Schumann: Kinderszenen

  • Liebe Julia & lieber Romeo ,


    2006 hat Lupu in Düsseldorf einen reinen Schumann - Abend gegeben .


    Leider litter der Abend unter den katastrophalen klimatischen Verhältnissen des überfüllten ( und zu kleinen ) Robert - Schumann - Saales .


    Das Instrument war nicht sauber gestimmt


    und der Meister litt auch hörbar unter den äusseren Bedingungen .


    Die "Waldszenen" ragten in dem Programm heraus . Das war wundervolle s, besseltes Klavierspiel .


    Bitte berichtet über den Lupu - Abend in Basel . Danke im voraus .


    Beste Grüsse in die Schweiz !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    ich will nicht darauf bestehen - doch, eigentlich schon - aber es ist
    keineswegs sicher, dass Schumann an progres. Paralyse starb, der
    Obduktionsbefund des Gehirns deutet auch nicht auf eine Syphilis hin.



    Zudem scheint mir Felix deutlich (!!!) der Sohn Schumanns, nicht der
    Brahms - was auch von den Daten nicht hinkommen kann. Schau dir
    nochmals die Photographie Felix´an: Gesichtsform, Schnitt und Abstand
    der Augen: alles ganz deutlich (!!!) Robert Schumanns Einfluss. Deutet
    alles nicht auf Brahms hin.


    Grüße florian


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  • Seit bald vier Jahren wurde über die Kinderszenen op. 15 in diesem Thread nicht mehr geschrieben. Es ist Zeit dies zu ändern.


    Andreas Staier hat auf einem Erard Flügel aus dem Jahr 1837 neben anderen Klavierwerken auch die Kinderszenen op. 15 im Jahr 2007 eingespielt. Die CD erschien 2008 beim Label harmonia mundi France unter dem Titel "Hommage à Bach". Andreas Staier hält sich an die zügigen Metronomangaben von Schumanns Hand.


    Andreas Staier schreibt:
    Zitat: "Die Kinderszenen stellten mich vor die interessante und lehrreiche Aufgabe, meine Hörgewohnheiten in diesem fast allzu bekannten Werk über den Haufen zu werfen. Inzwischen leuchten mir die originalen Metronom-Zahlen durchaus ein; sie sind dem Fragmentarischen, Sprechenden dieser kurzen Skizzen angemessener als unsere traditionelle, sentimental gedehnte Spielweise – der Hörer urteile selbst... "


    Neben den Kinderszenen op. 15 ist eine Auswahl von acht Stücke aus dem Album für die Jugend op. 68, 4 Stücke op. 32, 7 Stücke in Fughettenform op. 126 sowie die Waldszenen op. 82 auf der CD zu hören. Schumann hat sich mit der Musik Johann Sebastian Bachs immer wieder auseinander gesetzt. Bezüge zu Bach finden sich in seinem Werk, auch an Stellen, wo man es nie vermuten würde. In der Träumerei, dem siebten Stück der Kinderszenen ist ein Choral einkomponiert. Mit Fugen hat sich der Komponist immer wieder auseinandergesetzt. In der Produktinformation des Werbepartners ist ein erhellender Text zu finden.


    Eine Referat mit dem Titel "Bach und Händel in der Rezeption Robert Schumanns", das Matthias Wendt, Düsseldorf am "Tag der mitteldeutschen Barockmusik 2001" in Zwick gehalten hatte, klärt über das Verhältnis Schumanns zu diesen beiden Barockkomponisten auf. Mit etwas googeln wird man zum Text im Internet finden.
    .

    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



  • Ich weiß nicht, ob schon jemand in diesem Thread über Jörg Demus gesprochen hat, der zweischen 1972 und 1976 bei NUOVA ERA sämtliche Klavierwerke Robert Schumanns aufgenommen hat:

    Beim Stöbern im Klaviermusik-Forum derKlassik und Romntik stieß ich auf diesen Thread, und da ich zuvor in Alfred Brendels Buch "Über Musik" ein Kapitel über Robert Schumann und in dem Zusammenhang über die verschiedenen Metronom-Angaben in den Kinderszenen gelesen hatte, schlug ich diesen Thread auf. Da ich in ihm nichts über Demus fand, nahm ich diese GA zur Hand und entdeckte nach oberflächlichem Suchen noch weitere Aufnahmen von Wilhelm Kempff, Michael Endres und Vladimir Horowitz, die dieser am 22. Mai 1982 im Alter von 79 Jahren in London in der Royal Festival Hall aufgenommen hatte. Wenn ich mal ein wenig Zeit habe, werde ich mal die Spielzeiten dieser vier Aufnahmen vergleichen um einen ersten hinweis darauf zu erhalten, ob sich die Beachtung der Metronomzahlen bei diesen vier Pianisten ähnelt und wo eventuell Abweichungen sind.
    Zunächst einmal möchte ich zu dieser Aufnahme sagen, dass sie mir durchaus gefällt und die Tempi schlüssig erscheinen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zu Beginn des Threads wurden etliche persönliche Animositäten ausgetragen und auch teilweise vorhandenes Unwissen in die Welt gesetzt.

    Ich habe einige Zeit über einen Ersatz durch einen perfekten und zeitgemäßen Thread nachgedacht - den Gedanken dann aber doch verworfen, denn es hieße ein Stück Forengeschichte zerstören und einen Zeitspiegel vernichten.

    Mich würde interessieren, ob noch jemand etwas näheres zu der Inspiration hinter den Kinderszenen ausführen könnte.

    Hier ist ausnahmsweise der Harenberg Klaviermusikführer hilfreich. Schumann schreibt an Clara, daß er wie mit "Engelsflügeln" ausgestattet an die dreißig Miniaturen geschrieben habe. Daraus hat er 13 ausgewählt und sie zu einem Zyklus op 15 zusammengefügt. Wie schon weiter oben geschrieben wurde, kein Zyklus für Kinder, sonderen einer für Erwachsene, die sich an ihre eigene Kindheit zurück erinnern.

    Bemerkenswert ist, daß die Titel der einzelnen Stücke nicht gleichzeitig mit den Kompositionen geschrieben wurden, sondern erst nachträglich von Schumann hinzugefügt wurden. Schumann selbst liebte diese Stücke sehr.

    OB und inwieweit die restlichen Stücke in Schumanns Werk verarbeitet wurden ist mir derzeit unbekannt.

    Das Werk hat keine literarische Vorlage .

    Völlig richtig.


    Die Aufnahme mit Brendel, für die ich mich dann entschieden habe, ist, beim Durchhören der ganzen CD, vielleicht doch ein wenig zu "durchgeistigt", so ganz überzeugen tut sie mich auf Anhieb nicht, ohne dass ich genau festmachen könnte, woran das liegt, die Aufnahmequalität ist allerdings ausgezeichnet.

    Interessanterweise nominiert Harenberg genau DIESE Einspielung - als Empfehlung eines Interpreten der Gegenwart.


    Von den Pianisten der Vergangenheit werden dort Vladimir Horowitz, Alfred Cortot, Clara Haskil und Wilhelm Kempff genannt.

    Das Buch stammt von 1998 und somit auch schon ein wenig antiquert in seinen Aussagen...


    Auch ich höre jetzt eine alte analoge Aufnahme der Kinderszenen mit Claudio Arrau (Philips) dessen Spiel neimals in irgendeine Richtung überzogen wirkt - ein "klassischer Romantiker"


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



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  • Lieber Alfred Schmidt


    Es ist zu begrüssen, dass du diesen Thread wieder belebt hast. 2013 versuchte ich mit einem Beitrag den damals vier Jahre ruhenden Thread zum Laufen zu bringen. Seither sind wieder sieben Jahre vergangen.

    Robert Schumanns Werk liebe ich und verehre seine Kunst. Seine Poesie, die er in den Kinderszenen op. 15 ausbreitet, zählt für mich zum Berührendsten, das ich kenne. Das Schlussstück "Der Dichter spricht" höre ich besonders gerne.


    Martha Argerichs Interpretation wurde im Thread bereits lobend erwähnt.
















    2018 spielte sie das Opus 15 in Barcelona live.


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  • 1987 spielte Vladimir Horowitz in Wien vor einem gebannten Publikum, wenn man von denjenigen absieht, die ihr Husten nicht unterdrücken konnten. (Ein Kommentar auf You Tube bringt's auf den Punkt: It’s a duet for piano and cough.)


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  • Jörg Demus Interpretation kann man mit dem Notentext vergleichen.


























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  • Auch wenn ich jetzt nach dem Hören der Interpretation von Martha Argerich denke, dass Eric Le Sage mit seiner Interpretation nicht ganz heranreicht, finde ich seinen Ansatz durchaus hörenswert. Er spielt sehr trocken , aber keineswegs gefühllos. Er hat alle Klavierwerke Schumanns eingespielt, eine ziemlich gelobte Einspielung. Die Kindersenen sind dabei leider nur im Bundle zu bekommen. Ich habe auf youtube gesucht und immerhin einige Einspielungen erhalten.









  • Andreas Staier hat die zügigen Metronomangaben ernst genommen und seine eigenen Hörgewohnheiten über den Haufen geworfen.


    1. Von fremden Ländern und Menschen



    2. Kuriose Geschichte



    3. Hasche-Mann



    4. Bittendes Kind




    5. Glückes genug




    6. Wichtige Begebenheit




    7. Träumerei




    8. Am Kamin




    9. Ritter vom Steckenpferd




    10. Fast zu ernst




    11. Fürchtenmachen




    12. Kind im Einschlummern




    13. Der Dichter spricht


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  • Andreas Staier weist im Booklet-Text auf Bezüge zu Johann Sebastian Bach hin, die teils literarisch oder im Satz der Stücke begründet sind.


    "Auf unterschiedlichsten Ebenen erweist Schumann Bach seine Referenz. Die Kinderszenen op.15 sind eingerahmt von zwei Stücken, deren Titel kaum zum Thema "Kindheit" zu passen scheinen: am Anfang "Von fremden Ländern und Menschen" am Ende "Der Dichter spricht". Der frühe Schumann liebte verborgene Anspielungen, und hier scheint der Umweg über einen seiner Lieblingsschriftsteller, E. T. A. Hofmann, zu führen. In dessen Kreisleriana tritt ein "stattlicher, unbekannter Mann" auf, "seltsamlich gebildet und gekleidet", der "von den vielen unbekannten Ländern und sonderbaren Menschen" erzählt. An anderer Stelle wird nahegelgt, dass dieser Fremde J. S. Bach verkörpert, den mysthischen Urvater, die "hohe Macht aus einer fremden, fabelhaften Zeit". Die Kinderszenen schildern demnach nicht einfach einen Tag aus der Kindheit, sondern kreisen um das auch in Hoffmanns Kindermärchen zentrale Thema, Rückbesinnung auf die Kindheit als Lebensalter noch unverdorbener Intuition und Phantasie. Hand in Hand damit wird die musikalische Rückbesinnung auf die schon fern liegende Zeit des Barock suggeriert als Weg musikalischer Läuterung, letztlich als Perspektive zu ästhetischem Fortschritt. Schumann gibt diskrete Hinweise auf diesen Bezug, indem er gleich zu Beginn des ersten Stückes "Von fremden Ländern und Menschen..." im Tenor das B-A-C-H-Motiv erklingen lässt. Am Ende des Zyklus stimmt "der Dichter" einen Choral an - bachisches Genre par excellence -, den er aber rezitativisch unterbricht: er singt nicht mehr, er "spricht", und auch dies nur zögernd. Dies wird man auch als Selbstportrait Schumanns verstehen können, von dem gesagt wurde: "Er sprach meist eben wenig oder gar nicht, selbst wenn er um etwas gefragt wurde, oder doch nur in abgebrochenen Äusserungen, die indes seine Denktätigkeit bei einem anregenden Gegenstand verrieten... Seine Art zu reden erschien grossenteils wie ein Fürsichhinsprechen, umso mehr, da er sein Organ nur schwach und tonlos verwendete." Die letzte melodische Wendung des "Dichters", gis-a-fis-g, stellt sich als tranponierter Krebsgang von B-A-C-H heraus."

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