Mozarts Streichquartette - empfehlenswerte Einspielungen?

  • Guten Morgen,


    mit meiner ersten Stellungnahme in diesem Forum möchte ich mich gleich einer besonderen Werkform in Mozarts Schaffen widmen, die mir ein wenig Kopfzerbrechen bereitet.
    Es geht um Mozarts Streichquartette.
    Von den großen Klassikern auf diesem Gebiet führt sicherlich Beethoven die Liste der Einspielungen, insbesondere der guten Einspielungen an. Ich selbst habe die Gesamtaufnahme des Gewandhausquartetts und finde sie, mit Ausnahme des Verpackungsformats, fabelhaft. Nach Beethoven folgt Haydn, von dem es ebenso, wenngleich nicht ganz so viele, hervorragende Aufnahmen gibt.
    Doch was ist mit Mozart?
    Mozart ist vermutlich der bekannteste Komponist der Welt. Noch jede jugendliche Kritzelei ist auf CD aufgenommen. Doch gerade bei seinen Streichquartetten finde ich die Einspielliste lamentabel.
    Dazu folgende Anmerkungen: Zunächst kaufte ich mir per Zufall in einem Buchladen eine CD mit ESQ und dem Jagd- und Dissonanzen-Quartett (und Haydns Kaiser-Q.). Die finde ich eigentlich gut, weil die Emersons ja sehr rund und musikalisch musizieren (was ihnen ja oft vorgeworfen wird; sie seien zu weich, spielten zu wenige Ecken und Kanten). Nun sind 2 Streichquartette nicht so viel. Hinzu kommt, dass ich gern Gesamtaufnahmen kaufe, um mich in eine Werkgruppe einzuhören, damit ich dann ggf. besondere Aufnahmen oder eine gute Neueinspielung ergänzen kann. Lange habe ich mich nicht um die Mozart-Qu. gekümmert, es gab so viel anderes und mir stach auch keine Einspielung besonders ins Auge. Dann erwarb mein Schwiegervater die EMI-Box des Alban-Berg-Quartetts. Beim gemeinsamen Probehören waren wir angetan, aber es blieb bei mir nichts Dauerhaftes hängen. Bestimmt ein oder zwei Jahre später, als ich bei Beck war, sah ich die Box und kaufte sie, weil ich eben gern die Quartette wollte. Beim Hören zu Hause war ich dann nicht mehr ganz so begeistert und als ich mit meinem Schwiegervater darüber sprach, meinte der, es sei "un-mozartisch" musiziert. Das stimmt auch. Es ist mehr Berg als Mozart. Jeder Lagenwechsel bricht die Melodie und somit wird der typische laut-leise-Wechsel noch um Unruhe ergänzt und ich kann mir nicht vorstellen, dass Mozart so gemeint ist.
    Ich kaufte mir dann, ebenfalls eher zufällig, da nach wie vor suchend, die Einspielung von zwei Quartetten (ich glaube aus den Haydn-Qu., kann leider gerade nicht nachsehen) des jungen Damenensembles Klenke-Quartett. Das klingt für mich mehr nach Mozart. Weich und rund und Brüche nur da, wo man tatsächlich auch eine Änderung in der Musik erkennen kann. Quasi keine Überanalyse der reinen Noten. Nun gibt es von Klenke aber nur die Haydn-Quartette Mozarts komplett.
    Da fand ich die Gesamteinspielung des Amadeus-Quartetts. Das Amadeus-Qu. musiziert wirklich schön. Es ist noch ein älterer Stil, ein bisschen wie die Sinfonien mit Böhm. Die Aufnahmen sind aus den 60 ern und 70ern. Mit ihnen komme ich besser zurecht.
    Gleichwohl frage ich mich, ob es nicht noch andere Einspielungen gibt, evtl. auch neueren Datums, die ebenfalls hörenswert sind. Es gibt ja eine ganze Reihe guter Einspielungen der Haydn gewidmeten Quartette, aber was ist mit den anderen Quartetten? Wo ist überhaupt das Problem mit Mozarts Streichquartetten?


    Beste Grüße
    Luis


    PS. Das mit der Ergänzung der Cover werde ich noch üben.

  • Hallo!


    Ich bin ja bekanntlich überhaupt kein Kammermusikfan, aber trotzdem möchte ich dir diese Box (vor allem wegen des sehr guten Preises) nahelegen:



    Es spielen das Orlando Quartett, das Sonare-Quartett und das Schubert-Quartett.


    Ich kann nicht genau beurteilen, ob die Interpretationen wirklich mit den Besten mithalten, da mir die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Trotzdem hats mir recht gut gefallen - und das will bei mir kammermusikalisch schon was heißen... :D



    LG joschi

  • Nun denn,


    meine Empfehlung:



    Quartette D-Dur KV 499, D-Dur KV 575, B-Dur KV 589 und F-Dur KV 590
    Quatuor festetics


    Einfach umwerfend und traumhaft schön :faint: :jubel:


    Meine Favoriten sind KV 499, 575 und 590.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

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  • Montagmorgen ist wohl nicht der beste Zeitpunkt für eine Diskussion. Trotzdem vielen Dank für die bisherigen Hinweise. Das Hagen-Quartett ist sicher eine Bank. Muss ich gleich mal sehen, wo ich das hören kann. Die Brilliant-Aufnahme muss ich auch mal recherchieren, weil Brilliant meiner Erfahrung nach durchaus Hörenswertes zu lächerlichen Preisen anbietet. Aber keine Schleichwerbung. Außerdem: Wenn man sich schon mal Gesamtaufnahmen leistet, dann sind ein paar Euro mehr aufs Leben gerechnet überschaubar.
    Was ist mit dem Amadeus-Quartett? Hat das noch jemand außer mir?
    Gibt es sonst noch Einspielungen?
    Die Beschreibungen von Ulli sind wirklich sehr schön, leider (aber wegen der schieren Menge schöner Stellen bei Mozart) auf die Haydn-Quartette bzw. die vielgespielten beschränkt.
    Oder ist es am Ende wirklich so, dass Mozarts Streichquartett in der Publikumsgunst hinter Beethoven und Haydn zurück stehen?
    Mit einem letzten Verweis auf den älteren Thread möchte ich die Diskussion wieder eröffnen: Ist das Alban-Berg-Quartett bei Mozart das Maß aller Dinge oder finden auch andere, dass es zu "scharf" ist? Mir ist ja schon öfter aufgefallen, dass eine ganze Reihe der Autoren im Forum Klassik gern auch mit Klangbild 2. Wiener Schule hören.

  • m.E. ist die diskographische Situation für die 10 späten Quartette, wenngleich nicht so luxuriös wie bei Beethoven oder den 3 letzten Schuberts, doch recht zufriedenstellen und viel besser als bei Haydn, wenn man vielleicht von op.76 absieht.
    Von den frühen Quartetten (1-13) gibt es immerhin Aufnahmen des Talich, Amadeus, Italiano und Hagen-Quartetts, dazu die genannte Brilliant-Box und eine bei Naxos u. evtl. noch ein oder zwei mehr. Von den Haydn gewidmeten gibt es zig Aufnahmen (z.B. auch Emerson, aber wohl vergriffen), von den Preußischen und KV 499 auch nicht wenige.
    Ich habe die frühen nur mit dem Hagen-Q. Gefällt mir so weit sehr gut, schlanke, spielfreudige Aufnahmen, die sich deutlich von den späteren, vielleicht etwas manierierten Interpretationen dieses Ensembles unterscheiden.


    Zwar mir bisher nur als Klangschnipsel bekannt, aber vielleicht für die, denen das ABQ zu "modern" (was ich anhand der Teldec-Aufnahme aber nicht nachvollziehen kann) ist, interessant, wäre die Box des Suske-Quartetts, die immerhin auch die bessere Hälfte der frühen Quartette ( ab Nr.8 ) enthält. Sehr schöner Quartettklang, etwas entspanntere Wirkung als beim ABQ



    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Suske klingt gut. Das ist einer der Herren des Gewandhaus-Quartetts (auf dem Bild der 3. von links), die, wie erwähnt, Beethoven und auch Haydn ganz hervorragend eingespielt haben. Und wie ich sehe, sind das die Quartette 8-23, also die reiferen (ob man die aus der Jugend wirklich haben muss, sei dahin gestellt; die Jugendsinfonien mit Harnoncourt habe ich mir mal als Schnäppchem im 2nd Hand gekauft, aber mitreissen tun die begrenzt). Das werde ich neben Hagen mal in die engere Wahl nehmen. Die Brilliant-Box kostet ja nur 9,99, die geht ja quasi nebenbei.
    Klappt übrigens wirklich hervorragend mit dem Forum. Danke allerseits.

  • Die zehn letzten Quartette gibt es in empfehlenswerten Einspielungen preiswert mit dem Alban-Berg-Quarett (frühe Aufnahmen bei Teldec) und mit dem Quatuor Mosaiques (HIP).


    Leider kenne ich weder die ganz alten Aufnahmen mit Talich Quartett und Quartetto Italiano noch die Aufnahmen mit dem Hagen Quartett.

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Zwar mir bisher nur als Klangschnipsel bekannt, aber vielleicht für die, denen das ABQ zu "modern" (was ich anhand der Teldec-Aufnahme aber nicht nachvollziehen kann) ist, interessant, wäre die Box des Suske-Quartetts, die immerhin auch die bessere Hälfte der frühen Quartette ( ab Nr.8 ) enthält. Sehr schöner Quartettklang, etwas entspanntere Wirkung als beim ABQ



    JR


    Das Suske-Quartett ist sicher eine Empfehlung. Von dieser Formation besitze ich die sechs Haydn-Quartette und die Prussischen-Quartette.


    Karl Suske hatte sie nach seinem Weggang von Leipzig nach Ost-Berlin dortselbst gegründet (m.W. war er in Berlin Konzertmeister bei der Staatskapelle). Primarius im Gewandhaus-Quartett wurde übrigens erst bei einer Rückkehr nach Leipzig (um 1980), in der vorberliner Zeit saß Karl Suske beim Gewandhaus-Quartett an der 2. Geige.


    Um 1970/71 entstanden in der DDR für "Eterna" die Aufnahmen dieser Ost-Berliner Quartettformation, die sich tatsächlich durch eine außerordentliche Klangschönheit auszeichnen. Aber -wie gesagt- ich kann da nur für die oben genannten Quartette sprechen.


    Nur wenige Jahr zuvor ist in der BRD eine feine GA der Streichquartette entstanden, die vom heutigen CD-Markt unterschlagen wird: die mit dem Heutling-Quartett. Diese GA ist bei Electrola (heute EMI) in den späten 1960er Jahren erschienen. Die Quartette waren wohl verinzelt als Einzel-LP's auf dem Markt, aufgenommen wurden sie in einer Spanne von nur wenigen Monaten in Berlin.


    Dieses 1958 gegründete Quartett hat -obwohl es bis zu Beginn der 1980er bestanden hatte- leider nur eine überschaubare Anzahl von Aufnahmen hinterlassen. Auch die Heutlings sind eher einem älteren Musizierstil verpflichtet; angenehmer Einsatz von Vibrato, schöner, teilweise auch sehr intimer feiner Ensembleklang, agil, aber nicht agressiv.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Ich muss mich korrigieren: Die Ga war tatsächlich einmal als CD-Box zu haben; zusammen mit den Streichquintetten.



    Leider nur noch gebraucht oder als Restbestand.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo Luis,


    die 'Haydn'-Quartette habe ich mir mal mit dem Talich Quartett besorgt. Auf einer der drei CDs ist auch noch Mozarts 3. Quartett.
    Bei Talich Quartett sind die vier Instrumente vorbildlich zu hören. Wenn ich mich recht entsinne, spielt dieses Ensemble noch homogener als die auch schon recht guten Emersons auf dieser Aufnahme:


    .


    Daher könnte die Talich-GA etwas für Dich sein:


    .


    Viele Grüße

  • Hallo,
    meines Wissens das erste Quartett,das sämtliche Mozart-Streichquartette (und Quintette) aufgenommen hat,war das Barchet-Quartett auf Vox.Kurz darauf zog das Pascal-Quartett auf MMS nach (ebenfalls die Quintette eingeschlossen).Beide Einspielungen sind antiquarisch nur auf LP erhältlich.Vom Barchet-Quartett gibt es jedoch eine Auswahl auf CD bei Quadromania (KV 158,159,160,168,169,170,499,575,589,590).
    Nicht unerwähnt möchte ich die Einspielungen vom Melos-Quartett lassen; jeweils die "großen" Quartette bei Intercord und später bei DGG.
    Ebenso das Quartetto Italiano auf Philips.
    Meine Lieblings-Gesamtaufnahme ist jedoch die vom Amadeus-Quartett bei DGG.Ich mußte zwar frühere meine Meinung , daß das Amadeus-Quartett puncto Quartettspiel das Maß aller Dinge sei , in manchen Bereichen (z.B. bei Beethoven) revidieren - bei Mozart trifft dies meines Erachtens nach wie vor zu.Man höre nur , wie Norbert Brainin im Trio des Menuetts von KV 421 sein Violinsolo anlegt - wie er die Gratwanderung zwischen Kunst und Schmalz meistert macht ihm so schnell keiner nach.
    Zu erwähnen ist,daß vom Amadeus-Quartett für die "großen" Quartette eine frühe Version aus den fünfziger Jahren und eine spätere aus den sechziger und siebziger Jahren existiert.
    Die frühe Version (mit Ausnahme von KV 387,das es nur auf einer EMI-LP gibt) ist jetzt wieder auf CD (DGG Original Masters) erhältlich (zusätzlich die Quintette KV 515,516,593,514).
    Die spätere Version (die auch die frühen Quartette beinhaltet) gabs bei DGG und ist sicher noch im Handel zu haben.
    Welcher der beiden Versionen der Vorzug zu geben ist ist kaum zu entscheiden.Die frühe Version wirkt in machen Teilen spontaner und frischer,dafür hat man bei der späteren Version die frühen Quartette mit dabei.
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.