Musik des 20./21. Jahrhunderts - gerade gehört - kurz kommentiert

  • James Dillon
    Streichquartett Nr. 9 (2018)
    Arditti Quartet (?)

    Die Streichquartette von James Dillon (Jg. 1950) gibt es bisher nicht auf CD. Lediglich sein 6. ist verfügbar, das den beeindruckenden Luxus genoss, an einem Wochenende von drei der führenden Streichquartette für zeitgenössische Musik (Arditti, Diotima, JACK) in Donaueschingen uraufgeführt zu werden.

    Du beziehst Dich sicher auf die Ausgabe Donaueschingen 2010, wo man sein 6. Streichquartett hören kann. Ich habe allerdings noch eine weitere CD gefunden mit seinem zweiten Streichquartett. (allerdings auch die Ardittis). Die Scheibe scheint schwer zu bekommen zu sein.:(


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    Danke für das Einstellen des 9. Streichquartetts. Ich werde die mir mal der Reihe nach 'reinziehen....


    Es grüßt Axel

  • Die Scheibe scheint schwer zu bekommen zu sein.

    Bei discogs gibt es sie erschwinglich. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass in absehbarer Zeit eine GA der 9 Quartette mit Arditti erscheinen wird. Man macht nicht 9 UAs von einem offensichtlich hoch geschätzten Komponisten und bringt dann keinen Tonträger davon heraus.

  • Bei discogs gibt es sie erschwinglich. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass in absehbarer Zeit eine GA der 9 Quartette mit Arditti erscheinen wird. Man macht nicht 9 UAs von einem offensichtlich hoch geschätzten Komponisten und bringt dann keinen Tonträger davon heraus.

    Das ist ein Argument! Ich werde also warten, bevor ich den nicht unerheblichen Preis für Donaueschingen 2010 ausgebe. Es sei denn, Du könntest noch weitere Empfehlungen aussprechen. BTW in der Wikipedia James Dillon (Wikipedia 26.09.2020) steht, dass sein viertes Streichquartett 2005 vom Quatuor Diotima uraufgeführt wurde. Nicht, dass es sich hier um ein Argument gegen die zu erwartende Kassette vom Arditti Quartett handelt, aber interessant wäre es schon zu wissen, was richtig ist.

  • Nach Abstechern nach Amerika, Lettland, Brittanien sind wir wieder in Wien, allerdings diesmal im etwas moderneren Wien.


    Die Ensemblemitglieder haben sich nach mehreren Anlässen, wo sie eher zufällig zusammenkamen (Das Booklet gibt hier ausführlich Auskunft) 2011 entschieden, das Klaviertrio 3:0 zu bilden. Leider konnte ich, trotz der hier vorliegenden beeindruckenden Ensembleleistung keine weiteren Einspielungen finden.


    Nun zur Musik: Der sinkenden Bekanntheit und steigenden Modernität nach sind hier die Komponisten Anton Webern, Friedrich Cerha und der oben beim Forellenquintett Musik des 20./21. Jahrhunderts - gerade gehört - kurz kommentiert schon erwähnte Gerald Resch aufgezählt Letztgenannte sind Zeitgenossen, allerdings gehört Resch schon einer deutlich jüngeren Generation an. Aus Mangel an einem Klaviertrio ist Webern mit Stücken für Violine und Klavier und Cello und Klavier vertreten.



    Die Reihenfolge auf der CD (Resch, Webern, Cerha) macht Sinn, auch wenn sich das IMHO erst nach dem zweiten Hören erschließt. Aus dem Kontext gerissen kann der Beginn mit den 5 Versuchen nach Italo Calvino von Resch schon ein bisschen erschrecken.:/. Überhaupt ist die Musik, völlig anders als die von den hier schon häufiger aufgetretenen Skandinaven, extrem verdichtet. Sowohl im Satz als auch in der Melodie, wenn man das so nennen möchte. Hier ist konzentriertes Zuhören absolut unumgänglich. Wenn man das tut, wird man allerdings wirklich belohnt. Die Stücke von Webern geben schon eine erste abstrakte Vorstellung (An Abstraktheit wird Webern hier nicht mehr überboten). Friedrich Cerha mit der an Webern anlehnenden Kargheit der Bezeichnung seines Stückes Trio für Violine, Violoncello und Klavier aus dem Jahre 2005. Die Abstraktheit der Bezeichnung zieht sich nicht bis zu den Sätzen durch. Hier werden mit den Bezeichnungen durchaus Assoziationen geweckt. Insbesondere der zweite Satz Nachtstück - Sehr ruhig gehört für mich jetzt nach dem zweiten Male Hören zu den beeindruckensten langsamen Sätzen, die ich kenne. Wir nähern uns Bartoks zweitem Satz des zweiten Klavierkonzertes. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Cerha nicht ausreichend gewürdigt wird.(Nur am Rande). Danach macht das Stück von Gerald Resch Sinn und man versteht wieso es am Anfang steht. Eine durchaus komplizierte Form der Rezeption.


    Eine Empfehlung möchte ich für die aussprechen, die sich einer solchen konzentrierten Form von Musik aussetzen möchten. Hier handelt es sich bei allen drei Kompositionen um IMHO wirkliche Schätze der Komponisten.

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  • Und jetzt noch Streichquartette von Manfred Trojahn eingespielt vom Henschel Quartett, dem auch das vierte Streichquartett gewidmet ist.




    obwohl der Komponist eher in anderen Genres zuhause ist, hat er doch insgesamt einiges für Streichquartett geschrieben. Hier vertreten sind die Streichquartette drei und vier und die Fragmente für Antigone. Das Streichquartett Nr. 4 ist aus dem Jahre 2009 und damit über 20 Jahre älter als die anderen vertretenen Stücke. Hören kann ich das nicht.


    Der Komponist hat eine ausgesprochene Hand für Melodie, die immer wieder in wirklich schönen, elegischen Sequenzen durchzuhören ist. Alles hört sich interessant und schön an und man ist aufgefordert immer weiterzuhören. Die Experimentierfreude mit dem Klang eines Streichquartetts hält sich in Grenzen. Die Fragmente weisen durchaus eine gemäßigte Form von Innovation auf, aber hier bin ich mir mangels Wissens nicht wirklich sicher.


    Die Stücke sind auf jeden Fall hörenswert und langweilen zu keiner Zeit. Das zweite Streichquartett scheint ein Vokalwerk zu sein uind wird sicher bald hier folgen.....:jubel:


  • Die Kammermusik von Schostakowitsch hier zu empfehlen, wäre wahrscheinlich so etwas wie "Eulen nach Athen tragen":). Trotzdem möchte ich das Augenmerk auf die Einspielung seines Klavierquintetts Op.57 und seines dritten Streichquartetts Op.73 durch das Belcea Quartett mit dem Pianisten Piotr Anderszewski richten.



    Beide Werke sind in Notsituationen des Komponisten entstanden. Einmal das Klavierquintett (1940) nach der Absetzung seiner Oper "Lady Macbeth von Mzensk" durch Stalin mit der folgenden Sorge um sein Leben und das Streichquartett (1946) nach der Drohung, nach dem Krieg im Komponistenverband aufräumen zu wollen.


    Schostakowitsch' Musik hat eine janusköpfige Gestalt.


    Die Interpreten sind sich dieser Situation sehr bewußt und spielen vor allem das eigentlich Hintergründige nach vorne, so dass hier die Schärfen und die Ironie besser hörbar sind, als in den andern mir bekannten Einspielungen. Allem voran die Einspielung mit Ashkenazy und dem Fitzwilliam Quartett, wo man die Zustimmung der Kommissare zur Verherrlichung des Sowjetstaates noch leicht nachvollziehen kann und der Rest subtilen Erkenntnissen überlassen bleibt, aber auch die neuere Einspielung mit dem Artemis Quartett und Elisabeth Leonskaja, die insgesamt deutlich zurückhaltender ist.


    Auf jeden Fall bin ich gespannt, ob sich das Belcea Quartett noch an die anderen Quartette unseres Komponisten 'rantraut. Das würde auf jeden Fall interessant werden.

  • Angeregt durch den Thread über [un| ]bekannte Komponisten mit schlechter Diskorgraphie, habe ich mir einige Streichquartette (genauer die erste CD) mit Werken der polnischen Komponistin Grażyna Bacewicz (*1909 -†1969) angehört.



    Von einer schlechten diskographischen Lage kann hier allerdings keine Rede sein. Momentan stehen drei verschiedene Interpretationen zur Auswahl :). Die des Silesian String Quartetts überzeugt auf der ganzen Linie (Streichquartette 1-4). Die beiden ersten Streichquartette haben einen impressionistischen (tatsächlich auch leicht spätromantischen) Touch, das dritte und ganz besonders das vierte (1951) erinnern stark an einen Schostakowitsch, dessen Klangfarben von Debussy geglättet und angereichert wurden.


    Also auch für Genießer weniger avantgardistischer Streichquartettliteratur sicher eine Freude.

  • Wir bleiben beim polnischen Silesian Quartet. Diese wirklich überzeugenden Musiker haben sich auf einer weiteren CD der modernen dänischen Streichquartettliteratur angenommen. Das Album hat den Titel "getString".

    Wenn man es auf generischen Seiten suchen sollte, muss man unbedingt angeben, dass es sich um eine CD handelt ;).


    Das cover ist hier nicht unscharf wiedergegeben. Es verursacht beim Anschauen leichten Schmerz. <X Ganz anders, als die Musik :).


    Die vertretenen Komponisten sind (Reihenfolge ohne Wertung): Morton Riis, Jens Voigt-Lund, Christian Winther Christensen, Jexper Holmen, Simon Steen-Andersen und Simon Christensen. Von allen diesen Komponisten ist mir nur Steen-Andersen durch die hier im Forum entstandene Diskussion ein Begriff.



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    Nichtsdestotrotz ist das Album wirklich spannend zu hören. Obwohl alle Komponisten schon eine eigene Sprache sprechen, geht durch das Album ein gemeinsamer Grundton, der für mich neu ist. Vergleiche mit Lachenmann oder auch Sciarrino (dazu komme ich noch in einem späteren Beitrag) passen nicht wirklich. Die ganze Klangwelt ist wesentlich direkter anprechend und "verstehbar". Mir hat das ganze Album - und man kann es wirklich mit Genuß vollständig hören - einen Riesenspaß gemacht. Bereitschaft zum Zuhören vorausgesetzt.

  • Nun noch zu Salvatore Sciarrino (*1947). Der Komponist ist hier im Forum schon häufig als bedeutender Repräsentant der Moderne vorgestellt worden. Seine Klaviermusik ist in einigen Interpretationen erhältlich. Bei seinen Streichquartetten sieht es etwas anders aus. Ich finde nur:



    die ich mir jetzt aber ehrlicherweise mindestens 10-mal angehört habe. Also "kurz gehört und schnell besprochen" stimmt nicht völlig. Wer oben das Silesian Quartet mit den Dänen im Ohr hat, erlebt hier eine Überraschung. Die Musik ist sehr ruhig und intim. Von melodiös in einem klassischen Sinne kann allerdings keine Rede sein. Es werden schon spezielle klangliche Reize des Quartetts ausgenutzt. Insgesamt zieht sich durch die Quartette 7 und 8 ein extrem klagender Charakter, den ich nicht besser zu spezifizieren weiß. Die sechs kurzen Quartette sind aus der Zeit von (1967- 1992) und damit älter als die beiden anderen. Die Intimität der Klänge bleibt, aber insgesamt wirken sie etwas experimentierfreudiger und auch "spritziger". Besser als Sciarrino selbst kann man es, so glaube ich, nicht beschreiben:


    »Fern von den Opernhäusern entstand die Kammermusik zum Vergnügen derer, die sie im Familienkreis pflegten. Nicht von ungefähr ist die bescheidene, häusliche Umgebung zum idealen Ort für die Ausübung musikalischer Logik (bis hin zu metaphysischen Spekulationen) und der Erfindung geworden.

    Intimität und Stilerhebung laufen in der Welt des Quartetts zusammen. Eine solche Übereinstimmung wird im Alltag aber selten zugelassen. Eine Gefühlsbetonung frei von Redundanz. Da, wo keine Rhetorik ist, können sich Spannungen nicht verflüchtigen und jede Künstlichkeit wird verbannt. Hier entwickelt sich das Cantabile auf homogene Weise: Darüber eröffnet die Diskontinuität von Raum und Zeit durch vielfache, für Streicher völlig neue Klänge, unerwartete Einblicke.« (Sciarrino allgemein über Streichquartette)


    Ich wäre nach dem Hören dieser Werke auch an den anderen Streichquartetten interessiert. Da scheinen wir aber in den Bereich des anderen Threads zu stoßen

    Anerkannte Komponisten der Moderne mit WIRKLICH schlechter Diskographie



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  • Was passiert, wenn man im Streichquartet die zweite Violine und die Bratsche streicht .......?


    Es entstehen Duos für Violine und Cello:



    eine nicht allzu häufig vertretene Kombination. Hier haben der Geiger Frank-Peter Zimmermann und der leider schon verstorbene großartige Heinrich Schiff sich offensichtlich mit vel Liebe Kompositionen von Honegger, Martinu, Bach, Pintscher und Ravel gewidmet. Zuerst stellt man fest: auch Stars können Kunst produzieren, wenn das Werk im Mittelpunkt steht und nicht die Selbstdarstellung. Diese Platte stellt für mich ein seltenes Juwel dar. Selbst die Kombination mit den Kanones aus der Kunst der Fuge von Bach ist gelungen. Der Klang des Duos ist zum einen natürlich analytisch, aber Schiff und Zimmermann bringen an den nötigen Stellen auch enorme Klangvielfalt und -nuancen hervor, wie man sie bei so dünner Besetzung kaum erwartet. Das Stück von Ravel ist ein Paradebeispiel dafür. Das Stück von Matthias Pintscher passt sich mit seiner Ruhe und seinen Klangideen hervorragend ein.


    Die Aufnahme kann Gefallen für diese Kombination wecken. Leider hat Schiff danach nicht mehr viel aufnehmen können.

  • Eine CD mit Kammermusik von Galina Ustwolskaja (*1919 - †2006). Michael Denhoff hält sie für die größte Musikerin des 20. Jahrhunderts. Ich bin nicht befähigt, das zu beurteilen. Was aber die Konsequenz ihres Komponierens angeht, die Kargheit der Mittel und die Stärke des Ausdrucks, findet sich meines Wissens nach kaum Vergleichbares.



    Jedes Stück hat hier extremes Gewicht. Es fängt mit der ersten Klaviersonate an. Das Oktett mit zwei Oboen und Pauke schließt sich an und zum Schluss wahrscheinlich das ausdrucksstärkste (mag auch eine persönliche Disposition sein..) Grand Duet für Cello und Klavier. Diese Musik unterhält an keiner Stelle und lässt einen doch nicht mehr los.


    Die Welt sieht danach ein wenig anders aus.


  • Andrzej Panufnik (1914 - 1991)


    - Violinkonzert

    - Cellokonzert

    - Klavierkonzert


    Alexander Sitkovetsky, Violine

    Raphaël Walfisch, Violoncello

    Ewa Kupiec, Klavier


    Konzerthausorchester Berlin

    Łukasz Borowicz


    Neben Lutosławski, Górecki und Penderecki der vierte große Pole


    Panufniks Musik ist gemäßigt modern und sehr abwechslungsreich.

    Die drei Konzerte könnte man fast als Doppelkonzerte bezeichnen, da die Solisten in einen durchaus auch heftigen Dialog mit der Pauke eintreten.


    Die Aufnahmetechnik ist top, alle Instrumente - auch die Pauke - kommen deutlich rüber.

    Łukasz Borowicz interpretiert straff, energisch, ohne Durchhänger.


    :hello:


    John Doe

  • Schließen wir uns dem Vorposter an, was die polnische Musik angeht. Rip...Rip...Rip diesmal ist LaSalle der Tip!


    Eine alte Platte von mir, die ich mir damals noch einmal in den Achtzigern als CD gekauft habe, angereichert um Streichquartette von Penderecki und Mayuzumi


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    Das von mir sehr geschätzte LaSalle Quartett spielt hier das einzige Streichquartett von Witold Lutosławski (*1913 - †1994) ein. Das Streichquartett ist von 1964, die Einspielung von 1968. Da das Arditti-Quartett damals noch nicht aktiv war, wahrscheinlich also die erste Einspielung. Dieses Quartett halte ich für eines der schönsten, die mir aus dem 20. Jahrhundert bekannt sind. Obwohl es jetzt nicht in C-Dur geschrieben wurde und sicher einiges Geräuschhafte und eigenwillige Pizzicati inkludiert sind, macht auf mich alles einen sehr natürlichen Eindruck. Man kennt diese Geräusche aus dem Leben, wenn auch in der Kunst alles überhöht ist. Von diesem einen meiner Lieblingsquartette gibt es tatsächlich mittlerweile einige Aufnahmen, trotzdem ist die Aufnahme des LaSalle Quartettes für mich immer noch eine Referenz.


    Neu schließt sich jetzt der in diesem Jahr verstorbene Krzysztof Penderecki (*1933 - † 2020) mit seinem ersten Streichquartett aus dem Jahre 1960 an. Das Quartett hat aufgrund der Plattenvorgeschichte nicht dieselbe Liebe von mir erfahren, wie das Streichquartett von Lutoslawski, ist aber auf jeden Fall interessant. Protest gegen den Standardstreichquartettklang ist unüberhörbar und man bangt in den ersten Minuten um etliche Guarneris und Amatis. Aber die Kollegen vom LaSalle wissen sicher, was sie da tun 8-).


    Das Werk von Toshiro Mayuzumi (*1929 - †1997) ist sehr ruhig und klagend und erinnert ein wenig an das siebte und achte Streichquartett von Salvatore Sciarrino. Mayuzumi ist mir nur durch dieses Quartett bekannt.


    Am Ende nun das Streichquartett in 4 Teilen aus dem Jahre 1949 von John Cage (*1912 - †1992) ein wundervolles Quartett, was ich oben schon einmal kurz in Zusammenhang mit dem Album in due tempi des Cikada String Quartets besprochen habe. Völlig anders als das Quartett von Lutoslawski ist es erheiternd und es ist schön, dass die DGG es auch hier als Schlussquartett auf dem Album belassen hat.

  • Mit Sofia Gubaidulina (*1931) noch die zweite bedeutende russische Komponistin neben Ustwolskaja und doch völlig verschieden. Das Danish Quartet (nicht zu verwechseln mit dem wesentlich jüngeren Danish String Quartet) spielt in einer Aufnahme von 1994 die ersten drei Streichquartette und das Streichtrio ein. (Das Ensemble hat sich schon verdient gemacht um die sträflich vernachlässigten Quartette von Hindemith)



    Das erste Streichquartett ist von 1971 und damit die älteste Komposition auf dieser Aufnahme. Die beiden anderen Streichquartette sind von 1987 und das Trio von 1988. Tatsächlich ist das erste Quartett das ruhigste. An manchen Stellen vermeint man Choräle als Vorbild zu hören. Völlig anders als die Musik von Ustwolskaja, die einen zu erschlagen droht, kommuniziert das Quartett mit einem. Es gibt Pizzicati, Glissandi, auch mal rhythmische ambitioniertere Konstruktionen. Alles ist aber verhalten und kontrolliert. Die einzelnen Instrumente scheinen miteinander zu sprechen und das Gespräch ist versöhnlich.


    Die beiden Quartette zwei und drei, die sechzehn jahre jünger sind, sind da anders. Der Ton ist fordernder. Beide Quartette wollen Beteiligung des Hörers. Das zweite ist sehr kurz und lauernd. Es endet irgendwie offen und verlangt nach dem nächsten Quartett ;-). Das dritte wiederum fordert fast acht Minuten mit Pizzicati den Hörer heraus, bevor der erste Streicherton wie eine Erlösung zu hören ist.


    Noch anspruchvoller wird das Streichtrio, das fast wie Lutoslawski beginnt, dann aber sehr schnell eine eigene Charakteristik entwickelt. Die einzelnen Sätze scheinen mit Kontrastwirkungen zu arbeiten, die Dynamik ist zum Teil schon auffällig. Das Streichtrio scheint einer anderen Welt zu entstammen, obwohl es nur ein Jahr jünger ist als die Quartette.


    Gubaidulinas Streichquartette und Trio sind sicher eine interessante Hörerfahrung. Bei mir sind sie ein gewisser stetiger Dauerbegleiter geworden, der jetzt gerade noch einmal gehört wurde. Die Interpretation des "Danish Quartet" ist meines Erachtens hervorragend.

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  • Jetzt wieder in den USA im Jahr 1958. John Cage (*1912-†1992) mit seinem solo for piano eingespielt von Sabine Liebner, die vielleicht dem einen oder anderen schon durch die Einspielung von Stockhausens Klavierstücken bekannt sein mag.



    Ich besitze dieses Stück noch in einer Einspielung durch Steffen Schleiermacher. Da aber die Möglichkeiten des Pianisten sowohl, was Auswahl wie auch Interpretation seiner 63 Seiten angeht, umfangreich sind, macht es auf meinem Level des Verständnisses keinen Sinn, diese Einspielungen zu vergleichen. Zur Geschichte und Interpretationsgeschichte verweise ich auf


    Cage in concert


    Das Werk ist Teil eines größer dimensionierten Klavierkonzertes, das ich aber noch nirgendwo gefunden habe. Nun zu den siebzig Minuten Sabine Liebner mit John Cage. Trotz der aufwändigen Beschreibungen und der Komplexität für den Interpreten, hört sich für mich die Einspielung wirklich stimmig und einfach an. Man ist von Minute zu Minute gespannt auf die nächsten Töne (und Klänge, da wird tatsächlich ziemlich viel am Flügel gezurrt und geziept und geschrubbt ^^ und geklopft und gehämmert (auch auf den Tasten)). Auch Wasserblubbern ist wahrnehmbar (wo auch immer das herkommen mag). Der Klang ist phänomenal und man möchte in den Flügel kriechen um zuzuhören. Den Mikrophonen scheint das schon vergönnt zu sein.


    Das waren wirklich entspannte und schöne siebzig Minuten.

  • Angeregt durch einige Diskussionen hier im Forum, habe ich mir die Streichquartette des dänischen Komponisten Vagn Holmboe (*1909-†1996) angeschafft. Ein durchaus umfangreiches Werk mit zwanzig Streichquartetten. Eingespielt durch das Kontra Quartett. Als alter Algorithmiker fange ich in der Mitte an



    Streichquartette 10,11 und 12 , op. 102(1967), op. 111(1972) und op. 116 (1973) auch einzeln erhältlich unter



    Eine solche Produktion an Quartetten entsteht nicht zufällig, weil der Markt danach schreit :). Allerdings habe ich mich am Anfang etwas schwergetan mit den drei Werken. Es sind fast immer Erwartungshaltungen, die einem da im Wege stehen. Wer da an Saariaho denkt, liegt völlig falsch. Es ist nie der Streichquartettklang, obwohl durchaus manchmal interessant, der beim Verständnis hilft. Nach einem mal Durchhören und wie "der Ochs' vorm Berg stehen", kam die Idee:


    "Dänen lügen nicht" und erzählen deswegen manchmal traurige Geschichten :untertauch:. Erinnerungen an einen alten Liebling aus Kindheitstagen, Carl Nielsen, waren hilfreich. Plötzlich waren alle Quartette für mich hörbar. Es ist viel Trauriges in ihnen. Wild Trauriges im zehnten Quartett, melancholisch Trauriges im elften und eine Mischung aus allem im zwölften. Alle Quartette wurden nun spannend. Wer sich an die traurigen Melodien der Klaviermusik für Jung und Alt von Nielsen erinnert, wird jetzt fündig. Die Melodie scheint der Schlüssel zu sein. Die Werke sind durchaus an Stellen auch atonal, aber alles wird durch melodische Erzählungen zusammengehalten.


    Das zweite Hören war traurig, aber schön! ungelogen! :untertauch:

  • Das eventuell schon bekannte Pacifica Quartet mit Werken von Leoš Janáček, Ruth Crawford Seeger und Paul Hindemith. Allein das Verdienst, die beiden letzten Komponisten aufgenommen zu haben, verdient ein interessiertes Zuhören.



    Die Quartette sind in der Zeit zwischen 1924 und 1931 entstanden, was der Titel "Declarations, Music between the Wars" noch einmal deutlich vor Augen führt. Hilfreich fand ich den Titel nicht wirklich. Die Quartette sind sehr unterschiedlich. Janáček mit seinem zweiten Streichquartett "intimate letters", mittlerweile weitgehend bekannt und recht häufig eingespielt, deutlich weniger volkstümlich als sein erstes, voller schöner "intimer" Stellen und reizvoller Klänge mit klarer rhythmischer Steigerung zum Ende hin, pures Hörvergnügen.


    Die beiden anderen Komponisten sind seltene Gäste im diskografischen Sortiment, dabei kommt Hindemith allerdings noch deutlich besser weg als Ruth Crawford Seeger (BTW die Stiefmutter des Folksängers Peter Seeger).


    Das Streichquartett von Ruth Crawford Seeger ist ein extrem beeindruckendes Werk. Trotz aller etwas abwegigen Philosophie und der Ablehnung, bei Schoenberg zu studieren, ist der Einfluss dieser Musik in der Melodik gut hörbar. Das Stück bleibt allerdings absolut eigenständig und eigenwillig und voller reizvoller melodischen und rhythmischen Eigenheiten. An einigen Stellen hört man schon die kompositorische Zukunft der Nachkriegswelt. Ruth Crawford Seeger hat danach nicht mehr viel komponiert. Ein Verlust für die Musik, könnte man denken.


    Das abschließende vierte Streichquartett von Paul Hindemith gehört, wie vieles von díesem Komponisten, zu den meines Erachtens unverdient vernachlässigten Werken. Hindemith erschließt sich leider nicht sofort. Er gewinnt massiv bei mehrfachem Hören. Ich hatte schon das Vergnügen und konnte so die Einspielung des Pacifica Quartetts genießen. Das Stück beginnt sehr langsam mit einer Fugenkonstruktion und steigert sich im vierten Satz zu emotionaler Dynamik hin. Es endet wieder sehr behutsam.


    Obwohl alle drei Streichquartette unterschiedlicher kaum sein können, ist die Kombination auf der CD wunderbar hörbar und macht wirklich Spaß. Das Pacifica Quartet spielt ausgezeichnet.

  • Alexander Zemlinsky (*1871-†1942) ist ein mittlerweile diskografisch ordentlich repräsentierter Komponist des Fin de siècle. Trotzdem taucht er gar nicht so häufig auf, wie es seiner Bedeutung entsprechen sollte. Er war nicht nur der Lehrer und später Schwager von Schoenberg, sondern auch ein Komponist mit einem eigenen Weg aus der Romantik. Ich habe sein Streichquartette in der Einspielung des verdienstvollen LaSalle Quartetts - hier nun eine modernere und auch vollständigere. Es splelt das Brodsky Quartett in einer Aufnahme von 2015.



    Der Unterschied zu einigen vorherigen Einspielungen ist die Vollständigkeit. Es ist noch ein frühes Quartett von 1893 enthalten, was wohl seinerzeit bei Brahms selbst Wohlgefallen fand. Gehört habe ich jetzt die erste CD mit seinen beiden Streichquartetten Nr. 1 Op.5 (1896) und Nr. 2 Op.15 (1915). Man erkennt sofort, kein Komponist, der locker von der Hand schrieb. Beide Streichquartette sind tatsächlich auch in dieser Reihenfolge interessant zu hören. Das melodische erste, was sich formal noch an die klassisch, romantischen Strukturen anlehnt, obwohl es schon interessante harmonische Reibereien gibt. Die Textur wirkt dünner, als beim manchmal schon dick auftragenden Lehrer Brahms. Die Einspielung ist gefälliger und spielerischer als die des LaSalle Quartetts. Das zweite Quartett ist schon formal durch die Satzstruktur von acht ineinander übergehenden Sätzen anders gestaltet. Es verströmt einen anderen Ernst, banal möchte man sagen, der erste Weltkrieg hat begonnen... Trotzdem ist der Satz melodiengetrieben. Die Melodien wirken verdichtet und die Dynamik ist wesentlich kontrastreicher. Hier ist der musikalische Unterschied zum LaSalle nicht mehr so groß wie beim ersten Quartett. Die Aufnahmetechnik ist aber moderner, wodurch dem Klang etwas Schärfe genommen ist.


    Die Einspielung macht Spaß. Wer die Einspielung des LaSalle nicht hat, bekommt mit dieser hier eine schöne (soweit ich gehört habe) neue, die um ein posthum gefundenes Streichquartett erweitert ist.

  • Diesmal aus dem sicher bekannten Zyklus catalogue d'oiseaux des französischen Komponisten Olivier Messiaen (*1908-†1992), eine pianistische Herausforderung was Dynamik, Rhythmik und Klangfarben eines Klavieres angeht. Ich besitze schon ein paar Aufnahmen, habe mir aber nun die einigermaßen neue des französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimard geholt. (Für die Freunde von CD Alben, es enthielt zwei Federn, die ich leider keiner Vogelart zuordnen kann :(). Ein sehr kontrollierter und sehr penibler Spieler, den ich auch schon mehrfach live erleben durfte.




    Meine Auswahl waren die Stücke Nr. 2 le loriot (Der Pirol), Nr. 3 Le merle blue (Die Blaumerle) und Nr. 7 La rousserolle effarvatte (?) (das bei weitem längste Stück des Zyklus). Der Zyklus hat mich immer fasziniert.


    Natürlich höre ich gerne morgens den bei uns ansässigen Vögeln beim Aufstehen zu, meine ornithologischen Kenntnisse reichen aber wahrlich nicht weit. Aber diese Stimmen auf Klavier zu übertragen ist eine großartige Idee und sicher auch kompositorisch eine herausragende Leistung. Manchmal ist es nicht schwer beim Zuhören den Transfer der Stimmen zu erkennen, manchmal für mich unmöglich. Das ist Bewanderteren vorbehalten.


    Die Stücke lassen sich trotzdem genießen. Die wirklich extrem durchdachte Einspielung von Aimard macht erheblichen Spaß. Nicht das Pianistische ist im Vordergrund, sondern wir sind ganz dem Flügelklang erlegen. Schwächere Einspielungen lassen uns immer den Pianisten hören. Hier steht nur die eigentliche Komposition im Vordergrund, so dass ich diese Aufnahme unbedingt empfehlen möchte.

    Viel Spaß den Freunden der gefiederten Freunde.

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  • Zur Feier des Abends durchgehend positiv stimmende Musik

    Die beiden Labèque Schwestern verschönern mir den Abend: (Minimalist Dream House)


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    Zuerst hymnisch (Glass: Four Movements for Two Pianos, Cage: Experiences I., Pärt: Hymn to a Great City) danach nachdenklich (Glass: The poet acts) Es folgen Duckworth, Nyman (wieder hymnisch, aber sehr verspielt ;), der pianistische Höhepunkt der CD) und Skempton, der mir durch diese Einspielung bekannt ist, ein schöner Ausklang. Das ganze Programm reißt einen mit und so soll es an diesem Abend auch sein.


    Die beiden Schwestern spielen himmlisch und der Klavierklang kommt aus dem Innersten der Holzkisten.....


    Also diese Scheibe kann ich fürs Feiern sehr empfehlen. Ja, und das ist alles amerikanische Kultur! (Pärt mal ein wenig ausgenommen...)

  • Diesmal aus dem sicher bekannten Zyklus catalogue d'oiseaux des französischen Komponisten Olivier Messiaen (*1908-†1992), eine pianistische Herausforderung was Dynamik, Rhythmik und Klangfarben eines Klavieres angeht. Ich besitze schon ein paar Aufnahmen, habe mir aber nun die einigermaßen neue des französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimard geholt. (Für die Freunde von CD Alben, es enthielt zwei Federn, die ich leider keiner Vogelart zuordnen kann :( ). Ein sehr kontrollierter und sehr penibler Spieler, den ich auch schon mehrfach live erleben durfte.

    Lieber Axel,


    das ist ein Tip ... die CD gehört in meine Sammlung. Messiaen ist ja mit dem Tonband in den Wald gegangen und hat die Vogelstimmen aufgefangen! :)

    Zur Feier des Abends durchgehend positiv stimmende Musik

    Die beiden Labèque Schwestern verschönern mir den Abend: (Minimalist Dream House)

    Auch ein toller Tip. Hast Du diese CD der Labeque-Schwestern - ist in meiner Sammlung:


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    Heute gehört habe ich das 12. Quartett von Myaskovsky - aber das ist dafür hier der falsche Thread. ;) Zum Hören habe ich auch noch bereit stehen:



    :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • das ist ein Tip ... die CD gehört in meine Sammlung.

    Lieber Holger,


    da bin ich doch gespannt, wieviel Federn bei Dir im CD-Koffer sind :).


    Nein, die Labèques mit Messiaen, da wäre ich von alleine nicht drauf gekommen. Ich schaue mal, wo ich mir das besorgen kann. Ja und der Rzewski wäre für gestern abend auch eine hervorragende Wahl gewesen. Die Einspielung von Levit kenne ich gut, aber man sollte es auch von Hamelin mal hören.


    Beste Grüße,

    Axel

  • nach dem Feiern von gestern (BTW auch die zweite Seite passt dazu) nun das Genießen:


    Toshio Hosokawa (*1955) mit seinen Streichquartetten Silent Flowers (1998), Landscape I + V (1992,1993) , Urbilder (1980) und Blossoming (2006). Eingespielt ist das Ganze vom Quatuor Diotima, einem exzellenten Ensemble.





    Ein Japaner in Europa möchte man sagen. Klänge von Lachenmann und Ferneyhough, aber Klang für Klang organisch entwickelt. Das hört sich wesentlich enstpannter an. Silent Flower und die Landschaften kann man wirklich leicht nachvollziehen. Alles ist allerdings ziemlich symbol- und zenbehaftet wie man hier nachlesen darf: Kritik: Hosokawa Streichquartette


    Der meditative Charakter macht die Musik auf jeden Fall leichter zugänglich, als die der oben erwähnten Klangpartner. Der Streichquartettklang ist interessant ohne aggressiv zu wirken. In Landscape V wird er ergänzt durch eine Shō, eine japanische Mundorgel. Da mir der Komponist ziemlich unbekannt ist, möchte ich es dabei belassen. Für Streichquartettinteressierte sicher eine Bereicherung.

  • die neue CD des Quatuor Diotima beschäftigt sich mit zwei Streichquartetten des albanisch-britischen Komponisten Thomas Simaku (Jg. 1958). Auch hier ist die Musik eher ruhig dahinfliessend mit nur wenigen Ausbrüchen. U.a. Bartok, Ligeti und Kurtag dürften Väter dieser Musik sein.


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  • die neue CD des Quatuor Diotima beschäftigt sich mit zwei Streichquartetten des albanisch-britischen Komponisten Thomas Simaku (Jg. 1958). Auch hier ist die Musik eher ruhig dahinfliessend mit nur wenigen Ausbrüchen. U.a. Bartok, Ligeti und Kurtag dürften Väter dieser Musik sein.

    Lieber Lutgra,


    endlich wieder ein Beitrag von Dir. Fast ein wenig bedauerlich, wenn dies freudig zu erwähnen ist. Wenn Du nicht schreibst verwaist die Streichquartett-Szene. Also sei ein guter Behüter dieser Waisenkinder.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

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  • Ein Themenalbum Wien 1900++



    Es spielen Eric Le Sage (Piano), Daishin Kashimoto (Violine), Emmanuel Pahud (Flöte), Paul Meyer (Klarinette) und Zvi Plesser (Violoncello), also alles beisammen für schöne Kammermusik. Und das bietet die CD. Was hier dokumentiert wird, ist der Übergang vom romantischen Brahms zum neutönernen Schönberg (eher Berg). Step by Step, zum Nachvollziehen.


    Enthalten sind ein Klaviertrio op.1 von Erich Wolfgang Korngold, ein Klarinettentrio op.3 von Alexander Zemlinsky, Gustav Mahler mit zwei Liedern in einer Transkription für Flöte und Klavier, Alban Berg mit seiner berühmten Klaviersonate op. 1, Stücken für Klarinette und Klavier und aus seinem Kammerkonzert das Adagio in seiner eigenen Transkription für Violine, Klavier und Klarinette, das jüngste Stück auf diesem Album von 1925 und 1935 transkribiert. Das Album schließt mit der Kammersinfonie op.9 von Arnold Schoenberg in einer Transkription für das vollständige Quintett von Anton Webern.


    Jetzt zum Hören: Die Reihenfolge scheint nicht glücklich, um melodische und harmonische Entwicklungen zu verstehen, man sollte mit Mahler und Zemlinsky anfangen, dann Korngold und dann Schoenberg und erst am Ende Berg. Das ist aber auch Geschmackssache und für andere Hörer eventuell unerheblich.


    Wirklich überraschend überragend das Trio des 12-jährigen Korngold. Unglaublich selbstständig und an manchen Stellen wunderschön. Man hört den Liedkomponisten. Sogar der Umgang mit den Instrumenten wirkt frisch und innovativ. Das Werk von Zemlinsky dagegen wirkt noch sehr brahmslastig, aber das Andante hat seinen eigenen Charakter. Brahms soll von dem Trio begeistert gewesen sein ;). Ich bin überzeugt, es war so.


    Bei Mahler geht es mir, wie nicht selten bei Liedtranskriptionen, dass ich leider etwas gelangweilt bin. Es fehlt der Text, der Spannung in Zusammenhang mit der Musik aufbaut.


    Die Berg-Sonate ist sehr gut gespielt, hält aber nicht ganz den Vergleich mit der Einspielung von Pollini aus. Überragend sind das Kammerkonzert von Berg und auch die Kammersinfonie von Schoenberg.


    Wenn man das Album im Ganzen hört, stellt sich schon ein Verständnis für den musikalischen Übergang in die Moderne ein. Wobei der Zweig Korngold leider keine wirkliche Fortsetzung gefunden hat. (So gerne gucke ich leider keine Piratenfilme und die Auseinandersetzung mit Metro Goldwyn Mayer führt sicher auch nicht in Zukunft) Der Aufbruch ist erfahrbar, sowohl melodisch wie auch harmonisch (Berg Kammersinfonie). Rhythmisch entfernt sich die Musik (bis auf Korngold) allerdings erstaunlicherweise gar nicht so weit von Brahms.


    In meinen Augen (Ohren) ist das Album wegen der Kammermusik von Korngold un den beiden Werken von Schoenberg und Berg auf jeden Fall empfehlenswert. Darüber hinaus scheint es auch pädagogischen Nutzen zu haben 8-), wie ich das sehe, auch für mich.

    Einmal editiert, zuletzt von astewes ()

  • die neue CD des Quatuor Diotima beschäftigt sich mit zwei Streichquartetten des albanisch-britischen Komponisten Thomas Simaku (Jg. 1958). Auch hier ist die Musik eher ruhig dahinfliessend mit nur wenigen Ausbrüchen. U.a. Bartok, Ligeti und Kurtag dürften Väter dieser Musik sein.

    Hallo Lutgra,


    vielen Dank für den Tipp. Ich habe mir das Album besorgt und mittlerweile auch schon mehrfach gehört.


    Beste Grüße,

    Axel

  • Eine Pianistin mit viel Geschmack und einem sehr musikalischen Klavierklang. Anna Gourari hier mit einer Einspielung von Werken von Alfred Schnittke (1934-1998) , Giya Kantscheli (1935 - 2019) , Rodion Schtschedrin (*1932), Arvo Pärt (*1935) und Wolfgang Rihm (*1952). Eingerahmt wird das Ganze von zwei Bearbeitungen Vivaldis und Marcellos durch Johann Sebastian Bach.



    Gourari hat hier ein Album produziert, was sehr ruhig und meditativ und manchmal etwas verspielt (;)) ist. Wunderbar nach 22:00 Uhr zu hören :jubel:. Sie schafft es großartig, diese Musik zwischen den barocken Ecksätzen zu platzieren. Sie bringt alle Stücke in eine erfahrbare Nähe. Sogar die harmonisch einfachen Stücke von Kantscheli zeigen eine musikalisch überbrückende Wirkung und halten das ganze Album zusammen.


    Ausgesprochen geschmackvolle Auswahl und sehr schön gespielt. Vollständige Konzentration auf das Werk und nicht die Wirkung.

  • Inspieriert durch den Thread über Patricia Kopatchinskaja und ihre, wie ich finde, bravouröse Einspielung von Beethovens Kreutzer-Sonate zusammen mit Fazil Say, habe ich mich an Moderneres getraut:



    gehört habe ich davon die Violinkonzerte von Gerd Kühr (*1952) und den mittlerweile hier schon bekannten Gerald Resch (*1975), beides Österreicher. Wer da Violinkonzerte à la Beethoven, Mendelssohn oder auch noch Alban Berg erwartet, wird nicht glücklich werden. Beide Konzerte reizen das Klangliche von Violine und Orchester extrem aus, alles Melodische wird vernachlässigt. Die Komposition Schlieren von Resch ist von 2005 und die Komposition Movimenti von Kühr von 2006.


    Es handelt sich um Live-Einspielungen. Die Kopatchinskaja und das Radio-Symphonieorchester Wien unter Leitung von Ashbury und Kalitzke geben alles. Wer zuhört hat begeisternde 40 Minuten vor sich. Für die an den Stücken Interessierte möchte ich einen Link mit einer etwas kompetenteren Besprechung geben.

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