Bach Violoncello solo

  • Tach Renua


    Zitat

    Hab ich richtig gelesen, dass du auch Aufnahmen von Janos Starker und von Enrico Meinardi besitzt? Was hast Du noch an außergewöhnlichen Interpreten? Freut mich, dass du deinen 1. Beitrag in diesem Forum hier gesetzt hast... Hab ich übrigens auch.


    vielen Dank für deine Begrüßung !


    Aus meiner Sammlung könnte ich folgende Aufnahmen empfehlen:


    Zunächst drei "Klassiker":


    1. Gaspar Cassado



    Die Aufnahmen stammen aus dem Jahre 1957.


    2. André Navarra



    3. Enrico Meinardi


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    Er zelebriert die Suiten wie ein Hohepriester.


    4. Die beiden Aufnahmen von Janos Starker, einmal aus den Jahren 1963 und 1965 (wurden hier schon erwähnt) - die gibt es auch auf LP.



    und dann die aus 1992 - wesentlich "abgeklärter" aber keinesfalls langweiliger als die frühe Aufnahme.



    5. Esther Nyffenegger



    verwendet drei verschiedene Celli (Guarnieri 1657, Testore 1740 und Sandner 1968 )


    Und meine beiden momentanen Mit-Favoriten (neben Isserlis) aus der etwas jüngeren Riege:


    6. Torleif Thedéen



    und schließlich


    7. Alexander Kniazev



    Für die sechste Suite braucht er über 40 Minuten; das dürfte rekordverdächtig langsam sein. Trotzdem klingt es nicht langweilig, sondern überaus spannend !


    Es ist ja schon recht interessant, dass viele Musikhörer mehr als eine Aufnahme haben. Mich hat die Referenz-Einspielung von Casals nicht befriedigt. Irgendwie klang sie für mich nicht nach Bach. Yo-Yo Ma´s Aufnahmen sind nicht schlecht, die frühere (1982) ist imo eindeutig besser, als die, die er in den Neunzigern im Zusammenhang mit dem Fernsehprojekt eingespielt hat; die ist mir zu eintönig.


    Ich habe es mir zur Regel gemacht, alle Suiten hintereinander anzuhören und zwar in der richtigen Reihenfolge (dank Wiedergabeliste über meinen t+a Musikplayer kann ich die Stücke in der richtigen Reihenfolge abspielen lassen, ohne jedesmal die CD´s wechseln zu müssen). Das nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch, aber nur so erhält man einen wirklichen Eindruck des Gesamtwerkes. Und für mich besteht kein Zweifel, dass die Stücke ein Gesamtwerk sein sollten. Für mich gibt es übrigens keine "beste" Aufnahme. Jede hat ihren - mehr oder weniger bemerkenswerten - eigenen Charakter. Manchmal bevorzuge ich die langsamen, öfter aber die lebhafteren Einspielungen. Bemerkenswert finde ich auch den Umstand, dass viele Cellisten die Stücke mehrfach aufgenommen haben.


    VG, Bernd

  • Tach,


    Nachtrag: hätte ich doch zwei bemerkenswerte Aufnahmen vergessen (ja, ja, das kommt davon, wenn man soviel sammelt...)


    1. Wen Sinn Yang



    Es ist seine zweite Einspielung der Suiten nach der aus 1997 und er macht es wirklich, wirklich gut ! Die DVD enthalten - als Einleitung zu den jeweiligen Suiten - kurze Erläuterung von ihm zur Entstehungsgeschichte, Aufführungs- und Interpreationspraxis. Es macht einfach Spass, ihm beim Spielen zu zu sehen.


    2. Matt Haimvotiz



    Eigenwillig, aber spannend !


    VG, Bernd

  • Hallo zatopek (oder besser, lieber Bernd)


    auch von mir ein herzliches willkommen hier im Forum. Du hast ja eine Beindruckenden Sammlung von den Suiten. Die Aufnahme mit Cassado finde ich besonders interessant. Wir sofort auf den jpc-Merkzettel geschoben.
    Ich persönlich finde die Aufname der 6 Suiten mit Fournier besonders schön. Casals spielt sie sehr souverän, trifft aber nicht so sehr meinen Geschmack. Die Aufnahmen von Bylsma, na ja Tempo wie immer bei ihm! An sich gut, aber ich verstehe einfach nicht warum Anner Bylsma grundsätzlich an die "Temposchmerzgrenze" muß. Das ist ein Verständnis von Musik, dass ich nicht teile!
    Habe noch einzelaufnahmen von Rostropovich und die Nr. 1 & 2 mit Jaqueline du Pre, die ich sehr schätze.
    Mein eigentlicher Favorit ist aber Daniel Schafran. Sein Ton, seine Souveränität spricht mich sehr an. Ich habe von ihm in einer 7 CD Box von Brillant die Suiter 2, 3, ,4 und 5.
    Nun noch zu Frage meiner persönlichen Lieblingssuite: Nr. 3 in C-Dur


    herzliche Grüße aus Norge
    Stefan M.

    Stefan

  • Hallo Stefan,


    auch an dich ein herzliches Dankeschön für die freundliche Begrüßung.


    Die Aufnahme von Pierre Fournier schätze ich auch sehr. Sie war über lange Zeit meine Lieblingsaufnahme. Mittlerweile stehe ich aber seinem doch recht "romantischen" Ton etwas kritischer gegenüber. Was nicht heissen soll, dass ich nur eine historische Aufnahme für richtig halte. Im Gegenteil: ich finde, die Suiten bieten einen sehr großen Interpretationsspielraum. Da ich leider selbst kein Instrument spiele, ja noch nicht einmal Notenlesen kann, beruht diese meine Einschätzung aber alleine auf der Lektüre der diversen Booklet mit den z.T. doch recht ausführlichen Erörterungen der Interpreten. Nach vielen, vielen Einspielungen, die ich gehört habe und noch höre, werde ich von Mal zu Mal ratloser, welchem Ansatz man den Vorzug geben soll. Vielleicht gibt es gar keinen "richtigen" Interpretationsansatz.


    Die Aufnahmen von Shafran aus der Box kenne ich auch und war bei ersten Mal hören ziemlich geschockt: eine solche impulsive und eindringliche Darstellung hatte ich noch nie gehört. Schade, dass er nicht alle Suiten eingespielt hat !


    Die Aufnahmen von Jaqueline Du Pre hat mir leider gar nicht gefallen. Ich weiss nicht ob es an mir liegt, aber ich habe den Eindruck, sie spielt manchmal - wenn ich mich recht entsinne beosnderes bei der Courante der 1. Suite - ein wenig unsauber und trifft den Ton nicht richtig. Nun wäre das vielleicht gar nicht so tragisch; selbst der große Casals hat sich im Eifer des Gefechtes schon mal vertan - wenn mich meine Ohren nicht täuschen. Schwerer wiegt für mich aber, dass ich den Eindruck nicht loswerde, ihr fehlt ein stimmigen Konzept, ein einheitlicher Interpretationsansatz. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass das nicht ihre Musik ist. Aber wie gesagt, vielleicht liegt das auch einfach an mir; ich will die Aufnahme bestimmt nicht schlecht machen. Du Pre war schon eine Ausnahmeerscheinung und wir dürfen nur mutmassen, welchen Verlust ihre Krankheit und ihr allzufrüher Tod bedeutet.



    VG, Bernd


    Nachtrag: Eine Lieblingssuite habe ich nicht; sie sind vom Charakter her ja alle verschieden und je nach meiner persönlichen Stimmund ziehe ich mal die eine, mal die andere vor; vielleicht am ehesten verzichten könnte ich noch auf die 2. Suite (aber selbst da bin ich mir nicht sicher ...)

  • Hallo Bernd,


    vielen Dank für Dein schnelles Statement. Natürlich sind Interpretationen immer Geschmacksache. Und Geschmack ist ja bekanntlich sehr verschieden. Ich bin mir durchaus darüber im klaren, dass ich mit meiner Meinung zu Shafran nicht viel Zustimmung ernten werde. Mir gefällt sein, doch sehr ruppiger, Ton eben besonders gut. Bei anderen Aufnahmen ist einfach "zu viel Weichmacher drin".
    Ich denke, dass ein Interpretationsvergleich zwischen der historischen Aufführungspraxis (HIP) und den Traditionalisten immer eine schwierige Sache sein wird. Meiner Meinung nach hat beides seinen Reiz. Früher (vor 20 Jahren) war ich ein entschiedener Gegner der HIP, das sehe ich inzwischen allerdings ganz anders. Sind doch sehr viele Spitzenensembles in dieser Zeit aufgestanden und haben zum Genre eine Mengen an sehr verdienstvollen geleistet. Ich denke da u.a. z.B. an Dirigenten wie Fabio Biondi oder F. M. Sardelli.
    Bei Solistenstücken wie den Bachschen Suiten für VC sind ein persönlicher Eindruck des Cellisten sicher maßgebend an der Empfindung der Interpretation beteidigt. Ich kann es z. B. nicht verstehen, wenn jemand um sich den Duft der Extravaganz bzw. Spinnerei verbreitet, meiner Meinung nach tut das gar nichts zu Kunst und Interpretation, ob jemand Barfuß und im Overall auf die Bühne kommt um Bach zu interpretieren (spreche hier aus eigenem Konzerterleben mit einem sehr bekannten Cellisten). Für meinen Teil beeinflußt das zu mindest den Gefallen an der Interpretation. Bin mir aber auch darüber bewußt das dies meine ,rein subjektive, Meinung ist die gewiss nicht jeder teilt (deswegen habe ich bewußt auf Namensnennung verzichtet).


    Herzliche Grüße aus dem hohen Norden
    Stefan.M

    Stefan

  • Zitat

    [Die Aufnahmen von Shafran aus der Box kenne ich auch und war bei ersten Mal hören ziemlich geschockt: eine solche impulsive und eindringliche Darstellung hatte ich noch nie gehört. Schade, dass er nicht alle Suiten eingespielt hat ! Von zatopek!


    Daniel Shafran hat übrigens alle Suiten von Bach eingespielt. Diese gibt es z.B. bei jpc zu bestellen!



    viele Grüße aus dem hohen Norden
    Stefan.M

    Stefan

  • Hallo,


    Ich bin ein absoluter Fan von Wen-Sinn Yang, hab schon viel von ihm und seinen Schülern gehört. Ich werde mir vielleicht diese Aufnahme zulegen, meine früheste stammt aus dem Jahre anno dazumal:

    Die Edition ist zwar neu, die Aufnahme stammt aber aus den 1980ern...
    Und meine Anner Bylsma-Aufnahme (die ich nach wie vor toll finde) ist auch schon von 1979...


    Also hab ich mir die beiden jetzt (über iTunes) bestellt:


    Wurde auch Zeit, sag ich da nur! :wacky:


    schönen Tag noch
    mfg
    Renua

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)

  • Guten Tag


    Bachs Cellosuiten sind Werke, die ich nicht so oft anhöre,
    ich besitze davon diese



    Einspielung -zusammen mit den Gambensonaten- mit Wieland Kuijken.
    W. Kuijken hat sich 30 Jahre mit den Werken auseinander gesetzt bevor er sich an diese Einspielung wagte.



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo allerseits,


    ich halte nicht viel von Interpretationsvergleichen. Imo taugen die nur etwas bei solchen Stücken, die eine ganz bestimmten musikalischen Gedanken ausdrücken wollen. Da ist die Frage berechtigt, ob der Interpret diesen Gedanken tatsächlich adäquat umsetzt. Bei Stücken wie dem Zyklus der Suiten kann man sich trefflich darüber streiten, ob überhaupt und wenn ja welche Vorstellung Bach bei der Komposition hatte. Erst wann man sich darüber einigen könnte, könnte man in einem weiteren Schritt Fragen ob diese oder jene Interpretation diesen Vorstellungen nahekommt. Aber das sind alles die dilletantischen Gedanken eines Laien.


    Vielen Dank für die Tipps und Hinweise auf die Einspielungen von Shafran und Kuijken. Dass ich nicht wußte, dass es eine Gesamteinspielung von Shafran gibt, ist skandalös ! Schande über mein Haupt !


    Dass Kuijken sich viele Jahre mit dem Zyklus auseinandergesetzt hat, bevor es sich wagte, sie einzuspielen, spricht für ihn. Es dürfte aber auch derzeit höllisch schwer sein, sich angesichts der vielen guten Einspielungen an eine neue heranzuwagen. Man kann dabei eigentlich doch nur verlieren. Trotzdem - ich glaube ich sagte das bereits - sehe ich eine Tendenz, dass viele, vor allem sehr junge Cellisten sich Neueinspielungen trauen. Ein wenig ist das aber, wie bei den Goldbergvariationen. da gehört es ja anscheinend auch mittlerweile zu guten Ton, sein Debut damit zu geben (ihr wisst, wen ich meine...).


    Dass die Suiten nicht jedermanns Geschmack sind, kann ich sehr gut verstehen. Mir ging es ähnlich. Als ich sie zum ersten mal vor vielen Jahren hörte, in der Aufnahme von Pau Casals, dachte ich, mein Gott, was für ein "Geschrammel". Ich hatte beständig den Eindruck, dass irgendetwas fehlte. Ausserdem finde ich die Tonqualität sehr, sehr schlecht und ich war nicht im Stande, dass auszublenden und mic nur auf die Musik zu konzentrieren. Also wanderte die CD in das Regal. Vor einiger Zeit habe ich sie mir dann doch noch einmal vorgenommen, aus Neugier, weil alle Leute behaupteten, die Aufnahme sei gut. Fand ich zwar immer noch nicht, aber nach dem Hören wurde mein Interesse geweckt, mal eine andere Aufnahme zu probieren. Ich kaufte die Einspielung von Yo-Yo Ma aus den Neunzigern (ohne zu wissen, dass es seine zweite war) und war verblüfft: das konnten doch nicht dieselben Stücke sein ? Völlig ausgeschlossen ! Einiges kam mir zwar vertraut vor, vieles schien aber völlig unbekannt und neu. Nun war meine Neugier erst recht geweckt. Die nächste Einspielung war die von Paul Tortelier und hier klangen die Stücke wieder völlig anders. Und dann erst Janos Starker mit seiner frühen Aufnahme, die ungeheuer flott und doch vollkommen kontrolliert klingt. Na ja, jedenfalls war seit dem der Damm gebrochen und ich sammle die Aufnahmen. Ich weiss, es gibt bestimmt lohnendere Objekte !


    Deshalb bin ich auch für jeden Hinweis auf neue oder alte Einspielungen dankbar !


    Auch so: ich kann mir übrigens kaum einen größeren Unterschied vorstellen, zwischen den Aufnahmen von Isserlis einerseits und Lipkind andererseits. Zwar gehen beide von einem "religiösen" Interpretationsansatz aus, aber sie spielen imo völlig verschieden. Lipkind mit vielen für mich ungewohnten Verzierungen, Isserlis dagegen sehr lebendig aber eher "schlank". Ich bin ja mal gespannt, Renua, wie du sie findest !



    VG, Bernd

  • Liebe Forianer, lieber Bernd


    kann mir jemand etwas mehr zu der Aufnahme mit G. Cassado und auch über die Aufnahme mit Andre Navarra sagen?.
    Beide Cellisten schätze ich sehr. Cassado war ja lange Zeit sehr eng mit Casals bereundet. Leider haben sie sich entzweit (weil Cassado im Nazi-Deutschland gastierte und Casals absolut Antifaschist war).
    Wäre dankbar für ein paar Sätze zur Sache!


    Grüße aus Norge


    Stefan.M

    Stefan

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  • Hallo,


    Zitat

    Auch so: ich kann mir übrigens kaum einen größeren Unterschied vorstellen, zwischen den Aufnahmen von Isserlis einerseits und Lipkind andererseits. Zwar gehen beide von einem "religiösen" Interpretationsansatz aus, aber sie spielen imo völlig verschieden. Lipkind mit vielen für mich ungewohnten Verzierungen, Isserlis dagegen sehr lebendig aber eher "schlank". Ich bin ja mal gespannt, Renua, wie du sie findest !


    Ja, ich finde beide auch sehr unterschliedlich, obwohl ich das wirklich nicht erwartet habe...
    Immerhin stammen beide aus der "modernen" Zeit und ich dachte, es hat sich unter den Cellisten, die heute eine Aufnahme spielen, sowas wie ein "Standard" herausgebildet, aber das ist überhaupt nicht der Fall!
    Allein schon wegen der Verzierungen bei Lipkind ist es bemerkenswert (beim hören der 3. Suite konnte ich nicht glauben, was er da spielt... 8o) wie durchdacht jeder einzelne Satz bei ihm scheint. Wohl überlegt und konzentriert, dabei relativ getreu dem "richtigen Stil" (sofern es den gibt, aber sagen wir den "wahrscheinlichsten" 8) )
    Isserlis spielt, wie auch schon gesagt, sehr schlank obwohl für meinen Geschmack mit etwas zu viel Vibrato und zu kräftigem Ton. Vor allem manche Akkorde (2., 3., 6. Suite) klingen sehr gepresst und entwickeln nur selten den wirklich schönen Klang, der die Akkorde so rund und weich macht, wie ich es kenne... Sonst jedoch gefällt mir die Aufnahme ebenfalls sehr gut.


    Etwas enttäuscht bin ich jedoch trotzdem.
    Keiner der beiden spielt die Original-Striche, wie sie in den Abschriften der Suiten (doch relativ genau) zu finden sind. Besonders fällt mir das am Prélude der 3. Suite auf (die ich heute erst selber gespielt habe). Bei dieser einen stelle mit dem Orgelpunkt am "G" steht in allen 4 Abschriften ein eindeutiger Bogenstrich: 3 gegen 1
    so spiele ich es auch, wie Anner Bylsma und Heinrich Schiff, jedoch sind diese Aufnahme schon eher alt; aber bei den beiden neuen Aufnahmen (ich kenne andere nicht, vielleicht spielen die es so) bin ich nur auf die schon altbekannte Weise "4 gebunden" gestoßen, oder "2 mal 2"
    enttäuschend, ich hätte mir schon erwartet, dass die Quellen bei der "modernen" Interpretation eine entscheidende Rolle spielen, jedoch machen die Cellisten meiner Aufnahmen das, was ihnen im Bezug auf größtmöglichen Klang und Ton einfällt. Ich gebe ja zu, das die andere Variante einfach besser und voller klingt, auch mehr Möglichkeiten zur Gestaltung zulässt, aber nichtdestotrotz... Jah, es steht halt nicht dort etc. *nörgelnörgel* :untertauch:
    Wie auch immer, jedenfalls bin ich froh, dass ich mir diese doch sehr Verschiedenen aber gleichewohl interessanten Aufnahmen zugelegt habe. Müsste ich einen direkten Vergleich zwischen beiden anstellen, so gefällt mir momentan Lipkind etwas besser, da er runder und weicher spielt, als Isserlis. Aber ich denke, noch hab ich die Aufnahmen viel zu kurz, um ein gerechtfertigtes Urteil abgeben zu können und darüberhinaus gibt sowieso jede Aufnahme ein ganz eigenes Bild der Suiten Preis und das wäre in etwa so, als müsse man 2 verschiedene Bilder von zwei großartigen Malern über dasselbe wunderschöne Motiv miteinander vergleichen - jedes ist ein Kunstwerk für sich.


    Schönen Abend noch
    mfg
    Renua

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)

  • Hallo Renua,


    viele lieben Dank für deine Antwort. Obwohl sie mich auch etwas frustriert, macht sie mir doch klar, dass man als blosser "Hörer" der Suiten vieles nicht verstehen kann. Hätte ich nur damals auf meinen Musiklehrer gehört und Violoncello gelernt ! *Heul*


    Bitte verstehe mich nicht falsch, ich möchte dich nicht auf unnötige Kosten treiben, aber kennst du die neuere Einspielung (2005) auf DVD/CD von Wen Sinn Yang ? Ich habe sie heute nochmals gehört und sie schien mir überaus überzegend zu sein. Imo trifft er den Charakter der Suiten sehr gut. Könnte eine meiner Lieblingsaufnahmen werden ! Hochspannend fand ich seine Einführungen zu den jeweiligen Suiten.


    VG, Bernd

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von miguel54
    - wie Sigiswald Kuijken, der in einigen seiner letzten Kantaten-Einspielungen auch die Cello-Parts auf dem Violoncello da Spalla gegeigt hat.


    Zwischenzeitlich hat Sigiswald Kuijken sein Violoncello da Spalla geschultert und Bach Cellosuiten eingespielt:



    Johann Sebastian Bach


    Cellosuiten BWV 1007-1012


    Sigiswald Kujiken, Violoncello da Spalla (Schulter-Cello)


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Bernhard
    Guten Tag



    Zwischenzeitlich hat Sigiswald Kuijken sein Violoncello da Spalla geschultert und Bach Cellosuiten eingespielt:



    Lieber Bernhard,


    was bitte ist denn ein "Schulter-Cello"? Violoncello das Spalla ist mir gänzlich unbekannt (und da hat man sich für einen Kenner gehalten......, oh weh!). Soll das etwa eine Viola Pomposa sein? Wäre Dir dankbar für einen Hinweis. Hast Du ein Bild davon?
    Einen schönen Sonntag und herzliche Grüße von Norwegen (hier wieder ohne Schnee) ins schöne Ländle!!


    Stefan.M

    Stefan

  • Guten Tag



    Hier Sigiswald Kuijken mit dem Violoncello da Spalla:



    Miguel54 hat in seinem Beitrag von 17.12.08 hier weiter oben noch einen interessanten Link zu diesem Instrument gefunden.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz nach Norwegen und den Rest der Welt :)


    Bernhard

  • Lieber Bernhard,


    herzlichen Dank für das Bild. Das Instrument scheint so eine art Neuentdeckung zu sein. Der Ton ist sehr weich und angenehm. Man lernt halt doch niemals aus.


    Herzliche Grüße,


    Stefan.M

    Stefan

  • Hallo Stefan,


    Zitat

    kann mir jemand etwas mehr zu der Aufnahme mit G. Cassado und auch über die Aufnahme mit Andre Navarra sagen?.
    Beide Cellisten schätze ich sehr. Cassado war ja lange Zeit sehr eng mit Casals bereundet. Leider haben sie sich entzweit (weil Cassado im Nazi-Deutschland gastierte und Casals absolut Antifaschist war).


    Die Cassado-Aufnahme habe ich heute nachmittag noch mal gehört. Die Aufnahmequalität ist für eine Aufnahme aus 1957 erstaunlich gut. Sein cello hat einen wunderbar vollen und satten Klang und ein merkliches Nebenrauschen höre ich nur über Kopfhörer. Er hat einen sehr "getragenen" Ton, fast melancholisch, zumindest ab der 3. Suite. Vor allem die 4.Suite, die ich sonst sehr lebhaft gespielt kenne, fällt bei ihm sehr, sehr ruhig, und besinnlich aus. Bei der 6. Suite, die ja eigentlich der Höhepunkt des Zyklus ist, fehlt in seinem Spiel das strahlende, siegreiche völlig.


    Den Navarra werde ich mir heute abend - wenn mich meine derzeit grippekranke Familie denn läßt - noch mal vornehmen. es ist schon etwas her, dass ich ihn gehört habe.


    Zu Cassado gibt es in dem Buch von Eggebrecht "Große Cellisten" die leider unerfreuliche Geschichte zwischen ihm und und seinem Lehrer und Förderer Casals, die auf der Lichtgestalt Pablo Casals doch einige dunkle Flecken hinterläßt.


    Ich frage mich immer, war Casals wirklich ein so guter Cellist ? Gewiss, er hat das Cellospiel revolutioniert. Aber die Frage bleibt, ob und wie der große Casals damit fertig wurde, dass der eine oder andere seiner Schüler vielleicht besser wurde, als er ? Als Persönlichkeit muss Casals wohl absolut charismatisch gewesen sein. Aber möglicherweise wurde er als Cellist vielleicht etwas überschätzt ? Ich gehe schon mal vor den möglichen Kommentaren in Deckung :untertauch:


    Schönen Abend noch

  • Zitat

    Original von zatopek
    Hallo Stefan,




    Ich frage mich immer, war Casals wirklich ein so guter Cellist ? Gewiss, er hat das Cellospiel revolutioniert. Aber die Frage bleibt, ob und wie der große Casals damit fertig wurde, dass der eine oder andere seiner Schüler vielleicht besser wurde, als er ? Als Persönlichkeit muss Casals wohl absolut charismatisch gewesen sein. Aber möglicherweise wurde er als Cellist vielleicht etwas überschätzt ? Ich gehe schon mal vor den möglichen Kommentaren in Deckung


    Hallo Bernd,


    schönen Dank für deine Antwort. Wie gut, wenn man fragen kann! Werde mir die Aufnahme mit Cassado auf jeden Fall besorgen. Es gibt von und mit ihm (Cassado) übrigens die Arpeggione-Sonate von Schubert in der Fassung für Violoncello und Orchester. Sehr interessant, aber nicht lieferbar (soweit mir bekannt).


    Mit deiner Meinung über Casals brauchst du zumindest vor mir nicht in Deckung gehen, denn ich sehe es ähnlich wie du. Ich kenne viele Einspielungen mit ihm und komme zu dem Schluß, dass es sicher "bessere" gibt. Das ist natürlich wieder eine Frage des Geschmackes.
    Was mir bei Casals auffällt (und nicht nur bei ihm!) ist, dass er mit einer gewissen Aura umgeben war. Wie weit er diese selbst hergestellt hat oder wie weit sie auch von seinen Bewunderen kam, weiß ich nicht.
    Aber das gilt sicher nicht nur für Pablo Casals, mir würden da noch mehr Musiker einfallen. Das ist ein Teil des Musikgeschäftes der wohl weniger mit können als mit Möglichkeiten zu tun hat (ich glaube, nun muß ich selbst in Deckung gehen).


    Beste Grüße aus Norge


    Stefan.M

    Stefan

  • Hallo,


    Zitat

    Mit deiner Meinung über Casals brauchst du zumindest vor mir nicht in Deckung gehen, denn ich sehe es ähnlich wie du. Ich kenne viele Einspielungen mit ihm und komme zu dem Schluß, dass es sicher "bessere" gibt. Das ist natürlich wieder eine Frage des Geschmackes.
    Was mir bei Casals auffällt (und nicht nur bei ihm!) ist, dass er mit einer gewissen Aura umgeben war. Wie weit er diese selbst hergestellt hat oder wie weit sie auch von seinen Bewunderen kam, weiß ich nicht.
    Aber das gilt sicher nicht nur für Pablo Casals, mir würden da noch mehr Musiker einfallen. Das ist ein Teil des Musikgeschäftes der wohl weniger mit können als mit Möglichkeiten zu tun hat (ich glaube, nun muß ich selbst in Deckung gehen).


    Jah, natürlich habt ihr da Recht, aber da gibt es schon etwas, das man auf keinen Fall vergessen sollte: sein Alter
    Diese Aufnahme der Suiten stammt aus dem Jahre 1957, zu dem Zeitpunkt war Casals bereits 81 Jahre alt!! Das wird immer wieder vergessen, aber Casals wurde am 29. Dezember 1876 in Katalonien geboren.
    Das ist nun wirklich ein hohes Alter und vor allem, dass er so spät überhaupt noch so toll spielen kann erstaunt mich an der Aufnahme eigentlich am meisten. Ja klar gibt es bessere Cellisten als ihn die die Bach-Suiten aufgenommen haben aber wer hat es außer ihm noch mit 81 Jahren geschafft diese Aufnahme zu machen?
    Aber zu dem Punkt mit seiner "Aura", ich würde es katalonisches Temperament nennen, fällt mir eine Lustige Anekdote ein, die ich einmal gehört habe:


    Casals spielte ein Konzert in Wien, zum ersten Mal überhaupt. Sämtliche Universitätsprofessoren waren selbstverständlich anwesend, der Saal schon seint Wochen ausverkauft und alle warteten gespannt darauf diesen neuen, angeblich so fantastischen katalanischen Cellisten zu hören.
    Casals betrat das Podium und begann zu spielen, mit einem, wie üblich finsteren Gesicht zauberte er dem faszinierten Publikum etwas vor - jedoch nur wenige Minuten lang. Denn er bemerkte auf einmal, dass während seinem Konzert unzählige Menschen im Publikum einen äußerst geräuschvollen Hustenanfall hatten. Das störte sein Spiel natürlich fürchterlich. Er wurde unruhig, der Ärger ließ seinen Kopf rot anlaufen. Das ging eine Zeit lang so weiter, Casals wurde immer nervöser, sein Kopf wurde knallrot, aber noch mehr Menschen begannen zu husten. War ja auch kein Wunder; die Grippewelle war gerade in der Stadt und natürlich wollte sich trotz der Verkühlung niemand das Konzert entgehen lassen.
    Ganz plötzlich und ohne Vorwarnung sprang Casals zur Überraschung aller auf, stampfte laut mit seinem Fuß auf den Boden und schrie: "Jetzt ist es aber mal ruhig!!" Totenstille im Saal. Casals spielte mit einem Blick, der Menschen töten konnte, jedoch in einem Saal, der ruhiger nicht sein konnte sein Konzert zu Ende. Das nenne ich Temperament! :D


    Ob diese Geschichte eins zu eins stimmt, weiß ich nicht, aber dem Sinn nach ist es ungefähr so gewesen.


    Schönen 4. Adventsonntag wünsche ich noch
    lieben Gruß
    Renua

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)

  • Hallo Renua,


    herzlichen Dank für die nette Ankedote. Ich könnte mir in der Tat vorstellen, dass Casals einfach mal sein Temperament durchgegangen ist. Dieses Temperament merkt man ja auch in seinen Aufnahmen.


    Was die Suiten angeht:


    Zitat

    Jah, natürlich habt ihr da Recht, aber da gibt es schon etwas, das man auf keinen Fall vergessen sollte: sein Alter
    Diese Aufnahme der Suiten stammt aus dem Jahre 1957, zu dem Zeitpunkt war Casals bereits 81 Jahre alt!! Das wird immer wieder vergessen, aber Casals wurde am 29. Dezember 1876 in Katalonien geboren.


    Meine Einspielungen auf Naxos und EMI stammen jeweils aus den Jahren zwischen 1936 und 1939. Spätere sind mir nicht bekannt.


    Vg, Bernd

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  • Hallo Stefan,


    Zitat

    kann mir jemand etwas mehr zu der Aufnahme mit G. Cassado und auch über die Aufnahme mit Andre Navarra sagen?.
    Beide Cellisten schätze ich sehr. Cassado war ja lange Zeit sehr eng mit Casals bereundet. Leider haben sie sich entzweit (weil Cassado im Nazi-Deutschland gastierte und Casals absolut Antifaschist war).


    Nachdem ich meine grippegeschwächte Familie früh zu Bett geschickt habe, gehörte das Wohnzimmer mir und ich konnte mir die Aufnahme von André Navarra noch mal anhören.


    [am] B0007OQBWU[/am]


    Sie stammt aus dem Jahre 1977; Navarra war damals 66 Jahre alt. Von einem "Alterswerk" kann man nun aber wirklich nicht sprechen ! Im Gegenteil: im Vergleich zu der Aufnahme von Cassado klingt der Grundton wesentlich leichter, fast beschwingt, selbst in der 3. und 5. Suite, bei denen zartere Gemüter ja auch schon mal in Tränen ausbrechen können, weil sie so schwermütig und melancholisch sind. Navarra bringt einen Ton zu stande, den ich nur als "schwerelos" bezeichnen kann. Die Gavotte der 6. Suite ist echt der Knaller: leicht und doch in gewisser Weise auch derb. Als ich sie das allererstemal hörte, hatte ich bei der 2. Gavotte den Eindruck, das klinge ja wie ein Dudelsack. In der Tat: das sind imo keine "eleganten" Tänze, sondern Tänze für den Dorfplatz ! Ich war kurz davor, den Lautstärkeregler immer weiter Richtung 12 Uhr zu drehen, soviel Spass machte mir die Aufnahme. Nur der Gedanke daran, meine Frau und die Kinder aufzuwecken hielt mich letztlich davon ab.


    Ein schöner Kontrast zu den Aufnahmen von Cassado; die Aufnahme hatte ich ja fast heruntergezogen... (kann ich jetzt gar nicht brauchen, bei einer kranken Familien, wenn Weihnachten vor der Türe steht).


    VG, Bernd

  • Hallo,


    Zitat

    Was die Suiten angeht:


    Meine Einspielungen auf Naxos und EMI stammen jeweils aus den Jahren zwischen 1936 und 1939. Spätere sind mir nicht bekannt.


    Oh, :untertauch: sorry für das Mißgeschick, ich hatte oben von einer Aufnahme von 1957 gelesen, aber das betraf natürlich Cassadó und nicht Casals.
    Schande über mich! :angel:


    lieben Gruß
    Renua

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)

  • Hallo Bernd,


    herzlichen Dank nochmal für Deine interessanten Ausführungen zu Cassado und Navarra. Ich denke daran mir beide Einspielungen zuzulegen. Navarra war schon immer einer meiner Cello-Favoriten, so wie Cassado und z. B. Feuermann. Bei den Suiten von Bach gibt es ja zum Glück für jeden Geschmack etwas.
    Alles gute für deine Familie (und für Dich natürlich auch).


    Grüße aus Norge
    (med vennlig hilsen fra norge)


    Stefan.M

    Stefan

  • Hallo Stefan,


    Zitat

    Original von Stefan.M
    Herzlichen Dank nochmal für Deine interessanten Ausführungen zu Cassado und Navarra.


    Gern geschehen. Mit den Einspielungen von Cassado und Navarra machst du bestimmt nichts falsch. Möglicherweise sind sie interessanter als die der diversen Jungspunde, die momentan auf den Markt kommen. Beide Aufnahmen lassen auf ihre Weise eine lange Beschäftigung mit den Suiten erkennen, so etwas wie eine Altersabgeklärtheit, aber jeder völlig vom anderen verschieden. Auch was, genug der Worte: mach dir selbst ein Bild !


    Ich habe heute übrigens noch eine Einspielung meiner Sammlung hinzufügen können. Ryo Terakado, u.a ein Schüler von Sigiswald Kuijken und somit einer historischen Aufführungspraxis anhängend spielt die Suiten auf einem Violoncello da Spalla.


    51lt6isIDpL.jpg


    Dabei soll es sich - laut Wikipedia - um eine andere Bezeichnung für die fünfseitige Viola Pomposa handeln. Angeblich soll Bach den Bau dieses Instrumentes selbst angeregt haben. Ein ähnliches Instrument verwendet Kuijken auch unter der Bezeichnung "Shoulder Cello" in seiner letzten, noch nicht erschienen Aufnahme.


    Leider konnte ich die SACD´s /CD´s heute noch nicht hören. Sobald ich das getan habe, werde ich berichten.


    Viele Grüße in den Hohen Norden aus Dortmund,


    Bernd

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von zatopek




    Ich habe heute übrigens noch eine Einspielung meiner Sammlung hinzufügen können. Ryo Terakado, Schüler von Sigiswald Kuijken spielt die Suiten auf einem Violoncello da Spalla. dabei soll es sich - laut Wikipedia - um eine andere Bezeichnung für das fünfseitige Instrument Viola Pomposa handeln. Angeblich soll Bach den Bau dieses Instrumentes selbst angeregt haben. es handelt sich um dasselbe Intrument, welches von Kuijken auch benutzt wird. Seine Aufnahme ist aber noch nicht erschienen.


    Sigiswald Kuijken lies sich 2003 vom Geigenbauer Dmitry Badiarow
    solch ein Violoncello da spalla bauen.
    Als Vorbild dienten Modelle, die als "Viola pomposa" in Brüsseler
    und Leipziger Museen bekannt sind,
    und dem Leipziger Geigenbauer
    Johann Christian Hoffmann (1683 - 1750 )
    zugeschrieben werden.
    (Im Brüssler Exemplar fand man einen
    handschriftlichen Zettel mit der Aufschrift:


    "Joh. Christian Hoffmann //
    Königl. Poln. und Churfl.//
    Sächs. Hoff Instrument und//
    Lautenmacher in Leipzig"


    J.S. Bach arbeitete mit Hoffmann zusammen
    und wird seine Vorstellungen zu diesem Instrument
    mit dem Leipziger Geigen- und Lautenmacher besprochen haben.


    Forkel berichtete 1782 in diesem Zusammenhang folgendes:


    "....erfand der ehemalige Kapellmeister in Leipzig,
    Herr Joh. Seb. Bach, ein Instrument,
    welches er Viola pomposa nennt.
    Es wird wie ein Violoncell gestimmt, hat aber in der Höhe eine Saite mehr,
    ist etwas größer als eine Bratsche,
    und wird mit einem Bande so befestigt,
    daß man es vor der Brust und auf dem Arme halten kann."


    Damals überkreuzten sich wohl für
    Streichintrumente dieser Art die Benennungen:
    Viola da spalla, Violoncello da spalla,
    Violoncello piccolo, Fagottgeige oder Bassettchen,
    um einige Namen zu nennen.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo Bernhard,



    Also dürfte doch eigentlich alles dafür sprechen, dass es sich bei dem von Bach für die 6. Suite geforderte fünfseitige Instrument nicht um ein Violoncello piccolo, sondern und die Viola Pomposa handelt, oder ?


    Was ist denn jetzt eigentlich der Unterschied zwischen dem Violoncello piccolo und der Viola Pomposa ? Größe ? Spielweise ? Die Violo Pomposa wird ja - wie auf dem Bild mit Kujiken gezeigt - an die Schulter des Bogenarms gedrückt. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, so zu spielen.


    VG aus Dortmund,


    Bernd

  • Zitat

    Original von zatopek
    Hallo Bernhard,



    Also dürfte doch eigentlich alles dafür sprechen, dass es sich bei dem von Bach für die 6. Suite geforderte fünfseitige Instrument nicht um ein Violoncello piccolo, sondern und die Viola Pomposa handelt, oder ?


    "Violoncello da spalla" heißt das Ding.
    Nebenbei: Bei Forkel sind Vorsicht und Argwohn immer gute Ratgeber.
    Diese pomposa-Geschichte halte ich für fragwürdig.


    Zitat

    Was ist denn jetzt eigentlich der Unterschied zwischen dem Violoncello piccolo und der Viola Pomposa ? Größe ? Spielweise ? Die Violo Pomposa wird ja - wie auf dem Bild mit Kujiken gezeigt - an die Schulter des Bogenarms gedrückt. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, so zu spielen.


    Einfach "Violoncello da spalla" bei Gugel eingeben, und man wird belehrt. Da tauchen ziemlich am Anfang z. B. zwei Videolinks auf – da sieht man's dann auch.


    Wenn ich mich recht erinnere, wurden schon alle Bach-Cello-Suiten für das Vds reklamiert. Ob Bylsma oder Kuijken sich da in die Bresche warfen, weiß ich jetzt nicht mehr.


    Wie wär's, wenn sich unser Cellist mal zur praktischen Seite äußerte? :hello:

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von zatopek
    Hallo Bernhard,




    Was ist denn jetzt eigentlich der Unterschied zwischen dem Violoncello piccolo und der Viola Pomposa ?


    Ende des 17. Anfang des 18. Jhd. verwandte man mit großer Zweideutigkeit
    für eine große Anzahl von Bassstreichinstrumenten eine Anzahl von Begriffen
    - einige hier im Thread schon genannt, bin jetzt noch auf die "Viola di Fagotto" gestoßen :D
    Dder Begriff "Violoncello" fand man in Italien erst so um 1665.
    1713 sprach Mattheson in Deutschland von einem "Violoncello da spalla" einer Schultergeige,
    im Gegensatz zur "Viola da braccio", der Armbratsche.
    Bach war einer der einzigsten, der damals in seiner 6. Cellosuite und einigen Kantaten den Terminus ""Violoncello piccolo" verwandte.



    Zitat

    Größe ? Spielweise ? Die Violo Pomposa wird ja - wie auf dem Bild mit Kujiken gezeigt - an die Schulter des Bogenarms gedrückt. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, so zu spielen.


    Wie schon gesagt, da müsste man mal die Praktiker dazu hören.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo,


    erst mal vielen Dank für eure Antworten !


    ich bin bei Youtube fündig geworden. Da gibt es mehrere Videos von dem Instrumentenbauer Dimitry Badiarov (der Name klingt osteuropäisch, er scheint aber spanisch zu sprechen und lebt wohl in Japan ????)


    Hier ein Link: Badiarov bei Youtube


    Er hat auch eine eigene Website: Website Badiarov



    Interessanterweise bin ich jetzt auch auf den Namen "Violoncello piccolo da spalla" gestoßen.


    Ich gebe zu, bin jetzt komplett verwirrt ...


    VG, Bernd

  • Guten Abend an euch alle!


    Vielen Dank für alle eure promten Reaktionen auf meine Anfragen. Den Link in YouTube habe ich gesehen und gehört. Für mich hat dieses Instrument etwas faszinierendes am Ton. Ganz gleich wie deckungsgleich Viola Pomposa und Violoncello da Spalla sein mögen, es ist interessant diese Dinge zu "studieren" (In der Musikinstrumentensammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg befindet sich übrigens eine Viola Pomposa, man kann sie in der Sammlung sehen). Ausserdem kennen wir das ja aus anderen Bereichen der Musik (die Experimentierfreudigkeit meine ich). Das ist z. B. eine Arpeggione, ein Baryton, Albrechtsberger hat für die Maultrommel komponiert, Mozart für die Glasharmonika und Vivaldi (übrigens von Bach sehr geschätzt) verwendet "Violini in Tromba Marini" usw. usw. Ich will nicht zu weit vom Thread-Thema abschweifen, wir sind ja bei Bachs Suiten für Violoncello Solo. Als konservativer Musikus (der ich meine mindestens 200 Jahre zu spät gebohren zu sein) neige ich zum Traditionalismus. Klar ist aber Trotzdem, dass viele die wir die letzten Tage oben genannt haben durch Experimentierfreudigkeit uns Welten aufgeschlossen haben, nun wieder einmal durch J. S. Bach und das Violoncello da Spalla (Violoncello Piccolo, Viola Pomposa).


    Eine gute Weihnachtszeit im friedlichen Heim wünscht allen Taminoianern aus dem hohen Norden


    Stefan.M

    Stefan

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