Was für ein Orchester, was für ein Klang. Wir hatten für dieses Konzert jeweils Karten für Cecilia Bartoli und Elina Garanca eingetauscht und waren einigermaßen skeptisch, ob sich die Preisverdoppelung (15 L, Reihe 3, Plätze 1 und 2, jeweils 119,70 Euro) lohnen würde. Denn es stand eigentlich nichts Hochkarätiges auf dem Programm, auch war uns der russische Dirigent Tugan Sokhiev bisher unbekannt. Die Nettospieldauer war mit 70 Minuten auch eher begrenzt: Prokofjew: Suite opus 60 (Leutnant Kishe), 18 Minuten; Ravel: Sheherazade, 3 Lieder für Singstimme (Marianne Crebassa, Mezzosopran) und Orchester, 17 Minuten; Pause; Prokofjew: Ballett-Suite opus 60 Romeo und Julia, 35 Minuten. Das Berliner Orchester spielte wunderbar, wie von Fern aus dem Jenseits klang das ein- und ausleitenden Trompetensolo am Anfang und am Ende des ersten Stücks. Frau Crebassa stand bei ihren Liedern etwas erhöht im hinteren Teil des Orchesters und war akustisch hervorragend zu vernehmen. Das eigentliche Klangwunder folgte allerdings erst nach der Pause; solch eine Romeo und Julia-Vorstellung haben wir bisher nie erlebt. Gleich zu Beginn begeisterte der tiefe, volle Klang der Tuba und der Kontrabässe beim einleitenden Stück „Die Montagues und Capulets“. Es folgten „Julia, das kleine Mädchen“, „Pater Laurentius“ und „Tanz“. Die Farbigkeit und gefühlswallende Brillianz des folgenden „Romeos Abschied von Julia“ war unübertrefflich, ebenso (nach dem zwischenspielartigen „Tanz der Mädchen“) „Romeo am Grabe Julias“. Es folgte mit „Maskentanz“ ein kurzes Intermezzo und schließlich fulminant aufgespielt „Tybalts Tod“.
Der von den Berliner Philharmonikern im Großen Saal der Elbphilharmonie erzeugte Klangeindruck war schlichtweg großartig und den Ballett-Choreographien von John Cranko oder John Neumeier ebenbürtig, und das will schon etwas heißen. Das Publikum war begeistert, es gab eine ebenfalls gefeierte Zugabe, dann winkte der Dirigent ab und die Philharmoniker sowie das enthusiasmierte Publikum verließen schnell den Saal.