William Shakespeare (1564-1616):
HAMLET, PRINZ VON DÄNEMARK
Tragödie in fünf Akten
Entstehung um 1600, Uraufführung Juli 1602 im Globe Theater London, nach anderen Quellen möglicherweise schon 1600/1601
DIE PERSONEN DER HANDLUNG
Hamlet, Sohn des vorigen und Neffe des gegenwärtigen Königs
Claudius, König von Dänemark
Gertrud, Königin von Dänemark, Hamlets Mutter
Der Geist von Hamlets Vater
Horatio, Hamlets Freund
Polonius, Oberkämmerer
Laertes, Sohn des Polonius
Ophelia, Tochter des Polonius
Rosenkranz und Güldenstern, Schulfreunde Hamlets
Fortinbras, Prinz von Norwegen
Mehrere Schauspieler
Marcellus
Bernardo
Zwei Totengräber
Francisco
Voltimand
Reinald, Diener des Polonius
Ein norwegischer Hauptmann
Ein Edelmann
Ein Priester
Osrik, ein Häftling
Englische Gesandte, Räte, Herren und Damen vom Hofe,
Soldaten, Matrosen, Boten, Gefolge
Das Geschehen ereignet sich im 10. Jahrhundert am dänischen Königshof in Helsingör.
INHALTSANGABE
ERSTER AKT
Am dänischen Königshof in Helsingör herrscht Aufregung: Es wurde bekannt, dass die Norweger unter dem jungen Fortinbras einen Waffengang vorbereiten. Der will die Schmach rächen, die König Hamlet dem Norwegerkönig zugefügt hat, indem er norwegisches Land in einem Krieg erobert hat. Nicht genug damit erscheint eines Nachts den Wachen auf Schloss Helsingör der Geist des inzwischen verstorbenen Königs Hamlet. Horatio, Freund des jungen Kronprinzen Hamlet, bekommt das merkwürdige und aufregende Erlebnis mit und versucht, allerdings ohne Erfolg, den Geist anzusprechen. Er beschließt deshalb, den Prinzen darüber den Vorgang in Kenntnis zu setzen, weil er glaubt, dass der Geist des Vaters mit seinem Sohn eher reden wird, als mit Fremden.
Unterdessen verkünden der neue König Claudius, Bruder des verstorbenen Königs Hamlet, und des Kronprinzen Mutter, Gertrude, ihre Vermählung. In der Festrede geht Claudius auf den bevorstehenden Konflikt mit Norwegen ein und teilt mit, dass er den Unterhändler Voltimand in das Nachbarland geschickt habe, um in Verhandlungen den Waffengang noch abzuwenden. Später kommt es zu einer Unterredung mit Laertes, dem Sohn des Ratgebers Polonius, den er in einer diplomatischen Mission nach Frankreich schickt. Der nächste Gesprächspartner ist sein Stiefsohn und Neffe Hamlet, den er auffordert, die Trauer um den toten Vater aufzugeben, aber in Helsingör zu bleiben und nicht an den Studienort Wittenberg zurückzugehen. Hamlet willigt ein, lässt aber allein auf der Szene in einem Monolog durchblicken, dass er seine Mutter wegen der Heirat mit Claudius verachtet und verzweifelt ist. Horatio unterbricht ihn in seinen Gedanken mit der Nachricht über die merkwürdige Geisterscheinung, doch Hamlet reagiert aufgeregt und will auf jeden Fall mit dem Geist reden.
Laertes erscheint bei seiner Schwester Ophelia und warnt sie vor Hamlet. Er ist überzeugt, dass es der Kronprinz nicht ehrlich mit ihr meint und sie sitzen lassen wird, wenn er genug von ihr hat. Wichtig ist ihm auch noch der Hinweis, dass Hamlet als Königssohn für eine Vermählung die Zustimmung der Obrigkeit benötigt. Die gleiche Ansicht vertritt Polonius. Der verabschiedet zunächst seinen Sohn Laertes und wendet sich dann Ophelia mit der dringenden Forderung, Hamlet zurückzuweisen.
Hamlet trifft sich mit Horatio und Marcellus auf der Schlossterrasse. Aus dem Festsaal dringt Musik und ausgelassenes Getöse nach draußen. Die drei Männer warten auf den Geist, der kommt tatsächlich und fordert Hamlet auf, Alle drei folgen dem Geist und der offenbart sich als Hamlets verstorbener Vater. Er behauptet, nicht durch einen Schlangenbiss, sondern durch ein von Claudius ins Ohr geträufeltes Gift gestorben zu sein. Der Bericht gipfelt in der Aufforderung, Hamlet solle an seinem Onkel Rache nehmen, aber die Mutter verschonen. Der Geist verschwindet und Hamlet schwört die Rache an dem neuen König. Die drei Männer beschließen, Stillschweigen zu bewahren und Hamlet will sich ab sofort verstellen, seine Pläne für sich zu behalten.
ZWEITER AKT
Polonius beauftragt seinen Diener Reinhold herauszufinden, was Laertes in Paris will. Er ist gegenüber seinem Sohn misstrauisch. Ophelia kommt zu ihrem Vater mit der Nachricht, dass sich Hamlet ihr gegenüber merkwürdig verhalten hat. Polonius geht davon aus, dass der Prinz wahnsinnig geworden ist, weil Ophelia ihn abgewiesen hat. Er denkt darüber nach, ob es richtig war, an dessen Aufrichtigkeit zu zweifeln. Er hält es für geboten, den König über Hamlets Veränderung zu informieren.
König Claudius hat sich inzwischen Hamlets Jugendfreunde Rosenkranz und Güldenstern gewandt, die herausbekommen sollen, warum der Prinz sich so sonderbar verhält. Dann erfährt er durch Voltimand, dass die Norweger jedwede Angriffe auf Dänemark unterlassen wollen. Sodann beratschlagen Claudius und Gertrude mit Polonius über die Gründe von Hamlets Veränderungen. Unterdessen haben Rosenkranz und Güldenstern festgestellt, dass ihr Schulfreund wahnsinnig geworden ist. Sie versuchen ihn mit der Nachricht, dass eine Schauspieltruppe nach Helsingör kommt, aufzuheitern. Hamlet plant insgeheim, das zur Aufführung kommende Stück so umzuschreiben, dass der Mord an seinem Vater durch Claudius erkennbar wird.
DRITTER AKT
Rosenkranz und Güldenstern informieren den König, dass sie die Gründe für Hamlets Wahnsinn noch nicht herausgefunden haben. Claudius schickt die beiden mit Dank fort und versteckt sich dann mit Polonius, um Hamlet und Ophelia zu belauschen. Der Prinz ist Ophelia gegenüber abweisend, monologisiert über den Sinn des Lebens fordert sie gar auf, in ein Kloster zu gehen. Der König ist sehr beunruhigt über das Verhalten seines Stiefsohnes und sagt, er wolle ihn nach England zum Tributeinziehen schicken. Polonius aber hält es für wichtiger, erst noch ein Gespräch Hamlets mit seiner Mutter zu belauschen. Die soll ihn nach den Gründen für sein Verhalten fragen.
Hamlet organisiert die Aufführung der Schauspieltruppe und verabredet mit Horatio, den König während der Aufführung genau zu beobachten. Tatsächlich benimmt sich Claudius verdächtig und verlässt genau an der Stelle, wo der Darsteller des Königs seinem Rivalen das Gift ins Ohr träufelt, aufgewühlt den Saal. Sofort wird die Aufführung abgebrochen und Rosenkranz und Güldenstern überbringen Hamlet die Nachricht, dass seine Mutter ihn zu sprechen wünscht. Hamlet lässt sich jedoch erst von Polonius überzeugen, seine Mutter aufzusuchen
Weil Claudius fürchtet, dass Hamlet weiß, dass er der Mörder seines Bruders ist, befiehlt er Rosenkranz und Güldenstern, ohne Verzögerung die Abreise des Prinzen nach England zu organisieren. Unterdessen hat sich Polonius versteckt, um die Unterredung zwischen Gertrude und Hamlet belauschen. Zufällig trifft Hamlet auf dem Weg zu Gertrude Claudius und kann sich nur im letzten Moment davon abhalten, seinen Stiefvater sofort umzubringen. Claudius betet zu Gott, dass er ihm den Brudermord verzeihen möge.
Polonius beobachtet in seinem Versteck eine Eskalation des Gesprächs von Mutter und Sohn. Gertrude ruft plötzlich laut um Hilfe, weil sie um ihr Leben fürchtet und Polonius stimmt in seinem Versteck - hinter einem Vorhang - in den Hilferuf ein. Hamlet vermutet Claudius hinter dem Vorhang und sticht mehrmals auf den Vorhang ein. Als Polonius tot durch den Vorhang fällt, ist Hamlet zunächst erstaunt, bedauert aber seinen Irrtum nicht. Im Gegenteil macht er seine Mutter den Vorwurf, dass sie das Ehegelübde zu seinem Vater gebrochen hat. Aufgelöst bittet Gertrude ihren Sohn, nicht weiter zu reden. Da erscheint Hamlet erneut der Geist, der ihn um Mäßigung gegenüber seiner Mutter bittet, ihn jedoch zur Rache an seinem Bruder auffordert. Weil Gertrude den Geist nicht sehen kann, ist sie jetzt überzeugt, dass ihr Sohn wahnsinnig geworden ist. Und sie verspricht Hamlet, alles Geschehene und Gesagte in sich zu verschließen.
VIERTER AKT
Gertrude berichtet Claudius von dem Gespräch mit Hamlet und informiert ihn, dass Hamlet Polonius erstochen habe. Claudius weiß nun, dass Polonius an seiner Statt gestorben ist und er lässt Rosenkranz und Güldenstern kommen, die nach der Leiche von Polonius suchen, die aber auch mit Hamlet reden sollen. Er selbst will dafür sorgen, dass seine Frau nicht mit dem Mord an seinem Oberkämmerer in Verbindung gebracht wird, denn das könnte zu großem Ärger führen.
Hamlet hat die Leiche von Polonius versteckt. Als Rosenkranz und Güldenstern auf Hamlet stoßen, redet er erneut nur wirres Zeug, sagt aber auch, dass sie „Schwämme“ seien, die nur die Befehle von König Claudius ausführen. Ihre Frage nach der Leiche von Polonius, die sie in die Kapelle bringen wollen, beantwortet Hamlet nicht. Er lässt sich jedoch, zum Erstaunen seiner Schulfreunde, widerstandlos zu seinem Onkel führen.
Claudius ist in einer Zwickmühle gefangen: Einerseits beunruhigt ihn, dass sein Stiefsohn noch immer frei ist, andererseits weiß er auch um Hamlets Beliebtheit im Volk. Eine öffentliche Verurteilung käme ihn teuer zu stehen. Als Rosenkranz erscheint, befiehlt er ihm, Hamlet zu holen; dem offenbart er, dass er nach England reisen und einen Brief für den dortigen König mitnehmen soll. Als Claudius nach dem Abgang der Männer alleine ist, hören wir, dass in dem besagten Brief die Aufforderung an den englischen König steht, Hamlet sofort hinrichten zu lassen.
Auf dem Weg zur Insel treffen Hamlet und seine beiden Gefährten auf Fortinbras, den König von Norwegen, der einen Trupp Soldaten zum Waffengang gegen Polen anführt. Dabei geht es den Norwegern weniger um den Gewinn von Ländereien als um Ehre im Kampf. Hamlet offenbart in einem Monolog, dass er in Zukunft mehr auf Rache an Claudius denken muss.
In einer neuen Szene erzählt Horatio Gertrude, dass Ophelia nach dem Tod ihres Vaters und Hamlets Abreise nach England wahnsinnig geworden ist. Auch Claudius entgeht nicht, dass Ophelia offenbar nicht mehr klar im Kopf ist, deshalb beauftragt er Horatio, sie zu überwachen. Inzwischen ist Laertes aus Frankreich zurück und erstürmt mit Soldaten Claudius‘ Schloss. Er ist, wie ein Großteil des Volkes, überzeugt, dass Claudius der Mörder seines Vaters Polonius ist. Laertes bedroht gerade Claudius, als plötzlich Ophelia hereinkommt. Er ist schockiert über ihren Zustand. Claudius nutzt die Gelegenheit und bringt Laertes dazu, den wahren Mörder seines Vaters ausfindig zu machen.
Horatio bekommt einen Brief von Hamlet, in dem berichtet wird, dass er auf der Rückreise nach Dänemark sei. Unterwegs sei das Schiff aber von Piraten überfallen worden, weshalb er in Dänemark geblieben sei, Rosenkranz und Güldenstern hingegen nach England gereist seien. Hamlet bittet Horatio, Claudius einige Briefe zu übergeben und dann ihm entgegen zu kommen. Die Matrosen, die Horatio seinen Brief übergeben haben, werden ihn zu ihm führen.
Laertes ist inzwischen von Claudius‘ Unschuld überzeugt. Als König Claudius von Hamlet informiert wird, am nächsten Tag wieder im Schloss zu sein, schmieden die beiden Männer ein Mordkomplott gegen Hamlet. Da eine öffentliche Hinrichtung nicht zur Debatte steht, soll Hamlet in ein Fechtduell verwickelt werden und heimlich sein Gegner eine vergiftete Waffe führen. Sollte dieser Plan misslingen, will Claudius vergifteten Wein benutzen. Plötzlich tritt Gertrude auf die Szene und weiß zu berichten, dass Ophelia in einem Fluss ertrunken sei. Unklar ist, ob es ein Unfall oder Selbstmord war. Laertes fühlt sich in seinem Entschluss bestärkt, Hamlet umzubringen.
FÜNFTER AUFZUG
Zwei Totengräber heben Ophelias Grab aus, sind sich aber nicht einig, ob der Toten überhaupt ein christliches Begräbnis zusteht, da sie Selbstmord begangen haben soll. Kurz darauf kommen Hamlet und Horatio und fragen die Totengräber, für wen sie das Grab ausheben, erhalten aber keine Auskunft. Als dann Hamlet und Horatio den Trauerzug auf sich zukommen sehen, verstecken sie sich. Hamlet bemerkt plötzlich, dass es sich bei der Toten um Ophelia handelt und er gibt sich zu erkennen. Es kommt zu einer unschönen Begegnung mit Laertes, der Hamlet nicht am Grab seiner Schwester sehen will. Hamlet lässt sich zu der Äußerung hinreißen, als Geliebter der Toten das größere Anrecht auf die Trauer zu haben. Es kommt zu einem kurzen Kampf, den die Umstehenden beenden. Daraufhin rennt gibt Hamlet fort und Horatio auf Bitten von Claudius hinterher. An Laertes gewandt bittet Claudius ihn, sich in Geduld zu fassen und den gemeinsamen Plan nicht aus den Augen zu verlieren.
Horatio trifft auf Hamlet und der erzählt ihm, dass er den Inhalt von Claudius‘ Brief an den König von England kennt. Er habe ihn allerdings so abgeändert, dass Rosenkranz und Güldenstern, die ja auf dem Weg nach Britannien sind, anstatt seiner hingerichtet werden. In diesem Augenblick kommt Laertes und nimmt sofort Kampfesstellung mit seinem Degen ein. Es kommt zum Duell und Laertes verwundet Hamlet mit der vergifteten Waffe, allerdings kann Hamlet seinen Gegner auch treffen. Triumphierend bekennt Laertes den Plan von Claudius, woraufhin Hamlet zum König eilt und ihn zwingt, von dem vergifteten Wein zu trinken und verletzt ihn noch zusätzlich mit dem vergifteten Stahl. Es wird aber auch deutlich, dass Gertrude ebenfalls von dem Trank zu sich genommen hat. Die Katastrophe vollendet sich: Hamlet und Laertes erkennen im Todeskampf, betrogen worden zu sein und versöhnen sich. In den Todesreigen dringt Fortinbras mit seinen Truppen ein und Hamlet kann noch bestimmen, dass Fortinbras die Thronfolge antreten soll. Dessen erste Anordnung besteht darin, dass Hamlet ein militärisches Ehrenbegräbnis erhalten soll.
© Manfred Rückert für den Tamino-Schauspielführer 2021
Folgende Aufnahme der Gustaf-Gründgens-Inszenierung des Schauspielhauses Hamburg von 1963 wurde mitgehört:
Hamlet, Sohn des vorigen und Neffe des gegenwärtigen Königs: Maximilian Schell
Claudius, König von Dänemark: Hermann Schomberg
Gertrud, Königin von Dänemark, Hamlets Mutter: Marianne Hoppe
Der Geist von Hamlets Vater: Josef Dahmen
Horatio, Hamlets Freund: Ulrich Haupt
Polonius, Oberkämmerer: Eduard Marks
Laertes, Sohn des Polonius: Volker Brandt
Ophelia, Tochter des Polonius: Ella Büchi
Rosenkranz und Güldenstern, Schulfreunde Hamlets: Charles Brauer und Uwe Friedrichsen
Fortinbras, Prinz von Norwegen: Sebastian Fischer
Erster Schauspieler: Werner Hinz
Marcellus: Joachim Rake
Bernardo: Benno Gellenbeck
Zwei Totengräber: Joseph Offenbach und Hans Ulrich
Die Aufnahme-Regie hatte Peter Gorski