Jules MASSENET (1842-1912)
THAÏS
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Comédie lyrique in drei Akten
Libretto von Louis Gallet nach Anatole France
Uraufführung am 16. März 1894 in Paris
Die Handlung spielt in der ägyptischen Wüste und in Alexandria
Zeit: 4. Jahrhundert n. Chr.
Die Personen:
Palémon, Abt (Bass)
Athanaël, junger Mönch (Bariton)
Nicias, sein Jugendfreund (Tenor)
Crobyle, dessen Sklavin (Sopran)
Myrtale, dessen Sklavin (Mezzosopran)
Thaïs, Kurtisane (Sopran)
La Charmeuse, Kurtisane (Sopran)
Albine, Äbtissin (Alt)
Ein Sklave (Bariton)
1. AKT: 1. Szene – Das Lager der Zönobitermönche am Ufer des Nil
Der Mönch Athanaël kommt aus Alexandria zurück. Er berichtet, dass in der Stadt Wollust und Sünde herrschen, angeführt von Thaïs, die er einst als Jugendlicher selbst begehrte. Er will die Kurtisane nun bekehren, von den Warnungen Palémons lässt er sich nur kurzfristig von seinen Plänen abbringen: als ihm Thaïs im Traum erscheint, reist er nach Alexandria.
1. AKT: 2. Szene – Die Terrasse von Nicias’ Haus in Alexandria
Athanaël ist bestürzt über den moralischen Verfall seiner Heimatstadt (“Voilà donc la terrible cité“). Er muss aber erkennen, dass sich auch sein einstiger Freund Nicias der Dekadenz angeschlossen hat: er hat seine Ländereien verkauft und drei Gedichtbände veröffentlicht, um für eine Woche Thaïs’ Gunst genießen zu können. Heute ist der letzte Tag dieser Woche, und in aller Eile wird der Mönch von den Sklavinnen für das Bankett herausgeputzt.
Als die Kurtisane erscheint (“C’est Thaïs, l’idole fragile“), wirft Athanaël ihr ihre Sünde vor, doch sie lädt ihn ein, ihrer Vorstellung als Aphrodite beizuwohnen (“Qui te fait si sévère“). Während sie sich entkleidet, flieht er.
2. AKT: 1. Szene – Thaïs’ Salon
Allein geblieben, sinnt Thaïs über ihr Leben nach. Sie fürchtet sich vor dem Alter und der Vergänglichkeit ihrer Schönheit (“Dis-moi que je suis belle“). In dieser Stimmung kann Athanaël sie mit dem Geheimnis des ewigen Lebens und der reinen Liebe tief beeindrucken. Das berühmte Violinsolo der Méditation illustriert die einsam durchwachten Nachtstunden, in denen sie die Entscheidung, den neuen Glauben anzunehmen, fällt.
2. AKT: 2. Szene – Platz in Alexandria
Noch immer ist es Nacht; Thaïs teilt dem wartenden Athanaël mit, dass sie mit ihm kommen möchte. Er verlangt, dass sie alle ihre Besitztümer vor seinen Augen zerstört, auch ihre kleine Elfenbeinstatue des Eros, von dem sie nun erkannt hat, dass sie nicht durch ihn, sondern wider ihn sündigte.
Nicias kommt mit seinen Freunden. Er hat beim Spiel das Dreißigfache der Summe, die er für Thaïs’ Liebe zahlte, zurückgewonnen und gibt auf offener Straße ein großes Fest mit Tänzerinnen und Kurtisanen. Da treten Athanaël und Thaïs auf den Platz, die Menge will sie mit Gewalt am Gehen hindern, doch Nicias ermöglicht ihnen die Flucht, während der Palast niederbrennt.
3. AKT: 1. Szene – Eine Oase
Athanaël und Thaïs wandern durch die Wüste. Um ihr sündiges Fleisch zu läutern, gönnt er ihr keine Pause, bis sie schließlich erschöpft zusammenbricht. In der Oase holt er ihr Wasser und Früchte (“Baigne d’eau tes mains“) und übergibt sie schließlich der Obhut der Äbtissin Albine. Erst als sie gegangen ist, begreift Athanaël, dass das alte Begehren nun wieder entfacht ist.
3. AKT: 2. Szene – Das Lager der Zönobiten
Athanaël beichtet Palémon seine sündigen Gedanken. Dieser erinnert ihn an seine Warnung vom ersten Akt, versichert ihm Gottes Beistand und segnet ihn. Doch als Athanaël eine Vision der sterbenden Thaïs hat, läuft er in Nacht und Sturm zu ihr.
3. AKT: 3. Szene – Der Klostergarten Albines
Thaïs ist wirklich dem Tode nah; sie liegt unter einem Feigenbaum im Garten des Klosters. Die Nonnen lassen Athanaël zu ihr, doch sie ist zu entrückt, um seine leidenschaftlichen Bekenntnisse zu hören. Mit einer Vision des Paradieses vor den Augen stirbt sie (“Le ciel s’ouvre“), er wirft sich in Verzweiflung über ihren Leichnam.
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