Liebe Forianer,
Der Titel ist im Gegensatz zu manchen meiner anderen Überschriften- nicht ironisch, sondern durchaus ernst gemeint.
Natürlich darf auch über Kritiker gelästert werden (die sich in der Regel, soweit ich das feststellen kontnt auch durchaus nicht als zimperlich herausgestellt habe, und nicht nur ausgeteiltr haben sondern todesmutig eingesteckt haben.) aber man sollte den Beruf nicht, wie hier öfter im Forum gesehen, generell diskreditieren.
Um hier zu einer Meinung zu kommen muß man sich die Frage stellen, wozu es den Beruf des (Musik)Kritikers überhaupt gab und gibt.
In vergangenen Zeiten war der Kritiker derjenige, der neue Werke in der Zeitung vorstellte - es wurde als in erster Linie das Werk und nicht die Interpretation beurteilt. Kritiker entschieden damals oft über Wohl und Wehe eines Komponiste bzw eines Werkes. (Manche Kritiker glauben das heute, oft 150 Jahre nach der Uraufführung eines Werke noch immer tun zu müssen - aber das steht auf einem anderen Blatt)
Später rückte dann die Beurteilung der Interpretation in den Vordergrund. Es ist zwar fraglich wem es nützt zu lesen, daß das gestrige Konzert mit XY ganz hervorragend gewesen sei - hingehen kann man sowieso nimmer - dennoch - die Kritik erfreute sich hoher Beliebtheit.
Mit Einführung der Schallplatte fand die Kritik ein neues Betätigungsfeld - die Schallplattenkritik. Aus meiner Sicht stellt sie heute den Wichtigsten Teilbereich der Kritik dar. Sie hatte jedoch die Eigenschaft jederzeit kontrollierbar und überprüfbar zu sein. Oft waren die Hörer mit dem Kritiker nicht einverstanden. Das führte in weiterer Folge dazu, daß gewisse Aggressionen gegen gewisse Kritiker aufgebaut wurde .
In letzter Zeit wurde der Wert der Kritik von vielen generell in Frage gestellt - weil man sich die Frage stellte, wenn verschiedene Kritiker verschiedener Meinung sind - was für einen Sinn macht Kritik dann überhaupt noch ?
Dies Frage werden sich vornehmlich jene stellen, die in der Kritik eine Anleitung zum Schallplattenkauf sehen.
Das habe ich - abgesehen von Einzelfällen, auf die ich im Thread später geren noch mal zurückkomme - jedoch nie gemacht. Interessant ist ja nicht, welche Interpretation der Kritiker lobt, tadelt, belächelt oder verdammt - sondern WARUM er es tut. Wo sein "point of view" angesiedelt ist. Oft habe ich eine Aufnahme gerade deshalb erworben WEIL ein mir bekannter Kritiker sie fertiggemacht hat - manchem hochgepriesenen bin ich ausgewichen.
So ist der (erwählte) Kritiker oft ein jahrelanger virtuelle Begleiter (meist sind es mehrere) und Ratgeber oder eine lebenslange "Haßliebe"
Für viele war Ulrich Schreiber ein geschmackliches Vorbild, in Österreich Karl Löbl. Nicht zu vergessen "Klavierpapst" Joachim Kaiser der ja in diesem Forum aus meiner Sicht völlig zu Unrecht von viele "zerzaust" wurde. Auch auf diese Tatsache werde ich heute Abend noch näher eingehen , wenn bis dahin dieser Thread nicht aus den Fugen geraten ist.
Für mich stellt sich der Kritiker von heute als virtueller Bekannter dar, der als "Fachmann" eingermaßen akzeptiert ist - was nicht heissen soll - daß ich immer mit imm d´accord bin. Solch ein "Bekannter kann auch ein "Gegner" sein - trotzdem möchte ich seine Meinung nicht missen.
Solch ein Forum ersetzt TEILWEISE den Kritiker. Allerdings nicht völlig. Die Fluktation in einem solchen Forum ist eher groß, d.H. man kann nicht drauf bauen, daß immer ein "Spezialist" zugegen ist. Zudem muß sich ein Forenmitglied seine CDs selbt kaufen und wird nicht von der CD-Industrei mit Rezensionsexemplaren versorgt. Das hat aber andererseits den Vorteil der Unabhängigkeit.
Dennoch- nicht jeder Klassikfreund ist Computerfreak - nicht jeder verfügt über Internet - nicht jeder möchte persönlich angesprochen werden.
So erfüllt die Kritik immer wieder ihre Aufgabe. - und wird in der Regel gern gelesesn und - gern beschimpft - denn auch das gehört dazu...
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred