Wie „Ganymed“ und „Prometheus“ stellt auch dieses Gedicht eine Herausforderung an den Komponisten dar. Dies nicht nur wegen der Struktur der lyrischen Sprache, sondern auch wegen seines Gehalts. Gedankenlyrik, philosophische Poesie gleichsam, - was hat den Melodiker Schubert hier angezogen?
Es war wohl nicht nur die Tatsache, dass Goethe dieses Gedicht in der Ausgabe seiner Werke als eine Art lyrischen Kontrapunkt hinter die beiden anderen freien Hymnen der Sturm und Drang-Zeit gesetzt hat. Schubert musste sich auch von der Thematik des Gedichts angesprochen gefühlt haben. Anders ist die hohe musikalische Expressivität des Liedes nicht zu erklären.
Schuberts auf klangliche Größe hin angelegte Lieder wie „Ganymed“, „Prometheus“, „Grenzen der Menschheit“, „An Schwager Kronos“ haben oft große Aufmerksamkeit erregt, weil man darin gleichsam zukunftsweisende musikalische Strukturen zu entdecken meinte. So kommentiert ein Schubert-Kenner etwa „“Grenzen der Menschheit“ mit den Worten: „Vorahnung dessen, was man später unendliche Melodie genannt hat. Im Verein mit der orchestral gefärbten Begleitung wird ein Eindruck erzielt, der Wagnersche Wirkungen vorwegnimmt.“ (zit. nach W. Vetter, Der Klassiker Schubert).
Thr. Georgiades merkt hierzu in seinem Schubert-Buch an, - und dies zu Recht:
„Aber Schubert – wie jeder Große – ist am größten, nicht wenn er über sich selbst >hinausweist<, sich gleichsam verleugnet, sondern wenn er er selbst bleibt. Nur dann hat sein Werk das Merkmal des Wirklichen, des Verbindlichen. Wo er mehr will, geling ihm weniger.“ (S.206)