So machen’s [eben nicht] alle – Lorenzo da Ponte

  • Hallo,


    in der letztwöchigen Ausgabe vom "SPIEGEL" (Ausgabe vom 12.06.; Nr. 24/2006) ist tatsächlich unter dem Titel "Ein Großmeister des Fiaskos" ein Artikel über das Leben von Lorenzo Da Ponte erschienen, man sollte es nicht für möglich halten!


    "Er hat die Texte für Mozarts berühmteste Opern geschrieben: Das Jubeljahr weckt nun auch neues Interesse für den Priester, Freigeist und Abenteurer Lorenzo Da Ponte"


    Es wird in dem Artikel auf dieser Doppelseite eigentlich "nur" über sein abenteuerliches Lebens berichtet, aber allein das lohnt ja schon, so spannend und abwechslungsreich ist es.


    Lobend erwähnt wird die neu auf deutsch erschienene Da Ponte-Biographie von Sheila Hodges (300 Seiten, bei Bärenreiter) - hat die schon jemand gelesen und kann eine Empfehlung hierzu abgeben?


    Ich hatte mir vor ein paar Monaten die neu aufgelegte und übersetzte Autobiographie Da Pontes zugelegt (Insel-Verlag) - im Artikel wird erwähnt, sie wäre nur in einer gekürzten Fassung erschienen (parallel auch bei Diogenes)!?!?
    Ich hatte im Buch (bisher noch keine Zeit zur intensiveren Lektüre gehabt) allerdings nirgends einen Hinweis zu irgendwelchen erfolgten Kürzungen finden können - warum hätte man das auch machen sollen?!?!


    Außerdem wird in dem Artikel eine Empfehlung ausgesprochen für eine aktuelle Wiener Ausstellung im Jüdischen Museum, die Da Pontes Lebenswandel dokumentiert. Wer von unseren Wienern hat die evtl. schon besucht und kann was dazu schreiben? Würde mich sehr interessieren, darüber Näheres zu erfahren!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    in der Autobiographie lese ich sehr gerne herum - kreuz und quer. Mir kommt es aber auch so vor, dass sie gekürzt wurde, es ist aber nur eine Empfindung, da viele Dinge, die mich interessieren würden, von da Ponte nicht mal angesprochen wurden... [offenbar].


    Für die da-Ponte-Ausstellung habe ich durch das Eintrittgeld in die große Mozartausstellung in der Albertina noch eine Ermäßigungskarte vorrätig - ich hab's leider nicht geschafft... ;(


    Aber ganz vollständig kann die da-Ponte-Ausstellung nicht sein, den ettliche autographe Libretti liegen in der Albertina herum :P


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Aha - in der Mozart-Ausstellung in der Albertina warst Du dieses Jahr also schon? War doch bestimmt interessant - und evtl. auch nicht ganz so überlaufen, wie in Salzburg die Getreidegasse, oder?


    Kennst Du die vom SPIEGEL so gelobte Biographie von dieser englischen (?) Musikwissenschaftlerin Sheila Hodges?


    In dem Artikel stand, sie würde auch Dingen nachgehen, die Da Ponte in seiner Autobiographie -aus welchen Gründen auch immer- gar nicht erwähnt.


    Zitat

    es ist aber nur eine Empfindung, da viele Dinge, die mich interessieren würden, von da Ponte nicht mal angesprochen wurden... [offenbar].


    ... in diesem Fall könnte besagtes Werk genau das Richtige für Dich sein (auf meiner Wunschliste steht es jedenfalls jetzt :D )

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Aha - in der Mozart-Ausstellung in der Albertina warst Du dieses Jahr also schon? War doch bestimmt interessant - und evtl. auch nicht ganz so überlaufen, wie in Salzburg die Getreidegasse, oder?


    Die Ausstellung in der Alfredina war so. Nachdem ich das "Mozarthaus Wien", das einstige schöne Figarohaus furchtbar fand, werde ich mir die Getreidegasse ersparen. Ich bin sowieso allergisch gegen Gräser...


    Zitat

    Kennst Du die vom SPIEGEL so gelobte Biographie von dieser englischen (?) Musikwissenschaftlerin Sheila Hodges?


    Noch nicht.


    Zitat

    ... in diesem Fall könnte besagtes Werk genau das Richtige für Dich sein (auf meiner Wunschliste steht es jedenfalls jetzt :D )


    Auf meiner auch.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    soeben finde ich auf stol.it [SüdtirolOnline] folgende Nachricht:



    :]


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Lieber Ulli, bei meiner Beschäftigung mit der Sänger-Dynastie der Garcia-Malibran-Viardot begegnete mir der Signore da Ponte auch neulich.
    Und zwar in Amerika!!!


    Dort haben die Garcias mit der blutjungen Malibran als Zerlina und Susanna nämlich u.A. den Figaro und Don Giovanni gegeben, um den Amis zu dieser frühen Stunde bereits einen Hauch Kultur beizubringen. Signore Da Ponte war diesbezüglich ebenso aktiv, alerdings eher via Dante und Petrarca....Ob's genutzt hat, weiss ich nciht. ?(


    Hat da Ponte sein Heil in der neuen Welt gefunden?


    Fairy Queen

  • Im Jahre 1805 wanderte Lorenzo da Ponte mit seiner Frau Nancy Grahl nach Amerika aus.
    In New Jersey und Pennsylvania arbeitete er als Krämer.


    Näheres in Da Pontes dreibändigen "Memoiren" (1825 - 1827 entstanden).


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald, gottseidank wurde er dann auch noch Professor für italienische Literatur an der Columbia University-der Erste seiner Zunft!
    Wenn das mal keine Karriere ist.
    Eine wirklich schillernde Persönlichkeit -fast so bunt wie der Signore Casanova-und ich hoffe, diesen oben angekündigten Film auch sehen zu können. :yes:

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Im Jahre 1805 wanderte Lorenzo da Ponte mit seiner Frau Nancy Grahl nach Amerika aus.


    Nancy war 20 Jahre jünger ...


    Zitat

    In New Jersey und Pennsylvania arbeitete er als Krämer.


    Näheres in Da Pontes dreibändigen "Memoiren" (1825 - 1827 entstanden).


    Nun, das Abenteuererblut hat ihn auch in den USA nicht verlassen. Umtriebig wie stets hat er sich zunächst als Tabak- und Branntweinhändler eine Existenz verschafft, dann hatte er einen Obst- und Gemüseladen in der Bowery. Später erteilte er als Privatlehrer Unterricht in Italienisch.


    1825 wurde er zum Professor für italienische Literatur am Columbia College in New York ernannt und veröffentlichte eine Reihe von Büchern im eigenen Verlag. Aus heutiger Sicht war die Aufführung von Don Giovanni im Jahre 1825 ein Höhepunkt seiner Zeit in den USA.


    In der Folge versuchte da Ponte, der Oper in Amerika zum Durchbruch zu verhelfen.



    Ein toller Mann ...


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Ulli


    In London kam er mit der 20 Jahre jüngeren Nancy Grahl an, Tochter eines englischen Kaufmannes [schlau!]. Eine Heirat der beiden ist nicht nachweisbar, wegen des geistlichen Standes wohl auch kaum denkbar


    Hallo Ulli,
    Meine Lieben,


    Doch, doch, es ist denk- und nachweisbar (am Wochenende habe ich ein bißchen im Katalog der Lorenzo-da-Ponte-Ausstellung geschmökert). Sein geistlicher Stand ließ zwar keine katholische Heirat zu, aber die Trauung fand nach jüdischem Ritus statt. Man muß sich eben zu helfen wissen und braucht sich nur der eigenen Anfänge erinnern. Interpol gab es ja noch keine. Und die meisten Leute waren, falls sie es wußten, aufgeklärt genug, keinen besonderen Anstoß zu nehmen. Nur ein paar Gegner suchten aus dem Vorgang Kapital zu schlagen.
    Aber da Pontes größte Schwäche war offenbar seine Unfähigkeit zu wirtschaftlichem Gebaren (nebst der Fehleinschätzung von Sängerinnen, die mit Konkurrenten liiert waren - beim Intrigieren kann das fatal sein). Zweifellos war ein Konjunkturritter, zugleich aber ein ganz besonders anregender Kopf, der die Leute zu faszinieren vermochte. Immerhin hat ihm Kaiser Joseph II., ein bekannt schwieriger Herr, seinen Schutz gewährt.
    In Amerika hat er sich mehr um die italienische Oper als um Mozart im speziellen verdient gemacht.
    Wahrlich ein bunter Hund in allen Beziehungen, aber gerade deswegen sehr typisch für diese Umbruchzeit, in der sich so viele gegensätzliche Dinge vereinigen, was für uns heute vielfach nur schwer nachzuvollziehen ist.


    LG


    Waldi

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  • Hallo Walter,


    eins von beiden ist dann aber - je nach Perspektive - ungültig. Jedenfalls erinnert mich das an den Film Château en Suède [B/F 2008]...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Heute vor 175 Jahren gestorben:


    [timg]http://upload.wikimedia.org/wi…e.jpg;l;220;308;*;Lorenzo da Ponte[/timg]

    Lorenzo da Ponte
    (* 10. März 1749 in Ceneda, heute Vittorio Veneto, Venetien; † 17. August 1838 in New York) war ein italienischer Dichter und Opernlibrettist, der durch seine Libretti für drei große italienische Opern Mozarts berühmt wurde.


    Der Deutschlandfunk widmete sein heutiges Kalenderblatt dem Künstler.


    Zitat

    Hochbegabter Genussmensch
    Er war ein ehrgeiziger, brillianter Texter und hat zusammen mit Wolfgang Amadeus Mozart Opern von weltweitem Ruhm erschaffen. Andererseits war Lorenzo Da Ponte ein Lebemann und chronisch pleite. Unfreiwillig zog er von Land zu Land - auf der Flucht vor Intrigen und seinen Gläubigern.
    Von Frieder Reininghaus


    den Artikel zum Nachlesen und Nachhören gibt es hier: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kalenderblatt/2196226/


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Auf den Spuren Lorenzo da Pontes in New York


    Unbenannti.jpg

    The Oratorio: A Documentary with Martin Scorsese

    Martin Scorsese erzählt in „The Oratorio“ die faszinierende Geschichte einer einzigen Aufführung im Jahr 1826 in der St. Patrick's Old Cathedral – Scorseses Heimatkirche in Little Italy/New York –, die die Ankunft der italienischen Oper in der Neuen Welt markierte. Dieses Ereignis wurde fast 200 Jahre lang vergessen, wurde aber vor einigen Jahren von einer italienischen Operngesellschaft wiederentdeckt und in der historischen Kirche neu inszeniert.


    Die Doku enthüllt, wie die Zukunft der Oper in New York City 1826 von drei Einwanderern geprägt wurde, die ein Konzert ermöglichten: ein befreiter Sklave, der zum Wohltäter wurde, die erste Diva der Oper und Mozarts Librettist.


    Pierre Toussaint, der aus der Sklaverei befreit wurde und ein erfolgreicher Friseur wurde, war der wichtigste Wohltäter für den Bau der St. Patrick's Old Cathedral und leitete mehrere Wohltätigkeitsorganisationen.


    Die spanische Sängerin Maria Malibran , die erste Diva der Oper, hatte in New York Auftritte, die junge Frauen dazu inspirierten, Gesangsunterricht zu nehmen. Sie starb im Alter von 28 Jahren als Legende.


    Lorenzo Da Ponte, Mozarts Librettist, landete nach seiner Verbannung aus Wien schließlich in New York City. Er arbeitete zeitweise als Lebensmittelhändler und Buchladenbesitzer, während er seine Musikkarriere in New York fortsetzte. Nach der historischen Aufführung im Jahr 1826 eröffnete Da Ponte 1833 das erste eigens errichtete Opernhaus in New York City: das "Italian Opera House".


    Die Dokumention ist leider nur in englischer Sprache ohne Untertitel verfügbar

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • The Oratorio: A Documentary with Martin Scorsese

    das hat nicht so geklappt wie ich es wollte, die wollen sich anscheinend nicht verlinken lassen.

    https://upos-hz-mirrorakam.aka…6d740ab3549c0167735&mid=0


    Oder die chinesische Quelle von "The Oratorio: A Documentary" with Martin Scorsese., auch wenn manch einer Bedenken hat, weil es bilibili ist. Der Inhalt ist identisch, nur der Anbieter ist jetz "bilibili"

    https://www.bilibili.com/video…pm_id_from=333.337.%3E%2F

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo