Schlechte Tonqualität ist besser?

  • Hallo Theophilus
    das ist ziemlich überzeugend formuliert und ich gebe mich geschlagen :D
    Man hat damals einfach sehr, sehr sorgfältig gearbeitet, das macht den größten Unterschied zu einer zwar mit besserem Equipment aber leider schlampiger produzierten Aufnahme neueren Datums aus.
    Es war durchaus ein Vorteil, keine Mehrspuraufnahmen machen zu können und sich auf das mindeste beschränken zu müsse.


    Zitat

    Die ersten Stereoaufnahmen 1957


    Hallo Wolfgang,
    Stereoaufnahmen gibt es sogar aus noch früherer Zeit.
    RCA hat seine erste Stereo-Aufnahme 1954 erstellt und ja, die klingt verdammt gut!
    Ich besitze noch eine Bruckner 8. mit dem allseits beliebten HvK :D vom September 1944 in Stereo.
    Das war damals schon so gut, daß man es kaum für möglich hällt.
    Noch frühere Stereo- Aufnahmen habe ich mit Stokowski-von 1932....
    Damals wurde auf Draht aufgenommen und diese Aufnahmen klingen dann doch ziemlich historisch-obwohl toll für die Zeit.


    Zitat

    Offenbar sind fast alle hier bei TAMINO nur eingefleischte Stereo-Fans


    Was mich angeht, so muß ich Dir da leider recht geben.


    LG,


    Michael

  • Zitat

    Original von teleton
    Die späte Zeitangabe von honigschlecker 1975 bis Ende der 70er als ausgereift zu bezeichnen ist mir auch ein wenig zu hoch geriffen, denn massig klanglich ausgereifte Aufnahmen kennen wir schon aus den 60er-Jahren.


    Ja, das stimmt schon, und ich war mir auch der Tatsache bewusst, dass es auch vorher schon gute Aufnahmen gab, aber eben doch nur relativ wenige. Also ich denke mal, ab Mitte der 70er war die Analogtechnik halt Standard genug (oder wie auch immer man das nennen mag), dass damit ziemlich regelmäßig gute Ergebnisse erzielt wurden.

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    Hallo Theophilus
    das ist ziemlich überzeugend formuliert und ich gebe mich geschlagen :D
    Man hat damals einfach sehr, sehr sorgfältig gearbeitet, das macht den größten Unterschied zu einer zwar mit besserem Equipment aber leider schlampiger produzierten Aufnahme neueren Datums aus.


    Schließe mich an, Theophilus hat recht. Allerdings zeigt das auch, daß der menschliche Faktor bei einer Aufnahme wesentlich mehr Bedeutung hat als viele "Stereofetischisten" wahrhaben wollen. ;)


    Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Ich besitze noch eine Bruckner 8. mit dem allseits beliebten HvK :D vom September 1944 in Stereo.


    Ich habe ein Beethoven-Klavierkonzert vom Herbst 1944 mit Gieseking in Sterero. Offenbar gab es da noch mehr Experimente bei der RRG.



    Zitat

    Offenbar sind fast alle hier bei TAMINO nur eingefleischte Stereo-Fans


    Was mich angeht, ich bleibe bei Mono. Man muß ja nicht jede technische Mode mitmachen... :D

  • Hallo Robert,


    Zitat

    Ich habe ein Beethoven-Klavierkonzert vom Herbst 1944 mit Gieseking in Sterero. Offenbar gab es da noch mehr Experimente bei der RRG


    Ich besitze diese Aufnahme auch.
    Ist sie nicht ganz hervorragend?
    Schlechter in der Tonqualität als der Bruckner zwar, da hat wohl das Bandmaterial im Laufe der Jahre gelitten, aber die FLAK im ersten Satz, die man vor allem in der Kadenz deutlichst hören kann, finde ich sensationell.


    Und irgendwie paßt das zum Stück, beim Tutti nach der Kadenz spielen dann alle um ihr Leben..........


    Ein tolles Zeitdokument.
    Es gab noch einige Experimente mit Stereo bei der RRG, aber auch hervorragende Monos, die mit Tonband aufgenommen wurden, was ja auch ziemlich neu war.
    Da kenne ich z.B ein elektrisierendes Pfitzner-Konzert, auch mit Gieseking, aus Hamburg von 1943.


    Gruß,
    Michael

  • Ich nehem hier auf ein paar Beiträge weiter oben, wo die siebziger Jahre als das Non-Plus Ultra der analogen Stere-Tontechnik gepriesen wurden.


    Persönlich kann ich mich dieser Meinung NICHT anschließen.


    War Stereo und HIFI-Klang (wie immer man das definiert) in den späten 50ern, biss zur Mitte der sechziger Jahre noch eine Herausforderung für jeden Tontechniker und jedes Plattenlabel, so war das in der Mitte der siebziger schon zur Routine geworden - mit allen positiven und negativen Nebeneffekten. Es gab zwar kaum noch Ausrutscher nuch "unten" aber auch tontechnische Meisterleistungen waren zu dieser Zeit weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Übergroße Räumlichkeit und Rechts- und Links - Effekte galten plötzlich als "aufdringlich" und es wurde ein Klangbrei geliefert, welcher die Ortbarkeit von Einslstimmen- und -Instrumenten kaum möglich machte, bzw es elegant zudeckte, wenn der Wiedergabeschalter versehntlich auf "mono" gestellt war.......
    Zudem hatten einige Studio-Tonbandmaschinen offensichtlich den Zenith bereits überschritten, soll sagen die Höhenwiedergabe war unsauberer (weicher) weil die Tonköpfe teilweise schon angeschliffen waren - oder ncht optimal gesäubert oder oder oder....


    Jene Einstellung "Wir nehmen ein Klangereignis für die Ewigkeit auf" war verloren gegangen - ein Trend der sich bis heut fortsetzt.


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Wie schon gesagt,in den 50er und 60er Jahren wurde m.e. sorgfältiger gearbeitet.
    Damals wurde alles genau kontrolliert bis hin zum exakten Sitz des Mittellochs bei der LP.
    Es gab da ein tolles Buch, welches leider nicht mehr aufgelegt wird.
    Und zwar die Memoiren des verstorbenen "Star"-Produzenten der EMI, Suvi Raji Grubb mit dem Titel:
    "Kann der Partitur lesen- fragte Otto Klemperer"


    In diesem wertvollen, sehr anschaulich geschriebenen Buch beschreibt Grubb genauest den Aufwand und die Art der Produktion bei der englischen EMI in den 60er und 70er Jahren.
    Interessant ist zum Beispiel seine Abneigung von Mehrspuraufnahmen, diese waren für ihn nur der letzte Notanker.


    Ich kann nur jedem empfehlen, bei Interesse für dieses Thema zu versuchen, dieses schöne Buch antiquarisch zu ergattern.


    Daß die Technik immer besser wurde, steht ja außer Frage, aber was mit den jeweiligen Voraussetzungen erreicht wurde, ist ein ganz anderes Thema.


    Immer, wenn etwas neues kam, wurde erst einmal versucht, ein Optimum zu erreichen.
    Grubb beschreibt z.B. sehr ausführlich, mit welch irrem Aufwand die erste Digitalaufnahme der EMI (Debussy-Nocturnes unter Previn)hergestellt wurde.
    Es war z.B. ein digitaler Schnitt, wie wir ihn heute kennen, noch nicht möglich, und so gibt es auf dieser Schallplatte überhaupt keinen Schnitt!


    Entsprechend konzentriert wurde musiziert.
    Überhaupt finde ich die alleresten Schallplattenausgaben digitaler Aufnahmen aus den Jahren 1978-1980 überwiegend sensationell.
    Wohlgemerkt: die Schallplatten.....


    Als da wären EMI: Debussy-Previn
    CBS: Schostakowitsch-Bernstein
    Vanguard:Repighi-Comissiona
    Chalfont:Korngold-Gerhardt
    Varese Sarabande:Morton Gould


    Diese Aufnahmen gehören zu den allerersten Digital-Aufnahmen.
    Und obwohl sich die digitale Aufzeichnung seit damals dramatisch verbessert hat, empfinde ich alle diese o.g. Veröffentlichungen als nach wie vor atemberaubend.
    Allerdings nur in ihren damaligen Orginalschallplattenausgaben.
    Diese besitzen eine Dynamik, die nicht oft wieder erreicht wurde.
    Davon abgesehen, daß auch die Pressungen saugut waren.


    Die späteren CD-Veröffentlichungen dieser Aufnahmen sind alle irgendwie bearbeitet worden, das hat ihnen nicht gut getan.


    LG,
    Michael

  • Zitat

    War Stereo und HIFI-Klang (wie immer man das definiert) in den späten 50ern, biss zur Mitte der sechziger Jahre noch eine Herausforderung für jeden Tontechniker und jedes Plattenlabel, so war das in der Mitte der siebziger schon zur Routine geworden - mit allen positiven und negativen Nebeneffekten. Es gab zwar kaum noch Ausrutscher nuch "unten" aber auch tontechnische Meisterleistungen waren zu dieser Zeit weitgehend von der Bildfläche verschwunden.


    Das ist eine völlig haltlose Behauptung, die leicht durch unzählige Beispiele wiederlegt werden kann.


    Bei den Majors gab es klanglich herausragende Opernaufnahmen, z.B.:
    - Puccini - Bohème - Karajan
    - Bizet - Carmen - Bernstein
    - Berlioz - Damnation de Faust - Davis


    Besonders bei der EMI gab es eine Reihe exzellenter Orchesteraufnahmen.


    Englische Lyritas, schwedische Proprius und vor allem praktisch der komplette Katalog der französischen Harmonia Mundi konnten aufnahmetechnisch jeden Vergleich mit berühmten Vorgängern aushalten. Tatsächlich gab es natürlich neben Licht auch Schatten, und vielleicht verschob sich das Verhältnis sogar zuungunsten der wirklich guten Aufnahmen. Aber es gab sie sehr wohl in großer Zahl.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!