Das lag vor allem an der Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim. Selten habe
ich in einem Opernhaus eine so durchsichtige, klangschöne Tristanaufführung mit
wunderbarer Pianokultur gehört. Das Sängerensemble stand dem, gemessen an
den Anforderungen der Partien, nicht nach. Waltraud Meyer sang eine großartige
Isolde, mit warmer Mittellage und blühender Höhe. Und doch, ihr Gesang ergriff
mich nicht wirklich, ihr fehlte etwas stimmspezifisches, gebrochenes, zum Leiden
fähiges in der Stimme. Ihre intensive Darstellungskunst überdeckte das. Peter
Seiffert schlug sich als Tristan achtbar und mit viel Kraft im dritten Aufzug, nur
ganz selten klangen seine Töne wie angekratzt. Rene Pape überzeugte als König
Marke, Roman Trekel (Kurwenal) gelang es noch am ehesten, mit seiner Stimme
Gefühle, hier für Tristan, auszudrücken. Ekaterina Gubanova war eine sehr gute
Brangäne, musste ihr „Habet Acht“ aber aus dem Off singen, so dass ihre Stimme
dabei kaum über dem Orchester lag. Die kleineren Rollen waren mit Stephen
Chambers (Melot), Florian Hoffmann (Hirt, Seemann) und Maximilian Krummen
(Steuermann) ebenfalls gut besetzt.
Der Beifall war gewaltig, überwältigende Ovationen gab es für Waltraud Meyer. Soweit
ich in der Pause hörte, gefiel dem Publikum auch das Bühnenbild (Hans Schavernoch).
Auf der Drehbühne lag ein gefallener, zum Teil im Boden versunkener Bronzeengel, dessen
Flügel fast über die Breite der Bühne reichten. Die Regie (Harry Kupfer) ließ die Sänger
über die Flügel klettern, sich unter ihnen verbergen oder von oben aus das Meer
beobachten. Das war anfangs reizvoll, änderte sich jedoch nicht während der drei
Aufzüge und nutzte sich damit ab. Am Schluss wurden die Engelsflügel rot angeleuchtet,
bei Isoldens Schlussgesang, wechselte die Farbe ins Fahlgrüne. Es als Kitsch zu bezeichnen
wäre aber ungerecht angesichts einer insgesamt doch hervorragenden Aufführung.