Ravels Meisterwerk: Daphnis und Chloé

  • Zitat

    Original von a.b.
    Gibt es noch die Martinon-Aufnahme?


    :yes: Und wie günstig in der Budget-Box zusammen mit Debussy:



    Da kann man wirklich nichts falsch machen :pfeif:
    Da hat man noch französischen Orchesterklang :] 8)
    Einzig die Akustik ist IMO nicht so berauschend...
    (mich stört das eigentlich nicht)


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Zitat

    Original von Barezzi
    :yes: Und wie günstig in der Budget-Box zusammen mit Debussy:



    Den Debussy habe ich bereits von BrilliantClassics, dumm...


    Wie ist denn seine Zusammenarbeit mit den Chicagoern?

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Hallo Barezzi,


    gerade Daphnis und Chloe schreit geradezu nach einer ausgezeichneten Klangtechnik. Schon der Anfang des Werkes (pppp), der aus dem nichts emporsteigt ist das erste Beispiel. Hier ist es sehr angenehm die Entwicklung des Werkes ohne Rauschen zu hören.
    Die Atmosphäre kommt bei der von mir gestern überaus gelobten Abbado-Aufnahme nirgendwo besser heraus.


    Barezzi zu Daphnis mit Martinon:

    Zitat

    Einzig die Akustik ist IMO nicht so berauschend...
    (mich stört das eigentlich nicht)


    :D Nicht berauschend, aber rauschend.


    Die Ravel-Martion-Box hatte ich als guten Ravel-Einstieg auch (EMI-Quadro-LP´s). Die LP´s hatten einen sehr guten Klang, bis auf das Analograuschen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ist auch der Rest, den Abbado für die DG von Ravel eingespielt hat hörenswert? Sprich: ist folgende Ausgabe empfehlenswert? (zB der Martinons vorzuziehen?)

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Mittlerweile habe ich doch einige wenige Einspielungen kennen gelernt:


    Begonnen hat meine Entdeckungsreise mit dem London SO unter Monteux (Decca), der mir - wie bei all seinen Aufnahmen - schlicht gar nicht zusagt. Danach folgte Boston SO, Charles Munch (RCA), den auch ich nicht berauschend finde. Mein Wunsch wäre die Aufnahme von Cluytens (EMI) gewesen, aber aus der derzeitigen Serie kaufe ich mir keine CDs, weil die Techniker durch gecrashten Sound der Musik jegliche Musikalität ausgetrieben haben. Im Abverkauf fiel mir dann Berlin PO mit Boulez (DG) in Hände, mit dem mir es zum ersten Mal anfing, das Werk zu gefallen. Ganz hin und weg war ich aber auch damit nicht, ist doch irgendwie alles tendentiell zusammenhangslos, der Ausgleich zwischen Chor und Orchester klangtechnis etwas dürftig ausgefallen (zumindest bei meiner Raumakkustik und Anlage) und vor allem das Zusammenspiel zwischen der einzelnen Instrumentengruppen nicht wirklich gegeben. Auch so machen Pharsierung der Orchestersolisten hat mir wenig gefallen und irgendwie wirkt auf mich der Streichklang überproportional stark. (Jüngst hörte ich kurz in seine Ältere CBS-Aufnahme hinein, die mir deutlich besser erschien.)


    Warum ich aber schreibe, ist, weil mir das Wochendende als Abverkauf eine CD um EUR 2 in Hände fiel:



    sicher, das Seattle Sinfonieorchester hat keinen Streichklang wie die Berliner, aber in puncot Zusammenspiel, Spielfreude und Durchgestaltung von Dirigent Gerard Schwarz wird es wohl aller Wahrscheinlichkeit darauf hinauslaufen, dass ich damit "meine" Aufnahme endlich gefunden habe!


    Zudem haben die Aufnahmetechniker von Delos (John Eargle) wahre Wunder gewirkt : Noch nie habe ich eine solche Ausgeglichnheit zwischen Chor und Orchester sowie innerhalb der Orchesterstimmen gehört.


    Hört euch das einmal an - ich bin gespannt auf euere Reaktionen!


    :hello:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Zitat

    Original von a.b.
    Ist auch der Rest, den Abbado für die DG von Ravel eingespielt hat hörenswert? Sprich: ist folgende Ausgabe empfehlenswert? (zB der Martinons vorzuziehen?)


    Hallo a.b.,


    auf deine Frage von 12/2006 kann ich heute eingehen, weil ich die Ravel-Abbado-3CD-DG-Box (die KK fehlen, deshalb 3CD) seit 2 Monaten auch besitze.


    Mein Ravel-Einstieg war damals auf LP, die Ravel-Orchesterwerke - GA mit Martinon; eine EMI-Quadro-Aufnahme.
    :yes: Aus heutiger Sicht kann ich feststellen, das Abbado in jeder Hinsicht den zu sehr auf dem Teppichboden bleibenden Martinon - Aufnahmen vorzuziehen ist und dann in klanglicher Hinsicht sowieso. Denn die DG-Aufnahmen sind teils schon als audiophil zu bezeichnen.


    Das Daphnis et Chloe noch in einer besseren Aufnahme als mit Abbado (DG) existieren könnte, kann ich mir schwer vorstellen.
    Ich berichtete hier im Thread bereits in der Vergangenheit von meiner positiven, äußerst angenehmen Überraschung mit Abbado, die ich auch erst durch TAMINO kennengelernt habe ... :hello: Dank nochmal dafür an Johannes !


    Kennst Du inzwischen (seit 2006) die Abbado-Aufnahmen (DG), oder zumindest die von Daphnis et Chloe, um die es hier geht ?



    Das Seattle Symphony - Gerard Schwarz kenne ich aus anderen Aufnahmen auf DELOS und NAXOS.
    Nee, bisher kann ich beim besten Willen nicht feststellen, dass diese Kombination irgenwo schonmal wirklich herausragende Ergebisse erzielt hätte; alles eher im Mittelfeld: Ziemlich langweilig die Interpretation der Hanson-Sinfonien (DELOS) und auch nicht doll die W.Schuman-Interpretationen.
    Irgendwie wirkt dieser Schwarz auf mich unsympatisch !?!
    Mag ja sein, das Chor und Orchester dort ausgewogen sind, aber sonst .... ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Kennst Du inzwischen (seit 2006) die Abbado-Aufnahmen (DG), oder zumindest die von Daphnis et Chloe, um die es hier geht ?


    Das Seattle Symphony - Gerard Schwarz kann ich beim besten Willen nicht feststellen, dass diese Kombination irgenwo schonmal wirklich herausragende Ergebisse erzielt hätte


    Abbado kenne ich leider immer noch nur aus kurzen Höreindrücken, die mich persönlich nicht so umgehauen haben, sprich meine Geschmacksvorstellungen bei Ravel nicht ganz getroffen haben (über die güte mag ich daher noch nichts sagen). Ich werde also sowohl was Schwarz (ich trau' ja selbst kaum meinen Ohren) als auch was Abbado betrifft noch zu berichten haben ...
    :hello:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Zitat

    Das Seattle Symphony - Gerard Schwarz kenne ich aus anderen Aufnahmen auf DELOS und NAXOS. Nee, bisher kann ich beim besten Willen nicht feststellen, dass diese Kombination irgenwo schonmal wirklich herausragende Ergebisse erzielt hätte; alles eher im Mittelfeld: Ziemlich langweilig die Interpretation der Hanson-Sinfonien (DELOS) und auch nicht doll die W.Schuman-Interpretationen. Irgendwie wirkt dieser Schwarz auf mich unsympatisch !?! Mag ja sein, das Chor und Orchester dort ausgewogen sind, aber sonst .... ?


    Hallo teleton,


    dann hör Dir mal diese Aufnahme an:



    Das ist eine Spitzenaufnahme, klanglich wie interpretatorisch!


    Außerdem gibt es sehr gute Hovhaness-Aufnahmen mit Gerard Schwarz.



    :yes:A g o n

  • Danke für den Schostakowitsch Tipp.


    Nochmals zum Ravel von Gerard Schwarz: Bei Amazon schrieb 2005 ein Rezensent aus den USA:


    Zitat

    Forgotten Recording, but one of the Best Daphnis and Chloe's


    When I first heard this recording, I was in shock! Knowing all of Schwarz's recordings of Diamond, Piston, and Schuman, hearing him in standard repertoire was very suprising! Schwarz's orchestra has wonderful control, clarity, and persistence. Most unbelievable is the end-faster than everyone else I have heard (including Dutoit) and very exciting! The langourous moments are not given short shrift-the orchestra plays luxuriously. [...] But this recording has to be heard to be belived! Don't pass this recording by if you see it! You will be amazed!


    Ich bin froh, die anderen genannten Einspielungen von Schwarz nicht gekannt zu haben, sonst hätte ich womöglich diese CD unangehört stehen gelassen!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Hallo,


    in die Diskussion Debussy:Ravel steige ich nicht ein – ich will zur Ballettmusik posten (auch nicht zu den Orchestersuiten 1 + 2).


    1. Introduction et dance religieuse: Religiös verstehe ich hier als den Sitten der damaligen Zeit entsprechend, in der die Handlung spielt.
    In pp und lento (?) über tiefen Streichern kommen von der Harfe einzeln aufsteigende Töne die, zusammen gehört, pentatonische Akkorde (nur Ganztonschritte) ergeben. Diese Art Pentatonik ist für die Zeit und den Ort der Handlung exakt zutreffend (und hat mit der Pentatonik aus dem asiatischen Raum, mit Halbtonschritten, vom Klang her wenig gemein). Die hinzu kommenden Orchesterstimmen – vorwiegend Holzbläser – sind passend zu dem archaisch, ländlichen Ort des Geschehens, was von dem vokalisierenden Chor noch verstärkt wird – die Introduktion führt den Hörer musikalisch genau in die Gefühlswelt des/der jugendlich unerfahrenen Daphnis und Chloe – schwebende (nicht fixierte!) Harmonik. Wenn dann kurz die Blechbläser dazu kommen verändert sich die Harmonik um dann in großer Dynamik mit vollem Orchester incl. vokal. Chor zum 1. Höhepunkt zu kommen. Der folgende Orchestersatz hat einen freundlichen Charakter, bedingt durch eine nicht aufwändige Orchestrierung und ein leicht beschwingtes Tempo. Die Anfangs“thematik“ wiederholt sich, nun aber in f bis ff im vollen Orchester und vokal. Chor, der nun fast ständig präsent bleibt. Das beinahe Ostinato in tiefen Streichern und dann auch Percussion könnte ein einfacher (Hirten-)Tanzrhythmus sein, was allmählich in pp und in hohen Violinpassagen (sehr gefühlvoll) endet und dabei übergangslos führt zu


    2. Les jeunes filles attirent Daphnis: Es geht auch sehr gefühlvoll weiter – allerdings die Gefühle sind im Auf- und Umbruch - wie sehr, das ist in der dynamisch und rhythmisch unruhigen Musik überdeutlich zu hören, nicht nur in der Registrierung. Hat die Pentatonik weiter das Sagen? Ein Schwebezustand?


    3. Daphnis a’approche tendrement de Chloe: Neue Gefühle oder die Manifestation bislang unbewusster Gefühle? Musikalisch sind viele Fragen zu hören (Laufzeit 03:40 mit Wiederholungen). Der neue Ton in den Bläserpassagen endet wieder in den Fragen; erneut, wie bei 1. übergangslos zu


    4. Les rires s’interrompent: Schwebend sind Anklänge an die Pentatonik sind zu hören, ebenso der vokal. Chor, Holzbläser und Cello bringen die ländlich schäferliche Stimmung zurück. Düster klingende Orchesterpassagen bringen/künden die Aufregung und Dramatik der Handlung zu Gehör.


    5. Une lumiere irreelle envelope le paysage: Was in 4. endet setzt sich hier fort – Pentatonik in Moll? Die Holzbläser bringen immer wieder die Hauptfiguren zu Gehör, auch wenn die Lage, gefährlich und dramatisch, durch die vielfältigen Orchesterfarben zu hören ist.


    6. Derriere la scene on entend des viox: Vokalisierender Chor a Cappella – erstmals! - aber keinen ländlichen wohl aber archaischen Eindruck vermittelnd – Posaunen und Trompeten begleiten den Chor abwärts in ein dramatisches Tief, was aufwärts steigend, auch dynamisch, in einem ff mit Becken- und Paukenschlag abrupt endet… (wieder übergangslos führt zu)


    7. Anime et rude: …und den Becken- und Paukenschlag auch akustisch fortsetzt. Die Schwierigkeiten nehmen zu (aufwühlende Orchestersprache), es wendet sich jedoch Alles wieder…


    8. Bryaxis ordonne d’amener la captive:… zum Guten, aber die orchestralen Fragen aus 3. kommen wieder, aber sie sind auch helfend für Daphnis (und „Lycänion“ ist ja kein Nachmittags-Faun, eine schwüle Orchestersprache höre ich nicht). …Was das Meer so anschwemmt…? Die Wellen mit Harfenarpeggien, „rauschende“ tiefe Streicher, verstärkt vom vokal. Chor…


    9. Lever du jour:…dieser Orchesterklang setzt sich musikalisch fort, jedoch erweitert durch flirrende Flöten, schwebende Streicher, hohe (Violin-)Vogelstimmen - es ist ein neuer Anfang - in der Natur eine Morgenstimmung und für Daphnis und Chloe der Morgen ihres nun endgültigen Gefühls der Zusammengehörigkeit, ihrer natürlichen Liebe. (Die ergreifendsten Stellen des Werks.)


    10. Le vieux berger Lammon: Auch hier wird die Stimmung aus 9. übernommen. Neue Fragen? Die Vogelstimmen locken, lieb gewordene Bilder und Eindrücke des bisherigen naturverbundenen Lebens stehen den neuen Lebensumständen gegenüber – ein Kampf? – nein, die Musik gibt mit aus 1. vertrauten Klängen eine sehr klare Antwort, was für Daphnis und Chloe eigentlich keiner Entscheidung bedurfte, die Musik stellt auch keine Fragen mehr, ein lang ausgehaltene Fermate gibt die Bestätigung.


    11. Bacchanale: Daphnis und Chloe sind Findelkinder, die reiche Familien aus der Stadt ausgesetzt haben.

    Zitat:“ …reiche Städter kommen aufs Land… Die beiden feiern ihre Hochzeit auf dem Lande und verzichten auch für ihr weiteres Leben auf den Luxus der Stadt.“
    Die Übernahme des Schlussakkords aus 10. bestätigt das – die Natur ist zu hören – aber die „Stadtbewohner“ sind dabei und damit Nachwirkungen des luxuriösen Stadtlebens, die sind hörbar, die Hektik im Tempo, laufend aufsteigenden Klang-Passagen incl. vokal. Chor, die laufend wechselnden Klangfarben.


    Zitat des griech. Dichters Longos: „Und nicht bloß damals, sondern so lange sie lebten, führten sie ein Hirtenleben, verehrten die Götter, die Nymphen, den Pan, den Eros, schafften große Herden von Schafen und Ziegen an und kannten keine süßere Kost als Obst und Milch.“
    Zitat: „Dank „Lycänion“ können sie jetzt auch ihrer Liebe freien Lauf lassen und bekommen später zwei Kinder, die sie von einer Ziege (Junge) und einem Schaf (Mädchen) nähren lassen.“


    Viele Grüße
    zweiterbass(88)

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo teleton,
    vielen Dank für den Hinweis; die Mod. hat auch schon reagiert, auch meinen Dank dort hin.


    Das kommt von ungeschickt formulierten Threadnamen: "Ravels Meisterwerk...". Wer nun, wie z. B. ich, nach Ravel sucht, bekommt Ravels nicht angezeigt.
    .......
    Nachsatz: Ich kann nun sehen ob und in wie weit sich mein Beitrag mit den vorhandenen deckt, ergänzt oder daneben liegt.


    Hallo,


    alle Beiträge (ohne die Beiträge die sich nur mit Interpretationsvergleichen befassen) habe ich nun gelesen. M. E. hat mein Beitrag (ohne daneben zu liegen) Wichtiges ergänzt.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler