Hallo zusammen,
da ich wegen eines Familienfestes letzte Woche in Frankreich war, hatt ich Gelegenheit am 02.10. in der Pariser Bastille-Oper die Neuproduktion von Ariane et Barbe-Bleu von Dukas zu sehen.
Zunächst die Besetzung:
Barbe-Bleue: Willard White
Ariane: Deborah Polaski
La nourrice: Julia Juon
Sélysette: Diana Axentii
Ygraine: Iwona Sobotka
Mélisande: Hélène Guilmette
Bellangère: Jaël Azzaretti
Dirigent: Sylvain Cambreling
Regie: Anna Viebrock
Licht: David Finn
Video: Till Exit
Dramaturgie: Malte Ubenauf
Chor: Peter Burian
Wie hat es mir gefallen?
Musikalisch hervorragend. Die Musik ist eine etwas eigentümliche Mischung aus Debussy, Faure, Wagner und (meiner Meinung nach) manchmal sogar Strauss. Teilweise wirkt sie hypernervös und fast ein bisschen spannungsüberaden. Sie hat aber auch einen großen Reichtum an wunderschönen Klangfarben.
Das Orchester unter Cambreling war für mich der beste Teil des Abends. Der Klangreichtum war teilweise überwältigend, dennoch wurde nie ein Klangbrei ausgebreitet, sondern das Orchester klang eigentlich immer sehr gut durchhörbar und strukturiert.
Die Sänger fand ich im großen und ganzen ebenfalls gut. Deborah Polaski war vielleicht manchmal etwas schrill, der Gesamteindruck hat darunter aber nicht gelitten.
Der Inszenierung stehe ich etwas gespalten gegenüber. Auf der Bühne steht das Skelett eines Hauses mit 4 Zimmern (d.h. die Ecken, Fenster, Türen und Wände sind als Skelett vorhanden, aber natürlich nicht gefüllt, ich hoffe das ist verständlich). Die Zimmer und Kleidung sind in einer Art 30er Jahre Dekor ausgestattet (naja, viel Ausstattung gibt es nicht). Die Fenster nach "draussen", also zur Seite sind vernagelt.
An der rechten Seite wird ausserdem ein Video projeziert, das teilweise vorher aufgenommene Bilder der Frauen zeigt, teilweise aber auch einen Blick von oben oder von der Seite auf das Geschehen (Balubarts Überwachungskameras?). Wenn der Vorhang aufgeht, sind Blaubarts Frauen in den Zimmern des Hauses in Hauskleidung mit "Banalen" Tätigkeiten beschäftigt (Zum Beispiel Wäsche sortieren). Das Öffnen von Blaubarts Schatzkammern durch Ariane im ersten Akt entspricht der Entdeckung der verschiedenen Zimmer. Der zweite Akt spielt in demselben Setting, die Befreiung und das Hereinlassen des Lichts wird durch Öffnen der Fenster nach "aussen" verdeutlicht. Die Aufbruchsstimmung am Anfang des dritten Akt wird (Libretto-Getreu) durch eine Szene geschildert, in der die Frauen sich schmücken, natürlich in 30er Jahre Kostüme und eher wenig prächtig. Nach den dramatischen Szenen mit Blaubart und dem Volk, entscheiden sie sich aber gegen die endgültige Befreiung und kehren wieder zu ihren Tätigkeiten vom Beginn zurück. Somit entspricht das Schluss-Bild fast dem Anfangsbild.
Das Arianes Befreiungs (Emanzipations-) Versuch vergeblich bleibt, wird in dieser Inszenierung sehr deutlich und meine Kritik richtet sich nicht dagegen. Aber sehr viel Details bleiben doch unklar, die Rolle des Volks und Blaubarts zum Beispiel. Blaubart braucht es eigentlich in dem Stück überhaupt nicht. Er schüchtert die Frauen nicht ein, sie sind auch nicht fasziniert von ihm (sie helfen ihm am Ende in dieser Inszenierung auch nicht, er bliebt einfach am Boden liegen und richtet sich erst ganz am Schluss mühsam wieder auf).
Die Video-Installation fand ich auch nicht unbedingt überzeugend, ausser am Schluss, wo eine Perspektive aus Sicht der Vertreter des Volkes von der Seite gezeigt wurde. Da sah das Haus fast wirklich wie ein solides Haus in einer Strasse aus, aus dessen Fenster verängstigte (Kriegs-)Frauen schauten.
Wenn ich so meine Eindrücke schreibe, finde ich die Inszenierung auf einmal nicht mehr so schlecht, aber an dem Abend selbst hat sie mich eher unbefriedigt zurückgelassen. Ich hatte den Eindruck, dass man aus dem Stück mehr machen könnte, aber vielleicht müsste ich sie noch einmal sehen.
Aber insgesamt: Wenn jemand zufällig in Paris sein sollte, wenn diese Oper gezeigt wird, kann ich den Opernbesuch uneingeschränkt empfehlen. Insbesondere, weil man Ariane et Barbe-Bleu ja auch nicht so häufig sehen kann.
Viele Grüße,
Melanie