vorläufer der barocken Oper in England. Sie ist eine eigenständige Gattung, in der Dichtung, Musik, Tanz, Kostüm, Bühneneffekte und Architektur vereint wurden. Der Schwerpunkt lag eher auf den Gesängen und Tänzen als auf der dramaturgischen Geschlossenheit. Drama und Musik waren noch voneinander getrennt und die Vokal- und Instrumentalmusik hatte keinerlei Anteil am dramatischen Geschehen. Nach einem einführenden ersten Akt oder einem Prolog beginnt in der Regel der Aufzug der Darsteller (Masquers). Darauf folgt ein allegorisches Hauptstück (oft mythologischen Inhalts) mit gesprochenen Dialogen, Tanzdarbietungen, Chören (Madrigalen), Sololiedern, Pantomimen und Airs (Lautenliedern).
Während der puritanischen Herrschaft Oliver Cromwells wurde in London am 26. März 1653 die Masque „Cupid and Death“ aufgeführt, und zwar anlässlich des Besuchs des Conde de Penaguiao zur Vorbereitung des britisch portugiesischen Friedensvertrages. Da diese Erstfassung der Masque für den genannten Staatsbesuch arrangiert wurde, ergaben sich ideologische Probleme. Einerseits sollte der Botschafter eines Königs gemäß herkömmlicher Art geehrt werden, andererseits lehnte gerade das puritanische Regime alles ab, was königliche Macht glorifizierte und teure Ausstattungskosten erforderte. Das Libretto von 1653 enthält deshalb im Vorwort den sonst unverständlichen Hinweis "The scenes wanted no elegance, or curiosity for the delight of the spectator"
So steht „Cupid and Death“ in einer Übergangszeit; dem Anlass von 1653 nach zwar eine höfische Masque, jedoch gilt sie als School Masque, das heißt, als eine pädagogisch-musikalische Aufführung moralisierender Kunstauffassung. Die Benennung in Lockes Autograph von 1659 lautet „Moral Representation“.
Die “Masque“ wurde nach Cromwells Tod (1658) aber allmählich von der aufkommenden Oper verdrängt und diente nur noch als Intermedium oder als volkstümliche Unterhaltung.
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James Shirleys derbes und durchweg komisches Libretto lehnt sich locker an zwei Fabeln Äsops an, und zwar an „Cupido und der Tod“ und „Cupido, der Tod und Fama“. Der Inhalt der Geschichte, die Shirley von hier ausgehend ersonnen hat, ist amüsant und schnell erzählt. Es gibt zwei Fassungen des Stückes: die erste wurde am 26. März 1653 für den portugiesischen Botschafters mit der Musik eines unbekannten Komponisten aufgeführt. Trotz der ernstgemeinten Thematik legt Shirley einen Schwerpunkt auf die Komik der Dialoge, besonders auf die mit dem Diener, Für eine zweite Fassung 1659 komponierte Matthew Locke zusammen mit Christopher Gibbons, dem Neffen Edward Gibbons‘, der Leiter des Chores der Kathedrale in Exeter war, die Musik.
Handlung
Die erste einleitende Szene spielt in einem Gasthaus. Hier bereiten der Wirt und sein Diener die Ankunft der Gäste vor, die dort die Nacht verbringen wollen, darunter auch Cupido und Tod. Zusammen mit Cupido treffen seine zwei ständigen Begleiter, Torheit und Wahnsinn, ein und verursachen viel Wirbel. Danach kommt auch der mürrische Tod, das Gegenteil der schon anwesenden drei ausgeflippten Gäste, und zieht sich alleine zum Abendessen (Dracheneier und Krötenpastete) zurück. Ein weiterer Gast mit einer Schlinge um den Hals kommt auch noch dazu, Er nennt sich Verzweiflung und ist auf der Suche nach Tod, der jedoch nichts mit ihm zu tun haben wiil. Verzweiflung verspricht dem Diener sein Vermögen, wenn der ihn tötet. Als der Diener geht, um einen Vertrag aufzusetzen, versucht Verzweiflung vergebens, sich aufzuhängen, Der Diener kommt mit dem Vertrag und Wein zurück, von dem Verzweiflung reichlich trinkt - mit dem fatalen Erfolg, dass er nicht mehr sterben will und den Vertrag daher auch nicht unterschreibt. Der genervte Diener vertauscht aus Rache für die extravaganten Wünsche seiner Gäste nachts die Pfeile der Unsterblichen.
Das führt zur grotesken Handlung, wenn diese beiden von dem Moment an ihrer gewohnten Aufgabe nachgehen. Cupido feuert auf junge Leute, die nun anstatt in Liebe zueinander zu entflammen tot umfallen. Der Tod wiederum schießt üblicherweise ältere Herrschaften aus dem Leben oder sich bekämpfende Gegner. Und was passiert nun mit den vertauschten Bögen? Die Greise fallen in Liebe übereinander her und die Feinde werfen die Waffen zu Boden und fallen sich in liebender Zuneigung in die Arme. Die Leichen junger und glücklicher Menschen häufen sich und Greise und Kranke drehen im Rausch der Hormone durch. Der Diener zieht es vor, seinen Job an den Nagel zu hängen, weil er befürchtete, er könne aufgrund seiner Schandtat von Cupido und dem Tod verfolgt werden. Er schafft sich zwei Affen an, die er gegen klingende Münze Kunststücke vorführen lässt. Aber der Tod findet ihn und trifft ihn mit seinem Pfeil. Statt zu sterben wendet sich der Diener nun liebestrunken den Affen zu, die ihm aber von einem Satyr abspenstig gemacht werden. Daraufhin verlässt der Diener die Szene, um sich mit dem Strick von Verzweiflung zu erhängen. Dieses eigenartige Geschehen beobachtet Mutter Natur, die vor lauter Verzweiflung über die widernatürlichen Ereignisse in Ohnmacht fällt. Merkur erscheint und stellt Cupido und Tod zur Rede, die daraufhin brav ihre Pfeile tauschen. Die Bitte der Natur, die Getöteten wieder lebendig werden zu lassen, lehnt Merkur aber ab. Er führt sie ins Elysium, wo sie die toten Liebenden glücklich vereint sieht, die gar nicht zurück wollen. Alle tanzen im Finale den „Grand Dance“ und die “Masque“ findet ihr versöhnliches Ende.
Die Szenen mit dem Diener und den beiden Affen, die zwischen überbordender Komik wegen seiner Verliebtheit und tiefer Trauer über ihren Verlust changiert, war Jahrhunderte später Vorbild für eine Szene im Musical Cabaret, wenn der Conférencier seine Liebe zu einem Gorilla besingt (If you could see her through my eye )
Das französische Ensemble Correspondances präsentierte bei den Schwetzinger Festspielen 2023 diese unterhaltsame Parabel auf eine aus den Fugen geratene Welt.