Hallo,
ich hätte eine Frage an die Mendelssohn-Experten. Goethes szenisch angelegtes Gedicht "Die erste Walpurgisnacht" beschreibt einen Ritus der verfolgten heidnischen Priester ("Druiden" genannt, obwohl die Handlung nach Goethes eigener Einordnung im heutigen Deutschland spielt) samt der verbliebenen Gläubigen und die entsetzte Reaktion christlicher Soldaten. Ich kenne aus der damaligen Zeit kein Gedicht, das in vergleichbarem Ausmaß das Heidentum gegenüber der christlichen Germanenmission positiv herausstellt: es wird sogar erwähnt, dass die Christen die Väter und Kinder der Heiden töten.
Das Heidentum ist allerdings nicht in seiner germanischen Ausprägung dargestellt, sondern als Glaube an den "gestaltlosen Gott des Himmels und der Erde" (Goethe), der als "Allvater" angerufen wird. Die Heiden verkleiden sich als Schreckgespenster, um die christlichen Verfolger zu erschrecken, worauf diese erschrocken abziehen und das Ritual vollendet wird. Damit wird der Brauch des Hexentanzes zur Walpurgisnacht erklärt.
Wie stand Mendelssohn als protestantischer Kirchenkomponist eigentlich zu dieser Aussage des Textes? Hat er den angerufenen "Allvater" mit dem Christengott gleichgesetzt oder war Goethe eine derart hohe Instanz für ihn, dass er den Text unabhängig von seiner alles andere als christlichen Tendenz vertonte?