Rheingold - Wiener Staatsoper Mai 2009

  • Ich komme soeben von der Generalprobe des "Rheingoldes". Der Ring ist nun fertig geschmiedet und ich bin mit einem wirklich sehr, sehr positiven Eindruck aus der Vorstellung hinausgegangen.


    Meiner Meinung nach ist die szenische Umsetzung des Vorabends die gelungenste - natürlich wird es einige Kritiker geben, denen eine Umsetzung des Werkes, das sowohl auf das Libretto und auch auf die Partitur bedacht nimmt und keine neuzeitlichen Deutungen mit sich bringt, nicht gefallen - aber was soll's.


    Schon die erste Szene mit den Rheintöchtern ist wunderbar anzuschauen - und die Sängerinnen Ileana Tonca, Michaela Selinger und Elisabeth Kulman harmonieren untereinander ausgezeichnet, sind wirklich nett anzuschauen, wissen sich zu bewegen und umgarnen den "armen" Alberich so sehr, dass sie ihn wirklich zum Wahnsinn treiben. Von den dreien sticht (wieder einmal - ich habe sie noch niemals schlecht gehört) noch Elisabeth Kulman heraus!


    Da es die Generalprobe war, hat vielleicht nicht jeder Sänger diese voll ausgesungen (das nehme ich von Juha Uusitalo an), allerdings kann ich schon jetzt sagen, dass Tomasz Konieczny am Premierenabend einen großen Erfolg haben wird. Wortdeutlich (wie eigentlich alle), stimmgewaltig, in der Höhe keine Probleme habend ist er der auffälligste Akteur - was das Stimmliche betrifft.


    Ein weiteres Highlight der Aufführung ist der Loge des Adrian Eröd. Was er darstellerisch bietet ist vom Allerfeinsten. Gekleidet ganz in schwarzem Leder (?), mit langem Mantel, roter, langer Perücke ist er ständig in Bewegung, umgarnt alle Akteure und macht sie phasenweise zu Statisten. Das Flackernde der Partitur setzt er in Bewegungen um - ein idealer Loge, was das Schauspiel betrifft. Die STOP ist das Risiko eingegangen, diese Rolle mit einem (relativ hohen) Bariton zu besetzen und an drei, vier Stellen hörte man, dass Eröd an seine stimmlichen Grenzen gehen muss. Wer sich nur die Premiere im Radio anhört, mag vielleicht da enttäuscht werden, doch man muss sich da wirklich die Einheit von Gesang und Schauspiel vorstellen - das passt perfekt!!!


    Ebenfalls sehr angetan war ich von Markus Eiche als Donner, der gegen Ende sehr starke Akzente setzt (nur sein doch kleiner Hammer im silbernen Handtäschen wäre nicht notwendig gewesen). Froh wird von Gergely Nemeti gesungen - er fiel nicht weiter auf (und ich muss mich wahrscheinlich erst einlesen um zu erfahren, welche Bedeutung die Kristallkugel hat, die er dauernd mit sich rumträgt).


    Die beiden tiefgelegenen Frauenpartien sind sehr gut besetzt - Janina Baechle als Fricka und Anna Larsson als Erde ergänzen stimmschön das Ensemble. Ricarda Merbeth als Freia die Holde, Holda die Freie war auch rollendeckend.


    Beide Riesen sind sowohl optisch als auch stimmlich sehr gut - positiv überrascht hat mich Sorin Coliban als Fasolt, während ich mir von Ain Anger als Fafner sogar ein bisschen mehr erwartet habe (aber das ist schon Lästern auf sehr hohem Niveau). Herwig Pecoraro gibt mit seinem Charaktertenor einen schleimigen, wehleidigen Mime (ich denke, dass der Mime seine allerbeste Rolle ist).


    Bei Juha Uusitalo hatte ich den Eindruck, dass er nicht voll ausgesungen hat, deshalb will ich da nichts weiter dazu schreiben. Auffällilg ist, dass - im Gegensatz zu Walküre und Siegfried - der Wotan dieses Mal mit Glatze agiert (bin gespannt, ob das nur der neue Uusitalo-Look ist oder dieses Outfit nur für das Rheingold geplant ist).


    Franz Welser-Möst lässt es an den richtigen Stellen so richtig schön krachen, ist aber bei diesem "Konversationsstück" ein sehr bedachtsamer Sängerbegleiter, der raschere Tempi angeschlagen hat. Insgesamt dauerte die Aufführung 2:23 Stunden.


    Sven-Eric Bechtolf hat mit den Sängern sehr intensiv gearbeitet und verlangt von ihnen viel (besonders Eröd und Pecoraro werden gefordert) - und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Die Ausstattung (Rolf Glittenberg) ist wie in den anderen Teilen relativ karg, für die Videoeinspielungen zeichnet dieses Mal Friedrich Zorn (an Stelle von fett-film), die Kostüme von Mariann Glittenberg betrachte ich mit Ausnahme derer der Lichtalben sehr gelungen (Loge, Rheintöchter :jubel:).


    Insgesamt war ich - wir schon oben beschrieben - äußerst angetan und ich freue mich schon auf die Samstag-Premiere (und natürlich auf die Ringzyklen bis Ende der Saison)...

    Hear Me Roar!

  • Herzlichen Dank für den Rheingold-Vorbericht, ich kann leider nicht beim Rheingold live dabeisein. Ich habe bisher alle Ring-Teile von Herrn Bechtolf gesehen und nach einer recht schwachen Walküre wurde es dann immer besser. Die Götterdämmerung war auch musikalisch ein absoluter Traum :jubel:


    Alles Gute für die Premiere wünsche ich allen Beteiligten und viel Spaß allen Zuhörern !


    Gruss,


    Louis.

  • Danke für den Vorabbericht - war sehr interessant !


    Ich war am Samstag in der Premiere - mir fehlen die Worte um das


    :jubel: :jubel: :jubel:


    auszudrücken. Ich gehe seit ca. 40 Jahren in die Oper (hab früh angefangen ;) ) aber selten bin ich so sehr mit dem Gefühl aus dem Haus gegangen etwas Entscheidendes dazugelernt zu haben.Das deutsche Feuilleton mag noch so sehr in selbstherrlicher Erregung quäken, die Möchtegernintellektuellen noch so sehr über mangelnde politische Deutung beckmessern - Bechtolf und Welser-Möst bieten wirklich eine neue (!) Sicht der Dinge. Sie gehen vor den Regietheaterschrott der letzten ..zig Jahre zurück und reduzieren das Werk szenisch und musikalisch auf das Wesentliche. Bei der Regie von Bechtolf hat man das Gefühl er verinnerlicht den Ring erst jetzt so richtig, Walküre und Siegfried waren gut aber es hat ein bißchen gefehlt. Die Götterdämmerung war fantastisch, das Rheingold ..........Ein ganz grosser Wurf :jubel:


    Musikalisch ist Welser-Möst (die Thielemann-Verehrer mögen mir verzeihen) die absolute Spitze. Seine Götterdämmerung war schon grandios, das Rheingold vielleicht sogar noch besser.
    Die Sänger "gegeneinander" zu besprechen wäre sehr unfair, gemeinsam ist ihnen eine unglaublich spannende Darstellung des Werkes gelungen. Trotzdem kann ich nicht umhin mich hier nochmal vor Adrian Eröd zu verbeugen - was er als Loge geleistet hat - er hat Operngeschichte geschrieben. Zu Recht war ein wahrer Orkan an Beifall der Dank des Publikums. Der Alberich des Tomasz Konieczny bleibt da nicht viel zurück, ein junger, sehr viriler Alberich den er uns zeigt, stimmlich von fast erschreckender Größe und Präsenz.
    Uusitalo, gesundheitlich - aber nicht stimmlich - möglicherweise eingeschränkt als aussergewöhnlich guter, wortdeutlicher Wotan. Sämtlichen Sängern des Abends (zu den genannten: Coliban und Anger als fantastische Riesen Fasold und Fafner, Baechle als tolle Fricke, Merbeth als Freia, Eiche als Donner, Nemeti als Froh, fast überbesetzte Rheintöchter mit Kulmann, Selinger und Tonca und last but not least Pecoraro als Mime) sei für einen ganz aussergewöhnlichen Abend von Herzen gedankt.


    LG
    Isis

  • Zitat

    Original von Isis
    Sie gehen vor den Regietheaterschrott der letzten ..zig Jahre zurück und reduzieren das Werk szenisch und musikalisch auf das Wesentliche.


    Und für diesen Mut: DANKE!


    Die dpa meldet:
    03.05.2009
    Der neue Wiener "Ring" mit umjubeltem "Rheingold" beendet
    Wenige Kulissen, viele Lichteffekte und Projektionen verwandeln die Bühne
    WIEN. Ihre mächtigen Körper bestehen aus Gesteinsbrocken, als wären sie computeranimierte Figuren aus einem zeitgenössischen Fantasyfilm.
    Doch all ihre Stärke nutzt den Riesen Fasolt und Fafner nichts: Die beiden Brüder sind die ersten Opfer jenes verfluchten Schmuckstücks, das Richard Wagners "Ring des Nibelungen" den Namen gibt. Am Samstagabend wurde mit der Oper "Das Rheingold" die Neuinszenierung der monumentalen Operntetralogie an der Wiener Staatsoper abgeschlossen. Von allen vier Teilen des neuen Wiener "Rings" kam dieses Werk beim Publikum am besten an.


    Regisseur Sven-Eric Bechtolf ist seinem von der Kritik angefeindeten Konzept der "vorsätzlichen Naivität" treu geblieben. Er erzählt den Mythos so, wie Wagner ihn niedergeschrieben hat. Er verweigert jegliche moderne Interpretation und stellt keinerlei Bezüge zur Gegenwart oder zur jüngeren Geschichte her. Im Gegensatz zu den ersten drei "Ring"-Premieren, bei denen Bechtolf nur wenig Zuspruch erhielt, dankte ihm diesmal ein Teil des Publikums mit "Bravo"-Rufen.


    Allein die Bühne (Rolf Glittenberg) und die Kostüme (Marianne Glittenberg) sind erkennbar von heute. Nur wenige Kulissen, aber umso mehr Lichteffekte und Projektionen verwandeln den kargen Bühnenraum in die jeweiligen Schauplätze der Oper: den Grund des Rheins, eine Gebirgslandschaft und ein unterirdisches Zwergenreich. Bei der Bühnenkleidung reicht die Palette von Fantasykostümen bis zu zeitgenössischer Garderobe. Der oberste Gott Wotan (Juha Uusitalo) zum Beispiel hält zwar meist einen Speer in Händen, trägt aber Anzug und Mantel.


    Knapp 145 Minuten ohne Unterbrechung beträgt die Spieldauer des neuen Wiener "Rheingolds". Wie schon bei "Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung" wurde Dirigent Franz Welser-Möst einhelliger Jubel zuteil. Riesenapplaus und "Bravo"-Rufe gab es auch für Sorin Coliban (Fasolt) und Ain Anger (Fafner) sowie für Tomasz Konieczny, der das Publikum in der Partie des Zwergenkönigs Alberich stimmlich und schauspielerisch überzeugte. Zum Triumph wurde der Premierenabend für Adrian Eröd. Neben dem österreichischen Bariton, der den listigen Feuergott Loge verkörperte, verblasste sogar der designierte Staatsopern-Musikdirektor Welser-Möst.


    Mit dem "Rheingold" ist die dritte Neuinszenierung der Tetralogie an der Wiener Staatsoper seit 1945 beendet. Normalerweise wird dieses als "Vorabend" titulierte Werk als erster der vier Teile des "Rings" gespielt. Seit jedoch Herbert von Karajan seine Wiener Neuinszenierung vor 50 Jahren nicht mit dem "Rheingold" begann, gilt diese Vorgangsweise an der Staatsoper als Tradition. Binnen weniger Tage geht hier nun der gesamte "Ring" (in der allgemein üblichen Reihenfolge) über die Bühne. Danach kommt der "Ring des Nibelungen" noch zweimal in dieser Saison zur Aufführung (16.-21. Mai und 6.-11. Juni).



    Mein letzter Rheingoldbesuch war ein Desaster. Tilmann Knabe hat in Essen inszeniert und eh ich michs versah, saß ich einem onanierenden Alberich gegenüber, der sich über den "garstig, glitschigen Glimmer" in seiner Hand aufregte. Da wurde nickend gelacht. HaHa! Kicher! Kicher! Johl! Grunz! Überhaupt schien Sex in allen Varianten das Hauptthema der Aufführung zu sein - doch dermaßen überbordend serviert, dass uns die Lust verging;-)

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Mein letzter Rheingoldbesuch war ein Desaster. Tilmann Knabe hat in Essen inszeniert und eh ich michs versah, saß ich einem onanierenden Alberich gegenüber, der sich über den "garstig, glitschigen Glimmer" in seiner Hand aufregte. Da wurde nickend gelacht. HaHa! Kicher! Kicher! Johl! Grunz! Überhaupt schien Sex in allen Varianten das Hauptthema der Aufführung zu sein - doch dermaßen überbordend serviert, dass uns die Lust verging;-)


    Da kann ich dir nur zustimmen. dabei war es nicht mal die Provokation sondern die szenische Langeweile, die diesen abend zumindest szenisch sehr eintönig machte.

  • Ich bin schon sehr, sehr gespannt ob es in Punkto Regie Änderungen zu den Premierenserien der anderen 3 Ringteile geben wird. Ich habe einmal meine Eindrücke von damals hervorgekramt -


    Wiener Staatsoper, DIE WALKÜRE, 6.12.2007

    Der Sturm im Blätterwald hat sich nach der Premiere gelegt und so erwartete das p.t. Publikum mit bangem Erwarten den dritten Wotan innerhalb der ersten zwei Aufführungen.

    Dass die Regiearbeit von Sven-Eric BECHTOLF auf jeden Fall repertoiretauglich ist zeigte sich schon an der Tatsache, dass sich der Hausdebütant Terje STENSVOLD, der erst am Abend vor der Aufführung in Wien angekommen war und am Vorstellungstag per Videostudium seinen Part durchgearbeitet hat, ohne Probleme in die Inszenierung einfügen konnte (auf diese gehe ich weiter unten ein). Der 64jährige Staatsoperndebütant war vom Auftreten und der Ausstrahlung her ein optimaler Göttervater. Durch die Tatsache, dass er doch um einiges älter ist als der Rest der Besetzung, konnte man da wirklich einen Generationsunterschied auf der Bühne nicht nur erahnen, sondern auch sehen. Auch Stensvolds natürliche Ausstrahlung ist bemerkenswert gewesen. Zu Beginn, bei der Wotanserzählung im 2.Akt, klang alles zwar mehr „erzählt“ denn „gesungen“, er nahm sich zurück und bei den tieferen Tönen hinterließ der den Eindruck, dass er ein wenig „drückte“. Allerdings war er im 3.Akt fast wie ausgewechselt und beeindruckte das Publikum mit Wortdeutlichkeit, Phrasierung und auch dem Stimmvolumen, das von Nöten ist, über das konzentriert aufspielende Staatsopernorchester drüber zu singen. Das Debüt in Wien ist gelungen und das Publikum feierte ihn (ich lasse es jetzt dahingestellt, ob die dabei erzielte Lautstärke der Ovationen komplett auf die Tagesleistung rückzuführen ist oder ob nicht auch ein gewisser Prozentsatz Dankbarkeit mitgeschwungen ist, dass er als Einspringer die Vorstellung gerettet hat) zu Recht.

    Doch gehen wir zurück zum Start – sprich, zu einem der musikalisch hochwertigsten 1.Akte, den ich bis dato gehört hatte. Wie mit vordergründig spielerischer Leichtigkeit Johan BOTHA die Rolle des Siegmunds meistert, ist bewundernswert. Und wenn er noch die eine oder andere Textunsicherheit beseitigt, dann ist der Merker arbeitslos ;-) Seine „Wälse“-Rufe waren im wahrsten Sinne des Wortes Gänsehaut fördernd, besonders der zweite, als er ganz leise begann und dann mit einem unglaublichen Crescendo seine Stimme über das Orchester legte und den Zuschauerraum damit bis zum letzten Winkel ausfüllte. Die lyrischen Teile waren bei Botha ebenfalls bestens aufgehoben, der „Wonnemond“ war zwar szenisch nicht zu sehen, aber absolut präsent. Auf die darstellerische Leistung werde ich im Zusammenhang mit der Regie noch eingehen.

    Besonders der 1.Akt war eine Sternstunde, zu der auch Nina STEMME das ihre dazu beigetragen hat. Sie hielt stimmlich problemlos mit Johan Botha mit, hatte noch dazu den Vorteil, dass sie beweglicher ist und sich die Regiearbeit sehr um sie drehte und diese Sieglinde die Vorantreibende ist. Ihr etwas dunkel gefärbter Sopran hat sowohl Wärme, dann etwas, was ich am besten mit dem englischen Wort „smoothness“ umschreiben kann und dann wieder genügend Kraft für dramatische Ausbrüche, was ihr im dritten Akt sehr zu gute kommt.

    Das Wälsungenpaar wurde absolut zu Recht vom Publikum gefeiert – und ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Zeiten wie diesen eine vom sängerischen her nur annähernd gleichwertige Paarung geben kann – da muss man Direktor Holender zu seiner Auswahl nur gratulieren!

    Zum Gelingen der Aufführung trug naturgemäß auch ein sehr junger Hunding, Ain ANGER, bei. Die Entwicklung des eingewienerten Esten verfolge ich schon länger und bin gar sehr angetan von den Fortschritten. Altersentsprechend fehlt vielleicht noch ein wenig das Volumen, er ist kein „schwarzer Bass“, aber die Darstellung des Hundings in dieser Produktion verlangt nach meinem Empfinden eher nach einem Sänger mit Angers Qualitäten. Die hervorragende Wortdeutlichkeit aller ProtagonistInnen möchte ich noch einmal hervor streichen. Da wurde sehr bewusst daran gearbeitet – und im Gesamtkontext der Produktion war dies auch notwendig, ein kleiner, aber wichtiger Mosaikstein. Zurück zu Anger – tadellose Leistung, viel Beifall und es bleibt die Hoffnung, ihn noch für viele Jahre in Wien sehen und hören zu dürfen.

    Nur im 2.Akt treibt Fricka ihr Unwesen (o.k., das ist sehr machohaft und ich entschuldige mich gleich dafür..). Michaela SCHUSTER, die in der letzten Wiener Ringserie die Sieglinde gesungen hat, überzeugte auch dieses Mal in der Rolle von Wotans Gattin, der Hüterin der Ehe. Der Federmantel kleidete sie nicht ganz vorteilhaft (eigentlich kleidet dieser Mantel niemanden vorteilhaft), aber von der Körperhaltung und der Ausstrahlung her stand da eine Göttin, die weiß was (und wen) sie will. Ein warmer Mezzo, der auch genug Durchsetzungsfähigkeit, den Göttervater in die Knie zu zwingen.

    Kommen wir nun zu den Wotanstöchtern, allen voran zum „herrlichen Kind“, der Brünnhilde. Die nordische Besetzungsriege (sehen wir einmal von Botha ab) hat ja diese Walküre recht stark im Griff. Bei der Premiere noch nicht so hundertprozentig vom Publikum angenommen, erntete Eva JOHANSSON am heutigen Abend tosenden Applaus. Ich glaube, dass die Umstände der Premiere sie an diesem Tage davon abhielten zu zeigen, was sie kann. Ihr Beginn war noch nicht so perfekt, musste sich erst ein wenig warm singen, bis – und das unterstelle ich ihr jetzt – die Nervosität weg war und so ihre dramatischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen konnte. Bei den Spitzentönen klingt sie ein klein wenig schrill und forciert, sie hat eine wunderbare Mittellage und bei lyrischen Passagen kein Problem. Sie stach aus der Riege ihrer Schwestern heraus, in dem sie als einzige blond war (alle anderen Walküren langes, schwarzes, glattes Haar). Johansson zeigte sich nach der Vorstellung sehr erleichtert, dass alles gut gegangen war – es war ja nicht angenehm, einen Akt lang einen Stummen um sich herum zu haben während die Worte aus dem Off kamen. Die Interaktion ist da schon sehr schwierig.

    Optisch und akustisch sehr ansprechend die Walküren Amanda MACE ,Caroline WENBORNE, Alexandra REINPRECHT, Aura TWAROWSKA, Sophie MARILLEY, Zsuzsanna SZÀBO, Zoryana KUSHPLER und Cornelia SALJE. Ich fand befremdend, dass sie nach der Vorstellung nicht die Gelegenheit erhielten, sich den verdienten Dank des Publikums vorm Vorhang abzuholen. Sehr schade.

    Bleibt von den Akteuren noch der Dirigent Franz WELSER-MÖST, den das Wiener Publikum gelernt hat ob seiner Leistungen zu respektieren (im Unterschied zu Christian Thielemann, der geliebt wird). Ich mag seine analytische Lesensart, die er ja schon erfolgreich bei „Arabella“ angewandt hatte. Er koordinierte Orchester und Bühne großartig, trieb die Philharmoniker zu einer Hochleistung an. Er und das Orchester sind zur Zeit sicherlich eine der besten verfügbaren Teams für Wagner und Strauss. Und wer weiß, vielleicht kommt auch in den nächsten Jahren eine Sylvester-Fledermaus dazu – dies hat Welser-Möst nach der Vorstellung nicht kategorisch abgelehnt.

    Also, ein musikalisch wunderbarer, zufriedenstellender und phasenweiser beglückender Wagnerabend. Jetzt ist es an der Zeit, über die Inszenierung, Bühne und Kostüme (Rolf und Marianne GLITTENBERG) zu sprechen.

    Lange (folgender) Rede kurzer Sinn – ich halte diese Inszenierung für HERVORRAGEND !!!!

    Im Vorfeld hat Bechtolf viel darüber gesprochen, dass er sich auf die Interaktion der jeweils in der Szene sich befindlichen Personen konzentrieren möchte und dies ist wunderbar geglückt. Die Ablehnung am Premierentag bleibt mir gänzlich verschlossen, es waren da so viele zwischenmenschliche Nuancen zu entdecken (wenn man gewillt ist, diese zu finden und nicht nur auf den Gesang und die Musik, sondern auch auf kleine Handbewegungen, Berührungen der Sänger achtet). Diese Walküre ist kammermusikalisch inszeniert, das Hauptaugenmerk richtet sich nicht auf politische Fragen, (Um)Interpretierungsversuche wie man allerorten auf der Welt vor die Nase gesetzt bekommt, sondern auf die Frage – wie gehen „Wir“ miteinander in bestimmten Situationen um. Alleine dieses Miteinanderumgehen ist zeitlos aktuell, daher fand ich es sehr passend, dass es sehr wenige Dekorationsstücke gab.

    Ach ja – eine Speer ist in der Produktion ein Speer, eine Augenklappe eine Augenklappe, eine Kerze eine Kerze. Man glaubt es ja kaum, dass es so was noch gibt.

    Dass es zu Beginn darum geht, Nothung aus der Esche zu holen, daran lässt die Inszenierung keine Zweifel. Wirklich gelungen sind die Videoeinspielungen / Visionen vom streunenden Wolf, die im Laufe des 1.Aktes unabhängig voneinander beide Wälsungen sehen werden. So ein „Erkennen“ bzw. „Liebe auf dem ersten Blick“ wie es hier dargestellt ist, kennt man normalerweise nur aus „Romeo and Juliet“, wobei Sieglinde während des ganzen ersten Aktes die treibende Kraft ist (ob das jetzt daran liegt, dass Regie auch auf die schauspielerischen Möglichkeiten der Protagonisten Rücksicht genommen hat oder schon das Grundkonzept so angelegt war, kann ich nicht beurteilen).

    Besonders beeindruckt hat mich die Personenzeichung des Hunding. Dieses Mal konnte man mit diesem „Bösewicht“ sogar Mitleid haben. Hunding ist bewusst, dass seine Frau ihn nicht liebt, er weiß, dass er gegen den Hausgast wahrscheinlich keine Chance hat, er wirkt, nachdem er Siegmund erschlagen hat im Prinzip nur deprimiert und leer, da trotz alledem seine Frau, die er wahrscheinlich auf seine barbarische Art doch geliebt hat, verloren hat – sein Tod ist für ihn wahrscheinlich eine Erlösung.
    Sehr schön ist der Zweikampf gelöst – aus dem Off von links die Stimme Hundings, aus dem rechten Off die Stimme Siegmunds. Erst im letzten Augenblick kommen beide auf die Bühne, Nothung saust auf Hunding herab, da tritt Wotan dazwischen, das Schwert prallt ab, fällt nach hinten. In dem Augenblick sticht Hunding zu. Und während Brünnhilde die Sieglinde rettet, schneidet – ganz nach Jägersart – dem vielleicht noch röchelndem Siegmund die Kehle durch, um sicherzugehen, dass dieser auch tatsächlich tot ist. Dann – wie schon beschrieben – keine große Siegesgeste, sondern ein geschlagener Mann setzt sich hin und erwartet fast schon demütig sein Ende. Das fand ich ganz, ganz stark.

    Vorher schon eine Szene, als ein toter Wolf reingetragen wird, als Wotan und Fricka über das Schicksal des Wälsungenpaares verhandeln. Die Zärtlichkeit, mit der Wotan den Kadaver angreift, der ja eindeutig Siegmund symbolisiert – sehr ergreifend.

    Oder diese kammerspielartige Interaktion zwischen Fricka und Wotan…

    Ein weiteres Highlight war der 3.Akt – ich finde die Idee, auf leerer Bühne Pferde zu stellen (die auch sogar wie Pferde aussehen!!) und diese als Art Versteckmöglichkeit zu benutzen, sehr gut. Diese Walküren haben tatsächlich Blut an ihren Händen. Und dass die Helden versuchen, dem drohenden Tod zu entfliehen, ist durchaus nachvollziehbar (warum die guten Recken dies mit einem weißen Bademantel bekleidet tun müssen, ist eine andere Sache…).

    Auch der Feuerzauber zum Abschluss ist beeindruckend.

    Alles in allem ein beglückender Abend und ich freue mich schon auf den 2.Tag des Rings.


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    Wiener Staatsoper: SIEGFRIED am 4.5.2008

    Überwältigende 5 Stunden erbrachte diese Vorstellung. Der neue „Ring“ ist nun bereits zur Hälfte geschmiedet (na ja, eigentlich mehr, da ja das Rheingold doch eher kurz ist) und der 2.Tag machte mir wieder einmal Lust auf mehr…

    Andere KollegInnen verdammen die Produktion – was ich absolut nicht nachvollziehen kann! Überwältigend war dieses Mal vor allem Akt 1 und 2. Das Bühnenbild, das die Behausung von Mime darstellen soll, ist – schon wie in der Walküre – eher schlicht gehalten. 12 gemauerte Tische, teilweise für Ambosse, teilweise Kochstelle und Wasserstelle, passen hervorragend und geben den drei Protagonisten des 1.Aktes auch genügend Möglichkeit, sich im Rahmen der überaus wirkungsvollen und durchdachten Personenregie zu bewegen. fettFilm steuerte wieder sehr gelungene Videoproduktionen bei, wie den Bären (was ein ästhetischer Labsal ist im Vergleich zu anderen Produktionen, wo ein Komparse in einem Kostüm, was einem Bären mehr oder weniger ähnlich schaut, auf der Bühne Bewegungen vollführt, die mit denen eines Bären ja so nichts zu tun haben…). Ebenso fand ich es großartig, als zum Aktschluss Siegfried nicht den Amboss zerschlug, sondern auf der Hinterwand die Schwertspitze – ebenfalls mittels Videoprojektion – den Raum quasi spaltete und entlang der Schnittlinien Flammen züngelten. Diese Projektion bliebe auch noch bestehen, als der Vorhang bereits geschlossen war und erbrachte einen beeindruckenden und berührenden optischen Effekt – ein wirkungsvoller Höhepunkt eines phantastischen 1.Akts.

    Von anderer Seite bemängelt wurde das Bühnenbild von Akt 2 – auch hier muss ich entschieden widersprechen. Ja, es gibt keine Bäume zu sehen, aber – und das habe ich schon bei meiner Walküren-Besprechung durchklingen lassen – die Regie und das Bühnenbild konzentriert sich vor allem auf die Bereiche, die sich jeweils zwischen den handelnden Personen abspielen, alles weitere ist nur Staffage und lenkt von den – auch meiner Meinung nach – wirklich wichtigen Dingen ab. Es wurde die Stimmung im Wald insofern perfekt eingefangen, als man einen um 90 Grad in die Höhe geklappten Blick auf die Tiere des Waldes sehen konnten, die alle vor dem Ort des Geschehens fliehen. Wer sich mit dem Instinktverhalten von Wildtieren jemals auch nur peripher beschäftigt hat, wird wissen, dass diese instinktive Flucht vor drohendem Unheil glaubwürdig ist und auch dem Stück gemäß.

    Fafners Auge erinnerte mich ein wenig an die Ästhetik von Peter Jacksons „Lord of the Rings“ und die Silhouette von Siegfried vor dem Drachenauge war atemberaubend anzusehen. Das Auftauchen des zu Tode verwundeten Riesen war ein weiteres optisches Zuckerl – ich bin schon jetzt gespannt, wie diese dann im Rheingold optisch umgesetzt werden. fettFilm lieferte dann wieder den Waldvogel, der fast einer Lithographie von Georges Braque entstiegen schien. Optisch ungemein reizvoll.

    Nicht ganz so überzeugte mich die Umsetzung der Schlussszene. Vorher exhumierte Wotan noch die Erda, der kurze Kampf mit Siegfried war auch noch in Ordnung.

    Für mich verstörend war die Tatsache, dass der Walkürenfelsen optisch total anders gestaltet war als zu Ende der Walküre – aber vielleicht werden wir dann, wenn zum allerersten Mal der komplette Ring aufgeführt wird, da noch eine Überraschung erleben. So könnte man vielleicht noch einmal fettFilm bemühen, damit diese auch optisch das Durchdringen des Feuerwalls durch Siegfried unterlegen – die technischen Möglichkeiten dazu gibt es ja. Für sich allein stehend ist die Umsetzung so weit in Ordnung, ohne die Qualität der beiden Vorakte zu erreichen, doch im Kontext zur Gesamtproduktion wirkt die Veränderung der Lokalität störend.

    Unübertroffen ist aber die Personenregie von Sven-Eric Bechtolf. Man muss wahrscheinlich öfters das Stück anschauen, um wirklich alle kleinen, versteckten Gesten zu genießen, die er sich für die Protagonisten ausgedacht hat. Marianne Glittenberg hat Kostüme kreiert, die zeitlos und ästhetisch sind (wobei eine Brünnhilde im Abendkleid ein wenig seltsam wirkt) – besonders Siegfried wurde besonders wirksam eingekleidet. Die Bühnenbilder von Rolf Glittenberg habe ich schon vorher erwähnt.

    Eine Szene, die mir persönlich sehr gefallen hat war die, als Siegfried die Behausung von Mime mit einem von ihm erlegten Hasen betritt und dann, fast so nebenbei, fast schon entschuldigend streichelt. Er entschuldigt sich quasi, dass er dessen Leben nehmen musste, um selbst zu leben. Das sind die Dinge, die diese Produktion so außergewöhnlich machen. Keine Geste ist da umsonst – und jede Geste und Bewegung wird von Musik und Libretto untermauert – einfach meisterlich!!!

    Doch nun zum Musikalischen – Stephen Gould ist ein Siegfried, wie er im Buche steht! Seit seinem Paul bei der Premiere der Toten Stadt hat er sich stimmlich sehr weiterentwickelt und es gelingt ihm, diese „Mörder-Rolle“ bis zum Schluss nicht nur durchzustehen, sondern auch immer wieder stimmlich zu gestalten. Die Stimme ist dunkler gefärbt, doch hat er alle Spitzentöne auf Lager und wird da wirklich heldisch hell. Wie alle Sänger war er ungemein wortdeutlich. Auch von seiner Figur her ein idealer Siegfried, der den jungen Draufgänger einfach verinnerlicht hat, dem teilweise der Schalk im Nacken sitzt, der überzeugend einen fast parsifalischen reinen Toren gibt. Ein Held, der es sicherlich niemals zum Universitätsprofessor bringen wird, aber durch seine positive Einstellung ein Gewinn für die Gesellschaft ist.

    Es ist erfreulich, dass aus dem Hausensemble ein entsprechender Mime gefunden wurde. Diese Rolle ist sicherlich die beste von Herwig Pecoraro. Im Laufe des ersten Aktes wurde er immer besser, stellte den Zwerg als kriecherische, durch und durch verschlagene Figur dar und konnte ohne Probleme mit den Gaststars mithalten.

    Juha Uusitalo als Wanderer überzeugte mit seinem gewaltigen Bass-Bariton, eine – wie auch Gould – beeindruckende Erscheinung. Dieser Wotan ist keiner, der sich bereits mit dem unabdingbaren Schicksal abgefunden hat, sondern einer, der sich bis ganz zum Schluss noch immer dagegen wehrt, die Macht abgeben zu müssen. Gemeinsam mit Bryn Terfel ist Uusitalo einer der besten Sänger für diese Partie in seiner Generation.

    Hausdebütant Tomas Konieczny überzeugte als Alberich ebenso (trotz eines leichten „S“-Fehlers) wie Ain Anger in der Rolle des Fafner.

    Im Vergleich zu den anderen fiel ein wenig Ileana Tonca als Stimme des Waldvogels ab, ohne dabei eine schwächere Leistung zu erbringen. In diesem Falle gilt, dass das Bessere der Feind des Guten ist.

    Mich persönlich beeindruckte auch Anna Larsson, die in der kurzen, aber so wichtigen Partie der Erda mit ihrer vollen, fundierten Alt-Stimme Lust auf mehr machte!

    Nach ihrer fulminanten Sieglinde debütiert in dieser Produktion Nina Stemme auch als Brünnhilde – und gleich vorweg – sie macht ihre Sache mehr als gut, viel überzeugender als in der „Forza“. Es wäre interessant zu wissen, wann es zuletzt eine(n) Sänger(in) gegeben hat, die drei Premieren hintereinander am Haus erhalten hat. An diesem Abend ist auch das sich bei ihr langsam entwickelnde Vibrato in der Stimme kaum aufgefallen.
    In allerbesten Händen lag die Partitur bei Franz Welser-Möst, dem das Staatsopernorchester bereitwillig folgte. Vom ersten Ton an wurde Spannung aufgebaut, die sich im Publikum besonders nach dem 1.Akt mit einer Ovation entlud. Eine sowohl musikalisch als auch (mit ganz wenigen Einschränkungen) szenisch gelungene Produktion, die uns das Leading Team hier beschert.


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    Wiener Staatsoper: GÖTTERDÄMMERUNG am 11. Dezember 2008


    Dass fünfeinhalb Stunden so schnell vergehen können…
    Einen durch und durch beglückenden und berührenden Opernabend hat uns die Wiener Staatsoper beschert. Der dritte Teil des neuen Wiener Rings ist bis dato sicherlich der stärkste. Wieder einmal hat Regisseur Sven-Eric Bechtolf es geschafft, mittels hervorragender Personenführung die Beziehungen der einzelnen Akteure zueinander genau darzustellen. Mögen nun dem einen oder anderen das große „Weltendrama“ abgehen – ich bin der Meinung, dass das „Drama“ schon in der Beziehung zum Nächsten beginnt und sich daraus ein Ganzes formt. So dürfte auch Bechtolf den Ring auffassen und seine Stärke als Schauspieler ausspielen, der die Sänger durchaus fordert.
    Im Vergleich zur Premiere stellte ich bei einigen Sänger Steigerungen ihrer Leistung fest – der Druck dürfte abgefallen sein, was dem allgemeinen Niveau sehr gut tat.
    Zoryana Kushpler, Elisabeth Kulman und Caroline Wenborne boten eine anständige Leistung, wobei besonders Kulman positiv hervorstach. Zoryana Kushpler war bei weitem wortdeutlicher als noch bei der Premiere, Caroline Wenborne fiel da ab. Diese Sängerin hatte eine Doppelrolle –auch als Gutrune musste sie ran und wirkte da teilweise ein wenig überfordert (aber auch besser als bei der Premiere). Interessant war die Personenführung der Gibichungen-Kinder. Boaz Daniel, der sich ebenfalls gesteigert hat, war ein wortdeutlicher, äußerst stimmgewaltiger Gunter – ganz im Gegensatz zur Personenführung und eigentlich auch zum Text, der ihn doch als sehr schwachen König charakterisiert. Beide Geschwister machen von Beginn an deutlich, dass sie die Autorität des Hagen akzeptieren, der ein leichtes Spiel hat, diese nach seinem Willen und Plänen zu leiten. Was sich zwischen den Dreien mit kleinen Gesten so abspielt, war hervorragend gespielt und inszeniert. Als besonders „Schmankerl“ sei da nur die Szene im phantastischen 2.Akt erwähnt, als Hagen aus dem Hintergrund quasi Regie führt, als Gutrune Siegfried über seine Erlebnisse am Brünnhildenfelsen ausfragt. Zeigt Gunter zu Beginn des Stückes noch einen Rest von Würde, so schmilzt diese im Laufe des Abends dahin und sein unspektakulärer Tod ist eigentlich nur eine logische Folge davon – ein Niemand hat seine Schuldigkeit getan, ein Niemand kann gehen (frei nach Fiesco..).
    Hervorragend gezeichnet ist Hagen – gemeinsam mit Brünnhilde DIE starke Persönlichkeit des Abends. Eric Halfvarsson ließ sich ab dem 2.Aufzug ansagen (beginnende Verkühlung), allerdings wünsche ich mir viele Sänger, die diese Rolle trotz Gesundheitsproblemen derartig ausfüllen und singen können. Andere Rezensenten haben das Outfit des Hagen mit „Nosferatu“ verglichen – mich erinnerte er berufsbedingt an einen der erfolgreichsten Fondsmanager, Mark Moebius – einer, der in Emerging Markets investiert, Einfluss auf die Regierungen kleiner Länder hat und wenn genug Geld verdient wurde, sich daraus wieder zurückzieht. Passt doch irgendwie zu Hagen, oder? Dass dieser der wahre Herr am Rhein ist, wird von Anfang an deutlich. Er dirigiert seine Halbgeschwister, die „Mannen“ und auch Siegfried. Die einzige, die ihm etwas entgegen setzen kann, ist Brünnhilde.
    Nach der Premiere wurden vereinzelt seine Bewegungen kritisiert. Nun, diese machen bei näherer Betrachtung durchaus Sinn. Er, der Sohn des Alberich, hat anscheinend einen „speziellen Draht“ zum Nachfahren des Lichtalben Wotans. So gesehen spürt er natürlich, wenn Siegfried sich naht und er macht zwangsweise die Ruderbewegungen mit…
    Lust auf das Rheingold machte wieder der Kurzauftritt des Tomasz Koniecny, der im Vergleich zu seinem Sohn die hellere Stimme hatte, aber sängerisch wie auch schauspielerisch überzeugte. Highlight das langsame Zurückgehen in der langen, sich verjüngenden Säulenhalle, wo er von seinen Albträumen augenscheinlich heimgesucht wird. Er wird einer der wenigen Überlebenden des Weltenbrandes sein – ein zufriedenes Leben ist ihm nicht mehr vergönnt.
    Michaela Selinger (übrigens die einzige „Überlebende“ der letzten Götterdämmerung aus 2006), Ileana Tonca und Juliette Mars waren sehr nett anzusehende Badenixen (Verzeihung – Rheintöchter), an denen stimmlich überhaupt nichts auszusetzen war.
    Eine Klasse für sich als Waltraute ist Mihoko Fujimura, die ja schon als Fricka begeisterte. Sie beherrschte ihre Szene, weiß sich zu bewegen, hat einen hervorragenden Mezzo und die entsprechende Tiefe, um ein berückendes Rollenportait zu gestalten.
    Stephen Gould als Siegfried hat anscheinende bei Brünnhilde nichts für’s Leben gelernt – er ist nach wie vor der wilde, unbeherrschte Geselle, den wir schon im „Siegfried“ kennen gelernt haben. Er ist kein strahlender Heldentenor, dazu ist seine Stimme zu baritonal gefärbt, doch mit ein, zwei Abstrichen erfüllte er seine Aufgabe wirklich sehr gut, kann sich überraschend flink bewegen und wirkte ebenfalls befreiter als noch bei der Premiere.
    Zu guter Letzt noch ein paar Worte über die bei der Premiere viel gescholtene Eva Johansson. Auch ihre Leistung war um Klassen besser als noch am Montag – klar, eine Nilsson wird aus ihr nie, dazu ist das Stimmmaterial viel zu lyrisch und im Vorspiel kam der eine oder andere schrille Ton. Doch ich finde, dass sie im Laufe des Abends zu immer besserer Form aufgelaufen ist.
    Star des Abends war aber eindeutig Franz Welser-Möst, der es – wie schon gewohnt – schafft, auch das kleinste Nebenthema so aufzubereiten, dass es für das Publikum erkennbar wird. Schon nach dem 1.Akt gab es ungewöhnlich viele Bravos für ihn. Sein dadurch teilweise kammermusikalischer Ansatz passt ausgezeichnet zur auch eher nach innen gewandten Inszenierung. Aber – im Gegensatz zu Walküre und Siegfried, hatte WeMö dieses Mal keine Scheu, es so richtig krachen zu lassen – der Trauermarsch war gewaltig und der Schluss der Oper, von Haus aus einer der schönsten Momente der gesamten Opernliteratur – war erschütternd schön dargebracht. Ein Kompliment naturgemäß auch an das Staatsopernorchester und die wackeren Mannen und Frauen des Staatsopernchores.
    Für Bühnenbild und Kostüme sind Rolf und Marianne Glittenberg verantwortlich und sie schafften es wunderbar, fast alle ProtagonistInnen in einheitliches Schwarz zu kleiden. Na ja.. Die Chordamen müssen einige Zeit lang in grauen Kartoffelsäcken herumstehen, die sich erst später als Umhänge entpuppen, die Rheintöchter wurden mit Badehaube und Schwimmirgendwas ausstaffiert. Einen Schönheitspreis hat sich Marianne G. da nicht verdient, aber zweckmäßig sind die Kostüme allenthalben.
    Was gibt es über die szenische Auflösung zu sagen? Nun, man findet sich zu Beginn der Aufführung in einem Tannenwäldchen wieder, wo die drei Nornen ihr Seil „spinnen“. Was von den teuren Plätzen nicht ersichtlich ist, ist die Tatsache, dass mittels des Seil eine geometrische Figur gespannt wird, deren Bedeutung ich leider nicht kenne – aber es ist kein planloses Getue auf der Bühne. Das selbe Bühnenbild wird auch für die Szenen am Brünnhildenfelsen verwendet. Nun möge man einwenden, dass dieser im Siegfried anders ausgesehen hat und das dadurch unlogisch ist, dass plötzlich dort ein kleines Tannenwäldchen ist. Jetzt könnte man argumentieren, dass dies eben (mit der Walküre eingeschlossen) drei verschiedene Blickwinkel auf den selben Felsen sind (daher auch die verschwundenen Rösser der Walküre).

    Die Gibichungenhalle wird – wie alles in diesem Ring – sehr reduziert gebracht, mit einer großen, schneckenförmigen Sitzgelegenheit, die auch an eine Runde gemahnt. Die Stelen im zweiten Aufzug erzeugen Tiefe. Dieses Bühnenbild empfinde ich als äußerst gut gelungen.
    Nicht ganz glücklich kann man mit dem Bühnenbild „Bootsverleih zur lustigen Rheintochter“ sein, obwohl auch hier die Regie die Szenerie gut auflöst ist und der tote Siegfried gleich im Boot liegen bleiben kann – höchstpersönlich von Gunter zur Gibichungenhalle gestakt.
    Dass sich zum Abschluss Brünnhilde alleine mit dem Leichnam Siegfrieds auf der Bühne befindet, ist eine logische Konsequenz dieser Inszenierung, wo es um die Beziehungen zwischen Menschen / Göttern / Halbgöttern etc. geht. Wunderbar aufgelöst der Schluss, als Projektionen das Ende Walhalls und den Beginn des Zeitalters des Menschen darstellen. Wotan mit zersplittertem Speer ist noch einmal kurz zu sehen, zum Abschluss sehen wir dann noch im Bühnenhintergrund ein sich umschlingendes Menschenpaar.
    Wir können gespannt sein, ob es dann im Mai, wenn der Ring fertig geschmiedet sein wird, noch szenische Änderungen der drei Ring-Tage im Vergleich zu den Premierenserien geben wird. Die Vorfreude auf den kompletten Ring ist aber sehr groß…

    Hear Me Roar!

  • Vielen Dank Dreamhunter für diese detaillierten Schilderungen. Da habe ich richtig Lust bekommen, mir das anzuschauen. Es scheint, als seien Glittenbergs alles ganz ernsthaft angegegangen. Das gefällt mir. Kein Klamauk, keine Verfremdung, keine brutalen Eingriffe. Vielleicht die lang ersehnte Trendwende?


    Wie ist das denn mit den Rheintöchtern gelöst? Schwimmen oder schweben sie?

  • Sie stehen auf hydraulischen Sockeln, die sie auf- und ab"schweben" lassen. Die Sockel sind aber nicht zu sehen, da die ganze Szenerie mit großen "Seidentüchern" (mir fällt jetzt auf die Schnelle kein besseres Wort ein) belegt ist - ergibt einen tollen Effekt !

    Hear Me Roar!

  • Dreamhunter: Als Tamino-Neuling muss ich dir echt gratulieren, tolle Rezensionen, denen ich nach der ersten Hälfte des Ringes nur zustimmen kann. Zur gestrigen Walküre möchte ich nur ergänzen, dass natürlich Buh-Rufe in der WSO dazugehören, für mich aber nicht nachzuvollziehen war, warum Eva Johansson diese erhielt, und schlichtweg übetrieben hielt ich die für F.Welser-Möst. Oder war das angeschlagene Tempo (die Vorstellung endete bereits um 22.07 statt um 22.15) zu hoch? Na ja!


    Berechtigt dagegen der Jubel für die Stemme-Einspringerin Martina Serafin. Fantastische Stimmkultur und eindrucksvolle Personengestaltung...Wien ist eben anders. Im Ernst: Das Staatsopernensemble hat eine Qualität erreicht, da mag man zu seinem Direktor stehen wie man will, die sich sehen lassen kann...chapeau!

  • Beim heutigen Traviata-Besuch schnappte ich auf, dass es einige kleinere szenische Veränderungen bei der walküre gegeben hat - so gibt es nicht mehr die Gitterbetten und Puppen, sondern angeblich findet man die "Felsen" wieder, die man im Rheingold gesehen hat. Außerdem auch die beiden Goldköpfe, die Loge zum Schluss vom Rheingold quasi aus dem Ärmel zieht.


    Mehr davon, wenn ich dann beim 2.Ringzyklus gewesen bin.


    Noch eine Meldung zu Juha Uusitalo, der doch hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben ist - er soll sich angeblich von einer Krebsoperation, wo ihm ein benigner Tumor entfernt worden ist, erholen und dadurch noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte sein.

    Hear Me Roar!

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  • Der gestrige Siegfried in der WSO war einfach sensationell. Ich kann nur dem beipflichten, was ein Besucher anschließend in der Straßenbahn sagte: "Seit 50 Jahren geh ich in die Oper, was aber heute Stephen Gould geboten hat, hörte und sah ich noch nie!"


    Dem ist nichts hinzuzufügen, nach 4 1/2 Stunden frische wie zu Beginn, man hatte das Gefühl er könne noch drei Stunden singen. Und dazu Uusitalo als prächtiger Wanderer, dem man seine Erkrankung nicht anmerkte, und der auch schauspielerisch begeisterte. Wie bereits im Rheingold ein idealer Alberich (Konieczny). Sonderapplaus für KS Pecoraro, dessen Mime einen die Tränen (vom Lachen) in die Augen trieb. Die Damen diesmal (zumindest für mich) nicht sooo überzeugend, wenngleich Larssons Erda ok war. Bei Stemme ist es einfach ihr Vibrato, das ich persönlich nicht so mag, aber das ist nur meine Meinung. Insgesamt war auch sie prachtvoll. Welser-Möst wieder mit Tempo und Elan am Werk, was aber nie schadet. Und die Personenführung des ganzen Rings bisher überzeugte mich zu 100 %, während Kostüme und Bühnenbild sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen. Aber trotzdem: WM-reif! Freu mich schon aufs morgige Finale!

  • Der zweite vollständige Durchlauf des neuen Rings ist zu Ende gegangen und man kann mit dem, was geboten wurde, sehr zufrieden sein. Im Rheingold beeindruckte wieder einmal Adrian Eröd mit seiner Darstellung als Loge (obwohl er dieses Mal angestrengter gewirkt hat als noch bei der Premiere), bei der Walküre wurden in dankenswerter Weise zwei Schwachpunkte der Premierenserie entsorgt – einerseits die Gitterbetten, die nun durch die im Rheingold zu sehenden Felsblöcke ersetzt wurden, andererseits müssen die von den bluttriefenden Walküren nach Walhall verfrachteten Helden nicht mehr in weißen Kapuzen-Bademänteln auf der Bühne herum wuseln, was der szenischen Umsetzung des Walkürenritts durchaus gut tat. Eine kleine Götterdämmerung erlebten die Blechbläser des Staatsopernorchesters – da ist leider einiges schief gegangen, was aber dem sehr positiven Gesamteindruck der Walküre nicht in Mitleidenschaft gezogen hatte, da – mit Ausnahme der Sängerin der Brünnhilde – die Gesangsleistungen sehr gut waren (und Michaela Schuster als Fricka herausragend). Stephen Gould als Jung-Siegfried war hervorragend und führte da ein sehr homogenes Sängerensemble an.


    Das Publikum wartete also gespannt auf den 3.Tag des Bühnenfestspiels und wurde abermals nicht enttäuscht. Im Vergleich zur Premierenserie gab es bei diesem Teil des Bechtolf/Glittenberg/Glittenberg – Rings keine Änderungen der Regie und bei mehrmaligem Sehen kann man als Besucher die eine oder andere Merkwürdigkeit der Inszenierung sogar nachvollziehen. Überhaupt finde ich, dass dieser Ring sehr gelungen ist, obwohl er von vielen Seiten Schelte einstecken musste, da man doch eine Neuinterpretation vermisste. Dagegen stelle ich, dass dies eine Produktion ist, die für Neulinge im Wagner-Universum ein idealer Einstieg ist – es wurde werkgetreu inszeniert und dass die Personenführung exzellent ist, konnte niemand bestreiten – endlich wieder ein Regisseur von dem man das Gefühl hat, dass er nicht nur das Libretto, sondern auch die Partitur studiert hat und sich die Singdarsteller entsprechend zu dem bewegen, was aus dem Orchestergraben ertönt.


    Die Nornenszene war gut gespielt, Elisabeth Kulman als Zweite Norn stellte mit ihrem Ausdruck ihre Mitstreiterinnen, Zoryana Kushpler (Erste Norn) und Caroline Wenborne (Dritte Norn) klar in den Schatten.


    Um gleich bei den Mädchen-Gespannen zu bleiben – die „neckischen Nicker“ waren wieder einmal hervorragend aufeinander eingespielt, bewegten sich gut (von der Galerie und Balkon hat man die Möglichkeit zu sehen, wie sie sich unter und neben den Booten bewegen – das bleibt den Besuchern des Parketts verwehrt; auch bei der Nornenszene kann man nur von den „billigen Plätzen“ auch sehen, dass diese mit den Seilen Runen oder magische Zeichen auf dem Boden nachzeichnen). Von der „Rheingold“-Besetzung gleich blieben Ileana Tonca als Woglinde und Michaela Selinger, während Kulman in der Götterdämmerung durch Juliette Mars ersetzt wurde und eine durchaus anständige Leistung bot, die allerdings nicht an das Niveau von Kulman im Rheingold heranreichte. Schade, dass man die österreichische Mezzo-Sopranistin nicht beide Rollen singen ließ (dass dies möglich ist bewies ja in der Premierenserie Caroline Wenborne, die sowohl eine der Nornen als auch die Gutrune sang).


    Viel Publikumszuspruch erhielt auch Mihoko Fujimura, die sich gut bewegt, stimmlich absolut dem Rollenprofil entspricht, allerdings nicht ganz an die Leistung und den Ausdruck vom vergangenen Dezember heranreichte – da hat sie sich selbst eine Latte gelegt, die sie erst einmal wieder überwinden muss.
    Das Regiekonzept wollte es so, dass beide Gibichungen als schwächliche, vielleicht auch degenerierte Menschen dargestellt werden (wie es ja auch Brünnhilde anmerkt), die unter der Fuchtel des Hagen stehen. Boaz Daniel verkörperte den Gunther sehr glaubwürdig und sein schöner, warmer Bariton veredelte diese Rolle. Eine sehr gute Leistung des Sängers, der sich bei Wagner bedeutend wohler fühlt als bei Mozart-Opern. Ricarda Merbeth ist im Vergleich zur Premieren-Gutrune ein absoluter Gewinn und auch sie gab ein gesanglich einwandfreies Rollenbild ab. Sehr schön die Interaktionen zwischen Gutrune und Brünnhilde, die der „Buhlin“ ihres Gatten verzieh und für sie Verständnis zeigte – bei der Trauer um den gemeinsamen Geliebten.


    Stephen Gould war gesanglich in viel besserer Verfassung als noch im Dezember, obwohl er durch eine Pollenallergie ziemlich in Mitleidenschaft genommen ist. Es wurde von einigen Seiten bemängelt, dass die Darstellung des Götterdämmerung-Siegfrieds dem des Jung-Siegfrieds zu sehr ähnelt – aber das ist doch auch nachvollziehbar. Niemand weiß wirklich, wie lange sich Siegfried am Brünnhildenfelsen aufgehalten hat – und für das Kind, das aus dem Wald kam, ist der Palast der Gibichungen sicherlich eine komplett andere Welt, die er mit staunenden Kinderaugen und natürlicher Naivität betrachtet. Ein ungeschliffener Bub bei Hof – glaubwürdig dargestellt. Gould sang sehr klug, mit strahlenden Höhen, und hielt die Partie – auch bei den heiklen Passagen zum Schluss – problemlos durch. Noch eine Anmerkung zur goldenen Perücke und zu der Gold-Schminke, die er trägt, wenn er für Gunther die Brünnhilde gewinnt – dies ist sicherlich sängerfreundlicher, als wenn er während dieser Szene die Tarnkappe (eigentlich das Tarn-Tuch…) tragen muss!


    Bei seinem Kurzauftritt beeindruckte Tomasz Konieczny als Alberich, seine „Schläfst du, mein Sohn“ – Passagen waren bedrohlich und unheimlich gesungen. Was mir auch diese Mal verborgen blieb war die Tatsache, warum der zu Beginn seines Auftrittes sich behände bewegt und dann beim Abgang komplett erschöpft weghumpelt. Aber vielleicht nagt schon der Zahn der Zeit an ihm – seit dem Rheingold wirkte der Nacht-Alb merklich gealtert.


    Den meisten Zuspruch erhielt wieder Eric Halfvarson als Onkel Fester aus der Addams-Family. Sorry, ich meine natürlich als Hagen (aber das Kostüm erinnerte mich derartig an diesen Film, dass ich wirklich die ganze Zeit schmunzeln musste). Der Alberich-Spross hat alle Fäden in der Hand und beeinflusst seine ganze Umgebung – was aber nicht so schwer ist, wie schon oben beschrieben. Einerseits ein Geschwisterpaar, das ziemlich degeneriert ist, andererseits ein Naivling sonder gleichen. Er hat einen wirklich schwarzen Bass, der nur manchmal zum Vibrato neigt – man kann schon auf seinen „Komtur“ gespannt sein – das ist eine Luxusbesetzung für diese Rolle.


    Eva Johansson hat mit der Brünnhilde in der Götterdämmerung bei weitem weniger Probleme als in der Walküre, obwohl man merkt, dass sie gesanglich an ihre Grenzen gehen muss (nicht konditionell) und des Öfteren schrill und wortundeutlich rüberkommt.


    Zusammengehalten wurde alles von Franz Welser-Möst, der vom Publikum stürmisch bejubelt wurde. Von allen vier Teilen war dieser Abend musikalisch vielleicht der Beste – der Trauermarsch wurde nicht pathetisch, sondern fast brutal gespielt. Die Erschütterung, die man dabei spüren kann, wurde da nicht auf dem Silbertablett präsentiert, sondern die musste man sich intellektuell erarbeiten – wie überhaupt die Leseweise von Welser-Möst, wie immer, darauf hinzielt, in der Partitur versteckte Feinheiten aufzubereiten und er nicht so auf die großen Gefühle hinzielt wie zum Beispiel Christian Thielemann.


    Ein gelungener Abschluss dieses Rings – der nächste folgt dann im Juni.

    Hear Me Roar!

  • Lieber Dreamhunter,


    ich zeige mich sehr beeindruckt von Deiner unglaublich tiefgründigen und gut beobachteten Kritik. Und ich bin total neidisch, daß Du den Ring-Zyklus schon 2x gesehen hast. Frage: Wie machst Du das ? Bist Du beruflich Opernkritiker ?


    Liebe Grüße,


    Louis

  • Lieber Louis,


    nein, bin ich nicht! Im "wirklichen" Leben arbeite ich in der Organisation eines internationeln Bankkonzerns in Wien. Ich habe aber immer schon gerne geschrieben - Artikel für Sportzeitungen, Investmentbriefe, Katzenzeitschriften. Macht mir einfach Spaß - meine Kritiken schreibe ich hauptsächlich für den "Online-Merker" und den "Opernfreund" und stelle sie auch da rein, weil ich einfach gerne mit anderen "Opernwahnsinnigen" über Aufführungen diskutiere.


    Ich hoffe, dass Du am 5.Juni zum Tamino-Treffen in Wien kommen kannst!


    Liebe Grüße,


    Kurt


    P.S. Und was den Ringzyklus betrifft - ich nehme mir einfach Zeit dafür und schleppe meine Zukünftige mit, was für meine Tomoko :jubel: einen ziemlichen Kulturschock bedeutet -> von AC/DC und Japan nach Österreich zu Wagner und Strauss :D

    Hear Me Roar!

  • Lieber Dreamhunter,


    wirklich super, wenn man es so ausleben kann, mir fehlt da ein wenig die Zeit, wobei ich auch fleißig Wagner sehe und höre, aber selbst-einteilend auf DVD und CD. Allerdings war ich in der Walküre, im Siegfried und in der Götterdämmerung, das Rheingold muß ich irgendwann nachholen.


    Ich schaue mal, ob ich den 05.06. einrichten kann. Da ich aber meinen Lebens-Schwerpunkt auf Graz (Liebe...) verlegt habe (oder musste...), bin ich meist schon Freitag Nachmittag in der Steiermark.


    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,


    Louis