Richard Strauss (1864 - 1949)
Die schweigsame Frau
Komische Oper in drei Aufzügen Op. 80
Libretto: Stefan Zweig
Entstehung: 1932 - 1934
Uraufführung: 24. Juni 1935
Dirigent: Karl Böhm
Dauer: ca. 180 Minuten
Personen
Sir Morosus - Bass
Haushälterin - Alt
Barbier - Bariton
Henry Morosus - Tenor
Aminta - Sopran
Isotta - Sopran
Carlotta - Mezzosopran
Morbio - Bariton
Vanuzzi - Bass
Farfallo - Bass
Ort & Zeit der Handlung
Ein Vorort Londons um das Jahr 1780
Handlung
1. Aufzug
Kapitän Morosus hat bei einer Explosion einen Teil seines Gehörs eingebüßt. Nun lebt er mit seiner Haushälterin in großer Zurückgezogenheit. Jedoch geht ihm deren Redseligkeit auf die Nerven. Schließlich rät ihm sein Barbier die Haushälterin loszuwerden und mit einer jüngeren und ruhigeren Frau zusammenzuleben. Eines Tages steht der Neffe des Kapitäns, Henry Morosus, mit seiner Frau Aminta vor der Tür. Das Wiedersehen fällt freudig aus und Henry quartiert sich, seine Frau und einige scheinbar harmlose Freunde bei seinem Onkel ein. Jedoch handelt es sich bei den einquartierten Freunden um eine Operntruppe, die fortan das Haus Sir Morosus' auf den Kopf stellen. Ständig wird geprobt und nachdem es mit der Ruhe schon lange aus war, endet nun auch die Zurückgezogenheit. Schließlich möchte Morosus die Operntruppe samt Aminta, die als Primadonna fungiert, los werden. Da Henry sich nicht von ihnen trennen will, enterbt ihn der Onkel und wirft sie sämtlich aus seinem Haus. So muss eine neue Erbin her, weshalb Morosus auf den Vorschlag seines Barbiers zurückkommt: Diese soll ihm eine Frau suchen. In Wahrheit plant der Barbier jedoch gemeinsame Sache mit Henry: Sir Morosus soll eine scheinbar schweigsame Frau gesucht werden, die jedoch nach der Hochzeit zur Furie wird und den Kapitän in den Tod treibt.
2. Aufzug
Der Barbier stellt Sir Morosus drei Kandidatinnen zur Heirat vor. Die dritte Kandidatin ist die verkleidete Aminta, die sich als "Timidia" ausgibt. Sie gibt sich ruhig und bescheiden und erobert auf diese Weise das Herz des Kapitäns. Zur Hochzeit werden ein Pfarrer und ein Notar gerufen - ebenfalls verkleidete Mitglieder der Operntruppe. Die Ehe wird geschlossen und mit einem Gelage im Hause des erschöpften Kapitäns gefeiert. Aminta beginnt ihre Rolle zu spielen, obwohl ihr Morosus ein wenig leid tut. Sie gibt sich fortan eigensinnig, schimpfend und kratzbürstig. Dies ermöglicht es Henry, als Retter in der Not aufzutauchen. Er versöhnt sich mit seinem Onkel und verspricht ihm zu helfen, die anstrengende Ehefrau sofort wieder loszuwerden. Beruhigt zieht sich Sir Morosus zurück.
3. Aufzug
Am nächsten Morgen steigert Aminta den Schrecken. Ein Gesangslehrer übt mit ihr in übertriebener Lautstärke und Handwerker zerstören die Ruhe endgültig. Schließlich erscheint ein verkleideter Oberrichter mit zwei Advokaten und hört Morosus an. Den Scheidungsgrund lässt er dabei nicht gelten. Henry erscheint und behauptet eine (eigentlich ja wahrheitsgetreue) Affäre mit Aminta, doch auch darauf geht der Oberrichter nicht ein. Sir Morosus ist deshalb einem Zusammenbruch nahe. Endlich beschließen die Beteiligten die Masken fallen zu lassen. Aminta entschuldigt sich sofort bei Morosus. Dieser macht seinem Ärger Luft, bevor er laut lachen muss, weil er so erleichtert ist. Er setzt Henry als Erben wieder ein und ist zufrieden mit der Welt, da er in seinem Inneren die ersehnte Ruhe gefunden hat. Dies führt zu den berühmten letzten Worten der Oper: "Wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist."
Anmerkungen
"Die schweigsame Frau" ist die erste Oper Strauss' nach dem Ableben Hugo von Hofmannsthals. Zunächst unsicher, ob sich je wieder ein geeigneter Libretto-Autor finden würde, stürzte er sich schließlich begeistert auf Stefan Zweigs Adaption von Ben Jonsons Komödie "Epicoene or The silent woman" (1609). Die Uraufführung im Jahr 1935 fand bereits nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten statt. Richard Strauss galt zwar als anerkannter Komponist und war immerhin Vorsitzender der Reichsmusikkammer, die Beteiligung des Juden Stefan Zweig sollte jedoch unter den Teppich gekehrt werden. Zur Uraufführung in Dresden hieß es auf Plakaten zunächst "Oper nach Ben Jonson". Strauss bestand jedoch auf die Nennung Stefan Zweigs, woraufhin politische Größen des Dritten Reiches, darunter Hitler, den Besuch absagten. So folgten auf die von Karl Böhm dirigierte Uraufführung nur mehr drei weitere Aufführungen in Dresden, bevor das Werk - abgesehen von einzelnen Aufführungen in Graz, Zürich und Prag - in der Versenkung verschwand. Bis zum heutigen Tag blieb "Die schweigsame Frau" eine selten inszenierte Oper, die lediglich in Wien relativ regelmäßig zu sehen war.
Musikalisch steht diese komische Oper am ehesten in der Nachfolge der bürgerlichen Komödie "Intermezzo". Dies wird am häufigen Parlando-Stil und der besonders schillernden Instrumentierung deutlich. Auffällig sind die relativ vielen in sich abgeschlossenen Nummern, ganz im Stile der Komischen Oper. So bekommt der Barbier Canzonen geschrieben und Aminta singt Sopran-Soloarien. Zudem ist die Musik voller Zitate: Strauss zitiert sich an einigen Stellen selber, der Rossini-Stil wird imitiert und Monteverdi gesungen. Gelegentlich wirkt die Musik grell und lautmalerisch, im Gegensatz dazu stehen lyrische und spätromantische Stellen.