Wotan aus Krefeld - der Bassbariton ALBERT DOHMEN

  • Zurzeit wird er wieder viel kritisiert - wie jedes Jahr um diese Zeit: Der Krefelder Bassbariton ist in Bayreuth, um dort das Publikum mit Wagners schweren Rollen zu erfreuen - was ihm wohl nicht immer gelingt.


    Eigentlich kann ich als Nicht-Wagnerianer nichts dazu beitragen, ich hoffe, dass dies andere hier tun werden.


    Meine persönliche Erinnerung an Albert Dohmen ist eine ganz andere: Anfang der 80er Jahre kam er an das Opernstudio der Düsseldorfer Oper, um dort seine "Lehre" zu absolvieren und ab und zu Bühnenluft zu schnuppern. Haupsächlich Mozart, ein bißchen Verdi, Lortzing, was eben auf dem Spielplan stand.


    Kurz vor seinem 30. Geburtstag verabschiedete er sich - in Richtung Wiesbaden (das dortige Staatstheater zahlte höhere Gagen für Anfänger als das Düsseldorfer Stadttheater).


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    Dann habe ich ihn aus den Augen verloren - bis er mir im Italien-Urlaub ein paar Jahre später wieder begegnete - bei den Festspielen in Macerata sang er in den da Ponte Opern wieder Mozart, den Figaro-Graf und den Don Giovanni, im Jahr davor hatte er schon in der "Cosi" mitgewirkt.
    Dirigent war immer der Österreicher Gustav Kuhn, der ihn wohl auch später in Erl zu ersten großen Wagner-Rollen überredete.


    Inzwischen ist er wohl bei Wagner fest etabliert.


    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Dass er den Grafen gesungen hat, finde ich interessant - da kann ich ihn mir nun gar nicht vorstellen.
    Albert Dohmen wurde am 17. Juni 1956 in Krefeld geboren. Seinen Durchbruch hatte er 1997 als Wozzeck, an der Met debütierte er 2004 als Jochanaan und singt mittlerweile an allen großen Opernhäusern der Welt.


    Dohmens Stimme ist dunkel, machtvoll, imposant, der satten Tiefe steht allerdings eine nicht immer mühelose Höhe gegenüber. Er ist ein exzellenter, etwas grober Wotan, der allerdings am Ende eines langen Abends doch deutliche Ermüdungserscheinungen zeigt.


    Dieses Jahr sang er in Genf seinen ersten Gurnemanz, im neuen "Don Giovanni" der Wiener Staatsoper wird er den Komtur übernehmen. Mal sehen, was aus ihm wird. Steht er vor einem Wechsel ins Bassfach?




    LG

  • Meine erste Begegnung mit Dohmen, den ich übrigens als Sänger sehr schätze, war der Rheingold-Wotan unter Gustav Kuhn. Schon damals habe ich (für ihn) gehofft, dass er es irgendwann mit der Rolle nach Bayreuth schafft.
    Die Aufnahme ist übrigens empfehlenswert, sie kostet nur knapp 13 Euro und Bezuyen singt wie auch in Bayreuth an seiner Seite den Loge.



    Dann hatte ich das Glück, dass er für Alan Titus in Köln einsprang und konnte so auch live meinen Eindruck von ihm bestätigen.


    Den gesamten Ring hat er auch schon in einer Live-Aufnahme aus Amsterdam eingespielt, der auch nicht zu verachten ist. Selber besitze ich nur das "Rheingold".


    Ein Glanzlicht seiner Diskographie ist aber sicherlich der Kasper im "Freischütz" aus Hamburg, den Konwitschny doch sehenswert inszeniert hat. Dohmen gibt der Rolle in seienr Arie "Schweig, schweig" fast fanatischen Profil, im Dialog mit Samiel ist er dagegen sehr nervös.



    Wenn man ihn als Graf Almaviva unter Kuhn hören möchte, kann man das bei Amazon, wo man auch die oben genannte CD erhält. Ich find seine Stimme passt gut zum Grafen und auch hier stößt er sehr stark vom Zwerchfell aus die Töne nach oben, schient also seine "Marotte" zu sein. Von seinem Don Giovanni gibt es leider keine Aufnahme, den hat er ebenfalls unter Kuhn gemacht. Dafür ist aber sein Guglielmo erhältlich neben Altmeister Sesto Bruscantini (und unter Gustav Kuhn).




    Wenn ich mir seine Pläne für die Zukunft so ansehe, dann scheint er sich jetzt wirklich so lamgsam zum Bassfach zurück zu nehmen.


    ]

  • Albert Dohmen hat den "Don Giovanni" mal als seine Lieblingsrolle bezeichnet.
    Die Aufzeichnung der Oper bei den Festspielen von Macerata 1991 ist als 3-CD-Box bei Schwann erschienen und im amazon-Marketplace erhältlich. Hier die Besetzung:


    Mozart: Don Giovanni
    Aufnahme: 22., 24.7.1991, live, Macerata, Teatro L. Rossi
    Spieldauer: 159'29
    Dirigent: Gustav Kuhn
    Orchestra Filarmonica Marchigiana
    Coro Lirico Marchigiano V. Bellini
    Chorleitung: Tulli Giacconi
    Inszenierung: Gustav Kuhn
    Cembalo: Mark Hastings


    Label: Schwann CD: 314 088


    Don Giovanni: Albert Dohmen
    Don Ottavio: Marco Berti
    Donna Anna: Francesca Pedaci
    Donna Elvira: Ilaria Galgani
    Il Commendatore: Andrea Silvestrelli
    Leporello: Enrico Turco
    Masetto: Arturo Cauli
    Zerlina: Bernadette Lucarini


    Bei der im Jahr zuvor an gleicher Stelle aufgenommenen "Cosi" handelt es sich lt. Dohmen um einen "Ausrutscher": Eigentlich singt er den Don Alfonso, damals mußte er den Guglielmo singen.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • DAnke dir für die Korrektur, Harald. Die habe ich eben allerdings nicht angezeigt bekommen bei Amazon. Bei dem Preis verzichte ich allerdings auf die Anschaffung

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  • Zitat

    Original von WotanCB
    DAnke dir für die Korrektur, Harald. Die habe ich eben allerdings nicht angezeigt bekommen bei Amazon. Bei dem Preis verzichte ich allerdings auf die Anschaffung.



    Ich habe damals auch über 60 Euronen für die Box bezahlt - 3 CDs in Box mit Schuber und ausführlichem Begleitheft mit jeder Menge Fotos sowie dem kompletten Libretto in italienisch, deutsch und englisch.


    Aber wer weiß, vielleicht gibt es die demnächst bei Brillant oder einem anderen Billig-Label zum Tiefpreis - wäre ja nicht das erste Mal!


    Viele Grüße


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich hoffe es ist in Ordnung, lieber Stimmenliebhaber, dass ich deinen Beitrag zu Albert Dohmen aus dem Künstler-Jubiläums-Thread hierher kopiere, aber dieser passt hier natürlich so gut her und man kann wunderbar anschließen.


    Ich habe Dohmen doch einige Male live erlebt. Am 20. März 1990 war er an der Deutschen Staatsoper Berlin mein erster Escamillo in "Carmen". 1999 erlebte ich ihn im Dresdner Kulturpalast in einem konzertanten "Lohengrin" (mit Klaus König in der Titelpartie) als König Heinrich. 2003 erlebte ich ihn als Wotan/Wanderer im "Ring" an der Deutschen Oper Berlin unter Thielemann an der Deutschen Oper Berlin. Ebenfalls unter Thielemann dann auch 2007 im Bayreuther "Ring". 2014 elrebte ich ihn als Jochanaan in der letzten Wiederaufnahmeserie der Kupfer-Inszenierung an der Staatsoper Berlin bzw. im Ausweichquartier Schiller-Theater. 2018 erlebt ich ihn dann nochmal als Rocco in der legendären Mielitz-Inszenierung an der Semperoper Dresden. Davor und dazwischen sicher auch noch mit einigen anderen Auftritten, die mir jetzt aber nicht mehr alle so erinnerlich sind. Ich hatte ihn wohl auch mal als Alberich, aber nicht im "Rheingold". Auf alle Fälle hat er eine jahrzehntelanlang anhaltende Hauptrollenkarriere hingelegt und war noch in den letzten Jahren gut im Geschäft. Er war zwar kein absoluter Lieblingssänger von mir, aber seine Qualitäten (etwas bezügich stimmlicher und sprachlicher Präsenz) habe ich dennoch zu schätzen gewusst.


    Wenn Dohmen einen guten Abend hatte, dann war er wirklich gut. Ich erinnere mich, dass er beim Thielemann-Ring an der Wiener Staatsoper kurzfristig für Uusitalo eingesprungen ist und einen Riesenerfolg hatte. Vor allem über seinen Wotan in der Walküre hieß es, er hätte DEN Abend seines Lebens gehabt.

    Ich bilde mir ein, dass er mir auch mal als Waldner in der Arabella untergekommen ist. Das kann aber dann nicht an der WSO gewesen sein, dort hat er die Rolle nicht gesungen.



    Der Zufall wollte es, dass ich vor einigen Tagen auf ein spannendes Interview mit Herrn Dohmen gestoßen bin, welches Elisabeth Kulman 2018 mit ihm geführt hat. Da spricht Dohmen über den niedrigen Stellenwert von Sängern im heutigen Opernbetrieb ("Der Sänger ist heutzutage degradiert worden zu einem kopflosen Befehlsempfänger") und beklagt die Auswüchse des modernen Regietheaters, welches auch ihn schon an seine Grenzen und darüber hinaus gebracht hat. (Rentner-Wotan und eine zähneputzende Brünnhilde am Waschbecken in der Gefängniszelle!)


    Mit seinen Aussagen spricht Dohmen sicher vielen aus der Seele und er bringt viele Dinge schonungslos auf den Punkt.


    Hochinteressante 28 Minuten mit Herrn Dohmen. Unbedingt ansehen!




    Gregor

  • Ich bilde mir ein, dass er mir auch mal als Waldner in der Arabella untergekommen ist. Das kann aber dann nicht an der WSO gewesen sein, dort hat er die Rolle nicht gesungen.

    Lieber Gregor,


    ich hatte ja in meinem Ursprungsbeitrag eine Thielemann-"Arabella" von den Salzburger Osterfestspielen verlinkt. Kann es vielleicht sein dass du ihn da als Waldner erlebt hast?


    Natürlich ist es völlig in Ordnung, dass du hier aus meinem dortigen Beitrag zitiert hast.


    Thielemann hat Dohmen ja über viele Jahre (von Berlin über Bayreuth und Salzburg bis Dresden) die Treue gehalten und ihn immer wieder besetzt, Dohmen ist mindestens seit 2003 ein regelmäßiger Thielemann-Sänger, was auch einiges aussagt. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"