Die Besetzung war vielversprechend, es wurde auch eine großartige Aufführung der Verismusoper Cavalleria rusticana in dem alten schönen Bühnenbild von Michael Scott (1988, auch Bajazzo, damalige Regie: Gian-Carlo del Monaco). Das Orchester spielte unter der Leitung von Josep Caballé-Domenech (nicht mit Montserrat Caballé verwandt) fabelhaft, mit weich-warmen Klang, schönen Piani, fast so, als ob lange geprobt worden war. Auch der Chor war entsprechend gut vorbereitet. Unter den Sängern gab es keinen Ausfall, alle waren gut bis hervorragend. Auch Renate Spingler überzeugte mit der Mutterrolle Lucia. Elena Zhidkova war eine darstellerisch mehr extrovertierte, sich im Spiel (deutlicher als andere Sängerinnen dieser Partie) dem Hass hingebende, stimmstarke und gleichzeitig stimmschöne Santuzza, eine überragende Leistung. Ihr gleich kam der Turiddu von Teodor Ilincai, der über eine kraftvolle, schöne Tenorstimme verfügt; das Leise und Lyrisch-seelenvolle tritt bei dieser Partie ja etwas in den Hintergrund. Die Partie der Lola war mit Dorottya Lang ebenfalls herausragend besetzt; schade, dass die Lola nicht mehr zu singen hat. George Gagnidze hatte für den Alfio die richtige Statur und auch den entsprechend stimmstarken Bariton. Sein Spiel war sowohl als Alfio, als auch als Tonio im Bajazzo überzeugend. Er neigt ein wenig dazu, den Orgelton seiner Stimme in den Vordergrund zu stellen und die Modulation etwas zu vernachlässigen, zum Beispiel im Prolog der Oper Bajazzo. Das ist unter Berücksichtigung seiner hervorragenden Gesamtleistung aber zu vernachlässigen und mindert nicht das Opernerlebnis.
Dominiert wurde der „Bajazzo“ allerdings von Hayoung Lee, mit ihrer strahlkräftigen, sowohl die Koloraturen beherrschenden und zum Lyrisch-dramatischen fähigen Stimme war sie die gesanglich beste Nedda, die ich über die Jahre in bisher 10 Aufführungen gehört habe; außerdem ist Hayoung Lee eine überzeugende Darstellerin. Ihr Liebhaber Silvio (Alexey Bogdanchikov) fiel dagegen stimmlich leider ab, vor allem im Zusammenklang mit Hayoung Lee, auch machte er das durch darstellerisches Charisma nicht wett. Oleksiy Palchykov war als Beppe gut besetzt. Zum Canio; gesungen hat Alfred Kim. Meinem Eindruck nach war seine Stimme zu weiß, d.h. sie hatte zu wenig farblichen Spielraum, um in der sicher nicht einfachen Rolle stimmlich voll zu überzeugen. Auch empfand ich leisere Passagen eher abgeflacht, fast tonarm, während er im Forte, d.h. vor allem in der Höhe, durchaus respektabel über die Rampe kam. Zum tragischen Ausdruck, der unter die Haut geht, reichten die stimmlichen Mittel Alfred Kims an diesem Abend aber nicht. Vor allem seine Klage „Ridi, pagliaccio“, die sonst mit zum Höhepunkt dieser Oper zählt, wirkte eher beiläufig und wäre von manchem Zuschauer wohl gar nicht recht wahrgenommen worden, wenn danach nicht der Zwischenvorhang gefallen wäre. Insgesamt war es vor allem dank Hayoung Lee eine sehens- und hörenswerte Aufführung des Bajazzos mit einer ganz exzellenten Cavalleria vorneweg. Die beiden Stücke werden noch mehrere Male gespielt, und zwar am 26.9. sowie am 4., 7. und 12.10.2017. Der Besuch ist zu empfehlen, auch wegen des „klassischen“ Bühnenbildes (Dorfplatz mit im Halbrund stehenden geschlämmten Häusern, wie man sie aus Süpditalien kennt).