vor 130 Jahren geboren: Walter Braunfels

  • Braunfels, Walter * 19.12.1882 in Frankfurt am Main, † 19.3.1954 Köln.
    Er studierte in Wien und München, wurde 1925 Leiter der Kölner Musikhochschule, wo ihn die Nationalsozialisten seines Amtes 1933 enthoben, lebte dann bis 1945 meist in Überlingen.
    Nach 1945 leitete er den Wiederaufbau der Kölner Musikhochschule, als deren Ehrenpräsident er in den Ruhestand trat. Er schuf Kammermusik- und Orchesterwerke, ein Tedeum, eine »Große Messe« und 9 Opern, darunter »Prinzessin Brambilla« (1909, Stuttgart), »Die Vögel« (1920, München), »Don Gil von den grünen Hosen« (1924, München), »Der Traum ein Leben« (1938, Uraufführung 1950, Radio Frankfurt am Main) und »Verkündigung« (1948, Köln).
    Braunfels, ein sensibler Lyriker spätromantischer Haltung, ist als Musikdramatiker gleichermaßen dem Heiteren wie dem Ernsten zugewendet; stilistisch steht er etwa auf der Linie Pfitzner, Schoeck, Richard Strauss.
    Seine Opern werden leider von den Bühnen fast völlig vernachlässigt.

    [Hans Renner: Führer durch Oper - Operette - Musical]



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Braunfels überlebte im praktischen Berufsverbot als (katholisch) getaufter und "assimilierter", nun wieder als Rassejude geltender Nichtvolksgenosse, der Furtwänglers Jugendfreundin Bertel Hildebrandt zu Frau hatte, sozusagen im inneren Exil am Bodensee. Vor 1933 wurde er auch im Konzertsaal nicht wenig aufgeführt, auch international von den bedeutendsten Dirigenten. Seine "Heilige Johanna" konnte man an der Deutschen Oper Berlin vor kurzem sehen, und sie wird auch wiederaufgenommen. Die vielaufgeführten Variationen über ein Thema von Berlioz wurden neulich hier in Berlin mal wieder vorgeführt (von Manfred Honeck), aber nicht ohne Retuschen, die dem Publikumserfolg nachhelfen sollten. Bei ihm muß man wohl von einer schöpferischen Lähmung durch das Nazi-Berufsverbot sprechen, wie es auch bei Ernst Wilhelm Kirchner und einigen anderen nach 1933 eingetreten ist. Man macht sich diese tatsächliche Auswirkung der 12 NS-Jahre selten klar; die künstlerisch produktive Existenz ist ohnehin auf ein Mindestecho und eine Mindestförderung angewiesen. Furtwängler, Bruno Walter und andere damals Namhafte haben ihn im und nach dem ersten Weltkrieg mehrfach aufgeführt, aber in den zweiten Nachkriegsjahren leider nciht wieder an ihn erinnert, zumal auch nichts Neues mehr von ihm kam.

    KVS

  • Vom Rundfunk wurde aber in den Nachkriegsjahren etliches an Wiedergutmachung geleistet. Es entstanden wunderbare Aufnahmen, die allesamt noch heute tief bewegen. Diese Titel sind mir bekannt:


    DIE GOTT MINNENDE SEELE - WDR 1952 (Bosenius - Braunfels)
    TE DEUM - WDR 1952 (Rysanek, Melchert - Wand)
    WEIHNACHTSKANTATE - BR 1952 (Kupper, Braun - Jochum)
    TRAUM EIN LEBEN - HR 1950 (Kupper, Bensing, Welitsch, Rohr - Schröder)
    VERKÜNDIGUNG - NWDR 1948 (Eipperle, Wegner, Otto, Knapper - Schnackenburg)
    VÖGEL Große Szenen - HR 1949 (Ebers, Fehenberger, Rohr - Schröder)


    Ich schätze Braunfels sehr und werde mir auch umgehend die CD zulegen, deren Cover Harald eingestellt hat. Ein Konzert für Orgel, Knabenchor und Orchester ist schon für sich genommen ein Ereignis! Ich bin gespannt.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Danke, also haben Wand, Jochum und andere sich doch um ihn verdient gemacht. Ich kenne ein spätes Bild vom Braunfels und Abendroth in freundschaftlichem Gespräch, der Abendroth war ja auch so ein Könner und zweimaliger "Nichtwiderständler", trotzdem blieben die menschlichen Beziehungen zwischen beiden. Es muß wohl so sein, daß die Nazizeit nicht nur so schwarz/weiß erlebt wurde, wie es heute erscheinen soll. "Überleben ist alles".

    KVS

  • Die Aufnahme von Braunfels' "Die Vögel" aus Frankfurt schleppe ich (ursprünglich als Tonbandspule, später als Cassette, heute als CD) schon seit früher Jugend mit mir herum.
    Als dann Zagrosek 1984 eine Neuaufnahme dirigierte, habe ich mir die CDs natürlich sofort zugelegt:



    Die Aufnahme aus Los Angeles unter James Conlon auf BluRay steht noch auf meiner Wunschliste:



    Weitere Opern von Walter Braunfels werden im Tamino-Opernführer besprochen, leider ist der Verfasser Davidoff nicht mehr im Forum:


    BRAUNFELS, Walter: DON GIL VON DEN GRÜNEN HOSEN


    BRAUNFELS, Walter: SZENEN AUS DEM LEBEN DER HEILIGEN JOHANNA


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • heute vor 60 Jahren gestorben:



    Walter Braunfels (* 19. Dezember 1882 in Frankfurt am Main; † 19. März 1954 in Köln) war ein deutscher Komponist, Musikpädagoge und Pianist.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Heute, an seinem Geburtstag, möchte ich an Walter Braunfels erinnern, an dessen 60. Todestag vor genau 9 Monaten Harald noch erinnerte. In diesem Zusammenhang möchte ich ein Werk einstellen, das Rheingold weiter oben auch schon genannt hat:

    Dieses machtvolle, prächtige und leidenschaftliche Te Deum führte Günter Wand, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg sehr für den Kölner Walter Braunfels einsetzte, anlässlich dessen 70. Geburtstages 1952 mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester und dem Gürzenich-Chor auf, der unter Günter Wand zu einem der führenden deutschen Chöre wurde. Solisten waren damals Leonie Rysanek und Helmut Melchert.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute, an seinem Geburtstag, möchte ich an Walter Braunfels erinnern, an dessen 60. Todestag vor genau 9 Monaten Harald noch erinnerte. In diesem Zusammenhang möchte ich ein Werk einstellen, das Rheingold weiter oben auch schon genannt hat:

    Dieses machtvolle, prächtige und leidenschaftliche Te Deum führte Günter Wand, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg sehr für den Kölner Walter Braunfels einsetzte, anlässlich dessen 70. Geburtstages 1952 mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester und dem Gürzenich-Chor auf, der unter Günter Wand zu einem der führenden deutschen Chöre wurde. Solisten waren damals Leonie Rysanek und Helmut Melchert.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    Liebe Willi, herzlichen Dank für dieses Erinnern. In der Begeisterung für dieses TE DEUM mit diesen Akteuren treffen wir uns. :) Selbst bin ich immer wieder erstaunt, dass es vor der Alterskarriere von Wand, die sehr übermächtig ist, auch schon einen Dirigenten Wand gab, der wichtige Zeichen gesetzt hat.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wow, was für eine CD. In diesen 1914-1917 bzw 1910 komponierten Stücken fährt Braunfels noch einmal das spätromanische Orchester mit all seiner Melodienseeligkeit und klanglichen Sinnlichkeit auf, das konnten auch Richard Strauss und Erich Wolfgang Korngold nicht besser. Was für eine Musik, der sehnende langsame Satz der Serenade erreicht fast schon Mahler´sche Qualitäten. Kurzum: Geniale Musik, optimal gespielt und eingefangen: 10/10/10.

  • Ich komme, wie im Vorstellungs-Tread erwähnt, aus der Richtung Beethoven, Mahler, Wagner, R. Strauß.


    Eigentlich ist mir W. Braunfels nur nebenbei begegnet, als ich auf der Suche nach CD's war. Als ich kurz in die Große Messe hören wollte, hat es mich aber voll gepackt.

    Ich finde, er erreicht durchaus Mahler´sche Qualität. Ich würde aber eher sagen, dass er Elemente Wagners mit welchen Mahlers und R. Strauß äußerst erfolgreich verbunden hat.

    Dazu gehört eine sehr große dynamische Spanne, große Unterschiede in der Spannung, extremes Ausreizen der Tonalität ohne dabei jedoch atonal zu werden sowie eine recht selbstständige Stimmführung im Orchester.

    Weil ich nach meinem Höreindruck der Meinung bin, dass Braunfels zu stark vernachlässigt wird, werde ich wohl in der nächsten Zeit hier einige meiner Höreindrücke schildern. Als erstes wird wohl die große Messe an der Reihe sein, welches auch meine erste Begegnung mit Braunfels war. (Wer keine Messen mag, kann dann ja danach anfangen zu lesen ;-) ) Ich hoffe, dass dieser Tread genau dafür da ist.

    Ich freue mich aber schon, dass an der Kölner Oper die Braunfels Oper "Die Vögel" aufgeführt wird, zu der ich auf jeden Fall hingehen möchte. Denn leider sind die allerwenigsten Opern Braunfels auf CD oder anderweitig hörbar.


    LG Aaron

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