Interpretationsvergleiche Klavier - Diskussionsforum

  • Lieber Holger,


    Ich habe einmal eine Frage zum Werk selbst. Ich bin kein ausgesprochener Liebhaber der Werke von FRANZ LISZT sieht man einmal insbesondere von dem Klavierkonzert Nr. 1, den Années de Pélerinage, der Ungarischen Fantasie für Klavier und Orchester (zumal in der fabelhaften Einspielung durch PETER FRANKL!) einigen Ungarischen Rhapsodien und einigen genialen Transkriptionen ab - ich kenne die Werke LISZT's auch zu wenig. Ich schätze mehr die feinsinnige, mehr introvertierte, romantische Klaviermusik CHOPINs als das Virtuosentum LISZTs.

    Nun hätte ich aber eine Frage zu den Ungarischen Rhapsodien: Nach meinem bisherigen Verständnis wurden die Rhapsodien Nr. 1 - 4 für Orchester komponiert, demnach auch die zweite. Hier wird diese aber als Klavierfassung vorgestellt und besprochen. Wie ist das zu erklären? Für eine kurze Aufklärung wäre ich sehr dankbar.


    Viele Grüße

    wok

  • Lieber Wok,


    es gibt unzählige Bearbeitungen der Ungarischen Rhapsodie Nr. 2. Doch zuerst kam die Klavierfassung:


    Composed in 1847 and dedicated to Count László Teleki, Hungarian Rhapsody No. 2 was first published as a piano solo in 1851 by Senff and Ricordi.


    Die verschiedenen Fassungen habe ich nicht mit einbezogen, weil der Sinn ja ein Interpretationsvergleich ist und nicht eine Werkanalyse oder Werkbesprechung. Das wäre - eine natürlich hoch interessante - Erweiterung!


    Wenn Du einen äußerst geschmackvollen eher kontemplativen Liszt magst, dann sei Dir die Box von Jorge Bolet empfohlen (von dem ich von der Ungarischen Rhapsodie Nr. 2 leider keine Aufnahme habe):



    P.S. Als Orchesterversion habe ich die Bearbeitung von Franz Müller-Berghaus von 1873, die Leopold Stokowski dirigiert:



    Schöne Grüße

    Holger




  • Lieber Holger,


    Vielen Dank für Deine erklärenden Ausführungen zu meiner Anfrage bezüglich der Ungarischen Rhapsodien von LISZT. Ich war tatsächlich der Meinung, daß die ersten 4 Rhapsodien ursprünglich für Orchesterfassung komponiert waren. Davon gibt es ja auch unzählige Aufnahmen mit den verschiedensten Orchestern. Dem ist also nicht so. Die zweite Ungarische Rhapsodie wurde also - interessant zu wissen - 1847 für Klavier komponiert und 1851 veröffentlicht. In meiner Jugend hörte ich diese Rhapsodien im Rundfunk fast immer in der Orchesterfassung ohne Klavier, im Gegensatz zu der Ungarischen Fantasie für Klavier und Orchester, die mir schon damals auf Anhieb zusagte, und die ich mir dann später als LP mit dem vorzüglichen - in Deutschland leider zu wenig bekannt gewordenen - Pianisten PETER FRANKL zulegte, der nicht nur dieses LISZT-Konzert ganz hervorragend realisierte, sondern auch sehr stark beachtete Gesamtaufnahmen der Klavierwerke von SCHUMANN und DEBUSSY, und Werkgruppen von CHOPIN und SCHUBERT vornahm.. Auch durch BARTOK-Recitals wurde er sehr bekannt.

    GBY 12500 PETER FRANKL Liszt Hungarian/Chopin Krakowiak


    GBY 12500 PETER FRANKL Liszt Hungarian/Chopin Krakowiak

    von Peter Frankl

    Vinyl



    JORGE BOLET ist mir natürlich bestens bekannt. Er war ja auch ein sehr renommierter CHOPIN- und LISZT-Spieler, und gerühmt wegen sein auf Belcanto und Klang ausgerichtetes, und dabei stets geradliniges und präzises Spiel. Er legte ja auch immer Wert auf darauf, auf seinem BECHSTEIN-Flügel zu spielen. Jedenfalls auch herzlichen Dank für diese Empfehlung.


    Viele grüße

    wok

  • In meiner Jugend hörte ich diese Rhapsodien im Rundfunk fast immer in der Orchesterfassung ohne Klavier, im Gegensatz zu der Ungarischen Fantasie für Klavier und Orchester, die mir schon damals auf Anhieb zusagte, und die ich mir dann später als LP mit dem vorzüglichen - in Deutschland leider zu wenig bekannt gewordenen - Pianisten PETER FRANKL zulegte, der nicht nur dieses LISZT-Konzert ganz hervorragend realisierte, sondern auch sehr stark beachtete Gesamtaufnahmen der Klavierwerke von SCHUMANN und DEBUSSY, und Werkgruppen von CHOPIN und SCHUBERT vornahm.. Auch durch BARTOK-Recitals wurde er sehr bekannt.

    Lieber Wok,


    in meiner Jugend und Studentenzeit habe ich viel Radio gehört (WDR 3, SWF 2) - und Peter Frankl wurde sehr oft gebracht wie auch Andor Foldes. Ich glaube, Peter Frankl sah ich auch irgendwann einmal im Fernsehen, mit einem Mozart-Konzert glaube ich. Heute kennt beide ungarischen Pianisten kaum Jemand mehr. Von Andor Foldes habe ich immerhin eine CD und von Peter Frankl leider gar keine! ;( Da fehlt eine Gesamtedition. Wenn die erscheint, lege ich sie mir zu! Wenn wir schon bei den ungarischen Pianisten sind: Auch von Tamas Vasary sind die Liszt-Aufnahmen sehr hörenswert (sein Chopin sowieso!).


    Die unten abgebildete Box kann ich nur sehr empfehlen (für unter 10 Euro derzeit zu haben!) - die Ungarische Rhapsodie Nr. 2 ist leider nicht dabei:



    Schöne Grüße

    Holger

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  • Lieber Holger,


    Es ist für mich immer interessant, von einem solchen Klavierexperten wie Dich zu hören!


    Auch ich habe früher in meiner Jugendzeit PETER FRANKL und natürlich auch ANDOR FOLDES, später auch TAMÁS VÁSÁRY häufig im Rundfunk gehört: Da mir die Ungarische Fantasie für Klavier und Orchester auf Anhieb sehr gefiel, und mir auch das LISZT-Spiel von FRANKL schon damals sehr imponierte (zu dieser Zeit hatte er vor allem als LISZT- und MOZART-Spieler schon einen sehr guten Namen), ließ ich mir diese Vox-Aufnahme extra aus den USA kommen, da in Deutschland nicht erhältlich. Sie enthält auch von CHOPIN das Rondo für Klavier und Orchester op. 14, und das Andante Spianato und Grande Polonaise op. 22, beides meiner Meinung nach ebenfalls großartig gespielt. Auf eine Gesamtedition von PETER FRANKL kann man wohl sicher noch lange warten, und wenn, dann kann man dies wohl noch am ehesten in den USA erhoffen. Bis dahin muß man bei Interesse wohl versuchen, noch Einzelexemplare zu ergattern.


    Von VÁSÁRY habe ich wohl einige CHOPIN-Aufnahmen, diese muß ich mir wieder einmal heraussuchen und anhören. Das ehemalige Wunderkind hat im Konzert ja überwiegend LISZT und CHOPIN gespielt. Dafür hatte er einen großen Namen, später wagte er sich dann auch an BEETHOVEN's Hammerklaviersonate und BACHs Goldbergvariationen. Später spielte er dann auch DEBUSSY, RACHMANINOW und MOZART. Fast alle seine Aufnahmen und Konzertauftritte hatten einen Ruf für höchste Werktreue, feine Ausarbeitung und brillante Ausführung, auch für Klangschönheit und Vermeidung von jeder Exzentrik.


    ANDOR FOLDES konnte man sehr oft im Rundfunk hören, vor allem mit LISZT, aber auch CHOPIN. Sein Repertoire reichte aber tatsächlich von BACH bis STRAWINSKY. Er wurde nach der Bekanntschaft mit dem Komponisten aber auch zu einem gepriesenen BARTOK-Spieler. Er war aber auch ein SCHUBERT-Interpret hohen Grades, und die Einspielung dessen Impromptus erfreuten sich durch ihre hohe Sensibilität und Natürlichkeit großer Wertschätzung, ebenso wie die Einspielung der BEETHOVEN-Sonaten, stets absolut werktreu und pianistisch auf allerhöchstem Niveau.


    Es gab in jener Zeit noch einen weiteren herausragenden ungarischen Pianisten, nämlich GYÖRGY SÁNDOR, der aber weniger mit Werken von LISZT und CHOPIN in Erscheinung trat, sondern mehr oder weniger zum BARTOK-Spezialisten wurde.


    Viele Grüße und ein musisches Wochenende


    wok

  • Von VÁSÁRY habe ich wohl einige CHOPIN-Aufnahmen, diese muß ich mir wieder einmal heraussuchen und anhören.

    Lieber Wok,


    Chopins Etüden habe ich in meiner Jugend durch die Varary-Aufnahme kennengelernt - in meinem Elternhaus gab es die LP. Noch heute muss ich sagen: Mit ihrer Klarheit, Natürlichkeit und interpretatorischen Schlüssigkeit gehört sie zu den absoluten Referenzen! Einfach wunderbar! Auch die Nocturnes und alles Andere ist wirklich herausragend - nur die Sonaten liegen ihm nicht so! (Aber eigentlich müssten wir sowas in dem anderen Thread über vergessene Pianisten ausführen!)


    Ein hoffentlich einigermaßen hitzeerträgliches schönes Wochenende wünscht


    Holger

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  • Lieber Holger, ich habe es schon einmal gesagt: Es ist so ein vielschichtiger, bereichernder Artikel von Dir über die Waldstein-Sonate, aber ich weigere mich und finde es völlig unsinnig, dass ich in einem anderen Thread darauf reagieren soll. Das wird nicht funktionieren. Bitte überdenke das noch einmal. Es ist gegen jeden Sinn eines solchen Forums.


    Viele Grüße

    Christian

  • Lieber Christian, ist es auch gegen den Sinn einer Tageszeitung, wenn Du darin auf einer Seite einen Fortsetzungsroman findest? Das ist ganz absichtlich kein gewöhnlicher Foren-Thread, er steht ja auch in einem externen Bereich. Der Artikel ist wie eine Blogseite konzipiert, die ja auch nicht für eine gewöhnliche Diskussion da ist. Er hat auch eine spezielle literarisch-satirische Form. Ich werde da noch maximal 3 Beiträge einstellen. Der über Rubinstein ist fertig - geschrieben als fiktiver Dialog zwischen ihm, Schnabel und Kempff, wo ich sehr komödiantisch und ironisch die deutsche Beethoven-Rezeption aufspieße und noch mehr. Damit wird ganz bewusst ein ganz anderer Zugang gewählt und Hintergründe beleuchtet, damit man vielleich eine Ahnung bekommt, was alles bei einer Interpretation im Spiel ist. Wen das nicht interessiert, der soll es halt lassen Nicht jeder liest ja auch den Fortsetzungskrimi in einer Tageszeitung!


    Schöne Grüße

    Holger

  • Reine Tageszeitungen sind nicht von ungefähr am Aussterben, weil sie nur in eine Richtung kommunizieren, es werden nur die überleben, denen der Sprung ins Netz gelingt, in dem sie die Leser direkt ansprechen und miteinbeziehen. Und wir sind hier in einem Forum, um uns AUSZUTAUSCHEN und zu DISKUTIEREN. Was ja aber leider nicht immer funktioniert. Aber nun gut, es ist Deine Kolumne.


    Viele Grüße

    Christian

  • Reine Tageszeitungen sind nicht von ungefähr am Aussterben, weil sie nur in eine Richtung kommunizieren, es werden nur die überleben, denen der Sprung ins Netz gelingt, in dem sie die Leser direkt ansprechen und miteinbeziehen. Und wir sind hier in einem Forum, um uns AUSZUTAUSCHEN und zu DISKUTIEREN. Was ja aber leider nicht immer funktioniert. Aber nun gut, es ist Deine Kolumne.

    Es gibt Tageszeitungen, es gibt Fachmagazine, politische Magazine, es gibt Boulevard, lieber Christian. Alles wird gelesen. Und der Stil ist sehr unterschiedlich. Im Internet gibt es die Chance, Verschiedenes miteinander zu kombinieren. Ein Forum wird gestaltet von denen, die darin schreiben. Und über Musik schreiben ist eine Herausforderung - besonders über Instrumentalmusik. Ich erprobe auf diesen Seiten andere, vielleicht ungewohnte, Formen, wie man über Musik schreiben kann. Die Buntheit steigert die Attraktivität eines Forums. Es ist ja auch nicht so, dass ich ausschließlich nur sowas mache. Ich könnte jetzt auch sagen, wer liest heute Kaisers Buch? Warum soll man einen ähnlichen Stil wie den von Kaiser nicht auch in einem Internet-Forum versuchen? Und wieso verhindert eine Kolumnenseite den Austausch? Es ist doch ein Angebot! Es ist im Prinzip nämlich keinerlei Unterschied, ob ich über Beethoven bei Brendel, Arrau oder Kaiser lese oder so einen Kolumnenbeitrag. Ich kann natürlich auch ablehnen, Brendels Ausführungen in einer Diskussion über Interpretationen zu berücksichtigen, weil das zu einem Internetforum nicht passen würde. Tatsache ist, dass ich für mich keinen Gewinn darin sehe, hunderte Seiten über Interpretationsvergleiche zu lesen, wo die eigentlichen Interpretationsfragen nicht vorkommen und man über das Musikstück, um das es geht, so gut wie nichts erfährt und solche tiefer gehenden Fragen zu erörtern als unerwünscht angesehen werden. Also tue ich es mit meiner Kolumne, um damit eben auch anzuregen, dass man auf bestimmte Fragen aufmerksam wird. Es schließt nicht aus, wenn man ein Boulevard-Magazin oder auch investigativen Journalismus gerne liest, dass man auch eine Tageszeitung liest. Die Verweigerung, ein Angebot wahrzunehmen und produktiv zu nutzen, ist erst einmal nur eine Verweigerung. Für mich ist das nicht nachvollziehbar.


    Ich habe zudem diesen Kolloquiumsthread eröffnet, der Raum gibt für Kommentare, Rückmeldungen, auch Diskussionen. In einem Fall hat es auch eine lebhafte Diskussion gegeben, nämlich zum Kitsch-Thema. Nur im Falle von Schubert D 960 hatte ich die Idee der Verknüpfung mit einem laufenden Thread. Offensichtlich ist die nicht angenommen worden. Ich glaube, so unattraktiv sind meine Beiträge nicht und es gibt ein Interesse daran. Nur ich habe auch meine Ansprüche und Vorstellungen, wie ich über Musik schreiben und reden möchte. Wer mit mir ins Gespräch kommen will, muss sich deshalb damit auseinandersetzen. Die Rolle eines kommoden Dienstleisters, irgendwelche gefälligen Sachen abzuliefern, werde ich jedenfalls nicht übernehmen.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Hier die bislang besprochenen Aufnahmen im Waldsteinsonaten-Thread (ohne Lisitsa, das ist Youtube) - Rubinstein ist nicht darstellebar





    Pollini suche ich noch raus!

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  • Hier ist der Pollini-Mitschnitt der Waldsteinsonate von 1997 - in der Box mit den kompletten Sonaten, die sie herausgegeben haben, ist diese Aufnahme aus Pollinis Privatbesitz wohl nicht mehr drin, nur noch die früher aufgenommene Studioaufnahme. Glücklich, wer wie ich die Einzel-CDs alle gekauft hat im Laufe der Jahre :) :



    Bei Youtube kann man sie aber auch hören:



    Schöne Grüße

    Holger

  • In der Box Ist auch die Live-Aufnahme enthalten, Pollini scheint sie vorzuziehen.


    Ich bin ja ein großer Bewunderer der von ihm entfesselten Klänge, aber beide Waldsteinaufnahmen lassen mich kalt. Und dabei finde ich gerade bei dieser Sonate ein schnelles Tempo gut. Muss ich noch einmal reinhören.


    Viele Grüße, Christian

  • In der Box Ist auch die Live-Aufnahme enthalten, Pollini scheint sie vorzuziehen.


    Ich bin ja ein großer Bewunderer der von ihm entfesselten Klänge, aber beide Waldsteinaufnahmen lassen mich kalt. Und dabei finde ich gerade bei dieser Sonate ein schnelles Tempo gut. Muss ich noch einmal reinhören.


    Viele Grüße, Christian

    Lieber Christian,


    die Pollini-Aufnahmen habe auch ich schon lange nicht mehr komplett gehört. Ob sie mich also vom Stuhl hauen oder es bei einer etwas distanzierteren Bewunderung bleibt, kann ich also auch nicht sagen. ;) Geprägt hat mich ja die Horowitz-CBS-Aufnahme, die ich allerdings auch schon ewig nicht mehr gehört habe. Da ich etwas erschreckt feststellen musste, dass mir die ältere RCA-Aufnahme fehlt, habe ich sie mir gestern noch günstig gebraucht bestellt. :) Mal sehen, wie ich heute über Horowitz denke! Später wurde Horowitz bei mir dann als "Leitaufnahme" von Gilels abgelöst. Womit ich nach wie vor gar nichts anfangen kann, ist Gulda. Ich finde ihn einfach zu pauschal und glatt. Da gefällt mir dann doch Gieseking auch pianistisch besser - obwohl ebenfalls Gieseking finde ich nicht wirklich gelungen ist. Die Musik rauscht hochvirtuos an mir vorbei... Da habe ich dann von Kempff doch erheblich mehr. Auch wenn das Finale in der 1943iger Aufnahme klaviertechnisch sicher nicht ganz unangreifbar ist. Es gibt sicher noch einige Aufnahmen in meiner Sammlung, die ich noch gar nicht gehört habe wie Radu Lupu z.B. Bei mir war das Waldsteinsonaten-Problem bisher, dass ich mich mit ihr Jahre lang eigentlich gar nicht intensiver beschäftigt habe, gerade weil ich sie vom ersten Kennenlernen an so sehr mochte. Dann verfällt man aber leicht der Illusion, man versteht, was man so gerne hört. Das ist aber zum Glück ein Irrtum! Das Stück hat viel mehr zu sagen, als seine gefällige und virtuos blendende Fassade hergibt! :D


    Liebe Grüße

    Holger

  • Die Lupu-Aufnahme finde ich ganz, ganz toll! Eben weil sie ganz viel Poesie hat, aber auch die Virtusität der Sonate bedient. Und auch die Live-Aufnahme von Barenboim (Orfeo), auf die hier schon hingewiesen wurde, ist unbedingt empfehlenswert. Barenboim wählt ein eher langsames Tempo, aber er ist auch in jungen Jahren ein wirklich überlegener Gestalter von Zusammenhängen - elektrisierend! Steven Osborne hingegen fand ich enttäuschend.

  • Pollini ist wie ein Sportwagen, der mit 80 durch eine 30er-Zone knallt. Hat was. Technisch exzellent - aber irgendwie atemlos.

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  • Und auch die Live-Aufnahme von Barenboim (Orfeo), auf die hier schon hingewiesen wurde, ist unbedingt empfehlenswert. Barenboim wählt ein eher langsames Tempo, aber er ist auch in jungen Jahren ein wirklich überlegener Gestalter von Zusammenhängen - elektrisierend!

    Ich glaube, lieber Christan, er hat diesen außergewöhnlichen Interpretationsansatz doch beibehalten über die Jahre. Auf Barenboim werde ich auf jeden Fall noch kommen! :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Pollini ist wie ein Sportwagen, der mit 80 durch eine 30er-Zone knallt. Hat was. Technisch exzellent - aber irgendwie atemlos.

    Über diese Tempofrage wird es - gerade auch unter Musikwissenschaftlern - wohl nie eine einheitliche Meinung geben. Es gibt die Fraktion der "Schnellspieler", zu denen Pollini gehört, das sind (um nur einige prominente Namen zu nennen): Schnabel, Solomon, Gieseking, Gulda. Sie können sich auf Beethovens Metronombezeichnungen berufen, also das, was er für ein "Allegro con brio" vorzuschreiben pflegt als Richtmaß. Nur genau da scheiden sich die Geister gerade auch unter Wissenschaftlern, wie verbindlich Beethovens Metronomangaben zu nehmen sind. Letztlich zählt, was überzeugt. Im Prinzip lasse ich mir von daher jedes Tempo gefallen. Ich gehöre nach meinen bisherigen Hörerfahrungen allerdings zu denjenigen, die bei der Waldsteinsonate eher ein zwar nicht einschläferndes, aber doch etwas gemütlicheres Tempo 60 bevorzugen. Gulda, wohl der Sprintweltmeister mit Tempo 100, ist mir da ein bisschen zu sportlich einfach. ^^


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich glaube, lieber Christan, er hat diesen außergewöhnlichen Interpretationsansatz doch beibehalten über die Jahre. Auf Barenboim werde ich auf jeden Fall noch kommen! :)


    Schöne Grüße

    Holger

    Ja, das würde mich interessieren. Er hat die Sonate mehrmal aufgenommen!


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  • Ja, das würde mich interessieren. Er hat die Sonate mehrmal aufgenommen!

    Das freut mich! Ich werde seine früheste mit seiner letzten Aufnahme vergleichen - das finde ich besonders reizvoll, weil dazwischen die Erfahrung eines ganzen Lebens liegt:




    :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

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  • Lieber Holger, ich stimme Deinen Ausführungen zu Horowitz‘ Aufnahmen der B-Dur Sonate zu. Aber ein paar Fragen bleiben doch. Du meinst, dass die frühe Aufnahme vor allem aus strategischen Gründen entstanden sei, um die Abkehr vom reinen Virtuosen zu unterstreichen. Das mag sein. Aber warum hat er die Sonate dann noch einmal aufgenommen? Das kann doch nur heißen, dass sie ihm etwas bedeutet hat und dass er noch etwas dazu zu sagen hatte. Also muss ihm das Werk wichtig gewesen sein.
    Aber auch mit der zweiten Aufnahme war er dann nicht zufrieden. Denn Du hast nicht erwähnt, dass er sie zu Lebzeiten nicht freigegeben hat und dass die Freigabe erst posthum durch Wanda erfolgte.


    Und noch eine Ergänzung: Auch wenn die spätere Aufnahme seltsam disparat geworden ist, so gibt es doch keinen Pianisten, der die Wendung vom pp zum ppp in der Durchführung so magisch spielt wie Horowitz. Die meisten spielen hier nur p, um dann ein pp zu erreichen. Oder sie spielen pp und man kann ein ppp allenfalls ahnen. Bei Horowitz aber kann man p, pp und eben auch das Pianississimo gut voneinander unterschieden. Allein wegen dieser Stelle liebe ich die Aufnahme sehr.


    Viele Grüße, Christian

  • Lieber Holger, ich stimme Deinen Ausführungen zu Horowitz‘ Aufnahmen der B-Dur Sonate zu. Aber ein paar Fragen bleiben doch. Du meinst, dass die frühe Aufnahme vor allem aus strategischen Gründen entstanden sei, um die Abkehr vom reinen Virtuosen zu unterstreichen. Das mag sein. Aber warum hat er die Sonate dann noch einmal aufgenommen? Das kann doch nur heißen, dass sie ihm etwas bedeutet hat und dass er noch etwas dazu zu sagen hatte. Also muss ihm das Werk wichtig gewesen sein.
    Aber auch mit der zweiten Aufnahme war er dann nicht zufrieden. Denn Du hast nicht erwähnt, dass er sie zu Lebzeiten nicht freigegeben hat und dass die Freigabe erst posthum durch Wanda erfolgte.

    Lieber Christian,


    :) Das habe ich aus der Horowitz-Biographie. Horowitz selbst nannte das als Grund - meiner Erinnerung nach hat er die Sonate durch seinen Freund Rudolf Serkin kennengelernt. Merkwürdig ist ja, dass er sie so spät in sein Repertoire aufgenommen hat (wie auch Rubinstein!). Später ist sie ihm dann wohl in der Tat wichtig geworden. Ich schaue heute Abend nochmals nach in der Biographie - es ist schon etwas länger her, als ich die Rezension geschrieben habe, so dass ich das nicht mehr so genau im Kopf habe. ^^

    Und noch eine Ergänzung: Auch wenn die spätere Aufnahme seltsam disparat geworden ist, so gibt es doch keinen Pianisten, der die Wendung vom pp zum ppp in der Durchführung so magisch spielt wie Horowitz. Die meisten spielen hier nur p, um dann ein pp zu erreichen. Oder sie spielen pp und man kann ein ppp allenfalls ahnen. Bei Horowitz aber kann man p, pp und eben auch das Pianississimo gut voneinander unterschieden. Allein wegen dieser Stelle liebe ich die Aufnahme sehr.

    So geht es auch mir - das ist einfach betörend gespielt bei Horowitz, besonders diese Stelle. Wenn es nur um das Pianistische ginge, wäre das "die" Aufnahme schlechthin! :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • Lieber Christian,


    ich habe nochmal geschaut. Horowitz hat die B-Dur-Sonate wohl sehr geschätzt, hielt sie aber für öffentlich nicht aufführbar. Das war also ein innerer Zwiespalt bei ihm. Und dann steht da der Satz, dass er "später" zugegeben hätte, sie nur aufs Programm gesetzt zu haben 1953, um den Ruf des Tastenlöwen los zu werden. Kurze Zeit, nachdem dieser Mitschnitt gemacht wurde, hat er sich ja völlig erschöpft für 11 Jahre vom Konzertpodium zurückgezogen (bis 1964). In dieser Zeit oder später muss er dann so ein Interview gegeben haben mit dieser Äußerung. Die Quelle wird aber leider nicht genannt! :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

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