Herbert von Karajan war ein auf Perfektion versessener Mensch, daher ist es kein Wunder, daß die Aufnahmen, die im Studio unter Idealbedingungen entstanden sind, bei weitem überwiegen und das Bild dieses Dirigenten geprägt haben.
Nichtsdestotrotz gibt es auch eine ganze Reihe von Live-Aufnahmen, die, wie die einen anmerken, noch besser, da spontaner, sind als manch eine perfekt gestylte Aufnahme aus dem Studio; die, wie die anderen dagegen halten, aber auch etwaige Schwächen des Karajan'schen Dirigats offenlegen, welche im Studio ausgemerzt wurden, ihn quasi entzaubern. Egal, zu welcher Fraktion man sich nun zählt: die Beschäftigung mit den Live-Aufnahmen lohnt in jedem Fall.
Viele Live-Aufnahmen sind erst seit kurzem überhaupt wieder greifbar, doch gibt es noch einiges zu tun, wie die von mir jüngst ins Spiel gebrachten "Meistersinger" von den Salzburger Osterfestspielen 1974, die bis dato nicht erschienen sind, beweisen. Hier ist auf die Unterstützung der Labels zu hoffen, um solche ungehobenen Schätze einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Im Anschluß eine (freilich unvollständige) Reihe von Live-Aufnahmen Karajans, bekannte und wenig bekannte:
Wagner: Parsifal [1961]
Beethoven: Fidelio [1962]
Wagner: Tannhäuser [1963]
Strauss: Elektra [1964]
Beethoven: Symphonien Nr. 5 & 6 u. a. [1969]
Mozart: Don Giovanni [1970]
Beethoven: Symphonie Nr. 6 u. a. [1972]
Mahler: Symphonie Nr. 9 [1982]
Beethoven: Symphonie Nr. 4 u. a. [1985]
Brahms: Symphonie Nr. 1 u. a. [1988]