Beethoven - leidenschaftlich: Klaviersonate Nr 23 in f-moll-op. 57 "Appassionata" - CD-Rezensionen und Vergleiche (2014)

  • Lieber Uranus,


    schönen Dank für das Einstellen dieses Artikels, der in der Tat zeigt, dass zwischen Herrn Rübenacker und uns tatsächlich etliche unterschiedliche Meinungen bestehen. Ich will jetzt mal nur für mich sprechen, aber Holger wird das, wenn er es liest, sicher auch noch kommentieren.


    Zum Kapitel "Die alten Meister" bin ich anderer Meinung in der Beurteilung von Swjatoslaw Richter, wobei ich vermutlich die Live-Aufnahme Richters aus der Carnegie-Hall gar nicht besprochen habe, sondern die darauf folgende im Studio und die Live-Aufnahmen aus Moskau und Prag (Warum höre ich hier davon nichts?) Bei Gieseking bin ich auch anderer Meinung und habe das auch wesentlich eingehender sozusagen "am Text" begründet als Herr R. Das Gleiche gilt für Wilhelm Kempff.
    Zu Arthur Schnabel, Wilhelm Backhaus und Rudolf Serkin kann ich noch gar nichts sagen, da ich sie noch nicht besprochen habe.


    Zum Kapitel "Die Alten Meister II:
    Die vier vorliegenden Aufnahmen von Rubinstein habe ich noch nicht besprochen, aber schon gehört und kann zumindest zu der einen oder anderen jetzt schon sagen, dass ich da anderer Meinung sein werde.
    Von Horowitz habe ich die Aufnahme von 1959 besprochen, die von Rübenacker gemeinte von 1973 kenne ich nicht.


    Zum Kapitel "Die Indiskutablen":
    Was Glenn Gould betrifft, bin ich mit Thomas Rübenacker einer Meinung, obwohl ich die Aufnahme noch nicht besprochen, aber schon mehrfach gehört habe.
    Barenboim habe ich noch nicht besprochen und gehört, weil er zur zweiten (kleineren) Gruppe der Pianisten gehört (ebenso wie übrigens Backhaus), der im Finale "la seconda parte" nicht wiederholt, obwohl es von Beethoven vorgeschrieben ist.


    Zum Kapitel "Die Besten":
    Bei Emil Gilels bin ich mit Rübenacker wieder einer Meinung, obwohl er nur die Studioaufnahme von 1973 besprochen hat. Darüber hinaus habe ich noch die Live-Aufnahme von 1961 besprochen, wo er im Finale noch schneller ist als Richter, und die von 1951 steht noch aus.
    Bei Gulda bin ich zum großen Teil der gleichen Meinung wie Rübenacker, im Gegensatz zu diesem aber der Meinung, dass Gulda im Kopfsatz zu schnell ist und dass er in diesem Satz nicht zu den Wirkungen kommen kann wie etwa ein Emil Gilels in der 1973er Version, ja nicht einmal in der 1961er Version, die immer noch zwei Minuten langsamer ist als die Version Guldas.
    Was er über Alfred Brendel sagt, findet vorbehaltlos meine Zustimmung.


    Zum Kapitel "Junges Gemüse"
    Paul Lewis kommt als Nächster bei mir an die Reihe, insofern werde ich vielleicht einen Kommentar zu ihm nachlegen, was allerdings schwierig sein wird, weil Rübenacker sich hier wieder sehr knapp und allgemein äußert.
    Zu Fazil Say kann ich nichts sagen, weil er in meiner Sammlung nicht enthalten ist, desgleichen Nikolay Lugansky (jedenfalls nicht mit Beethoven).
    Andras Schiff habe ich ebenfalls noch nicht besprochen.


    Zum Schluss möchte ich noch bemerken, dass in der Aufzählung der Besten bei Rübenacker zwei Namen fehlen: Lazar Berman und der "Großmeister" der Appassionata, Claudio Arrau.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    das habe ich erwartet, dass Deine Reaktion recht schnell kommt. :D


    So war mein Beitrag ja auch gedacht - als Diskussionsgrundlage. Ich kenne deutlich weniger der von Rübenacker besprochenen Einspielungen als Du, immerhin kann ich ihm aber auch zu Gulda und Brendel folgen. Bei Kempf bin ich wie Du anderer Meinung, und Gilels habe ich mir heute endlich bestellt, nachdem mich schon Deine Besprechung neugierig gemacht hatte. Desgleichen werde ich mir ganz sicher noch Arrau und Ashkenazy (seine ältere Aufnahme soll wesentlich besser als die letzte sein, hörte ich) zulegen. Und bzgl. Lugansky hat mich Rübenacker zugegebenermaßen "angefixt" - mal sehen.


    An dieser Stelle nochmals ein Riesen-Kompliment an Dich für die Mühe, Sachkunde und - vor allem! - offensichtliche Liebe zur Musik, mit denen Du deine epochale Rezensions-Arbeit der Beethoven-Sonaten gestaltest. Chapeau!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Lieber Uranus,


    schönen Dank für dein Riesen-Kompliment, das mich auch darin bestärkt, dass ich auf dem richtigen Wege bin. Das Gleiche gilt natürlich auch für alle Mitstreiter, insbesondere für Holger.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S. Wann hat Ashkenazy denn seine letzte "Appassionata" aufgenommen?

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Emil Gilels, Klavier
    AD: Florenz, 11. Juni 1951, live
    Spielzeiten: 9:16-6:46-4:33 -- 20:35 min.;


    Es interessant, Emil Gilels Spielzeiten des Kopfsatzes und des Andante con moto zu vergleichen. Im Kopfsatz ist er (naturgemäß?) 1951 mit knapp 9:20 am schnellsten, ist 1961 wenige Sekunden langsamer und 1973 gleich um gut eineinhalb Minuten langsamer als 1961, also über 11 Minuten "langsam".
    Im Andante con moto ist es geradewegs umgekehrt, wenn auch nur im Sekundenraum. Da ist er 1951 knapp über 6:40 min., 1961 knapp unter 6:35 min. und 1973 knapp unter 6:30 min.; wer kennt die Gründe.
    Es wäre nun aber falsch zu glauben, dass der 35jährige Emil Gilels 1951 in Formel I-Manier wie 15 Jahre später der damals etwa gleichalte Friedrich Gulda Durch die Partitur gerast wäre. Da ist nicht nur das Andante vor, sondern auch der Kopfsatz ist immer noch zwei Minuten länger als bei Gulda.
    Und das merkt man. Schon der (immer noch) junge Gilels, dem man in seiner Jungmännerzeit schier überbordendes Virtuosentum nachgesagt hatte, hatte zum Zeitpunkt dieser Aufnahme schon einen Grad der Reife erlangt, der es ihm erlaubte, schon hier gemessen zumindest an die ersten beiden Sätze heranzugehen. Und schon hier hat er eine überragende Pianokultur. Er beginnt aus dem tiefen Pianissimo und akzentuiert auch die Trillertakte vor dem poco ritartando moderat. Sein Forteeinsatz ist kraftvoll, aber nicht explosiv und die Fortissimo-Takte sind auch nicht so massiv wie bei einigen anderen. Aber schon an den im Übergang zum Dolce einsetzenden drängenden Achteln wird das Zukünftige spürbar.
    Sein Dolce ist zwar in der Oberstimme lyrisch ausgeprägt, aber in den Bässen steckt schon Drohpotential, und den Abschlusstakt des Dolce, Takt 42, nimmt er schon zurück und passt ihn in Ausdruck und Dynamik an den "Trauertakt" 43 und die eisigen absteigenden Achtel an. Dieser makabren Verbindung zwischen Dolce und Schlusssatz lässt Gilels dann aber fürwahr massives Forte/Fortissimo-Gewitter im Schlusssatz folgen und in seinem starken Diminuendo am Ende des Übergangs zur Durchführung passiert etwas Unfassbares: der letzte Ton des Diminuendos, das tiefe "gis", verschwindet spurlos im "Orcus"- bloß: wer hat es verschwinden lassen, Gilels oder der Toningenieur von Doremi, Jacob Harnoy, der ansonsten einen fabelhaften Klang aus dieser alten Aufnahme heraus gezaubert hat?
    Diesen ersten Teil der Durchführung spielt Gilels wieder dynamisch moderat, so als wenn es diesen Unfall mit dem "gis" gar nicht gegeben hätte. Machtvoll lässt er dann den zweiten Teil der Durchführung in den Sechzehnteln ertönen und das Thema die Seiten wechseln und am Ende vor dem lyrischen Zwischenstück die Sechzehntel in der tiefen Oktave mächtig grummeln. Sein auch hier im etwas höheren Tempo immer noch sehr kontrolliertes Spiel lässt in diesem Abschnitt in der Tat noch etwas Ruhe, eine lyrische Empfindung aufkommen. Das finde ich an dieser Stelle wunderbar.
    Auch die eigentliche Dolcestelle mit ihrer tief empfundenen einfachen wellenförmigen Melodie spielt er in den wenigen Takten vor dem Crescendo voll aus, bevor sie ja dann letztlich doch ein Opfer des Oktavenwirbels mit den unerbittlichen Achteln in der Begleitung wird. Auch die "düstere" Überleitung mit dem schon mehr hackenden Klopfmotiv spiet er hochdramatisch.
    Auch die Reprise gestaltet er hochdramatisch, und da höre ich in meiner 31. Appassionata-Rezension, schon zum zweiten Mal etwas Neues: nämlich er zieht in Takt 148 das Crescendo in den Bässen mit dem Klopfmotiv um einen Takt vor- mit einer Hammerwirkung. Das hat er genial gemacht.
    Die fünffachen ff-Takte sind natürlich auch in ihrer Steigerungskraft ungeheuerlich und die nun ab Takt 163 in der Begleitung folgenden Achtel treiben jetzt noch mehr voran. Das wiederholte Ende des Dolce-Motivs mit dem sog. Fortetakt 181 und dem angehängten Trauertakt mit den folgenden Trillern und dem Achtelabstieg klingt, wie ich meine, in der Reprise noch beklemmender, die vorwärtsstürmenden Sechzehntel noch ungestümer und der Übergang zum Dolce-Thema mit seinen zartbitteren Sechzehntel-Figuren in der hohen Oktave und den 3/8 und 3/4 -Akkorden in der Begleitung einfach umwerfend. Da darf dann das Dolce-Thema in der hohen Oktave noch einmal strahlen, bevor es im Wirbel der Sforzandi, Triolen und Arpeggien fortgerissen wird. Da bleibt die Musik im Ritartando-diminuendo fast stehen- ganz große Klavierkunst!!
    Auch in dieser frühen Aufnahme übt sich Gilels schon in der Kunst der Selbstbeherrschung und lässt in der Coda nicht alle temporalen Zügel fahren, sondern spielt das mit zwar leicht erhöhtem Tempo und dynamisch sehr hochstehend zu Ende.


    Emil Gilels spielt, wie ich finde, hier ein einmaliges Andante con moto, das nicht nur aus musikalisch bewegten Figuren besteht, sondern auch den Hörer (mich) zutiefst bewegt. Im ganz positiven Sinne kommt es mir fast wie ein Gebet vor.
    Gilels bleibt hier wiederum in der Ausschöpfung der dynamischen Spannweite (noch) vorsichtig, obwohl er den Pendelausschlag auch dadurch vergrößert, dass er sich nicht scheut, in den Abwärtsgängen aus dem p wieder ins pp zurückzugehen, was faszinierende Wirkungen hat. Dennoch erreicht er im Rinforzando in Takt 14 und in Takt 29 dennoch in etwa ein Forte.
    Die zweite Variation (Takt 33 bis 48) macht mich fassungslos. Ich glaube, das ist das Schönste, was ich jemals in meinem Leben gehört habe- diese innere dynamische Bewegung, aus einem tiefen Pianissimo heraus entstehend- das ist beispiellos.
    Da Emil Gilels ja ein Pianist von höchster Musikalität ist, mit Sinn für Proportionen, passt er die dritte Variation natürlich dynamisch an die anderen an. Er kann hier gar nicht zu einem donnernden Fortissimo kommen wie andere, ja nicht mal wie zu den Ergebnissen zehn Jahre später in Moskau, wo das dynamische Niveau von Anfang an höher lag (was ja bei Moskauer Aufnahmen oftmals der Fall ist). Jedenfalls scheint mir dieses Andante con moto einmalig und nicht wiederholbar von keinem jetzigen und zukünftigen Pianisten.


    Das Finale ist natürlich erheblich schneller, nicht ganz so schnell wie das von 1961, aber immerhin, erfüllt in la prima parte von einem perpetuellen Vorwärtsdrang, der nach den Fortissimo-Auftakt-Takten, aus einem geheimnisvollen Pianissimo erwächst. hier spielt einer nicht in einer wahnwitzigen Weltuntergangsstimmung um sein Leben, sondern in einer dynamisch höchststehenden und abwechslungsreichen und temporal beherrschten Art und Weise diesen Satz, in la prima parte seinen Zuhörern die musikalische Struktur sehr klar vermittelnd.
    In la seconda parte, (die er ja leider nicht wiederholt) wird es dynamisch, aber auch temporal noch bewegter, aber immer noch spielt er das ganz überlegt und überlegen, mit dem Höhepunkt in der ersten, durchführenden Hälfte natürlich in den vierfachen Oktavanstiegen der Unisono-Oktaven, die er grandios spielt. Auch in der "Atempause" schöpft er das dynamische Potential aus. Er spielt die Takte nach der zweiten Generalpause ab Takt 184 zunächst drei Takte deutlich im Piano, geht dann im Diminuendo ab Takt 186 zurück und spinnt dann ab Takt 192 im sempre pp einen wundervollen Achtel-Abwärtsgang, der aber nichtsdestoweniger wieder von Raureif überzogen ist.
    Die dennoch, wie ich finde, nicht unkontrollierte Coda, ist überragend gespielt, führt aber nicht zum Hörsturz.
    Das hätte auch zum dynamischen Gesamtkonzept dieser Aufnahme gar nicht gepasst. Trotz der ausgelassenen Wiederholung ist diese Aufnahme m. E. von überragendem Rang.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Schon der (immer noch) junge Gilels, dem man in seiner Jungmännerzeit schier überbordendes Virtuosentum nachgesagt hatte, hatte zum Zeitpunkt dieser Aufnahme schon einen Grad der Reife erlangt, der es ihm erlaubte, schon hier gemessen zumindest an die ersten beiden Sätze heranzugehen.


    Das hast Du sehr treffend gesagt, lieber Willi! Deswegen gehört Emil Gilels auch zu den großen Klaviertitanen - eine solche Frühreife haben nur ganz Wenige, wie auch ABM. Eine wunderbare Besprechung!


    Die Rübenacker-Kritik ist wenig systematisch, hat sicher einige Schwächen (wie bei Rubinstein die Nichterwähnung seiner Konzertaufnahmen oder das Fehlen von Pollini!), aber das ist im Stil eine "persönliche" Kritik und so auch ganz schön zu lesen. Ich habe sicher schon "schlechtere" Kritiken gelesen - die gehört zu den guten, auch wenn ich in machen Dingen (wie Du auch) anders denke. Lugansky sollten wir aufnehmen - ich halte sehr viel von ihm und die Bezüge zu T. Nikolajewa (seine Lehrerin) sind da. Nun muß ich aber ins Bett... :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Paul Lewis, Klavier
    AD: 2007
    Spielzeiten: 10:24-5:45-8:35 -- 24:45 min.;


    Paul Lewis spielt mit sehr klarem, natürlichem Ton, in moderatem Tempo und versagt sich in den ersten Fortissimo-Takten noch den letzten dynamischen Furor. Er stuft die dynamischen Auf- und Abschwünge fein ab und bringt im Übergang vom Hauptsatz zum Dolce-Thema ein weiteres Gestaltungsmerkmal ins Spiel, indem er die drängenden Achtel ab Takt 25 dynamisch leicht auf- und ab bewegt und so gleichzeitig eine kleine Rhythmusänderung herbeiführt.
    Das Dolce-Thema selbst spielt er sehr klangvoll und verzögert den kraftvollen Fortetakt 42, der das Thema beendet und geht langsam über den Trauertakt 43 in die geeisten Triller und den Achtelabschwung.
    Den Schlusssatz spielt er kraftvoll und dunkel und schließt in der hohen Oktave mit einem sehr schönen Sechzehntellauf ab. Bei ihm hört man dann das tiefe "gis" wieder, was bei Gilels 1951 in Florenz auf rätselhafte Weise verschluckt wurde.
    Den ersten, zögerlichen Teil der Durchführung spielt er wiederum sehr klangstark mit deutlicher Betonung der Trillertakte.
    Den zweiten Teil mit den Seitenwechseln des Themas spielt er wieder sehr kraftvoll und natürlich und lässt am Ende dieses Teils die Sechzehntel in der Begleitung dunkel rollen.
    Das lyrische Zwischenspiel gelingt ihm in seinem Tempo natürlich ganz hervorragend. Das Dolce-Thema geht bei ihm nicht ganz so brachial unter wie bei anderen, dafür gestaltet er nach den hervorragend gespielten Sechzehnteln die düstere Überleitung besonders machtvoll und dunkel dräuend.
    In der Reprise legt er sich in den Fortissimo-Takten wiederum ein wenig Zurückhaltung auf, dergestalt, dass er jeweils in der Taktmitte etwas zurückgeht. Seine Trillertakte sind jedoch mit der nötigen Schärfe versehen.
    nach der Wiederholung der Trillertakte und des Achtelabstiegs spielt er wieder die Sechzehntel äußerst kraftvoll und zielstrebig, geht dann sehr schön zurück. Seine trillermäßigen sechzehntel sind wunderbar gespielt und führen zu einem luzide gespielten Dolce-Thema in der hohen Oktave, das dann jedoch ebenso schnell von den crescendierenden Sforzandi verschluckt wird und im Wirbel der Triolen und Arpeggien verschwindet. Das ist großartig gespielt und auch das Ritartando-Diminuendo ist ein Gedicht.
    Die Coda nimmt er deutlich schneller und zeigt hier auch mehr Furor, steigert großartig und bleibt doch kontrolliert und transparent.


    Das Andante spielt er im Vergleich zum Kopfsatz doch erheblich schneller, ist dabei aber im Thema und in der ersten Variation dynamisch moderat. Die zweite Variation spielt er ähnlich moderat wie das Thema. Dabei lässt er die Musik wunderbar fließen.
    In der dritten Variation kommt dann deutlich mehr dynamische und hier ausreichende Bewegung ins Spiel. Eine konstantere Steigerung über alle Variationen hätte er erreichen können, wenn er die Forte-Passage in Takt 29/30 (erste Variation) und das Crescendo-Rinforzando (Takt 45/46 stärker betont hätte. So war noch etwas Luft nach oben.


    Im Allegro non troppo setzt Lewis auf Klarheit des Ausdrucks und der Struktur und ist auch hier im Tempo moderat, was ja auch durchaus der Satzvorschrift entspricht. Dafür ist er in der dynamischen Ausgestaltung ganz hervorragend unterwegs. Jetzt ist höchste Bewegung im Spiel, ein deutlicher Kontrast zum Kopfsatz und eine Riesen-Kontrast zum Andante. la prima parte läuft in einer fantastischen Steigerung aus.
    Seine seconda parte ist auch schon im ersten, durchführenden Teil äußerst bemerkenswert in dem dynamischen Impetus. Das schaukelt sich unerbittlich hoch bis zu einem grandiosen vierfachen Oktav-Gang der Unisono-Oktaven von Takt 168 bis 176, der sechstaktigen "Auslaufzone" von Takt 177 bis 183 mit einer mittigen Generalpause in Takt 179. Nach der zweiten Generalpause (Takt 183) spielt er ein atemberaubendes Diminuendo (Atempause) im Übergang zum Reprisenteil, der in Takt 211 einsetzt. Auch diese spielt er dynamisch höchststehend und strukturell äußerst konzentriert und erhellend. Selbstverständlich wiederholt er la seconda parte.
    Auch seine Coda ist mitreißend, obwohl langsamer als die von Richter, Berman, Gilels u. a., aber dynamisch total ausgereizt , trotzdem kontrolliert und strukturell immer noch sehr transparent- die andere, wie ich finde, auch durchaus berechtigte Seite der Medaille!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 Appassionata"
    Tatjana Nikolajewa, Klavier
    AD: 1983
    Spielzeiten: 10:12-6:06-8:06 -- 24:24 min.;


    Tatjana Nikolajewa beginnt in tiefem Pianissimo die Exposition, spielt sogleich in den Trillertakten mit geschärftem Klang und führt ein vor allem in seiner temporalen Ausdehnung sehr kontrastreiches Ritartando aus. Das habe ich auch schon wesentlich kürzer gehört. Auch die Fortissimo-Takte und die weiteren Trillertakte führt sie in dieser geschärften Tongebung aus, ein Zeichen, dass sie nicht auf Harmonisierung des musikalischen Geschehens aus ist.
    Auch in den Bässen des Dolcethemas sowie dem Takt 42 , den Trillern und dem kalten Achtelübergang kommt dies klar zum Ausdruck. Dies setzt sie im Schlusssatz fort, versäumt es aber, durch die in der Partitur vorgesehene Ausführung der Fortissimopassagen diese dramatische Wirkung noch zu verstärken.
    Auch im ersten Teil der Durchführung klingt es wieder fahl und geschärft, aber im zweiten Teil ab Takt 79 fehlt mir die nötige Power. Warum sie das nicht macht, ist mir ein Rätsel. Bei ihren Kollegen fliegen da manchmal regelrecht die Fetzen, seien es Gieseking, Gilels, Richter, Horowitz oder auch zuletzt Lewis. So fehlt auch der dynamische Kontrast zu dem lyrischen Zwischenspiel ab Takt 93 bis 108, das nicht viel leiser ist, und so setzt sich das im dritten Teil fort, in dem das Dolce-Thema durchgeführt wird. Schon vorher, in Takt 108, decrescendiert sie schon auf dem Fortebogen und spielt kein subito piano am Anfang von Takt 109, wie es in den Noten steht.
    Den dramatischen Furor, den andere an dieser Stellen entfesseln, erreicht sie bei weitem nicht, und so ist auch ihre düstere Überleitung ab Takt 130 (zur Reprise) lediglich düster, aber keinesfalls fortissimo.
    Auch in der Reprise, in dem andere noch gegenüber der Exposition noch ein wenig steigern, ist ihre dynamische Steigerung eher mäßig. Immer das, wo es pp zu Werke geht, wie in den Trillertakten und dem Achtelabstieg, ist sie wieder ausdrucksstark, aber gerade auch da, am Ende des Abstiegs, Takt 189 fehlt mir im Übergang zu Takt 190 der dynamische Ruck. Das ist bestenfalls mf, und die Anhebung in Takt 192 auf ff merkt man überhaupt nicht, auch nicht in Takt 199. Erst danach, im Pianissimo ab Takt 203 bis 212 wird ihr Spiel wieder gut. Danach, ab Takt 213, wird es auf rätselhafte Weise wieder beinahe kraftlos, keinesfalls sempre ff, wie ab Takt 220 vorgeschrieben und bis Takt 234, da vorher nicht aufgehoben, also die gesamten Triolen und Arpeggien umfassend, durchzuhalten. Kein Wunder ist es jetzt schon fast, dass das nun folgende Ritartando-Diminuendo zu ihren stärksten Eingebungen gehört.
    Auch die Coda reißt niemanden vom Hocker.


    Auch im Andante tun sich mir von Anfang an einige Rätsel auf. Das Thema beginnt sie im ersten Abschnitt, Takt 1 bis 8, eigentlich normal im Piano, hebt das sfp leidlich hervor, spielt aber die Wiederholung eine satte Tonstufe leiser, fast pp/ppp. Das Gleiche macht sie im eigentlich dynamisch höher stehenden zweiten Teil des Themas, Takt 9 bis 16, der zwei Akzente in Takt 10 und 12, ein Crescendo und ein Rinforzando hat, auch. Nicht nur, dass sie hier beim ersten Mal schon auf dem Rinforzando decrescendiert, sondern auch hier die ganze Wiederholung leiser ansetzt. Das habe ich so, wie ich glaube, noch nicht gehört und steht auch eigentlich der Intention dieses Satzes entgegen.
    Im ersten Teil der ersten Variation spielt sie die Wiederholung wieder als Echo, erst im zweiten Teil, den sie auch ordentlich steigert, wiederholt sie auch zum ersten Mal korrekt.
    Auch die Ausführung der zweiten Variation kann man als korrekt bezeichnen. Die dritte Variation spielt sie dafür durchgehend forte, so dass man die zahlreichen Sforzandi als solche gar nicht mehr wahrnimmt, und außerdem meine ich etliche Verspieler wahrgenommen zu haben. Einige Fragezeichen gingen mir am Schluss in der Rückkehr zum Thema auf. So spielt sie die Akzente in Takt 90 und 92 in keinster Weise, und im Crescendo und Rinforzando in Takt 93 und 94 spielt sie sogar diminuendo- sehr rätselhaft und natürlich falsch! Das Arpeggio-Fortissimo in Takt 97 ist das erste Fortissimo, das ich seit langer Zeit höre, den Kopfsatz eingeschlossen!


    Auch die vier Fortissimo-Takte zu Beginn des Allegro ma non troppo sind m. E. in Ordnung, aber schon das forte in Takt 13 ist wieder nicht subito sondern sie schleicht sich da so herein, allerdings spielt sie in der Folge dynamisch doch recht ansprechend, auch die Sforzandi kommen jetzt ordentlich.
    Auch in "la seconda parte" spielt sie recht akzentuiert, auch wenn ich die vierfachen Oktavverschiebungen der Unisono-Oktaven Takt 168 bis 176 schon mitreißender, sozusagen als einen der Satzhöhepunkte gehört habe. Die "Atempause" spielt sie recht ansprechend, aber nicht so "atemberaubend", wie ich sie schon verschiedentlich gehört habe, denn immerhin ist dies jetzt schon meine 33. Appassionata-Rezension, und mindestens 23 werden noch folgen. Wiederum gelegentliche Spielfehler lassen in mir die Frage aufkeimen, ob sie in diesem Livekonzert zu viel Lampenfieber hatte oder ob dieses Stück für sie zu schwer ist.
    Auch in der Wiederholung von "la seconda parte" und auch in der Coda will dieser Eindruck nicht weichen.


    Liebe Grüße


    Willi :(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Sagitt meint:


    das sie das Stück technisch nicht konnte,dürfte wohl ausgeschlossen werden: "Seit 1959 unterrichtete sie am Moskauer Konservatorium, wo sie 1965 zur Professorin ernannt wurde."

  • Zitat

    Sagitt: dass sie das Stück technisch nicht konnte, dürfte wohl ausgeschlossen werden: "Seit 1959 unterrichtete sie am Moskauer Kondervatorium, wo sie 1965 zur Professorin ernannt wurde".

    Das mag sein, lieber Hans, aber was ich heute Nachmittag gehört habe, hat mich überhaupt nicht zufrieden gestellt. In Wahrheit, war es die schwächste Appassionata-Interpretation, die ich bisher gehört habe. Aber wer weiß, was noch kommt. Ich habe immerhin auf der "Ersatzbank" noch Lang Lang und Yundi Li sitzen.
    Was ich allerdings heute Abend gehört habe, ist aus einem wahrlich anderen Holz geschnitzt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Gerhard Oppitz, Klavier
    AD: Oktober 2005
    Spielzeiten: 10:03-6:45-7:11-0:46 -- 24:51 min.;


    Gerhard Oppitz geht ganz souverän an die Sache heran, wunderbarer Klang, sehr fein abgestufte d<dynamische Anstiege und Abschwünge, ein wirkliches "poco" Ritartando, veritables Fortissimo in den drei Takten 17 20 und22, geschärfte sfp-Akkorde und behände Unisono-Achtel ab Takt 24- ein schwungvoller, aber kontrollierter Hauptsatz!
    In der Dolce-Stelle herrscht wieder Bedacht vor und nach dem Ende in Takt 42 braucht er zum traurigen Durchatmen erst etwas Zeit, bevor die eisigen Achtel abwärts ziehen.
    Kraftvoll setzt dann der Schlusssatz ab Takt 51 ein, Äonen von der gleichen Stelle bei Tatjana Nikolajewa entfernt. Das ist alles so folgerichtig, dass mir keinen Moment Zweifel kommen. Auch diesen ersten, zögerlichen Teil der Durchführung spielt Oppitz großartig, dynamisch ausgewogen, die Triller betonend und auch im zweiten Teil mit den Oktavwechseln des Themas kräftig einsetzend und nach der virtuosen Sforzandokette ab Takt 93 in das lyrische Zwischenspiel einstimmend, das in Oppitz' Tempo richtig atmet und sich entfaltet, einen schönen Kontrast setzend zur vorherigen dynamischen Bewegung.
    Wie viel anders stürmt doch hier das dynamische Geschehen über das Dolce-Thema hinweg und pflügt es unter und setzt nach den heftigen Sechzehntelfiguren die düstere Überleitung machtvoll und verheerend ein.
    Auch die Reprise gestaltet Oppitz noch einmal dynamisch etwas bewegter als die Exposition, wie es in der Appassionata gehört, auch die Überleitung zum neuerlichen Dolce-Thema spielt Oppitz ganz großartig.
    Auch die vorwärtsstürmenden Sechzehntel lassen bei Oppitz keine Sekunde an Intensität nach, wobei ihm keine dynamische Feinheit entgeht. Ein letztes Mal taucht das Dolcethema glockenhell in der hohen Oktave auch, bevor es in den von Oppitz kraftvoll gespielten Sforzandi untergeht und von den Triolen und Arpeggien fortgespült wird.
    Auch das abschließende Ritartando-Diminuendo ist ganz große Klasse, von der mitreißenden, explosiven und wie ich finde, beinahe perfekt gespielten Coda ganz zu schweigen- Mein Gott- welch ein toller Satz- und welch ein riesiger Gegensatz zu heute Nachmittag!!


    Das Andante con moto ist grandios. Hier ist ein Pianist, der weiß, wie Beethoven tickt, auch, was Beethoven von ihm erwartet. In einem Abschnitt (1. Teil der ersten Variation, der keinerlei dynamische Vorschriften enthält, bringt er doch dynamische Bewegung hinein durch bloßes leichtes Verändern des Anschlags in der Begleitung- grandios- und keine Spur von Echobildung in der Wiederholung!
    Und welch eine zweite Variation! Wie lässt er sie wunderbar atmen und wie gestaltet er hier wieder durch einen ganz anderen Kunstgriff, indem er auf den dynamischen Akzenten das Tempo leicht anzieht- ganz große pianistische Kunst!!
    Und die dritte Variation lässt keinen Moment in dem turmhohen Niveau nach- im Gegenteil: Oppitz steigert es nochmals- diese dritte Variation und das anschließende nochmalige Thema: das ist reinste Himmelsmusik über das gesamte dynamische Spektrum hinweg: ich habe bis jetzt kein Andante kennengelernt, dass stimmungsmäßig einen größeren Kontrast zum Kopfsatz hergestellt hat wie das von Oppitz und das gleichzeitig so gut zum Kopfsatz passt!!


    Auch das Finale erfüllt, zumindest in "la prima parte", meine Erwartungen voll und ganz. Oppitz wählt auch hier, wie ich finde das richtige Tempo: Allegro "ma non troppo" und entfaltet den Satz wunderbar fließend und nicht stürmend, denn das ist es außerhalb des Schlussprestos noch nicht. Um den nötigen dramatischen Impetus herzustellen, hat Beethoven genügend dynamische Anweisungen hinterlassen, die zur richtigen Interpretation führen, wenn man sie beachtet. und das scheint mir Oppitz zu tun, jedenfalls bis hierhin.
    Auch "la seconda parte" erfüllt in Opptiz' Lesart meine Erwartungen vollauf. Wunderbar steigert er bis zur vierfachen Oktavverschiebung der Unisono-Oktaven. Auch seine anschließende "Atempause" ist in ihrer Klarheit und Ruhe kaum zu übertreffen.
    Wunderbar und unbedingt noch einmal hervorzuheben ist auch sein Spiel in der hohen Oktave ab Takt 260 und die anschließende dynamische Steigerung zur Wiederholung von "la seconda parte".
    Auch in der Wiederholung fällt wieder auf, wie genau er jeder dynamischen Änderung nachspürt und wie genau er die rhythmischen Gegebenheiten beachtet.
    Die Presto-Coda ist ein Musterbeispiel dafür, wie große die Wirkung auch sein kann, wenn man mit etwas weniger Tempo ein Maximum an Struktur und an innerer Bewegung erzielen kann.


    Gerhard Oppitz Interpretation zeigt mir, dass man sich als Interpret nicht der Musik bedingungslos ausliefern muss, um ein optimales Ergebnis zu erzielen, zumal das so gut wie nie ohne Fehler abgeht, dass nicht der gewinnt, der als erster fertig ist, sondern, der Beethovens Anweisungen am besten umgesetzt hat, und davon ist m. E. Gerhard Oppitz nicht weit entfernt. Weniger ist in der Tat manchmal mehr.
    In meiner Beurteilung gehört Gerhard Oppitz hiermit zur absoluten Spitzengruppe, wobei er für mich das bisher überzeugendste Andante con moto gespielt hat. (Da hier im Finale Allegro ma non troppo und Presto getrennt gezeitet wurden, habe ich das auch so angegeben).


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Murray Perahia, Klavier
    AD: 1985
    Spielzeiten: 10:05-6:18-7:53 -- 24:16 min.;


    Murray Perahia kommt aus dem tiefen Pianissimo, betont sehr schön den Trillertakt 9, nicht aber den Takt 11. Im ff-Takt 17 greift er beherzter zu, lässt aber bei den beiden folgenden ff-Takten etwas nach, was ich schon einige Male beobachtet habe. Auch die sfp-Akkorde könnten etwas kräftiger und schärfer sein.
    Temporal ist Perahia ungefähr deckungsgleich mit Gerhard Oppitz, jedenfalls, was den Kopfsatz betrifft.
    Das Dolcethema spielt er schön, und m Takt 42 entdecke ich bei ihm eine Besonderheit. Er nimmt den Sforzando-Akkord stärker als den davor stehenden Fortetakt. Der Sinn will sich mir nicht so ganz erschließen. Der traurige Takt 43, die fahlen Trillertakte und der eisige Achtelabstieg gefallen mir sehr gut, ebenso der Schlusssatz mit den kräftig vorwärtsdrängenden Forte-Sechzehnteln und der souverän gespielte Übergang in der hohen Oktave.
    Auch der erste, zögerliche Teil der Durchführung ist, wiederum aus dem tiefen pp kommend, sehr schön gespielt, zumal er einen deutlichen Kontrast setzt zum dritten Teil, wiederum mit den Forte-Sechzehnteln und dem Oktavenwechsel des Themas, wobei er aber hier m. E. nicht von Anfang an Forte spielt, sondern allmählich steigert.
    Den lyrischen Zwischensatz zum dritten Durchführungsteil über das Dolcethema spielt er aber sehr ausdrucksvoll, ebenso das durchgeführte Dolcethema mit der großartigen Steigerung und den virtuosen Sechzehntelfiguren ab Takt 123. Auch die düstere Überleitung ist machtvoll und dunkel dräuend.
    Den Beginn der Reprise, der ja immerhin 14 Takte lang im pp notiert ist, spielt er sehr leise mit klar vernehmbar klopfenden Achteln in der Begleitung. Das gefällt mir sehr gut.
    Auch die Fortissimo-Takte und die dazwischen liegenden Triller haben diesmal, wie ich finde, mehr dramatische Klangfarbe und genügend Kraft. Auch die drängenden Sechzehntel nach dem neuerlichen Achtelabstieg haben jetzt den richtigen dynamischen Zug. Grandios ist ohnehin der Teil ab Takt 200 im Piano und ab Takt 204 im Pianissimo. Da ist Perahia auf seinem ureigenen Feld.
    Doch auch die Steigerung, die Triolen und Arpeggien spielt er gekonnt und endet in einem wiederum überzeugenden Ritartando-Diminuendo.
    Auch die temporal und dynamisch äußerst bewegte Coda spielt er mitreißend.


    Im Andante con moto bleibt er m. E. im ersten Teil des Themas in Takt 5 und im zweiten Teil in den Takten 10, 12, 13 und 14 zu leise, auch in der Wiederholung. Auch in der ersten Variation ist das zu leise. Da steht in Takt 29 ein Forte notiert. Was er spielt, reicht aber nicht wesentlich über mezzopiano hinaus. In der zweiten Variation im zweien Teil ergibt sich das gleiche Bild.
    In der dritten Variation ist es besser. Aber dadurch, dass er jetzt richtig betont, sticht der Beginn der dritten Variation dynamisch etwas zu weit heraus, wie mir scheint, zumal wir in Takt 45/46 noch ein Crescendo und Rinforzando notiert hatten, das bei richtiger Steigerung eine bessere Anbindung an die dritte Variation ergeben hätte. Im zweiten Teil der dritten Variation erreicht er aber die notierten Fortissimi dennoch nicht.


    Das Finale spielt Perahia im gleichen Tempo wie Oppitz, ebenfalls kontrolliert und vielleicht nicht ganz mit der hochstehenden Dynamik wie Oppitz, was sich allerdings gegen Ende von "la prima parte" bessert. In "la seconda parte" hält er das dynamische Niveau und spielt ab Takt 163 eine schöne Steigerung auch in den vierfachen Oktavverschiebungen der Unisono-Oktaven. In der "Atempause" ist Perahia wieder in seinem Element.
    Auch den Reprisenteil spielt er ausgezeichnet, auch dynamisch, und die hohe Oktave ab Takt 260 ist vom Feinsten. Perahia wiederholt ebenfalls "la seconda parte".
    Die Presto-Coda ist sicherlich Perahias stärkste Eingebung in der ganzen Sonate. Da zeigt er seine ganze pianistische Klasse, vor allem, da er bei dem doch hohen Tempo die volle Kontrolle behält.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    ich wußte gar nicht, dass es eine Aufnahme von Perahia gibt (obwohl diese Sonate wohl nahezu jeder Pianist von Rang im Repertoire haben dürfte, so dass man es sich eigentlich denken kann). Es wäre natürlich interessant, zum Vergleich zu haben, wie er das heute spielt. Im Laufe der Jahre ist sein Spiel ja noch deutlich differenzierter geworden. Ein hoch intelligenter Interpret war er schon immer - auch in jüngeren Jahren. :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Lieber Holger,


    nach Chorprobe und Polittalk möchte ich doch noch eben antworten: von Perahia habe ich insgesamt 13 Aufnahmen: Nr. 1, 2, 3, 4, 7, 9, 10, 11, 12, 15, 23 und 28. Ich weiß nicht, ob es noch mehr gibt, aber wenn nicht, so hat er ja immer noch Zeit, die Zahl zu vergrößerrn. Wer die Appassionata ordentlich hinbekommen hat, der brraucht, so glaube ich, vor den anderen Sonaten auch keine Angst zu haben, außer vielleicht vor der Waldsteinsonate, jedenfalls wenn es nach Joachim Kaiser geht, wie ich inzwischen gelsen habe. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Danke für den Tipp, lieber Christian, schon bestellt!


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Alfredo Perl, Klavier
    AD: 1996
    Spielzeiten: 10:26-5:54-8:16 -- 24:36 min.;


    Alfredo Perl spielt den Kopfsatz in gemessenem Tempo unter Ausnutzung der vollen dynamischen Spannweite. Ich habe eigentlich bei Alfredo perl noch nie erlebt, dass er bei einer Beethoven-Sonate nicht das spielte, was und so, wie es in den Noten stand. Da stimmt im Hauptsatz und in der Überleitung zum dolce-Thema einfach alles, die Betonung der Trillertakte, über die mancher andere gerne hinweg spielt, dabei haben diese Akzente (Takt 9, 11) ja durchaus eine inhaltliche Bedeutung: sie führen unmissverständlich zu einem Kulminationspunkt hin, in diesem Fall zu ersten forte-Entladung.
    Auch die sfp-Akkorde Takt 26 und 30 haben bei Perl die nötige Schärfe. Auch er betont übrigens in Takt 42 das Sforzando stärker als den ersten Forteakkord und spielt anschließend einen sehr beeindruckenden Triller-Anstieg und anschließenden Achtelabstieg.
    Der Schlusssatz ist bei ihm von Forte/Fortissimo-Kraft erfüllt und der dynamische Abschwung zur Durchführung hin großartig.
    Im ersten Durchführungsteil bringt er die nötige Bewegung des zögerlich-temporalen Ablaufs durch adäquate dynamische Akzente (Takt 71, 73, 74 und 77), wie man sie nicht immer hört. Manchmal scheinen Beethovens Akzentvorschriften von bestimmten Interpreten nicht ernst genommen zu werden, oder sie glauben, ihre Interpretation würde wertvoller, wenn sie eigene Akzente brächten oder die vorgeschriebenen vernachlässigten. Das Gegenteil ist der Fall.
    Perl spielt auch den zweiten Teil der Durchführung mit dem Oktavenwechsel des Themas mit souveräner Kraft und auch mit natürlicher Klarheit, die die musikalische Struktur wie ein offenes Buch vor den Hörer legt.
    Das lyrische Zwischenspiel (Takt 93 bis 108) ist in seiner souveränen Gelassenheit und Musikalität grandios, auch sein Crescendo auf den letzten vier Takten.
    Der anschließende "Untergang" des Dolce-Themas ist rigoros gespielt und mündet in einer vor Kraft berstenden sehr dunkel bedrohlichen Überleitung in die Reprise.- große Klasse!!
    Wie andere große Beethoven-Pianisten steigert auch Perl in der Reprise noch ein wenig den dramatisch-dynamischen Impetus, da ist keine Rede davon die Fortissimo-Takte in der Folge abzuschwächen, es steht ja auch schließlich nicht so in den Noten.
    Die Wiederholung des Schlusssatzes, hier ab Takt 190 ist einmal mehr kraftvoll voran drückend und wandelt sich im Piano ab Takt 200 und anschließenden Diminuendo zu einem ätherischen Spiel in der hohen Oktave. Ein letztes Mal darf sich dort auch das Dolce-Thema zeigen (Takt 210 bis 212), bevor es endgültig hinab gezogen wird von den machtvoll wirbelnden Triolen und Arpeggien, die in einem atemberaubenden Ritartando-Diminuendo enden.
    Die Coda gestaltet Alfredo Perl machtvoll in der Vorwärtsbewegung und klar strukturiert. Da fällt keine Note eines zu hohen Tempos oder unkontrollierten Vorwärtsstürmens unter den Tisch- großartig!!


    Das Andante con moto möchte ich ebenfalls als grandios bezeichnen. Alfredo Perl spürt hier aufmerksam jeder dynamischen Hebung und Senkung nach und erweckt dadurch die wunderbare Eigendynamik dieses nur scheinbar so sanften Satzes zum Leben. Bei Perl besteht z. B. überhaupt kein Zweifel, dass der erste Akkord in Takt 29 ein Forte ist.
    Auch in der zweiten Variation, im ersten Teil sicher der "sanfteste" Abschnitt, vergrößert perl die dynamische Bewegung dadurch, dass er tiefer beginnt, im ff, und in Takt 46 hören wir in der Takt ein kräftiges Rinforzando.
    Sofort augen- bzw. ohrenfällig ist z. B. in der dritten Variation in den Takten 49/50 und 53/55, der dynamische Unterschied, den Perl macht zwischen den drei Sforzandi und den anschließenden höher gesetzten Forteakkorden. Dies zieht er auch bei den weiteren Stellen durch und erreicht im letzten Teil dieser Variation auch mühelos die Fortissimi. Ich finde, dass ist ein nahezu ideal gespieltes Andante con moto (fast möchte ich sagen "con molto moto") -- grandios!!


    Auch im Finale bleibt Perl seinem temporalen Konzept treu. Er lässt es "ma non troppo" angehen bei hochstehender Dynamik, und er spielt konsequent auch die Begleitung dynamisch bewegt- fast wie das Bild eines Kraulschwimmers, der den Vortrieb nicht nur mit den Armen macht und die Beine hinter sich herzieht, sondern einem der kraftvoll auch die Beine zum vortrieb einsetzt. Großartig ist auch seine Steigerung am Ende von "la prima parte", ebenso wie die abermalige genaue Beachtung der zahlreichen dynamischen Akzente in "la seconda parte" mit der großartigen Steigerung am Ende des durchführenden Teils in den vierfach oktavierten Unisono-Oktaven in Takt 168 bis 176.
    Selbstredend beherrscht er auch die leisen Töne, hier namentlich die "Atempause" Takt 184 bis 210. Nicht minder zupackend und dramatisch gestaltet er die zweite Hälfte, den reprisenartigen Teil mit der mitreißenden Schlusssteigerung bis Takt 307. Auch Perl spielt natürlich la seconda parte zweimal.
    Auch Perls Pr4esto-Coda ist aus einem Guss, kein Höchsttempo- aber Höchsttransparenz und Höchstenergie!!


    Eine große Aufnahme!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Maurizio Pollini, Klavier
    AD: Juni 2002, München
    Spielzeiten:9:18-5:58-7:55 -- 22:11 min.;


    Maurizio Pollini spielt in seiner Münchener Aufnahme ein zügiges Tempo, eine Minute schneller als Perahia, mit energischem Vorwärtsdrang, mit klarster Struktur und gehöriger Schärfe in den Trillertakten, kurz gespielten Klopfmotiven, kräftigen Fortissimotakten und gedrängten Achteln in der Begleitung nach dem Hauptsatz, also ein sehr dramatisches Bild in diesem Abschnitt.
    Für Momente zeigt er im warm gespielte Dolcethema ein anderes Bild, bevor er im Takt 42 mit den beiden forte/Sforzando-Akkorden zum dramatischen Appassionata-Klangbild zurückkehrt, die fahlen Triller und abwärts sinkenden Achtel folgen lässt und dann im Schlusssatz ein massiver Sechzehntelsturm einsetzt, der sich in den letzten Takten des Übergangs zur Durchführung in den hohen Sechzehnteln verliert.
    Im ersten Teil der Durchführung verstärkt er noch die Schärfung seines Klangs in den Trillertakten, die er zudem sehr stark hervorhebt- ein sehr starker Kontrast zu den anfänglichen Pianissimo-Takten.
    Im zweiten Teil der Durchführung geht er mit der gleichen kinetischen Energie voran wie im Schlusssatz der Exposition mit einer kräftigen Sforzandokette in den Schlusstakten 91 und 92. Das anschließende lyrische Zwischenstück spielt er seltsam rastlos mit einem fahlen Schleier: es will (oder kann) sich nicht so recht vom Appassionata-Klang lösen. Pollini entschließt sich hier offenbar, es als integrierenden und nicht als kontrastierenden Bestandteil des Satzes zu spielen, was zu seiner bisher vermittelten Auffassung auch besser passt.
    Das im dritten Teil durchgeführten Dolcethema kann sich nicht mehr entfalten und geht rasch im Tumult der Forte/Fortissimo-Steigerungen unter, denen Pollini eine brachiale düstere Überleitung ab Takt 130 folgen lässt.
    In der Reprise verlängert er, indem er die Trillertakte hier dynamisch, nicht expressiv deutlich zurücknimmt, den Zeitraum bis zur dynamischen Steigerung im Forte noch, das ja diesmal durch ein Crescendo eintritt. Die Fortissimotakte sind dann machtvoll und der abschließende Trillertakt äußerst grell, das nach dem herben Übergang eintretende Dolce musikalisch wieder sehr kontrastreich, aber natürlich wieder sehr kurz, den unerbittlichen Trillern und den absteigenden Achteln resignierend weichend, die von den entfesselt vorwärts drängenden Sechzehnteln den Staffelstab übernehmen.
    Ein Wunder ereignet sich nun in der hohen Oktave, die Pollini beinahe unvergleichlich lyrisch spielt und das Tempo in dem Moment steigert, als das Dolcethema zum ersten Mal in der hohen Oktave erklungen ist, so als ob es von einer großen magnetischen Kraft unerbittlich in den Untergang gezogen würde, verschlungen von den brodelnden Triolen und Arpeggien. Das Ritartando-Diminuendo erscheint uns dadurch noch vergrößert, dass er ja schnell beginnt und dann stark verlangsamt- großartig!!
    In der grandiosen Coda spannt er schon den Bogen zum finale und endet mit einem unglaublichen "Morendo".


    Auch Pollinis Andante con moto ist grandios. Wie setzt er so wunderbar den Notentext um, dass jede dynamische Regung gewürdigt wird und verleiht er auch in der Begleitung im ersten Teil der ersten Variation der musikalischen Struktur durch zusätzliche dynamische Bewegung stärkeres Profil- wunderbar. In der zweiten Hälfte dieser Variation geht es dann dynamisch wirklich zur Sache, ohne dass er übersteuert- nein er tut genau so viel, wie Beethoven verlangt. "forte"!
    Im ersten Teil der zweiten Variation geschieht ein neues Wunder: entlang dem ersten Legatobogen crescendiert er ganz kleinschrittig zum sfp-Akkord hin (Takt 33 bis 37). Es ist, als ob ich einer Nachtkerze beim Aufgehen der Blüte zuschaute- fantastisch! In der zweiten Hälfte bringt er auch die Akzente in Takt 42 und 44 sowie das Crescendo und Rinforzando in Takt 45 und 46 schön zur Geltung.
    Für die dritte Variation könnte ich das gleiche Sagen wie für die gleiche bei Perl: auch Pollini macht einen deutlichen Unterschied (Takt 49, 50, 53, 55 usw.) zwischen Sforzando und anschließendem Forte, weil das in der Tat eine schlüssige Steigerung ist. Auch er erreicht die ff-Höhepunkt und rundet das Ganze mit einem wiederum tief beeindruckenden Thema ab.


    Im Finale wird auch sofort deutlich, wie er dem wellenförmigen Verlauf der Dynamik nachspürt, z. B. in dem Ablauf p-Takt 5-cresc. Takt 10-f-Takt 13-dim. Takt 18-pp-Takt 20, meisterlich. Deren Stellen gibt es im weiteren Verlauf viele.
    Großartig auch die weiteren "Wellen" in "la prima parte": allein zwischen Takt 64 und dem Ende Takt 116 gibt es 8 dynamische Aufwärts- und 8 Abwärtsbewegungen, die Pollini äußerst organisch spielt.
    In der ersten Hälfte von "la seconda parte" setzt er dieses abwechslungsreiche Spiel mit hier noch aufsteigender dynamischer Intensität fort: auch hier wieder die Dynamikunterschiede zwischen Sforzandi und Forti mit einer großartigen Steigerung zum Ende der ersten, durchführenden Hälfte.
    Als Meister ebenfalls der niedrigen dynamischen Bereiche gestaltet er natürlich auch die "Atempause" auf höchstem Niveau.
    In der zweiten, reprisenartigen Hälfte von "la seconda parte" ist auch sein luzides Spiel in der hohen Oktave ab Takt 260 zu loben, das am Ende in einer großen Steigerung ausläuft und er dann "la seconda parte" ebenfalls wiederholt. Pollini gehört zu den Pianisten, bei denen ich bisher noch keine Auslassung registriert habe.
    Seine Presto-Coda ist so überlegt-überlegen und kontrolliert grandios gestaltet wie das ganze Stück.
    Wenn Joachim Kaiser in seinem Buch über Beethovens Klaviersonaten und ihre Interpreten auf Seite 400 sagt: "Der große Musiker (Barenboim) ist keine Appassionata-Interpret. Noch weniger ist es Pollini", und sich dabei auf eine Fernsehaufzeichnung Mitte der 1960er Jahre bezieht, und wenn das stimmt, was ich nicht beurteilen kann, da ich die Aufzeichnung nicht kenne, so kann das jetzt in dieser Einspielung aus 2002 nicht mehr gelten und ich vermute, auch nicht für die nahezu gleichzeitig entstandene Liveaufnahme aus Wien, die ich als nächste besprechen werde und die als Bonus-CD in der o.a. Box enthalten ist.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    Pollinis Aufnahme gehört zu meinen absoluten Favoriten. Allein schon wie er das Seitenthema aus der Tiefe aufsteigen läßt ist wirklich ein erhebendes Gefühl! Das "Dramatische" liegt Pollini sowieso und lag ihm schon immer, da kann er mit ganz großer Intensität wirklich "packend" musizieren. Beispiele dafür sind etwa seine grandiosen Aufnahmen der Davidsbündlertänze von Schumann oder der Chopin-Polonaises. Perl höre ich mir natürlich auch noch an! :)


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Lieber Holger,


    gestern hatte ich aktive Beethoven-Pause, Mozart war an der Reihe, zum dritten Mal in diesem Jahr haben wir die Krönungsmesse aufgeführt, zur Amtseinführung unseres neuen Pfarrers. Von mir ausgehehnd, aber auch die anderen Kolleginnen und Kollegen betrachtend, meine ich, wir hätten diese dritte Aufführung mit der größten Gelassenheit, und gleichzeitig mit der größten Konzentration und Überzeugungskraft dargeboten. Die zahlreichen Rückmeldungen während des Empfangs nach der Festmesse bestätigten auch meine Auffassung, auch ein längeres Gespräch mit unserem Chorleiter und Dirigenten.
    Eine besondere Petitesse hatten wir während der Kommunion auf dem Programm, das "Ave verum" zunächst von unserer Solosopranistin gesungen und dann attacca vom Chor- Gänsehaut!
    Gleich werde ich mir die Wiener Aufnahme von Pollini anhören, wohl auch kaum zu anderen Ergebnissen gelangend als bei der Münchener Aufnahme.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das sind wunderschöne Erlebnisse, lieber Willi, um die ich Dich beneide. Meine kratzige Stimme ist leider nicht "Chor tauglich"! Der Grundcharakter der beiden Pollini-Aufnahmen ist derselbe - nur einige Akzente sind anders gesetzt. Genau das aber finde ich immer wieder spannend! Viel Spaß - zum Musikhören komme ich erst wieder in der zweiten Hälfte der Woche! :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Maurizio Pollini, Klavier
    AD: 4. Juni 2002, Wien, live
    Spielzeiten: 9:09-5:46-7:45 -- 22:40 min.;


    Maurizio Pollini beginnt die Appassionata in Wien mit genauso viel Verve wie diejenige in München zeitgleich entstandene, vielleicht noch ein Ideechen rascher, aber das m. E. so wichtige Akzentuieren der Trillertakte, das so eine wichtige akustische Spur des musikalischen Geschehens legt, kommt auch hier mit dem nötigen Nachdruck, das vorübergehende Dolce warm, das Forte/Sforzando in Takt 42 unerbittlich hart, die Trillertakte fahl, der Achtelabstieg kalt und die Sechzehntel im Schlusssatz massiv, der Übergang zur Durchführung in der hohen Oktave zerbrechlich.
    Im ersten Teil der Durchführung, dem zögerlichen, zeigt er aber mit seinen vorbildlich akzentuierten Trillern sogleich den Weg auf, den das musikalische Geschehen weiter nehmen wird, hier zunächst das Thema im Oktavwechsel von den dunkel dräuenden Sechzehnteln flankiert, dann durch eine kurze lyrischen Landschaft des Übergangs, sehr ausdrucksvolle gespielt und mit einer dynamisch sehr bewegten Steigerung/Senkung) beendend, bevor ab Takt 109 das Dolce-Thema durchgeführt wird.
    Auch in dieser Aufführung erreicht es Pollini mit seinen hitzigen Steigerungen zu zeigen, dass das Seitenthema hier nicht die geringste Chance hat und in den Arpeggio-Figuren Takt 123 bis 129 und dem sich anschließenden äußerst sinistren Übergang, herausragend gespielt, untergeht.
    In der Reprise hält Pollini nicht nur den Spannungsbogen, sondern steigert sogar hier und da noch ein wenig, so in den ff-Takten und in dem Abschnitt nach dem neuerlichen Achtelabstieg ab Takt 190. Herausragend auch wieder an dem Ende der Sechzehntelpassage die hohe Oktavgänge mit dem kurzen beseligenden Eintritt des Dolcethemas in diese Sphäre, das dann in den infernalischen Steigerungen und dem Wirbel der Triolen und Arpeggien ebenso schnell wieder untergeht, was er schon durch die geniale Tempozunahme bei der Wiederholung des Dolcethemas andeutet.
    Diese ganze Passage und die Coda sielt er in atemberaubender Virtuosität und den langsam-leisen Schluss äußerst anrührend.


    Auch das Andante con moto ist hier grandios gespielt mit allen dynamischen Feinheiten, die auch in der Münchener Aufnahme zu bewundern waren. Auch dieses Andante ist geringfügig schneller als das Münchener, aber keineswegs weniger intensiv und ebenfalls von großer musikalischer Tiefe.


    Das Finale ist von gleich hoher Intensität, dynamischer Kraft und struktureller Klarheit, temporal ebenfalls etwa auf einer Linie mit dem Münchener.
    Auch hier ist der dynamisch wellenförmige Fortgang zu verspüren, der hohe Fortissimo-Anteil: z. B. ist der Abschnitt Takt 164 bis 182 im ersten, durchführungsartigen Abschnitt von "la seconda parte" durchgehend im Fortissimo notiert und der Kontrast nach der Generalpause in Takt 183 natürlich bemerkenswert, die Gestaltung der "Atempause" (Takt 184 bis 210) auch gekennzeichnet von jener Pollini oft nachgesagten "Clarté", die Ausführung der hohen Oktave ab Takt 260 ganz großartig und die Steigerung am Ende von "la seconda parte", den Pollini auch in Wien selbstverständlich wiederholt, mitreißend.
    Die Presto-Coda bildet einen atemberaubenden würdigen Abschluss dieses herausragenden Konzertes.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:


    P.S. In meiner ersten Pollini-Rezension ist mir ein Rechenfehler unterluafen: die Gesamtzeit ist natürlich 23:11 min.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Leider ohne Cover!


    Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Peter Rösel, Klavier
    AD: 1982
    Spielzeiten: 10:13-5:41-8:05 -- 23:59 min.;


    Peter Rösel spielt im Kopfsatz auch ein bedächtiges Tempo, etwa wie Murray Perahia. Die Trillertakte in Takt 9 und 11 akzentuiert er merklich, und im Forte-Akkord am Ende von Takt 15 hätte er noch etwas zulegen können. Die Fortissimotakte kommen dann aber doch kräftig. In der Überleitung zum Seitenthema ab Takt 27 mit den einsetzenden Unisono-Achteln scheint er nicht nur leiser zu werden, sondern auch geringfügig zu retardieren, was mich nicht wirklich stört, ich aber bisher noch nicht meine gehört zu haben.
    Das Dolcethema klingt dunkel und erst auch warm, aber der Takt 42, der das Dolce beendet, klingt bei ihm nicht zornig und kraftvoll, sondern traurig und weniger kraftvoll, eine etwas andere Lesart, die gut zu den folgenden Takten passt, wobei dann die Triller fahl werden und die Achtel eisig.
    Der Schlusssatz klingt kraftvoll und er spielt ihn mit wiederum höherem Tempo, und der Übergang in der hohen Oktave klingt sehr beeindruckend.
    Der erste, zögerliche Teil der Durchführung ist wiederum temporal bedachtsam mit genügend hervorgehobenen Trillern. Der zweite Teil mit den Oktavwechseln des Themas ist wieder durchweg im Forte gehalten. Im lyrischen Zwischenstück ab Takt 93 fehlt mir ein wenig die dynamische Bewegung durch zu wenig hervorgehobenen sfp-Akkorde in Takt 96 und 100, und auch das von Anderen so prachtvoll entwickelte Crescendo Takt 105 bis 108 vermisse ich.
    Als wenn er sein Pulver schon verschossen hätte, so klingt auch der dritte Teil der Durchführung. Die Crescendi ab Takt 112 und 116 sind kaum zu vernehmen, sie machen doch mit dem ab Takt 117 folgenden Forte den dramatischen Sturm in der Durchführung aus, bei Rösel ist es gerade mal ein laues Lüftchen. Auch der düsteren Überleitung fehlt es schlichtweg an (Überzeugungs-)Kraft.
    In der Reprise, speziell im Crescendo ab Takt 149 und den nachfolgenden ff-Takten scheint er dann Kraft zurückgewonnen zu haben. Nach dem neuerlichen Übergang zum Dolcethema, das ja eigentlich nur bis Takt 177 normal laufen dürfte, vermisse ich wieder ab Takt 178 das Crescendo, so als ob er das warme Dolcethema verlängern wollte. So entfällt natürlich auch der wichtige Kontrast in Takt 180 mit dem Piano auf der Eins, weil ich mit einem Piano kein Piano kontrastieren kann.
    Auch der neuerliche Sechzehntelsturm ab Takt 190 könnte kräftiger blasen.
    Auch in der ansonsten schön gespielten hohen Oktave, in der auch das Dolce-Thema auftaucht, scheint es, als ob er ihm keine Gewalt antun will, indem er das Crescendo in Takt 213 und das Forte und Sforzando in Takt 214 einfach unterdrückt. Erst im Laufe von Takt 215 beginnt er zu crescendieren, auch von einem sempre fortissimo ab Takt 220 in den ansonsten wild wirbelnden oder stampfenden (je nach Interpretation) Triolen und Arpeggien ist hier nichts zu verspüren, bestenfalls von einem Forte, aber damit ist die Wirkung dieser herrlichen Stelle, die nur virtuos, aber nicht hochdynamisch klingt, hinfällig.
    Die Coda geht noch einigermaßen, auch hier fehlt mir die Steigerung auf den Fortissimotakt 256 hin- das ist keine glühenden Wüstenhitze, sondern Frühlingswärme an den Meißendorfer Seen. Das Schönste am Presto ist der wirklich betörend gespielte "Morendo"-Schluss- ein wahrer Kontrast!!


    Auch im Andante con moto fehlt es mir sowohl im ersten Teil des Themas an jeglicher dynamischen Akzentuierung (Takt 5, sfp), als auch im zweiten Teil, Takt 10, 12 desgleichen und Takt 13 und 14 an ausreichender Dynamisierung. noch ohrenfälliger ist das im zweiten Teil der ersten Variation, Takt 26 bis 30. Da ist er meilenweit von einem Forte entfernt. In der zweiten Variation ist es nicht besser. Wenn überhaupt, dann ist von den fünf dynamisch prägnanten Takten in Takt 45/46 eine geringfügige dynamische Bewegung zu vernehmen.
    In der dritten Variation ist zwar der gesamtdynamische Pegel höher, etwa hier bei mp, aber die zahlreichen Sforzandi sind allesamt kraftlos und die Forti genauso kraftlos, d. h. zwei Takte sind zufriedenstellend, 93 und 94. Aber das ist mir zu wenig.


    Im Finale scheint Peter Rösel endlich bemerkt zu haben, dass er sich in der Appassionata befindet. In "la prima parte" gibt es nichts auszusetzen, jedenfalls nach meinem Dafürhalten. Auch die große Steigerung mit den sechs oktavierten Unisonotakten hat die nötige Power.
    Auch im ersten Teil von "la seconda parte", dem durchführenden, kann man im Großen und Ganzen zufrieden sein, im langen Fortissimo-Abschnitt ab Takt 164 bis 182, hätte ich mir noch den letzten Kick gewünscht.
    Dafür ist er im sempre pp wieder in seinem Element, aber das sind leider nur 20 Takte. Im Reprisenteil wird es dann wieder besser. Einer sehr schön gespielten hohen Oktave ab Takt 260 folgt eine knackige Forte/Fortissimo-Steigerung zum Ende der seconda parte ab Takt 288. Peter Rösel wiederholt auch la seconda parte. In der Wiederholung ist auch ein Ansteigen des dynamischen Grundpegels festzustellen.
    Die Presto-Coda ist sicherlich der Gelungenste aller Satzteile.
    Diese Interpretation besteht m. E. aus wesentlich mehr Schatten als Licht.


    Liebe Grüße


    Willi :(


    P.S. Ich stelle wieder fest, dass ich über aufnahmen, die mir nicht so gefallen, genau so viel schreibe wie über Aufnahmen, die mir sehr gut gefallen.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Arthur Rubinstein, Klavier
    AD: Dezember 1954
    Spielzeiten: 8:57-6:43-7:22 -- 23:01 min.;


    Arthur Rubinstein, der zum Zeitpunkt dieser Aufnahme 67 Jahre alt ist, spielt gegenüber dem zum Zeitpunkt der Aufnahme, die ich heute schon vorgestellt habe, 30 Jahre jüngeren Peter Rösel, diese erste auf CD dokumentierte Appassionata aus der Webster Hall in New York mit einer Verve, einer Explosivität in den drei Fortissimotakten, einem staccatoähnlichen Vorwärtsstürmen der Achtelbegleitung ab Takt 24, die einem schier den Atem raubt. Hier weiß jeder sofort, wo es lang geht. Und dass wir uns nicht falsch verstehen, diese knapp 9 Minuten für den Kopfsatz sind durchaus im Sinne des Erfinders. Es handelt sich hier um ein Allegro assai (sehr schnell).
    Sehr kontrastreich spielt Rubinstein das Dolce-Thema, mit einem betont warmen Ton, um gleich darauf diese kurze Episode mit einem gleißenden Trillern und Achtelabwärtsgang wieder heftigst zu beantworten.
    Und Rubinsteins Procedere im Schlusssatz ab Takt 51 mit den kräftig voranstürmenden Forte- und fortissimo-Achteln lässt auch keine Fragen offen. Auch sein Übergang zur Durchführung ist ungeheuerlich, desgleichen dessen erster, zögerlicher Teil, den Rubinstein sogleich mit kräftig betonten Trillern in die richtige Richtung lenkt.
    Der zweite Teil mit den Oktavwechseln des Themas nimmt den Faden vom Schlusssatz der Exposition wieder auf, das musikalische Geschehen bis zum Eintritt des lyrischen Zwischenspiels kontinuierlich steigernd. Dieses bringt in dem Tempo natürlich auch keine Entspannung, was ja auch vermutlich nicht Rubinsteins Absicht ist, sondern lediglich eine kleine Stimmungsaufhellung, denn nur wenige Augenblicke später geht das Dolce-Thema in den wilden dynamischen Aufschwüngen des dritten Durchführungsteils hilflos unter, und Rubinstein lässt den virtuosen Fortissimo-Sechzehnteln eine erbarmungslos düstere, ja geradezu eruptive Überleitung zur Reprise folgen, ohne die Basslinie der unnachgiebig pochenden Achtel zu unterbrechen, sondern er schiebt sie sogar noch etwas in den Vordergrund.
    In der Reprise steigert Rubinstein sogar noch den bisher schon beinahe unglaublichen dramatischen Impetus, auch durch die hämmernden Fortissimotakte und die anschließend wieder tackernden Achtel, denen diesmal in dem neuerlichen Dolcethema tatsächlich ein kurzes Durchatmen, ein kleines "Herunterkommen" folgt, bevor das Crescendo und der Takt 181 (42), die Triller und die herabeilenden Achtel alles wieder auf die alte Spur bringen.
    Die Sechzehntel lässt er wieder wühlen und stürmen, dabei die dynamischen Spielräume wieder voll nutzend, aber unversehens in der hohen Oktave einen großen ausdrucksmäßigen Kontrast öffnend, wie ein großes Tor zu einer anderen Dimension, was durchaus eine zulässige Vorstellung sein dürfte, denn diese Musik ist nicht nur von größtmöglicher Vorstellungskraft des Komponisten geprägt, sondern eröffnet im Umkehrschluss auch dem Hörer diese Vorstellungskraft.
    So geht also das Dolcethema mit fliegenden Fahnen unter und Rubinstein entfesselt einen furiosen Triolen- und Arpeggienwirbel, gefolgt von einem großartigen Ritartando-Diminuendo.
    Mit einer unglaublichen Coda, die schon als Finalcoda vielen anderen Pianisten zur Ehre gereichen würden und die am Ende in dem "Morendo" einen ebenso unglaublichen Kontrast offenbart, beendet Arthur Rubinstein diesen grandiosen Satz. Als er dies Aufnahm war ich gerade 8 1/2 Jahre alt.


    Rubinsteins Andante con moto ist auf andere Weise grandios als viele, die ich hier schon besprochen habe. Er gestaltet den ganzen Satz von einer Grunddynamik im Pianissimo aus, und so liegt, er in der dritten Variation in den Spitzen natürlich maximal zwischen Forte und Fortissimo. In der zweiten Hälfte des Themas und in der zweiten Hälfte der zweiten Variation steigert er linear, nicht wellenförmig, das ergibt, zusammen mit der dritten Variation und dem Themaschluss ein überzeugendes Konzept, und natürlich wollte er ein Bollwerk schaffen zwischen den beiden Ecksätzen, das nicht zermalmt werden kann, und ich finde, das ist ihm mit seiner überragenden Musikalität und Ausdruckskraft voll gelungen. ich bin gespannt, ob er in seinen drei weiteren Einspielungen auch diesen Weg verfolgt.


    Das Finale ist natürlich der Satz, der immer mit Rubinstein (und Richter) verknüpft sein wird- ein Finale furioso, aber, wie ich finde, nicht unkontrolliert, sondern auf höchstem Niveau alle dynamischen, temporalen und rhythmischen Rückungen berücksichtigend.
    Das Wunderbare beim Hören einer Rubinstein-Aufnahme ist ja, dass man nicht befürchten muss: Was macht er denn jetzt schon wieder?, sondern dass man sich fallen lassen und genießen kann, weil man weiß, dass er es schon richten wird.
    Und wenn man sich Rubinsteins dynamische Verlaufskurve dieses Finalsatzes betrachtet (anhört), wie alles folgerichtig aufeinander folgt und ineinander greift, wie er nach unten (pp/ppp) und nach oben (ff/fff) die dynamischen Grenzen linear oder wellenförmig sich verändern lässt,, dann weiß man, dass er diesen Satz absolut beherrscht (was er auch in gewisser Weise noch bei seinem letzten Konzert der Appassionata 1975 in Pasadena in Kalifornien noch tut. Als ein Beispiel für seine werkgetreue Interpretation mag die Fortissimo-Sequenz Takt 164 bis 182 gelten, gefolgt von einer nach der Generalpause Takt 183 einsetzenden atemberaubenden piano-diminuendo-sempre pianissimo- Senkung gelten.
    Grandios ist auch die Passage in der hohen Oktave ab Takt 260, die dann dynamisch sehr bewegt zum Ende von "la seconda parte" führt, die Rubinstein in seinen ersten drei Aufnahmen auch wiederholt. Wenn er das 1975 in Pasadena mit 88 Jahren nicht mehr macht, habe ich da vollstes Verständnis. Noch eines ist mir, jetzt auch bei der Wiederholung von "la seconda parte" aufgefallen: Kaum einer führt Melodie und Begleitung (sprich rechte und linke Hand) in den vierfachen Oktavverschiebungen Takt 168 bis 176 so vollendet parallel wie Rubinstein.
    Die Presto-Coda ist natürlich auch grandios, zwar ist das Finale nicht ganz so schnell wie bei Richter, Berman und Gilels (1961) aber mindestens so eindrucksvoll und von der ersten bis zur letzten Note kontrolliert.


    Eine der größten Aufnahmen, die ich bis jetzt erleben durfte!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ist das ein Konzertmitschnitt, lieber Willi? Das scheint dann ja glücklicherweise ein Dokument von Rubinsteins "Raserei" zu sein, von der Joachim Kaiser so bewundernd spricht. :)


    Herzlich grüßend
    Holger

  • So, wie ich das sehe, lieber Holger, gibt es nur zwei Live-Aufnahmen der Appassionata mit Rubinstein, die von 1963 in Nijmegen und die von 1975 in Pasdena (Recital for Israel). Aber die Aufnahme 1954 in der New Yorker Webster Hall ist m. E. so gut wie live.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Was die Qualität eines der großen deutschen Beethovens-Spielers der alten Schule ausmacht, erfährt man beglückend bei Wilhelm Backhaus (Decca 1959). So klar, so organisch schlüssig, mit kräftiger Hand gespielt, mit Energie und Biss, dazu noch unglaublich tonschön – souveräner kann man die „Appassionata“ kaum spielen. Auch bei Backhaus hört man die „andere Seite“ der Appassionata, von der Joachim Kaiser spricht – Klassizität als Charakterfestigkeit und kontrollierte Beherrschung der Kraft- und Energieausbrüche. Dabei unterschlägt Backhaus die Leidenschaftlichkeit keineswegs – zu Beginn der Durchführung vertrocknet das Piano-Pflänzchen des Seitenthemas im hitzigen Forte – es kommt nicht zum Atmen. Das Andante con moto erklingt wirklich con moto – gesanglich schön ist das, mit Beethovenschem „Willen“, einem trotzigen Unterton und ungemein treffsicher in der Phrasierung gespielt. Das Finale lebt von der äußerst präzise ausgestalteten Rhythmik. Was Backhaus hier vorführt, ist kräftiges und klares Klavierspiel, klaviertechnisch immer souverän, ohne jede Ungenauigkeit, was sich auch in der vorzüglich gespielten Presto-Coda zeigt. Dazu kommt eine fabelhafte Aufnahmetechnik. Man glaubt kaum, dass das Aufnahmedatum 1959 ist!



    Friedrich Gulda muss man zugute halten, dass er Beethoven von jeder Art von Spießigkeit befreit. Das Aufrührerische und Unangepasste trifft er durch das forsche Tempo. Darüber kann man freilich geteilter Meinung sein. Nicht nur wirkt die Eröffnung ein wenig gehetzt, der Introduktionscharakter geht in Guldas Presto einfach unter. Der Preis für das Risiko einer solchen Presto-Raserei sind nicht nur Unsauberkeiten, die sich mangels manueller Beherrschbarkeit manchmal einschleichen, sondern auch eine Tendenz zum „Mechanischen“, welche so manchmal den Ausdruck zu tilgen droht. Die Souveränität der Gestaltung, Guldas Sinn für klassische Proportionen, kann man jedoch nur bewundern. Manchmal erscheint dieser Zugriff etwas zu stromlinienförmig und klangästhetisch mischen sich auch schon mal etwas unschön harte Töne ein. Aber das gehört einfach zu diesem Gesamtkonzept, auf Ästhetik keine Rücksicht zu nehmen. Im Andante con moto beweist Gulda seine Treffsicherheit auch was das dolce angeht. Schlicht und sachlich ist das – von neusachlicher Nüchternheit getragen, die auf das Wesentliche zielt. Das Finale neigt sich einmal mehr dem Presto zu – die Rhythmik hat ein grimmig-finsteres Gesicht. Der Preis für das geschwinde Tempo ist allerdings, dass sich die Presto-Coda nicht so recht vom Vorherigen abhebt – weil Gulda schon von Anfang an das Rad bis zum Äußersten beschleunigt, ist dann eine weitere Steigerung der Geschwindigkeit nicht mehr möglich. Ein typischer Gulda-Beethoven, an dem man sich reiben kann, den man aber auch ungern missen möchte.



    Bei Alfredo Perl zeigt sich, wie schwer es doch ist, die überragende Qualität eines Wilhelm Backhaus zu erreichen. Er macht im Grunde alles richtig – und doch wieder nicht. Pianistisch ist das freilich außergewöhnlich. Da wird nicht nur die Dynamik voll ausgereizt, die Kontraste ff – p, sondern auch ungemein klangschön und kultiviert gespielt. Nur klebt Perl einfach zu sehr am Notentext. Man vermisst den dramatischen „Zug“, die forttreibende Bewegung. Bezeichnend die Pianissimo-Passage Takt 65 ff. Das spielt Perl zweifelsohne zauberhaft – wirklich Pianissimo. Aber diese Passage steht völlig isoliert da, sie „antwortet“ nicht auf das Vorherige. Perl führt sozusagen die Sukzession der Themen vor und ihre kontrastierenden Charaktere, jedes für sich eindrucksvoll und mit größter Sorgfalt gestaltet. Nur aus dieser Sukzession wird kein dramatisches Kontinuum. Das alles ist entsprechend mit großer Bewegtheit gespielt, aber doch nicht wirklich leidenschaftlich. Das Andante con moto gefällt – die Musik fließt mit einer tänzerischen Note. Damit bleibt es aber auch ein ziemlich harmloses Intermezzo. Das Allegro ma non troppo hat wiederum Bewegung, doch fehlt diesem immer kontrolliert-moderaten Spiel einfach der aufrührerische Stachel. Das ist Beethoven-Spiel auf höchstem Niveau – was aber leider den beunruhigenden „Geist“ dieser Sonate dann doch nicht zu wecken vermag.



    Bei Rudolf Buchbinder fehlt mir wiederum die Geschlossenheit und auch stupende Klarheit und Genauigkeit eines Wilhelm Backhaus. Gleich zu Beginn zeigt sich, dass Präzision nicht die Sache Buchbinders ist. Da wird nicht genau gezählt, sehr „frei“ artikuliert. Zudem neigt er immer wieder zu der Virtuosenmarotte, Figuren im hohen Tempo zu verschleifen. Buchbinder spielt den ersten Satz mit robustem Krafteinsatz. Zu Alfred Perls Differenzierungskunst ist das wahrlich ein Kontrast – in der Malersprache ausgedrückt: Wo Perl mit dem feinen Marderpinsel arbeitet, nimmt Buchbinder den groben Spachtel. Die große leidenschaftliche Erschütterung, welche die Beine schlottern lässt vermittelt Buchbinders rustikale Robustheit nicht. Bezeichnend dafür die sehr bäuerlich-aufdringlich heruntergeklopften Tonrepititionen. Dem Andante fehlt im gemächlichen Tempo vorgetragen jegliche Ausstrahlung – dass ist einfach zu undifferenziert und indifferent im Ausdruck. Das Finale ist lärmend laut und rhythmisch – zeigt wiederum die Manier des Verschleifens von Figuren. Fazit: Das ist Beethovens „Appassionata“ als die Welt eines gesunden Kraft- und Naturburschen ohne Angst und Bange, deftig derb und ohne jeden metaphysischen Zweifel.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    schönen Dank für diese aufschlussreichen Rezensionen. Backhaus steht mir ja noch bevor. Zunächst musste ich jedoch ein großes Ärgernis verkarften und hernach beseitigen. Ich hatte in zweistündiger Arbeit die zweite Rubinstein-Aufnahme aus dem Januar 1963 fertigestellt, habe sie dann aber leider unter dem Dateinamen der ersten aus 1954 abgespeichert.
    Und dann wollte ich es wissen, habe mich mit der Partitur hingesetzt und die Rezension aus dem Gedächtnis noch einmal hingeschrieben. Nun bin ich mal gespannt, wie sich die Live-Aufnahme Rubinsteins vom April 1963 aus Nijmegen macht. Dabei bin ich am Anfang etwas über das genaue Datum, 20. April 1963 gestolpert.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S. Eins ist mir im Nachhinein noch aufgefallen, lieber Holger, wieso "Vier Deutsche" ?

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Sonate Nr. 23 f-moll op. 57 "Appassionata"
    Arthur Rubinstein, Klavier
    AD: 25. und 30. Januar 1963
    Spielzeiten: 9:21-6:29-7:55 -- 23:45 min.;


    Arthur Rubinstein spielt den Kopfsatz in dieser Aufnahme etwas langsamer als 1954. Auffällig ist auch, dass er die Trillertakte nur ganz moderat akzentuiert. allerdings langt er in den drei Fortissimotakten 17, 20 und 22 voll zu. Die sfp-Akkorde in Takt 26 und 30 hätte ich mir auch etwas kräftiger gewünscht.
    Das Dolcethema spielt er wieder wunderbar, desgleichen den Takt 42 und die Trillertakte. In den absteigenden Achteln fällt mir jedoch auf, dass er im letzten Takt (50) crescendiert, so dass zu Beginn des Schlusssatzes in Takt 51 kein Kontrast erkennbar ist, da er vorher schon das Forte erreicht hat. Den restlichen Schlusssatz spielt er aber dynamisch hochstehend zu Ende, und im ersten Teil der Durchführung ist er mit der richtigen Akzentuierung der Trillertakte wieder bei seiner Aufnahme von 1954. Auch der zweite Teil mit den Oktavenwechseln des Themas ist wieder auf hohem Niveau. Vor allem in den Schlusstakten vor dem lyrischen Zwischenspielt erzeugt er wieder genügend dramatischen Impetus.
    Dieses lyrische Zwischenspiel wirkt in der Tat ganz anders, viel tiefschürfender, wenn es etwas langsamer gespielt wird. Insofern hat er wohl seine Absicht, die ich in der Aufnahme von 1954 hinter dem höheren Tempo vermutet hatte, geändert. Er ist ja auch in der Zwischenzeit älter (und weiser) geworden. Wie schon in der früheren Aufnahme, betont er auch am Ende des lyrischen Abschnitts das Crescendo durchaus und kommt diesmal korrekt beim Forte in Takt 108 aus. Die weitere Steigerung zur Überleitung ist kraftvoll, ebenso wie die Überleitung selber, obwohl ihr zur infernalischen Kraft von 1954 doch etwas fehlt.
    In de Reprise legt er wiederum dynamisch etwas zu, und nach dem Übergang zum Dolcethema fällt im Achtelabwärtsgang wieder dieses vorzeitige Crescendo auf. Was er sich dabei wohl gedacht haben mag?
    Hier aber setzt er im Forte (Takt 190) insgesamt etwas kraftvoller ein und gestaltet diesen ganzen Abschnitt dynamisch sehr hochstehend, wobei der Schluss mit der Hinwendung zum Dolcethema in der hohen Oktave wiederum herausragend gerät. Dieses Dolcethema ist aber genauso schnell wieder von den Steigerungen und dem Triolen- und Arpeggienwirbel hinweggerafft, den er wiederum hervorragend gestaltet.
    Nach einem höchst kontrastreichen Ritartando-Diminuendo schließt er den Satz mit einer hochvirtuosen Coda ab, die in einem grandiosen "Morendo" mündet.


    Das Andante con moto ist ganz anders als neun Jahre zuvor. Sein Ton ist heller, der dynamische Grundpegel nun bei einem ordentlichen Piano und wunderbar klar und transparent. Bei einem solchen Andante blüht das Herz auf. Auch die dynamische Akzentuierung in der zweiten Hälfte des Themas und in der zweiten Hälfte der ersten Variation könnte besser nicht sein. Das ist in Takt 29 das Forte durchaus erreicht, und bei alledem wird klar, das Lyrik und Dynamik hier durchaus eine heilige Allianz eingehen können und es auch tun.
    Die zweite Variation wirft mich vollends aus der Bahn- diese reine Himmelsmusik, die man so nur ganz selten dargeboten bekommt. Nur mit dem tiefen musikalischen Gefühl, über das Arthur Rubinstein in überreichem Maße verfügt, kann man solche musikalischen Wunder erschaffen.
    Auch die dritte Variation ist äußerst ungewöhnlich. Er spielt sie natürlich von Anfang an dynamisch höher stehend als die beiden ersten, aber mit einem klaren Zielpunkt auf das Fortissimo in Takt 79, den er über 30 Takte ansteuert und punktgenau erreicht. Und er rundet das Ganze mit einem wunderbaren Thema ab, in dem er die vorher aufgebaute kinetische Energie dieser herrlich dritten Variation wieder auslaufen lässt.


    Im Finale ist er auch etwas langsamer als 1954, aber dynamisch durchaus dabei, bei alledem aber jederzeit in seinem Spiel kontrolliert. Die wellenförmigen dynamischen Verläufe kommen auch in dieser Aufnahme gut zur Geltung. Er steigert am Ende von "la prima parte" (der Exposition) die Sechzehntelhatz wunderbar auf, bevor es diminuendo in "la seconda parte" geht. Auch hier setzt er organisch zu den großen Steigerungen an, vor allem zu den großartigen vierfachen Oktavverschiebungen der Unisono-Oktaven. Großartig auch seine "Atempause", bevor es im Reprisenteil weiter geht. Hier schiebt er die dynamische Bewegung noch einmal etwas höher, zum Ende von "la seconda parte" hin, die er natürlich hier auch wiederholt.
    Er schließt diese Aufnahme mit einer großartigen Presto-Coda ab, die aber trotz allem Ungestüms jederzeit unter Kontrolle ist.
    Diese Aufnahme ist vielleicht nicht so spontan wie die 1954er, und einige Irritationen traten auch im Kopfsatz auf, aber hätte er das Andante con moto 1954 schon so gespielt wie in dieser Aufnahme, so wüsste ich nicht, wer ihn vom ersten Platz noch jemals hätte verdrängen können.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • schönen Dank für diese aufschlussreichen Rezensionen. Backhaus steht mir ja noch bevor. Zunächst musste ich jedoch ein großes Ärgernis verkarften und hernach beseitigen. Ich hatte in zweistündiger Arbeit die zweite Rubinstein-Aufnahme aus dem Januar 1963 fertigestellt, habe sie dann aber leider unter dem Dateinamen der ersten aus 1954 abgespeichert.
    Und dann wollte ich es wissen, habe mich mit der Partitur hingesetzt und die Rezension aus dem Gedächtnis noch einmal hingeschrieben. Nun bin ich mal gespannt, wie sich die Live-Aufnahme Rubinsteins vom April 1963 aus Nijmegen macht. Dabei bin ich am Anfang etwas über das genaue Datum, 20. April 1963 gestolpert.


    Das ist eine Horrorvision, lieber Willi! Ich mache immer zwei Sicherheitskopien zusätzlich. Aber wie man sieht funktioniert Dein Gedächtnis lebendiger als bei so manchem Jungspund! :D Ich habe die Idee, mir morgen die zwei Asiaten vorzunehmen.


    Gesehen habe ich übrigens noch diese Aufnahme der Appassionata hier:



    Bulva mußte seine Karriere vor Jahren beenden wegen eines Unfalls: Er zerschnitt sich mit Glas die Hand. Dann ging er in die Wirtschaft, wurde dort sehr erfolgreich und schrieb ein Buch. Jetzt konzertiert er wieder und hat diese CD aufgenommen. Von der bewegenden Lebensgeschichte her wäre das beachtenswert, finde ich. Von der musikalischen Seite her bin etwas skeptisch. Da ist auch die Chopin Sonate mit dem Trauermarsch drauf. Ich habe die alte Aufnahme der Chopin-Sonate vor seinem Unfall schon rezensiert. Sie ist leider das absolute Schlußlicht des Feldes. Einfach unfaßbar schlecht! Deswegen zögere ich. Aber vielleicht kann jemand diese Aufnahme downloaden, das ist am günstigsten.


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Ich habe das mit Josef Bulva auch gelsen, lieber Holger. ich glaube, dass man ihm zu kurz täte, wenn man eine solche Aufnahme, die nach einer solchen katastrophe entstanden sit, mit denjenigen der Pianisten vergliche, die ihr Leben lang über ihre volle körperliche und geistige Kraft verfügen und konzertieren.


    Liebe Grüße


    Willi


    P.S. Vielleicht ist das von der Produktion nur Sensationsheischerei.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose