MARTINU Bohuslav - Die Sinfonien und sinfonischen Werke

  • Soweit ich weiß, sollen alle Martinu-Sinfonien mit dem HRSO unter Orozco-Estrada auch auf CD erscheinen. Wann, wie und wo, ist mir aber nicht bekannt.
    Die Erste Sinfonie habe ich zweimal mit Ihm im Konzert gehört. Es war wirklich verdammt gut. Ich denke, das wird ein sehr guter Zyklus.

  • Das ist eines seiner frühen Orchesterwerke, dem man die zeitliche Nähe (es liegen nur drei Jahre dazwischen) zu seinem ersten Violinenkonzert anmerkt. Und ich finde, man merkt auch, dass es ein Werk aus den "wilden" zwanziger ist.


    Wobei der Kopfsalat eher ruhig, Pastoral beginnt. Überschrieben ist er mit "Satyrs in the Wood of cypress". Zur Mitte hin wird es aber deutlich dramatischer, was dann seine Auflösung im flirrenden Streicher Klang findet. Im ganzen Kopfsatz grollt und donnert es häufig, was seine Auflösung in zarten Streicher Klängen findet.


    Auch der zweite Satz (the blue Hour) ändert seine Stimmung in der Mitte etwas. Erinnert mich dann plötzlich etwas an Gershwin. Er kriegt etwas mehr Geschwindigkeit und leichten Schmiss. Die Blechbläser treten deutlich in den Vordergrund. Und der Übergang in den dritten und letzten Satz wird vom Schlagwerk schon mal deutlich angekündigt.


    Der dritte Satz (Shadows) hat etwas gemaltes, als würde hier ein Gemälde vertont. Besonders in der ersten Hälfte. Auch in diesem Satz gibt es wieder diesen stilistischen Bruch in der Mitte. In der zweiten wird mehr Spannung aufgenäht. Und einmal klang es kurz nach einer Autohupe aus den Anfängen der Automobilzeit. Es war natürlich keine, aber ich weiß nicht so genau welches Instrument für den Effekt genutzt wurde. Auf alle Fälle gibt es hier auch wieder Schlagwerk und tiefe Blechbläser zu hören.


    Ich finde, man hört sehr wohl, dass es ein frühes Orchesterwerk ist. Es gibt doch die einer oder andere Stelle die auf mich etwas unausgegoren wirkt, oder auch so als probiert sich da jemand noch aus. Und manches, wird durch Wiederholung sehr deutlich, vielleicht zu deutlich, betont. Aber es macht auch Spaß zu hören. Es klingt in meinen Ohren alles ein bisschen verrückt, viel Dramatik, viel Donnergrollen und Schlagwerk. Wenig Dissonanzen. Und ich finde man hört deutlich die 20iger. Falls es noch jemanden gibt, der Vanashing Midnight kennt, würde ich mich über andere Einschätzungen freuen.

  • Eigentlich hatte ich in meinen vorhergehenden Beiträgen über die erste Sinfoni bereits alles gesagt. Dennoch sah ich mich veranlasst sie ein weitere Mal zu hören, da ich beabsichtige diesen Thread weiterzuführen, indem ich mich mit den folgenen 5 Sinfonien befasse. Da ist es nie schädlich, wenn man Erinnerungen auffrischt und verhergehende Eindrücke bestätigt oder verwirft. In beiden fällen sollte ma Stellung dazu nemen, wirkt es doch auf den Leser eigenartig, wenn die beiden beschriebenen Klangeindrücke einander widersprechen. Dennoch kann das vorkommen - und da ist es dann gut, wenn man das begründen kann.
    Ausserdem gibt es unterschiedliche "Klangerlebnisse" wenn man verschieden Aufnahmen abhört. So ist beispielsweise der Kalngeindruch zwisen der ursürünglichen BIS (Brilliant)-aufnahme und jener von Naxos doch eindeutig zu hören. Die Naxos Aufnahme unter Arthur Fagan ist etwas konturierter, härter (aber nicht unmusikalischer) wodurch sie stellenweise "rhythmischer" wirkt. Mein klarer Favorit also.
    Die Sinfonie an sich ist mehr als hörenswert, und ich finde sie - anders als ein anderes Tamino-Mitglied - überhaupt nicht spröde - im Gegenteil.
    Einige rhythmische Stellen - vor allem im bewundernswerten 2. Satz, aber - weniger ausgeprägt auch im 4. erinnern mich an eine Passage aus einem Werk Aaron Coplands. Das muss ich unbedingt ergänzen - so dachte ich - aber weas, wenn es nur Einbildung ist ?
    Zu meiner Überraschung fand ich, daß ich das bereit in einem meiner früheren Beiträge nach einer Hörsitzung ebenfalls so empfunden, und sogar schon damals schriftlich festgehalten habe.
    Die nächsten Aufnahmen werde ich mit der Aufnahme unter Järvi hören, denn bis zur Besteellung einer weiteren Aufnahme von Naxos wird noch einige Zeit vergehen. Ich habe den festen Vorsatz bis auf weiteres nur Aufnahmen von Werken zu kaufen, die noch nicht in meiner Sammlung vorhanden sind....


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 2934

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Martinus Sinfonien sind nicht alle von gleichbleibender Qualität. Teilweise sind sie recht ähnlich und verschwimmen in der Erinnerung sehr stark. Ein Grund dafür könnte sein, wie im Thread mehrfach erwähnt, dass sie bis auf die Sechste binnen vier Jahren kurz nacheinander entstanden sind. Schon immer heben sich für mich die 1. und die 6. Sinfonie ab. Letztere, als Sinfonische Fantasien bezeichnet, mit u.a. ihrem herrlichen Schlusssatz (Lento). Und die 1. Sinfonie - vielleicht eben einfach nur weil sie die Erste und damit unverbraucht ist - mit ihrer sehr individuellen Klangsprache und Frische. Aber vielleicht auch, weil sie sich in Länge und Eingängigkeit von den anderen Werken ein wenig abhebt. Der Beginn reißt mich jedes Mal mit: Dieser Klangrausch samt Klavier, der sich nach kurzer Steigerung Bahn bricht und das rhythmisch bewegte Hauptthema frei gibt. Aber das gesamte Werk gefällt mir ungemein: Das rhythmisch markante, expressiv-volkstümliche Scherzo ist mitreißend und macht Spaß, das pathetische Largo von spätromantischer Emphase mit moderner Harmonik und das erneut rhythmische und verflochtene Finale, in dem wieder volkstümliche Klänge vorkommen.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Martinus Sinfonien sind nicht alle von gleichbleibender Qualität. Teilweise sind sie recht ähnlich und verschwimmen in der Erinnerung sehr stark.

    Das sehe ich ganz genauso und das gilt - wenig überraschend vielleicht - auch für seine Solokonzerte. Man mag diesen Personalstil - wie ich und sehr! - oder man mag ihn halt nicht. Im ersteren Fall ist das Gesagte gar nicht so wichtig. Und zweifellos hat er unterschiedlichen Phasen - die Zwanzigerjahre klingen schon anders - und er hat auch klare Renner sowie sehr ernsthafte Musik - ich nenne mal Lidice - denen das oft Verspielte völlig fehlt.


    Aber er ist halt ein Vielschreiber, ähnlich wie in der klassischen Moderne Milhaud, Villa-Lobos, Krenek (den ich gerade erst entdecke), und das meine ich auch gar nicht so negativ, wie es vielleicht klingt.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Das sehe ich ganz genauso und das gilt - wenig überraschend vielleicht - auch für seine Solokonzerte. Man mag diesen Personalstil - wie ich und sehr! - oder man mag ihn halt nicht. Im ersteren Fall ist das Gesagte gar nicht so wichtig. Und zweifellos hat er unterschiedlichen Phasen - die Zwanzigerjahre klingen schon anders - und er hat auch klare Renner sowie sehr ernsthafte Musik - ich nenne mal Lidice - denen das oft Verspielte völlig fehlt.


    Aber er ist halt ein Vielschreiber, ähnlich wie in der klassischen Moderne Milhaud, Villa-Lobos, Krenek (den ich gerade erst entdecke), und das meine ich auch gar nicht so negativ, wie es vielleicht klingt.


    :) Wolfgang

    Ja, lieber Wolfgang: Personalstil mögen oder nicht scheint mir ohnehin bei all den Kleinmeistern und Komponisten der 'zweiten Reihe' das fast schon entscheidende Kriterium sein. Von den genannten mag ich Martinus Personalstil, während ich z.B. mit Milhaud nahezu nichts anfanen kann. Ohne dass sich daraus eine Bedeutungshierachie ergeben würde, denn Milhaud möchte ich seine Bedeutung nicht absprechen.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)