Bayreuther Festspiele 2016: DIE WALKÜRE
Zufällig und kurzfristig bekam ich Karten für die Premiere der Walküre in Bayreuth. Nicht für den ganzen Ring. Nur für die Walküre!
Also will ich über die Inszenierung gar nichts sagen. Ich habe ja nur einen Teil gesehen.
Die Inszenierung interessierte an diesem Abend allerdins eigentlich niemanden mehr.
Das Ereignis dieses Abend war die Musik. Dass sie zum Ereignis werden konnte, ist großartigen Sängern und vor allem dem Dirigenten zu danken!
Das Festspielorchester wurde von Marek Janowski mit Leidenschaft und Glut zu einer Interpretation geführt, die wahrlich denkwürdig war. Zwar gab es Wackelkontakte zwischen Graben und Sängern und nicht immer wurden sie schnell wieder beigelegt. Aber was war das für eine großdisponierte und vorwärtsdrängende Deutung der Partitur, mit tollen Farben und Mischungen zwischen den Instrumentengruppen, vielen Feinheiten der Artikulation aber immer darauf aus, die dramatischen Entwicklungen in weiten Spannungsbögen und herrlich ausgehörten Phasen der Ruhe und Entspannung nachzuzeichnen. Es gab starke Kontraste im Tempo und in der Dynamik, aber der Zusammenhang blieb immer gewahrt.
Die Sänger?
Mit den Wälsungen konnte man nicht wirklich voll zufrieden sein. Heide Melton (Sieglinde) hat eine mächtige Röhre aber auch viel Vibrato, ihre Artikulation ist nicht wirklich klar und plastisch und die Gestaltung wirkt - auf mich - merkwürdig altmodisch. Im "hehrsten Wunder" aber dann konnte man sich an Brouwenstijn und Rysanek erinnert fühlen: ein leidenschaftlicher Bogen voll Intensität und Leuchtkraft. Eine Phrase der Überwältigung, der Beglückung und der Befreiung zugleich.
Christopher Ventris (Siegmund) kam mit den Tempi Janowskis nicht ganz klar. Seine Stimme braucht zu viel Zeit zum Einschwingen, entfaltet nur Farbe und Glanz wenn sie die hat. Es überwogen aber die guten Momente: da sang er ausdruckstark, auch empfindsam und verinnerlicht, machte er die Verletztheit und die aufblühende Liebe glaubhaft. Aber im Vergleich mit Botha war die rein gesangliche Leistung nicht so überzeugend. Gestalterisch freilich bot er mehr! Die "sehrende Sehnsucht" allerdings blieb er genau so schuldig wie Botha!
Die Sieger waren Wotan und seine Tochter!
John Lundgren (Wotan) hat eine kraftvolle Stimme voll Mark und Energie. Er singt und gestaltet mit fabelhafter Präsenz, hat tatsächlich etwas von der Aura eines Gottes, die man bei den meisten Baritönern zuletzt vermisste. Er neigt dazu, den Donnerton etwas zu häufig einzusetzen aber hat auch in der Erzählung des 2. Aktes Momente von großer Eindringlichkeit. Es war wohl sein erster Auftritt in der Partie. Da ist naturgemäß noch "Luft nach oben". Ich traue ihm zu, dass er ihn füllt!
Wie positiv sich die Entwicklung von Sängern gestalten kann, war an Catherine Foster (Brünnhilde) zu bewundern! Sie ist jetzt eine Brünnhilde, die kaum Wünsche offen lässt. Die Stimme ist voller und runder geworden, und hat dabei nichts von der Mühelosigkeit und Strahlkraft ihrer Höhe verloren. Vor allem phrasiert sie jetzt überlegter und überlegener, artikuliert plastischer und spürt den Sinn der Worte und Wendungen auf. Kam sie in den letzten Jahren eher etwas undramatisch daher, überzeugte sie dieses Jahr mit vorwärtstreibender Energie und dramatischem Temperament. Wunderbar!
Sensationell war Georg Zeppenfeld als abgrundtief schwarzer, gefährlicher Hunding. Sarah Connolly konnte der Fricka kein gestalterisches Profil geben, aber sie sang wunderschön mit ihrem blühenden Mezzosopran.
Glänzend aufeinander abgestimmt die Walküren!
Am Ende Jubel - wie üblich. Den meisten bekamen Janowski, Foster und Lundgren!
Einen schönen Tag noch und allen, die ihn hören können, einen schönen Siegfried!
Caruso41