• Hallo,


    habe im Wunschlisten-Thread grad die CD von Schumann mit Werken für Pedalflügel gesehen. Bin super gespannt wie das klingt.Bisher ist mir das sogenannte Pedalklavier nur durch Mozart ein Begriff. Würde gerne Näheres zur Technik, Klang etc.erfahren! :)

    "Ich werde allerorten an Deiner Seite seyn"

  • Zwischen dem von Mozart verwendeten Pedalklavier und dem "Schumann'schen" Pedalflügel besteht ein deutlicher Unterschied.


    Während das von Mozart verwendete lediglich Pedale zur Steuerung der Dynamik hatte (davon ist nach dem Studium der Partituren auszugehen - daß es in KV 466 eine Stelle für Pedalklavier à la Schumann gibt, halte ich für einen Irrtum), haben die Pedale bei dem von Schumann verwendeten Instrument Pedale, welche Klänge erzeugen - funktional ganz ähnlich jenen einer Orgel, im Klang natürlich nicht. Der Klang entspricht dem Baß- und Tenorregister des Klaviers (da wird also beim reinen Zuhören kein Unterschied auszumachen sein). Bei der Umsetzung ist das Pedalklavier dann eher eine Seltenheit. Ich habe die Schumannschen Stücke z. T. dreihändig auf ein oder zwei Klavieren eingespielt vorliegen - im Klang macht dies m. E. keinen Unterschied aus (vom ggfs. etwas anderen Anschlag der "dritten Hand" mal abgesehen).


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Inzwischen gibt es endlich eine Aufnahme der Opera von Schumann auf einem Pedalflügel - es ist nicht einfach, ein gut erhaltenes Instrument mit Pedal zu finden. Martin Schmeding hat eines von Pleyel in einer belgischen Sammlung gefunden:



    Auf SA-CD.net habe ich mehr dazu geschrieben. Von den drei Zyklen ist einer optimal auf dem Pedalflügel, einer auf der Orgel, einer liegt dazwischen, wie Schmeding schreibt, was ein mir bekannter Organist, Dan Zerfaß in Worms, der sie inzwischen auf der dortigen Orgel aufgenommen hat, bestätigt.
    Ein Kritiker fand Schmedings Spiel eintönig - das kann ich nicht nachvollziehen.


    Als weiterer Pedalflügel-Spieler fällt mir im Moment nur John Khouri ein, von dem ich irgendwo zwei CDs haben muß. Es gibt wenige ausdrücklich mit Pedalstimme komponierte Klavierwerke - Schumann erhoffte sich einen Erneuerungsimpuls von diesem Instrument, aber wenige sind ihm gefolgt, z.B. Charles Alkan.


    Fortsetzung folgt.

  • Zitat

    Original von Ulli
    Zwischen dem von Mozart verwendeten Pedalklavier und dem "Schumann'schen" Pedalflügel besteht ein deutlicher Unterschied.


    Während das von Mozart verwendete lediglich Pedale zur Steuerung der Dynamik hatte ...


    Das widerspricht deutlich den Ergebnissen, die man in
    "Mozarts Hammerflügel"
    von Angermüller & Huber (eds.), Mozarteum Salzburg, 2000
    findet.


    Danach besaß Mozarts Flügel sehr wohl ein eigenständiges, 'tonerzeugendes' Pedal. Die Beweisführung ist schlüssig und lässt anderslautende Spekulationen eigentlich nicht mehr zu.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Das widerspricht deutlich den Ergebnissen, die man in
    "Mozarts Hammerflügel"
    von Angermüller & Huber (eds.), Mozarteum Salzburg, 2000
    findet.


    Danach besaß Mozarts Flügel sehr wohl ein eigenständiges, 'tonerzeugendes' Pedal. Die Beweisführung ist schlüssig und lässt anderslautende Spekulationen eigentlich nicht mehr zu.


    Das Buch kenne ich nicht, Danke für den Hinweis (ich werde bei Gelegenheit mal hineinschauen). Komisch nur, daß es von Mozart keine Kompositionen für dieses Instrument gibt, wenn er doch ein solches angeblich besaß...


    Es ist ja nicht unmöglich, daß Mozart so ein Instrument besaß (schließlich heißt es, es habe während eines Konzertes auf einem Pedalflügel improvisiert) - aber für die Nachwelt fixiert hat er die Kompositionen für Pedalflügel jedenfalls nicht. Über ein mögliches Indiz bei KV 466 hatten wir an anderer Stelle einst diskutiert. Die einzigen Werke, die ich mir für ein solches Instrument vorstellen könnte, wären die Werke für Orgelwalze (?)


    Vielleicht kannst Du aus dem Buch einen kurzen Hinweis zur Beweisführung geben?


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Komisch nur, daß es von Mozart keine Kompositionen für dieses Instrument gibt, wenn er doch ein solches angeblich besaß...


    Gerade bei den Klavierkonzerten soll es zum Einsatz gekommen sein, wobei Mozart selbst erheblich von dem abgewichen sein muss, was sich im Notentext findet.
    Und das "angeblich" kann man begraben. Er hat. Und es war der "über alles geliebte Flügel".


    Zitat

    Vielleicht kannst Du aus dem Buch einen kurzen Hinweis zur Beweisführung geben?


    Es werden zahlreiche Quellen zitiert, die keinen Zweifel am Vorhandensein und dem Zweck des Pedals zulassen. Halbwegs ordentlich beschrieben wird es sogar in einem Brief Leopold Mozarts an seine Tochter Maria Anna vom 12. 3. 1785: „...deines Bruders Fortepiano Flügel ist wenigstens 12 mahl, sei dem ich hier bin, aus dem Hause ins Theater oder in ein andres Haus getragen worden. Er hat ein grosses Forte piano pedale machen lassen, das unterm flügel steht und um 3 spann länger und erstaunlich schwer ist...“
    Dagegen hatte der Mozart-Flügel keine Pedale zur Aufhebung der Dämpfung oder einer anderen Mechanikbeeinflussung besessen. Für die Dämpferhebung gab es einen Handhebel links auf dem Stimmstock. Später sind wohl Kniehebel eingebaut worden, allerdings vermutlich erst nach Mozarts Tod.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Gerade bei den Klavierkonzerten soll es zum Einsatz gekommen sein, wobei Mozart selbst erheblich von dem abgewichen sein muss, was sich im Notentext findet.
    Und das "angeblich" kann man begraben. Er hat. Und es war der "über alles geliebte Flügel".


    Hm. Unzweifelhaft ist der Notentext des letzten Drittels der Klavierkonzerte Mozarts sehr fragmentarisch und läßt Spielraum für allerlei Spekulationen und Ergänzungen. Jedoch bis auf den einen Hinweis in KV 466 [vgl. Link oben] gibt es eigentlich keine Indizien, daß Mozart die Konzerte für ebendieses Instrument komponierte, wenn er es auch bei eigenen Produktionen verwendet haben mag, was man u.U. aus den Briefzitaten herauslesen könnte. Mozart hat ja stets bei seinen öffentlichen Konzerten improvisiert, letztlich egal, auf welchem Instrument. Wobei ich zu bedenken gebe, daß Mozart (wie übrigens auch Haydn) bei jenen Werken, die definitiv für Orgel komponiert wurden (z. B. KV 336), gar kein Pedalsatz vorhanden ist... und das, obwohl Mozart ja nachweiselich Orgelkonzerte mit Einsatz des Pedals bereits in frühestem Kindheitsalter gab.


    Zitat


    Es werden zahlreiche Quellen zitiert, die keinen Zweifel am Vorhandensein und dem Zweck des Pedals zulassen. Halbwegs ordentlich beschrieben wird es sogar in einem Brief Leopold Mozarts an seine Tochter Maria Anna vom 12. 3. 1785: „...deines Bruders Fortepiano Flügel ist wenigstens 12 mahl, sei dem ich hier bin, aus dem Hause ins Theater oder in ein andres Haus getragen worden. Er hat ein grosses Forte piano pedale machen lassen, das unterm flügel steht und um 3 spann länger und erstaunlich schwer ist...“
    Dagegen hatte der Mozart-Flügel keine Pedale zur Aufhebung der Dämpfung oder einer anderen Mechanikbeeinflussung besessen. Für die Dämpferhebung gab es einen Handhebel links auf dem Stimmstock. Später sind wohl Kniehebel eingebaut worden, allerdings vermutlich erst nach Mozarts Tod.


    Tja, es ist nur schade, daß der entsprechende Notentext für den Pedalflügel nicht überliefert ist bzw. nicht rekonstruiert werden kann. Denn eine Einspielung gerade der letzten Konzerte auf solch einem Instrument wäre nachtürlich eine Wonne! Das wäre mal eine interessante Aufgabe für die Improvisatoren wie Levin und Immerseel...


    :hello:


    Ulli
    der noch immer Zweifel hat ;)

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Wie ein Pedalflügel gespielt wird, werden einige gehört, die wenigsten gehört und gesehen haben.


    Roberto Prosseda spielt aus Robert Schumanns Skizzen für den Pedalflügel, op. 58 Nr. 1 bis 4. Er benutzt das Pinchi Pedalpiano System mit zwei Fazioli Flügeln.







    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928