Weltklassetenor aus Argentinien - Marcelo Alvarez

  • Zuletzt habe ich ihn im letzten Herbst wiederum als Cavaradossi gehört.

    Ich auch.

    Da hatte er zwar Anlaufschwierigkeiten, hat mir insgesamt aber gut gefallen

    Ich wähne mich zu erinnern, dass er da vor beinahe jedem hoghen Ton den Oberkörper ruckartig hochgerissen hat und die Arme auch. Im 3. akt war er dann im Duett auch ziemlich platt, zumindest in der Vorstellung, wo ich drin war - muss ja nicht dieselbe gewesen sein wie deine, aber so richtig überzeugt hat er mich in meiner nicht.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo,


    mir steht nicht an, zu sagen, ob Alvarez ein guter oder schlechter Manrico ist. Aber es scheint bei einigen Tenorpartien von Verdi eine problematische Anforderung zu sein, daß von einer Stimme sowohl sehr gute Stimmtechnik und Höhensicherheit, als auch Stimmkraft und Volumen für Dramatik verlangt werden, besonders anscheinend beim Manrico. So wartete beispielsweise Pavarotti bis zum Alter von 40, ehe er sich an die Partie wagte. Bjoerling und Bergonzi gelten zwar als die besten technischen Gestalter der Rolle, aber ihre phonstärkeren Kollegen del Monaco, Corelli, Bonisolli und Domingo lösten beim Publikum größere Begeisterung aus. Insbesondere bei der Stretta macht wohl ein ausgesprochener Spinto mehr Effekt ? Andererseits sang auch jemand wie Rudolf Schock den Manrico für die Platte und auch oft erfolgreich auf der Bühne, während sich international weit berühmtere Lyriker, wie di Stefano und sein Fan und Nachahmer Carreras am Manrico hörbar verhoben haben ! Es ist wohl eine Tatsache, daß Verdi, genau wie Wagner, für eine mustergültige Interpretation von seinen SängerInnen oft zu viel verlangte !

  • Es ist wohl eine Tatsache, daß Verdi, genau wie Wagner, für eine mustergültige Interpretation von seinen SängerInnen oft zu viel verlangte !

    Verlangt der Komponist zu viel oder traut sich der Interpret zu viel zu? Ich glaube oft das Letztere. Früher sprach man von ausgesprochenen Wagner- oder Verditenören, vom Operettentenor, vom Mozarttenor. Der Anspruch der Komposition hat sich nicht geändert, aber das Publikum ist oft anspruchsloser geworden. Und vielleicht auch die Ausbildung der Interpreten. Heute scheint überall das "goldene Kalb" zu regieren.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hallo, La Roche,


    ich stimme Dir vorbehaltlos zu ! Früher gab es Stimmfächer und man blieb bei seinen Leisten, heute müssen besonders Tenöre ein "umfassendes Repertoire" bedienen. Diese Tatsache führt dann, im schlechten Fall, zum Stimmruin durch Überforderung, oder, im besseren aber auch nicht guten Fall, dazu, daß jede Partie gleich klingt. Auch bin ich Deiner Meinung über den Umstand, daß SängerInnen vor Jahrzehnten wesentlich besser ausgebildet wurden. Was Alvarez betrifft, so hat er zwar eine eher dunkle Stimme, ist aber, meines Erachtens ein Tenore die Grazia, kein Spinto !

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  • Was Alvarez betrifft, so hat er zwar eine eher dunkle Stimme, ist aber, meines Erachtens ein Tenore die Grazia, kein Spinto !


    Also, ein tenore di grazia ist er nun wirklich nicht und war er auch nie. Und zwischen diesem und dem Spinto liegt ja noch ein Stimmfach namens tenore lirico. Sicher hat Alvarez zu Beginn seiner Karriere als junger Tenor auch einige Belcanto-Partien gesungen (Nemorino, Edgardo), aber das macht aus ihm ja noch keinen tenore di grazia. Denn er war schon früh ein tenore lirico, also ein reiner lyrischer Tenor. Rollen für dieses Fach waren auch die besten Rollen in seinem Repertoire. Besonders mag ich ja seine französischen Partien wie Romeo, Werther und natürlich Des Grieux. Da entfaltet sich seine prachtvolle Stimme am schönsten.

    Er hat auch eine wunderbare französische Arien-CD herausgebracht, die das unterstreicht.


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    Wunderbar war er auch in italienischen Partien wie als Boheme-Rodolfo und Cavaradossi, in beiden Rollen habe ich ihn vor einigen Jahren auch live erlebt. Zudem war er auch ein herrlicher Rigoletto-Herzog und Alfredo. Das sind sicher Partien die ihm besonders lagen.


    Sein Timbre ist ohnehin Luxus und es hieß mal er habe das schönste Timbre seit Carreras.


    Nun singt er inzwischen Lirico-Spinto-Partien, die sein herrliches Timbre doch sehr fordern. Ob er ein idealer Manrico ist, kann ich nicht beurteilen. Habe ich jemals einen idealen Manrico gehört? Wahrscheinlich nicht. Welcher Stimmtyp ist denn überhaupt ideal für diese Partie? Verdi wollte ja, dass ein lyrischer Tenor die Rolle singt, der auch Alfredo wie Rigoletto-Herzog singen kann.


    Danke übrigens an den Moderator, der hier ganz still und leise die Platzhalter-Symbole entfernt bzw. ausgetauscht hat.

    Sieht doch alles wieder gleich viel besser aus. :)



    Gregor