Turandot and Calaf - Partners in Crime
In seiner Inszenierung verzichtet Lorenzo Fioroni fast völlig auf fernöstliche Exotik und unternimmt nicht den Versuch, die blutrünstige Prinzessin durch einen Unbekannten arkaner Herkunft märchenhaft erlösen zu lassen.
Das Land stöhnt unter einer kaiserlichen Junta. Die Principessa bedient sich des Staatsapparats, um ihrer Obsession - Blut, Blut und nochmals Blut - nachzugehen. Im Jahr des Tigers sind schon zwölf Köpfe gerollt. Calaf soll den dreizehnten hergeben. Turandot ist Galionsfigur der Gewaltherrschaft, nicht ihre Ursache.
Die Rätselszene spielt fast intim am Küchentisch. Die Staatsführung schaut von oben aus der Loge zu, das Volk von Normalnull. Turandot spielt die weißen Steine, Calaf muß nachziehen. Als die weiße Partei Schwäche zeigt, gewinnt er die Initiative und dreht mit seinem Konterrätsel die Eskalationsspirale eine Umdrehung weiter. Da finden sich zwei Gewalttäter, die füreinander gemacht sind und deren höchste Lust darin besteht, dem Gegenüber das Messer an die Kehle zu setzen.
Der dritte Akt schleppt sich ein wenig, bis der blutige Bund in der letzten Szene beglaubigt wird, indem beider Väter erstochen werden. Turandot legt den Dolch gar nicht mehr aus der Hand, bis der Vorhang fällt.
Die Beamten machen, was Beamte in erstarrten Verhältnissen tun: Sie flüchten sich in Scheinaktivitäten und absurdes Theater. Ping (Joel Allison), Pang (Andrew Dickinson) u. Pong (Ya-Chung Huang) sind kühle Analytiker der Verhältnisse und wissen ziemlich genau, wie es in Peking läuft. Sie machen mit, halten aber ihre Hände sauber. Sehr vergnüglich, sie die Rätselszene vorweg spielen zu sehen.
Besonders Huang, der auch den David in den aktuellen Meistersingern am Haus singt, ist ein toller Komödiant, der immer wieder in Turandots Kostüm schlüpft.
Ewa Płonka sang die Turandot mit Kraft und manchmal etwas scharfen Spitzentönen, was aber zur mörderischen Prinzessin paßt. Ihren Gegenpart gab Jorge Puerta. Seine Stimme glimmt baritonal. Ein wenig habe ich bei ihm Schneid und etwas Metall vermißt. Liebling des Publikums und mit dem meisten Beifall bedacht ist Sua Jo, die Liù des Abends. Sie war in dieser Spielzeit schon als Nedda und Sandmännchen/Taumännchen zu erleben. Ihr lyrischer Sopran entwickelt sich zum Spinto, ihre Liù hat Kraft und verschafft sich Gehör.
Dirigent des Abends war Giulio Cilona, der sehr präzise dirigiert hat. Chor und Orchester harmonieren sehr gut, alle Einsätze sind auf den Punkt genau.