JAZZ UND KLASSIK - GIBT ES GEMEINSAMKEITEN?

  • Liebe Mit-Taminos,

    ich wurde von der Chefredakteurin des "Neuen Merkers" ersucht für die nächste Ausgabe einen Artikel über Jazz zu schreiben, Zielpublikum sollen Leser sein, die eher nur Oper und Klassik hören.

    Nach vielen Recherchen (und Kürzungen) habe ich den Artikel produziert, den ich mit Euch teilen möchte (es waren dann doch 11 A4-Seiten) - ich hoffe, dass er gut aufgenommen wird. Wie gesagt, es geht darum Menschen, die 175x den Tristan und 100x den Ring gesehen haben, diese Kunstform näher zu bringen, entsprechend auch die Plattenliste, die ich gemacht habe (.. normalerweise gehört "A Love Supreme" in jede Sammlung...)


    Liebe Grüße aus Wien,

    Kurt

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    JAZZ UND KLASSISCHE MUSIK – GIBT ES GEMEINSAMKEITEN?


    Es mag vielleicht viele Leser verwundern was ein Artikel über eine relativ moderne Musikrichtung im „Merker“ zu suchen hat, allerdings findet man – bei näherer Analyse – doch den einen oder anderen Anknüpfungspunkt. Seien es nun Künstler, die in beiden Genres erfolgreich waren, über die Einflüsse der klassischen Musik auf Jazzmusiker – und vice versa.


    Ich befasse mich erst seit ca. 3 Jahren mit dem Jazz in all seinen Ausprägungen und besitze nur ca. 650 Tonträger, trotzdem denke ich dass ich genug gelernt habe, einen kleinen Überblick zu geben. Dazu ist es aber wichtig, die Geschichte des Jazz zu betrachten. Und da haben wir schon die erste Parallele zur „klassischen“ Musik. Nur – was bei letztgenannter Jahrhunderte brauchte (vom Madrigalgesang über Barock über die Wiener Klassik, Romantik bis hin zur Zwölftonmusik), ereignete sich beim Jazz in nur 50 Jahren. Und im Gegensatz zur Klassik, wo wir nie erfahren werden wie Mozart seine eigenen Kompositionen interpretiert hat, ist beim Jazz (mit ganz wenigen Aufnahmen) alles auf Tonträgern dokumentiert.

    Geschichte des Jazz - Ursprünge

    Ähnlich wie der Blues wurde der Jazz im Süden der USA geboren. Seine Wurzeln hat er ebenfalls in der Musik (und im Rhythmus) der Sklaven. Vereinfacht gesagt ist Jazz die Musik des über Jahrhunderte unterdrückten Schwarzen Mannes (der Einfachheit halber verzichte ich auf das Gendern..), dem es, besonders in dieser Stilrichtung, bis zum Ende der 1960er Jahre nicht möglich war, die Frustration über die Lebensumstände in Worte zu fassen und dies nur über die Instrumente tun konnten.



    Man könnte den Beginn dieser Musikbewegung in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts verorten, als es im Süden der USA (Hochburg war New Orleans) Marschkapellen gab, die bei verschiedenen Anlässen spielten. Diese Musik wurde vom Blues und kreolischer Musik beeinflusst, aber auch von der europäischen Tradition. Dazu muss man wissen, dass die Kreolen nicht versklavt waren, es gab viele Mischehen und sie arbeiteten nicht am Feld, sondern als Verwalter auf den Plantagen. Daher auch die Kenntnis von der europäischen Klassik. Allerdings wurden die Kreolen später auch vom Leben des „weißen Mannes“ ausgeschlossen und daher näherten sie sich zwangsläufig den Schwarzen an, was zu einer „Befruchtung“ durch europäische Musik führte. Improvisation – was später zu einer der wichtigsten Merkmale des Jazz wurde – spielte zur dieser Zeit keine Rolle. Da es sich um „Marching Bands“ handelte war die Besetzung fast ausschließlich auf Holz- und Blechbläser fokussiert, gemeinsam mit Banjo und dem Schlagwerk. Die Melodien wurden zu dieser Zeit kaum niedergeschrieben.


    Woher kommt eigentlich der Name „Jazz“? Da ist sich die Musikwissenschaft nicht ganz einig. Es könnte aus dem Slang der (Ex-)Sklaven kommen und bedeutet so viel wie Beischlaf, es könnte auch lautmalerisch die Geräusche von Raddampfern beschreiben.

    Gegen Ende des 19.Jahrhunderts entstand der „Ragtime“ (auf deutsch – zerrissene Zeit), ein Klavierstil, bei dem die linke Hand die Rhythmusgruppe einer Band ersetzt. Die Stücke waren komplett notiert, auch da gab es noch keine Improvisation. Die Musik lebte von der Spannung aus durchgehendem Rhythmus der linken Hand und der „zerrissenen“ Melodik der rechten Hand. Das sicherlich bekannteste Stück dieser Ära ist „The Entertainer“ von Scott Joplin (sehr bekannt durch den Film „Der Clou“).

    In den 1910er-Jahren verließen die ersten Bands aus dem Süden New Orleans und machten in weiterer Folge diesen neuen Musikstil im ganzen Land populär. Sie nannten sich „Jazz Bands“ oder auch „Jass Bands“. So erreichte man Kansas City, Kalifornien, New York, Detroit oder Chicago, allerdings wurden auch die ersten Bands in Havanna gegründet.

    Zu dieser Zeit entwickelte sich eine Abart des „New Orleans Jazz“, nämlich der Dixieland. Dieser Stil wurde zum Großteil von weißen Musikern gespielt, er war schneller und hatte mehr Noten und stärkere Akzentuierungen in den Melodien. Die „Original Dixieland Jass Band“ spielte 1917 Aufnahmen ein, die als erste Jazzplatte gelten.

    Die ersten Jazz-Bands tourten durch Europa und im Jahr 1919 war es niemand geringerer als Robert Stolz, der die erste österreichische Jazz-Komposition verfasste – „Bobby Jazz“ (op. 338)


    Einige der bahnbrechendsten Aufnahmen in der Geschichte erfolgten zwischen 1925 und 1929, als der aus New Orleans stammende Louis Armstrong mit seiner Studioband (Louis Armstrong and His Hot Five, später auch „Hot Seven“) die Kollektivimprovisationen um seine Trompetensoli ergänzte. In der weiteren Geschichte lösten die Instrumentalsoli die der jeweiligen Orchester fast komplett ab.

    Das Stück, das wahrscheinlich am besten die Fähigkeiten eines Louis Armstrong zeigt, ist der „West End Blues“. Ich möchte gerne aus dem Buch „Glück in Scheiben“ von Jon Evers zitieren – „Er beginnt mit einer c-Moll Kadenz, die wie ein Katarakt herunterstürzt und dann in einer perlenden Kaskade bis zum hohen C aufsteigt. Ich weiß nicht, was man bei der Kadenz mehr bewundern soll: die perfekte Phrasierung oder den strahlenden Ton; die stupende Technik oder die – damals – unerhörte harmonische Kühnheit. … Das perfekte Timing ergibt eine innere Spannung, die sich erst im Thema auflöst, das von Louis in wahrhaft majestätischem Pathos vorgetragen wird“. (Anm. des Verfassers – ich besitze diese Aufnahme und – ja, ja und wieder ja…)

    Wieder ein Schwenk zurück nach Europa – die „Roaring Twenties“ machten die Stilrichtung derart populär, dass 1928 in Frankfurt am „Hoch’schen Konservatorium“ die weltweit erste Jazz-Klasse gegründet wurde.


    Die Swing-Ära

    1920– 1940 war die wohl kommerziell erfolgreichste Ära des Jazz. Der „Swing“ wurde zu Anfang der 1930er Jahre erfunden, unterstützt vom Radio. Großteils weiße Ensembles brachten ein den ganzen USA die Musik nahe, die schon Jahre vorher von afroamerikanischen Musikern gespielt wurde. Der „Swing“ war eine Tanzmusik, die in den Dance-Halls überall gespielt wurde und er war die vorherrschende Unterhaltungsmusik dieser Dekade. Der berühmte Cotton-Club in Harlem, der ein gemischtes Publikum hatte, was zu dieser Zeit außerordentlich war, beherbergte die bekanntesten Big Bands dieser Zeit, angefangen von Duke Ellington über Benny Goodman bis hin zu Count Basie.

    Kansas City wurde auch zu einem der Hotspots der Jazz-Szene und aus dem dort vorherrschenden „Kansas City Jazz“ wurde schlussendlich der „Rhythm & Blues“.

    In Europa gründete Django Reinhardt sein „Quintette du Hot Club de France“ und entwickelte gemeinsam mit den Geigenvirtuosen Stephane Grapelli eine Musikform, die als „Gypsy-Jazz“ bekannt wurde.


    Benny Goodman – Ein Kämpfer gegen Diskriminierung und ein „Cross-Over“-Musiker


    Benjamin Goodman stammt aus Chicago und war Sohn einer jüdischen Immigranten-Familie. In jungen Jahren schon bekam er eine Klarinette und erhielt in einer lokalen Synagoge seinen ersten Unterricht. Anschließen lernte er zwei Jahre lang bei einem Mitglied des Chicago Symphony Orchestras und er konnte schlussendlich in seinen Teenagerjahren schon seine Familie finanziell unterstützen (mit 15 Jahren verdiente er schon mehr als sein Vater, der in einer der unzähligen Schlachthöfe Chicagos Arbeit gefunden hatte).

    Goodman übersiedelte dann nach New York, wo er als Studiomusiker für Radioübertragungen und als Musiker am Broadway arbeitete. Schon bald gründete er eine Big Band und wurde in den 1930ern der wohl bekannteste Jazz-Musiker in den USA. Er war auch der erste, der die Rassentrennung bei Orchestern durchbrach – so engagierte er Lionel Hampton und Charlie Christian für sein Orchester. Er setzte auch durch, dass seine schwarzen Musiker in den Hotels und Restaurants gleich behandelt wurden wie deren weiße Kollegen. Zu dieser Zeit waren– besonders im Süden – Schwarze extrem diskriminiert (so musste zum Beispiel Billie Holiday, eine der großartigsten Sängerinnen in diesem Genre, im Gegensatz zu den weißen Bandmitgliedern den Lastenaufzug benutzen und durfte, wenn sie nicht sang, nicht auf der Bühne bleiben). Goodman bestand auf Gleichberechtigung für alle und sagte sogar ausverkaufte Konzerte ab, wenn dies nicht gestattet wurde. Durch seine jüdische Herkunft wusste er sicher, was Diskriminierung bedeutet und hatte dadurch wahrscheinlich mehr Verständnis für die Afroamerikaner. Überhaupt ist es ein interessantes Faktum, dass man in Jazzkreisen bei den Musikern überdurchschnittlich viele Musiker und Produzenten mosaischen Glaubens findet.

    Goodman ist nicht nur für einige der bedeutendsten Aufnahmen der Swing-Ära verantwortlich – hier möchte ich besonders die Aufnahme seines Carnegie-Hall-Konzerts aus 1938 hinweisen, das übrigens das erste Nicht-Klassische Konzert in diesen hehren Hallen war, er trat auch immer wieder als klassische Musiker auf. Seine Aufnahme der Klarinettenkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart sollte in keiner Sammlung fehlen. Dass Goodman auch außerhalb der Jazz-Community geschätzt wurde zeigten auch Paul Hindemith, Aaron Copland und Bèla Bartok, die ihm Kompositionen widmeten.


    Duke Ellington – der bedeutendste Komponist des 20.Jahrhunderts?


    Der Beginn der 1940er Jahre war sicherlich die kreativste Zeit von Edward „Duke“ Ellington, dessen Vater auch als Butler im Weißen Haus gearbeitet hatte. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er von seiner Mutter mit sieben Jahren, begann aber erst mit 14 Jahren sich mit dem Instrument näher auseinander zu setzen. Geboren 1899 gründete er schon bald sein erstes Orchester, die „Washingtonians“, dessen Namen schlussendlich zum „Duke Ellington Orchestra“ wurde. Durch Auftritte im Cotton Club, die auch vom Radio übertragen wurden (unter dem Namen „Duke Ellington and his Jungle Band“), erreichte sein Orchester schon bald nationale Berühmtheit.


    Ellington, der während seiner fast 60-jährigen Karriere über 2.000 Lieder und Orchesterwerke komponierte, unterschied sich von anderen „Jazzern“ dadurch, dass seine Werke durchkomponiert und durcharrangiert waren und er dadurch den Mitgliedern seines Orchesters nicht die Möglichkeit zur freien Improvisation gab. Allerdings wusste er um die Stärken und Schwächen seiner Solisten (von denen einige sogar 50 Jahre in seinem Orchester tätig waren) und schrieb ganz gezielt Soli für diese, die den individuellen Eigenheiten eines jeden Musikers entsprachen (unterstützt von Billy Strayhorn, mit dem ihm eine lebenslange Freundschaft verband).

    Das bekannteste Konzert (ich würde es eher als ein Concerto Grosso bezeichnen), das er für einen seiner Musiker schrieb, war das „Concerto for Cootie“ aus dem Jahr 1940. „Cootie“ Williams war einer seiner Trompeter. Es ist vielleicht ganz interessant, die musikalische Analyse zu lesen – die Quelle dazu fand ich auf der Website www.swingandbeyond.com“ Ich habe diese in Auszügen übersetzt –


    Concerto for Cootie" beginnt mit einer achttaktigen Einleitung, in der Williams unbegleitet auf seiner gedämpften Trompete das achttönige Melodiefragment spielt, das während des gesamten Stücks als wiederkehrendes Motiv dient. Die Band nimmt dies dann bei der ersten Wiederholung dieses Motivs auf, wobei die singenden Saxophone hoch und dann absteigend einsetzen, während Juan Tizols Ventilposaune allein tief und aufsteigend einsetzt. Es folgen die beiden anderen Posaunen, und schließlich fügen Wallace Jones' Trompete und Rex Stewarts Kornett der Klangmischung hinzu.

    Während sich diese Instrumente allmählich zusammendrängen, wird ihre Harmonie immer dichter und dissonanter. Am Ende der Einleitung steht ein kompletter Stopp, der das Ende der Einleitung markiert. Obwohl sie nur siebzehn Sekunden dauert, enthält diese Einleitung ein Füllhorn an musikalischen Ideen, Instrumentalklängen und Dynamik. Das war das Genie von Ellington.

    Der unkonventionelle erste Refrain von "Concerto for Cootie" besteht im Wesentlichen aus vier zehntaktigen Abschnitten. Der erste dieser Abschnitte kann als die "A"-Melodie identifiziert werden, die in der Einleitung zu hören war. Im nächsten zehntaktigen Abschnitt erklingt eine Wiederholung dieser Melodie. Die "B"-Melodie (eine Brücke) erscheint in den dritten zehn Takten, und in den vierten zehn Takten kehrt die Hauptmelodie zurück. Zur Vereinfachung meiner Erklärung dessen, was bei dieser Aufführung geschieht, werde ich die vier Abschnitte des ersten Refrains als A1, A2, B und A3 bezeichnen.

    A1 beginnt wie die Einleitung mit einem unbegleiteten Williams auf der gedämpften Trompete, der das achttönige melodische Fragment spielt. Man beachte, dass er am Ende seiner Phrasen einen Lippentriller verwendet. In dieser A1-Sequenz jedoch kommt Cooties instrumentale Unterstützung in Form des Posaunentrios (mit Jimmy Blantons Bass als Untermalung), das Williams mit skurrilen, weichen Harmonien antwortet. Man beachte, wie Blantons Bass seinen Gehrhythmus zusammen mit Sonny Greers flüsternder, gebürsteter kleiner Trommel einsetzt, wenn Williams sein Solo in dieser A1-Melodieexposition beendet und die fünf Zungenstimmen die A1-Sequenz beenden. Ellingtons Zungenstimmen sind hier ganz typisch dukistisch. Jedes der vier zehntaktigen Segmente in diesem ersten Refrain folgt einem ähnlichen Muster: Williams spielt zuerst ein Solo, gefolgt von verschiedenen Instrumentenmischungen.

    A2 beginnt damit, dass Williams das melodische Hauptfragment noch einmal wiederholt, diesmal aber mit minimalen Verzierungen. Die Zungenblätter bilden hier zunächst ein ruhiges Klangpolster. Dann kehrt Blantons Walking Bass zurück und wird von den absteigenden Zungenblättern, die nun dichter harmonisiert sind, und den sanft rhythmischen offenen Blechbläsern begleitet.

    B beginnt mit dem Knurren von Williams auf seiner immer noch gedämpften Trompete. Man beachte, wie Ellington hier einen klaren Call-and-Response-Hintergrund für Cootie geschaffen hat, bei dem die Rohrblätter mit den offenen Blechbläsern mitspielen. Eine kurze Aufwärtsphrase beendet das B-Segment schnell.

    A3 ist im Wesentlichen dasselbe wie A2, außer dass Williams' Solo von den Zungenbläsern gefolgt wird, dann drei absteigende fette Noten von den Posaunen, denen eine Passage der gesamten Band folgt, die eigentlich der Beginn einer viertaktigen Modulation von der Tonart F nach D ist.

    Der zweite "Refrain" ist eine weitere Abweichung Ellingtons von der Standard-Songform. Er besteht aus einer sechzehntaktigen Sequenz plus einer zweitaktigen Modulation. In diesem Refrain hören wir Williams' brillanten und doch dichten offenen Trompetenton, der mit Lippentrillern und Glissandi verziert ist. Ellington bietet Cootie ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Instrumentarium als Hintergrund.

    Bemerkenswert ist Ellingtons Einsatz seiner dreiköpfigen Posaunengruppe als eigenständiger musikalischer Klang in dieser Sequenz und in der gesamten Aufführung. Das langsame Aufkommen von Posaunensektionen als eigenständige Chöre in Bands der Swing-Ära hatte Ende der 1930er Jahre begonnen und setzte sich bis in die 1940er Jahre fort. Schließlich entdeckten die Arrangeure das Potenzial der Posaunensektionen, üppige musikalische Klänge zu liefern, und sie wurden als eine weitere lebendige instrumentale Farbe in Big Bands eingesetzt.

    In der nächsten Sequenz, die zehn Takte lang ist, setzt Williams wieder den Plunger-Dämpfer ein. Hier spielt er eine Paraphrase des melodischen Hauptmotivs von "Concerto for Cootie", wobei sowohl das dynamische Niveau als auch das Register der Musik nun auf sotto voce reduziert sind. Sowohl die Band als auch Cootie steigern die Musik und intensivieren sie als musikalisches Tüpfelchen auf dem i, mit dem diese klassische Aufführung endet.


    Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass das „Concerto for Cootie“ in der Originalfassung nur insgesamt 3:16 Minuten dauert und dies nur eine Zusammenfassung einer Analyse ist, die 35 Buchseiten umfasst. Wer außer mir sieht da noch eine Parallele zur klassischen Musik?


    Ellington schrieb in weiterer Folge auch Konzert-Suiten wie zum Beispiel „Black, Brown and Beige“, eine Big-Band-Fassung der „Peer-Gynt-Suite“ und die „Liberian Suite“, ein Auftragswerk der Regierung von Liberia zur Feier des 100-jährigen Jubiläums des Staates, der seinerzeit von befreiten amerikanischen Sklaven gegründet wurde.


    Einige Kritiker waren Ellington in späteren Jahren vor das Wesentliche des Jazz zu Gunsten einer „künstlichen Klassik“ aus den Augen verloren zu habe. Diesen entgegnete er „Ich bin kein Jazzmusiker, ich will die Musik des amerikanischen Negers (sic!) machen.“ Ein anderes Zitat – „Art ... Der einzige Maßstab, nach dem das Ergebnis beurteilt werden sollte, ist einfach der, wie es klingt. Wenn es gut klingt, ist es gelungen, wenn nicht, ist es gescheitert.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

    Die Magie dieses Genies kann man am besten mit den Worten eines Kritikers zusammenfassen -


    Ellington spielt Klavier, aber sein eigentliches Instrument ist seine Band. Jedes Mitglied seiner Band ist für ihn eine bestimmte Klangfarbe und eine bestimmte Skala von Gefühlen, die er mit anderen, gleich charakteristischen mischt, um etwas Drittes zu erzeugen, was ich den „Ellington-Effekt“ nennen möchte. (...) Ellington geht es um den individuellen Musiker und um das, was geschieht, wenn alle Individuen ihre musikalischen Eigenarten zusammentun. Wenn ein Zuhörer ihn auf dem Podium beobachtet, kann er leicht auf den Gedanken kommen, dass er die üblichen Routine-Bewegungen macht wie jeder andere, der vor einer Band steht. Wer aber ganz genau beobachtet, wir bestimmt entdecken, wie ihm oft eine winzige Drehung des Fingers genügt, und er hat aus einem Musiker den gewünschten Klang herausgeholt.

    Hear Me Roar!


  • Bebop

    Als die Musik vieler Big Bands immer mehr in den vorgegebenen Formen und Arrangements erstarrte begannen junge Musiker neue musikalische Formen zu erkunden. Diese meist schwarzen Musiker entwickelten schlussendlich einen neuen Stil – diese Musik war keine Tanz- oder Unterhaltungsmusik, sondern man kann sie als „Musik für Musiker“ bezeichnen.

    Als Gründerväter gelten unter anderem Charlie Parker, Dizzy Gillespie oder Thelonious Monk, die eine erweiterte Harmonik hinzufügten. Es wurden dabei auch Elemente der lateinamerikanischen Musik verwendet (das nannte man dann den Afro Cuban Jazz)

    Der wahrscheinlich wichtigste Musiker dieser Ära war Charlie „Bird“ Parker.

    Parker stammte aus Kansas City wo er „sein“ Instrument, das Altsaxofon, erlernte. In jungen Jahren hatte er einen schweren Unfall, der ihm zu einem monatelangen Aufenthalt im Spital zwang. Um seine Schmerzen zu lindern, wurde er mit Morphium behandelt, was eine lebenslange Drogensucht zur Folge hatte. Als er schlussendlich 1955 starb war er nur 35 Jahre alt. Bei der Obduktion schrieb der zuständige Pathologe in seinem Bericht, dass es sich wohl um einen ca. 60-jährigen Mann handelt..

    Parker erhielt Unterricht in Harmonielehre und revolutionierte mit seinen Improvisationen die Jazzwelt. Er versuchte „alle möglichen Töne“ im Rahmen eines Stückes zu spielen, was zu dieser Zeit wirklich „unerhört“ war. Ein Bebop-Stück begann mit einem Grundthema, gefolgt von diversen Improvisationen, bei denen dieses Thema bis zur Unerkenntlichkeit aufgesplittert wird. Parker, der auch in Harmonielehre unterrichtet wurde, bestach einerseits durch seine technische Brillanz als auch durch eine unglaubliche Geschwindigkeit.


    Ein Komponist, der sich auch viel mit Jazz beschäftigt hatte, war Igor Stravinsky, eine Ikone unter Jazz-Liebhabern. 1946 komponierte er für die Big Band von Woody Herman das „Ebony Concerto“ für Solo-Klarinette. Es gibt da eine gute (und wahre) Geschichte, bei der sowohl Parker als auch Stravinsky die Hauptprotagonisten sind. Sie spielte sich im New Yorker Jazzclub „Birdland“ (benannt nach Parker) ab –


    Das Haus war schon vor dem Eröffnungs-Set fast voll, bis auf einen auffallend leeren Tisch, an dem ein für das Birdland ungewöhnliches RESERVIERT-Schild hing. Nachdem der Pianist sein fünfundvierzigminütiges Programm beendet hatte, setzte sich eine Gruppe von vier Männern und einer Frau an den Tisch, und zwar ziemlich lautstark, während drei Kellner schnell herbeieilten, um ihre Bestellungen aufzunehmen, und beim Anblick eines der Männer, Igor Stravinsky, eine Welle von Geflüster und Ausrufen durch das Birdland ging.

    Als Parkers Quintett die Bühne betrat, erkannte sein Trompeter Stravinsky. Er beugte sich vor und sagte es Parker, der Stravinsky überhaupt nicht ansah. Parker rief sofort die erste Nummer für seine Band auf, verzichtete auf die übliche Begrüßung des Publikums und legte los wie der Blitz.


    Die Band spielte "KoKo", ein Stück, das Parker wegen seines epochalen, halsbrecherischen Tempos - über dreihundert Schläge pro Minute auf dem Metronom – normalerweise erst bei seinem zweiten Set spielte, nachdem er ausreichend aufgewärmt war. (Anm. normalerweise spielten zu dieser Zeit die Künstler während eines Abends zwei oder drei Programme – beginnend ab 22:00 bis 03:00 in der Früh) Parkers Phrasen flogen bei diesem besonders beängstigenden "Koko" so flüssig wie immer. Zu Beginn des zweiten Refrains fügte er den Anfang von Stravinskys Feuervogel-Suite ein, als wäre er schon immer da gewesen, perfekt passend, und segelte dann mit dem Rest der Nummer weiter. Stravinsky brüllte vor Vergnügen und schlug sein Glas auf den Tisch, wobei der nach oben gerichtete Bogen des Glases den Schnaps und die Eiswürfel auf die Leute hinter ihm schickte, die ihre Hände hochwarfen oder sich duckten.

    Parker kannte nicht nur zufällig ein paar Brocken von Stravinsky, die er als Novum aus dem Ärmel schüttelte; er hatte zu diesem Zeitpunkt das Werk des Mannes, der mit Le Sacre Du Printemps das bis heute rhythmisch komplexeste Stück Orchestermusik komponiert hatte, bereits tief verinnerlicht.


    Thelonious Monk – Der „Zerstörer“


    Charlie Parker und Konsorten versuchten so viele Noten wie nur möglich in einem Musikstück unterzubringen. Monk reduzierte die Melodien auf das unbedingt Nötigste und scheute auch nicht davor zurück während eines Stückes spontan den Rhythmus zu wechseln, Dissonanzen zu spielen. Er wuchs in einem Armenviertel südlich von Harlem aus, der Vater verließ die Familie und so mussten die Mutter und die Kinder selbst für den Lebensunterhalt sorgen. Schon in frühen Jahren begann er Klavier zu spielen und nahm an einem lokalen Wettbewerb im Harlem Theater teil. Mit dreizehn Jahren wurde er von diesem ausgeschlossen, da er diesen zu oft gewonnen hatte. Er gab sogenannte „House Rent Parties“, wie in seinem Stadtteil nicht unüblich – um die Finanzen aufzubessern wurden Nachbarn eingeladen und nach der musikalischen Darbietung wurden Spenden eingesammelt um die Miete („Rent“) zu bezahlen. Er arbeitete auch als Organist in der Kirche, in der seine Mutter sang. Den Jungen beeindruckten die schwarzen Klaviervirtuosen, die in den Clubs in Harlem spielten – viele davon hatten auch eine klassische Ausbildung – es wurde ihnen aber irgendwann während des Studiums von den Professoren nahegelegt sich von der klassischen Musik abzuwenden, da es für Afroamerikaner unmöglich ist im klassischen Konzertbetrieb Fuß zu fassen (wir reden da von den 1930ern und 1940ern – aber ehrlich gesagt schein es, dass ich da bis zur heutigen Zeit wenig geändert hat – mir fällt spontan kein schwarzer Solo-Künstler in der Instrumental-Klassik ein).


    Monk entwickelte einen ganz speziellen, unverwechselbaren Stil und komponierte dann einige der wichtigsten Jazz-Standards wie „Blue Monk“ oder „Straight No Chaser“. Sein Stil war nie unumstritten, nichtsdestotrotz gehört er zu den wichtigsten Erneuerern der modernen Musik (auch außerhalb des Jazz). Monk war ein absoluter „Hochglanzverweigerer“.


    Ein Kritiker schrieb damals – „Was macht er da? Krude Glissandi, die ins Nichts führen, Akzente an ungewöhnlichen Stellen, Akkordhaufen, die sich nicht genau identifizieren lassen, ständige Dissonanzen, als würde er immer zwei nebeneinander liegende Tasten treffen. Und Pausen! Immer wenn man meint, jetzt käme ein Lauf, macht der Pianist eine Pause. Unerhört, diese Art zu spielen!“

    Thelonious Monk beeinflusst auch außerhalb der „Jazz-Blase“ Künstler noch immer – niemand geringerer als Igor Levit spricht von ihm als ein großes Vorbild.


    Das Zerstören von althergebrachten Strukturen, das Einbringen von Dissonanzen bringt ihn – um wieder den Bogen zur „Ernsten Musik“ zu spannen, meiner Meinung nach in die Nähe der Wiener Schule der Moderne (Arnold Schönberg, Alban Berg, Anton Webern), die sich ja auch von der Romantik abzusetzen suchte und sicherlich nicht (wie Monk ein paar Jahre später) einen „Schönklang“ suchte. Es war ein Musikstil, mit dem man zwar Opern, aber sicherlich keine Operetten schreiben konnte. Ein Bonmot aus dem von mir bereits erwähnten Buch „Glück in Scheiben“ – Alban Berg hätte sicherlich nicht das „Land des Lächelns“, sondern maximal das „Land des Röchelns“ schreiben können.


    The Birth of the Cool

    Ende der 1940er-Jahre schlug das Pendel wieder in die andere Richtung aus – weg von den zum Großteil rasend schnell gespielten Nummern und Instrumentalsoli hin zu einem Klang, der aus verschiedenen Instrumenten quasi „gewoben“ wurde. Es gab dann sehr komplexe und vielstimmige Arrangements – und auch die im Bebop zumeist 5-köpfige Gruppe (Saxofon, Trompete, Klavier, Schlagzeug, Bass) wurde manchmal bis zu einem Nonett erweitert. Das Tempo der meisten Stücke war auch reduziert und wurde als „cool“ empfunden („Cool“ in der Bedeutung eines James Dean oder eines jungen Marlon Brando).


    Diese Musikform war besonders an der Westküste der Vereinigten Staaten populär – und wurde wieder hauptsächlich von weißen Musikern gespielt. Als Komponisten und Arrangeure sind da besonders Gil Evans und Gerry Mulligan (der auch ein begnadeter Bariton-Saxofonist war) und als Aushängeschild dieser Musikrichtung wurde der „Prince of Cool“; Chet Baker, berühmt (seine Version von „My Funny Valentine“ gehört in jede Musiksammlung!!!!). Leider war auch Chet Baker von frühester Jugend an drogenabhängig und verbrachte einige Zeit im Gefängnis. In den 1960er wurden ihm, einem Trompeter, bei einer Racheaktion eines seiner Dealer sämtliche Vorderzähne ausgeschlagen, was normalerweise das Ende seiner Karriere hätte sein müssen. Mit einem neuen Gebiss lernte er drei Jahre lang sein Trompetenspiel von Grund auf neu und konnte dann ein erfolgreiches Comeback starten. Mit nur 58 Jahren fiel er eines Nachts aus dem Fenster eines Hotels in Amsterdam. Die genauen Umstände seines Todes wurden nie aufgeklärt.

    Der „West Coast Cool“ bestand mehr oder weniger bis zu Beginn der 1960er-Jahre und brachte großartige Musiker – und großartige Musik – hervor.


    Hard Bop – die Musik der zornigen Jungen

    Während in Kalifornien der Cool Jazz florierte, entwickelte sich in Detroit, Chicago und besonders in New York eine neue Stilrichtung – der Hard Bop. Was zeichnete diesen Musikstil aus? Nun, einerseits verwendete man die freie Improvisation des Bebop, andererseits ergänzte man diese mit einer etwas reduzierten Rhythmik und Melodik, so kehrte man zum Ende eines Stückes wieder zum Grundthema zurück.


    Die herausragendsten Aufnahmen wurden auf dem Plattenlabel „Blue Note“ produziert, das 1939 von zwei deutschen Emigranten, Alfred Lion (Löw) und Francis Wolff (Jakob Franz Wolff) gegründet wurde. Was Blue Note so „anders“ machte war die Tatsache, dass ab 1956 ausschließlich schwarze Musiker als Bandleader aufgenommen wurden und dass – im Gegensatz zu anderen Plattenlabels – die Musiker vor der Aufnahme proben konnten und auch dafür bezahlt wurden. Andere Plattenfirmen beorderten Musiker einfach zu einem bestimmten Termin ins Studio und es wurde ohne Proben aufgenommen. Dadurch waren die Blue Note-Sessions viel intensiver und auch „zorniger“. Es gab eine neue Musik von Musikern – viele davon hatten im 2. Weltkrieg in der Armee gedient und Europa befreit. Wieder zurück in den USA wurden sie aber wieder mit Rassendiskriminierung konfrontiert. Aber im Gegensatz zu der „Vätergeneration“ wollten sie diese Umstände nicht mehr kommentarlos hinnehmen und drückten ihre Frustration, ihre Verzweiflung und ihren Zorn in der Musik aus.


    Diese Tatsache ist auch ein Grund dafür, dass zu dieser Zeit die Musik, die an der Ostküste produziert wurde, viel intensiver als die der Westküste war. Die „weißen Jungs“ in Kalifornien hatten sicherlich die besseren Instrumente, oft auch die bessere Ausbildung und waren technisch besser – aber die Musik drückt doch auch immer die Lebensumstände aus. Ja, es gab auch Frustrationen an der Westküste (meine Freundin hat mich verlassen, wie komme ich zu meinen nächsten Drogen), aber die waren nicht zu vergleichen mit der Angst von einem Polizisten ohne Grund angehalten, geschlagen oder sogar erschossen zu werden. Noch heutzutage weiß oft eine afroamerikanische Mutter nicht, ob die Kinder am Abend wieder wohlbehalten nach Hause kommen…


    Ein Vorfall aus 1959 zeigt auf, was zu dieser Zeit Gang und Gäbe war –

    Miles Davis war zu dieser Zeit schon ein sehr bekannter Musiker stand in New York kurz nach Mitternacht vor einem Jazz-Club in dem er auftrat. Er rauchte und begleitete eine weiße, blonde Frau zu einem Taxi und schrieb ein paar Autogramme, als ein weißer Streifenpolizist ihn aufforderte weiter zu gehen. Davis zeigte auf das Veranstaltungsposter, wo sein Name stand und erklärte, dass er in diesem Club arbeitet. Der Polizist meinte, dass ihm das nicht interessiert und dass Davis seinen Anweisungen folgen soll. Natürlich weigerte sich Davis, der sich ja nichts zu Schulden hat kommen lassen.

    Daraufhin sagte der Polizist „Sie sind verhaftet“ und schlug Davis mit dem Schlagstock blutig, steckte ihn in den Streifenwagen und brachte ihn zum nächsten Polizeirevier, wo er wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und eines angeblichen Angriffs auf einen Polizeibeamten festgenommen wurde. Danach wurde er ins Spital gebracht, die geplatzte Kopfhaut genäht und dann wieder in eine Zelle gesperrt.

    Trotz vieler Zeugenaussagen wurde gegen den Polizisten kein Verfahren eingeleitet…

    (Anm. Und 60 Jahre später hat sich noch immer nicht wirklich viel geändert)


    Und diese Frustration, dieser Zorn spiegelt sich in der Musik wider. Und da findet man eine Verbindung zur klassischen Musik – hätte Beethoven derartig intensive Werke ohne seiner fortschreitenden Taubheit schreiben können? Wäre Schubert ohne seine Syphilis-Erkrankung in der Lage gewesen seine „Winterreise“ zu komponieren? Mozart sein „Requiem“? Tschaikowsky und Britten ihre Werke? Ehrlich gesagt, ich bezweifle das. Die Lebensumstände, unter denen man aufwächst, der Grundcharakter eines Menschen und die Erfahrungen, die man im Leben macht spiegeln sich immer in den Werken und in der Ausführung wider. Es ist ja kein Zufall, dass die Interpretation einer Marschallin (wenn man einmal von der Entwicklung der Stimme absieht) einer 25-jährigen und einer 45-jährigen meilenweit auseinander liegt. Und vom Liedgesang einmal ganz zu schweigen.


    Der Modale Jazz

    Der Ursprung dieser Art von Musik liegt wieder in New York, als man sich (auch musiktheoretisch) damit beschäftigte, die Improvisationsmöglichkeiten für Solisten zu erweitern. George Russel schrieb das Buch „The Lydian Chromatic Concept of Tonal Organization” – nicht unähnlich zum Zwölftonkonzept eines Arnold Schönbergs und der Auflösung der Tonalität, die man in der Zweiten Wiener Schule betrieb. Man arbeitete da unter anderem mit dorischen (entspricht den weißen Tasten eines Klaviers) und äolischen (Ursprung davon der hypodorische Modus, aus dem die Moll-Tonarten herstammen)Tonleitern, es gab eher minimalistische Tonfolgen und die Tempi waren gemäßigt. Wie oben kurz angedeutet gab es oft ungewöhnliche Harmonien (die man allerdings schon in der mittelalterlichen Kirchenmusik vorfand), die Musikstücke haben einen oft meditativen Charakter, schrecken aber auch nicht vor Dissonanzen zurück.

    Was die Improvisationen betrifft möchte ich aus Wikipedia zitieren –

    Im Modalen Jazz verläuft die Improvisation des Solisten auf wenigen über weite Strecken ausgehaltenen Modi (Skalen) statt Vorgabe konventioneller, harmonischer Akkordfolgen. Neben den konventionellen Tonleitern westlicher Musik werden, auf mittelalterliche Kirchentonarten zurückgehende, modale Tonleitern und außereuropäische Tonskalen verwendet, und auch chromatische Passagen finden vermehrt Verwendung. Moderne Musiker, die im modalen Stil spielen, setzen auch Techniken wie Vorhalts- und Durchgangstöne, das Einkreisen von Tönen und weitere Techniken ein, um ihre Improvisation zu bereichern. Das Primat hat der, ohne an ein Korsett konventioneller, begleitender Harmonien des Ensembles gebundene, darüber frei improvisierende Solist. Die Begleitung besteht oft nur aus wenigen, ständig wiederholten Akkorden.


    Kind of Blue

    DIE wohl bekannteste (und auch meistverkaufte) Platte der Jazzgeschichte ist das Album „Kind of Blue“ mit Miles Davis als Bandleader, das wegweisend für die Entwicklung des Modal Jazz war. Sie entstand 1959 (im übrigen ein Jahr, in dem einige der bedeutendsten Aufnahmen der Jazzgeschichte eingespielt wurden). Ich kann KoB nur jedem empfehlen – anbei ein paar Hintergründe, wie die Platte entstanden ist, basierend auf den Aussagen von Bill Evans, der bei den Sessions am Klavier saß und großen Einfluss auf die Kompositionen hatte –

    „Miles bat mich damals vor der Produktion in sein Apartment. Er wollte eigentlich meine Komposition „Peace Piece“ aufnehmen, doch ich regte an, gemeinsam nach einer zusammenhängenden Folge von Tonalitäten zu suchen und diese zu einem logischen Kreis zusammenzufügen. Das Ganze ergab dann „Flamenco Sketches“. Zusätzlich entwarf ich die Melodie und die Akkord-Changes für „Blue in Green“ und schrieb die Grundstrukturen für die anderen auf. Miles dachte, auf diese Weise könnten wir bei der Aufnahme Zeit sparen und die Band würde alles schneller verstehen. Im Studio war Miles dann in der Lage, die gesamte Gruppe mit den wenigen Fragmenten, den spärlichen Tipps und seinen minimalen Hinweisen zusammenzubringen. Wir schafften es, alle Stücke im ersten Anlauf aufzunehmen – so wie sie auf der Platte zu hören sind.

    Grundprinzip der Platte war aber, dass alle Stücke in gemäßigtem Tempo interpretiert wurden und die Band die Kompositionen erst im Studio zu sehen bekam, so dass kein Musiker auf Routinen zurückgreifen konnte.


    Mein persönliches Lieblingsstück ist „So What“. Die Harmonien basieren ausschließlich auf dem oben erwähnten dorischen Modus (Terz-Quart-Quint-Sept). Eine weitere Besonderheit dieses Stückes ist, dass der Bass die Melodie spielt – sehr ungewöhnlich zu dieser Zeit. Um noch einmal auf diesen Modus zurückzukommen und die Brücke zur (vor)klassischen Musik zu schlagen – man findet diesen in der Chormusik eines Heinrich Schütz (Matthäus-Passion).

    Das letzte aufgenommene Stück für diese Platte war „All Blues“, das ein prägendes Ostinato aufwies und vom Bassisten elfeinhalb Minuten durchgespielt werden musste. Ein Ostinato-Schema weist auch der Boléro von Ravel aus und ist, besonders in der Barockmusik, als „Basso Ostinato“ zu finden). Einfach erklärt ist ein Ostinato eine sich dauern wiederholende Melodie oder ein bestimmter Rhythmus.


    Bill Evans

    Der vorher erwähnte Bill Evans gehört zu meinen absoluten Lieblingsmusikern. Er war ein Pianist und einer der wenigen weißen Musiker, die immer von schwarzen Bandleadern (wie eben Miles Davis) zum Mitspielen eingeladen wurden. Ich hatte ja schon erwähnt, dass es einen Unterschied in der Verzweiflung von Weißen und Farbigen gibt – die Tatsache, dass Evans als Kind von seinem Onkel missbraucht wurde, hatte vielleicht die Dimension, dass sein „Pendel“ in Richtung schwarzer Verzweiflung ausschlug und er dadurch aus musikalisch mit Davis & Co. besser harmonisierte als andere. Bill Evans ist der große Lyriker unter den Jazzmusikern, sein Spiel war sehr introvertiert und auch von den Kompositionen von Claude Debussy und Maurice Ravel beeinflusst. Bereits mit zwölf Jahren trat er öffentlich auf und beherrschte neben dem Klavierspiel auch Flöte und Violine.


    Er absolvierte in Louisiana ein klassisches Musikstudium und graduierte mit dem akademischen Titel „Bachelor“ in Klavier- und Musikpädagogik. Seine Soloalben sind großartig – und zumindest eines sollte man besitzen.


    Free Jazz und weitere Entwicklungen

    Gegen Ender der 1950er Jahre begannen einige Musiker sich komplett von der Jazzharmonik zu lösen uns komplett freie Formen wurden gefunden. Ich besitze zwar einige Platten dieser Stilrichtung in meiner Sammlung, aber ich muss schon in einer wirklich sehr bestimmten Stimmung sein, um diese auch zu hören. Als Protagonisten möchte ich Ornette Coleman erwähnen – auf einen seiner Alben hat er zwei Gruppen á 5 Musiker verwendet, in gleicher Besetzung, die unabhängig voneinander gerade spielten, was ihnen gerade einfiel. Die eine Gruppe wurde am linken Stereokanal aufgenommen, die andere am rechten. Das Ergebnis ist – sagen wir es einmal so – interessant….

    Gegen Ende der 1960er Jahre kam dann der „Fusion Jazz“ (Jazz kombiniert mit Rock, Folk), Electronic Jazz – aber diese Spielarten interessieren mich nicht besonders und daher möchte ich auch nicht weiter darauf eingehen.


    Was geht im Kopf eines Jazz-Musikers und eines Klassischen Musikers vor?

    Diese Frage stellte sich vor ein paar Jahren das Max Planck-Institut in Deutschland und kam zu sehr interessanten Ergebnissen, da sich die Hirnprozesse bei einem klassisch ausgebildeten Musiker von einem ausgebildeten Jazzmusiker unterscheiden, selbst wenn beide das gleiche Musikstück spielten. Die Untersuchungen wurden bei Pianisten gemacht.

    Ich zitiere aus der Untersuchung –

    „Als wir Jazzer während einer logischen Abfolge von Akkorden plötzlich einen harmonisch unerwarteten Akkord spielen ließen, begann ihr Gehirn schon nach 0,4 Sekunden und damit viel früher die Handlung umzuplanen als das klassischer Pianisten. Entsprechend schneller konnten sie auch auf die unerwartete Situation reagieren und ihr Spiel fortsetzen“


    Klassische Pianisten waren wieder besser darin ungewöhnliche Fingersätze zu nutzen – da zeigte das Gehirn eine stärkere Aufmerksamkeit für den Fingersatz und es passierten auch weniger Fehler bei der Nachahmung.

    Wieder ein Zitat - „Der Grund dafür könnte in den unterschiedlichen Fähigkeiten liegen, die die beiden Musikstile von den Musikern fordern“, erklärt Biancos Kollegin Daniela Sammler. Demnach konzentrieren sich klassische Pianisten bei ihrem Spiel besonders darauf, ein Stück technisch einwandfrei und persönlich ausdrucksstark wiederzugeben. Hierfür ist etwa die Wahl des Fingersatzes entscheidend.


    Im Jazz geht es dagegen auch viel um Improvisation: Ein guter Jazzmusiker zeichnet sich dadurch aus, variieren zu können und sich beispielsweise flexibel an überraschende Harmonien anzupassen. „Dadurch scheinen sich unterschiedliche Abläufe im Gehirn etabliert zu haben, die während des Klavierspielens ablaufen und den Wechsel in einen anderen Musikstil erschweren“, sagt Sammler.


    Improvisation

    Während es in der klassischen Musik ab dem 19.Jahrhundert für die Ausführenden kaum die Möglichkeit zur Improvisation gibt, war diese im Barock normal – viele Komponisten ließen ihren Solisten mehr oder weniger offen, was sie spielten (oder sangen, wenn es um die Koloraturen in Opern ging). Diese Flexibilität verschwand fast zur Gänze (man findet sie manchmal noch im Belcanto – aber könnte man sich eine Verdi-Arie mit spontanen Kadenzen vorstellen ?!??). Die Möglichkeit vor Publikum ein vorgegebenes Thema zu improvisieren brachte erst wieder das Genre des Jazz zum Vorschein (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel!). Eine weitere „Inselplatte“ für Jazzliebhaber ist ein Livemitschnitt von Keith Jarrett, das berühmte ->


    The Köln Concert

    Dieses wurde – unter relativ widrigen Umständen – im Jahre 1975 live in der Kölner Oper aufgenommen und ist heutzutage die meistverkaufte Solo-Jazz-Platte aller Zeiten. Keith Jarrett erhielt schon mit drei Jahren Musikunterricht, trat als „Wunderkind“ schon mit 7 Jahren auf und erhielt einige Zeit eine klassische Ausbildung, bevor er die Musikschule verließ und sein Klavierspiel selbständig weiterentwickelte. Seine Hauptintention als Künstler war es (und ist es noch immer) Musik aus dem Augenblick heraus zu kreieren, Musik „aus dem Nichts heraus zu erschaffen“. Deshalb sind seine Konzerte fast ausschließlich frei improvisiert. Er selbst sagt dazu: Es ist immer wieder, als würde ich nackt auf die Bühne treten. Das Wichtigste bei einem Solokonzert ist die erste Note, die ich spiele, oder die ersten vier Noten. Wenn sie genug Spannung haben, folgt der Rest des Konzerts daraus fast selbstverständlich. Solokonzerte sind so ziemlich die enthüllendste psychologische Selbstanalyse, die ich mir vorstellen kann.“


    Bei diesem Auftritt verwendete er die Melodie des Pausengongs der Kölner Oper – und 66:05 Minuten später war ein Meisterwerk geboren.


    Crossover von Jazz und Klassik

    Auf „Jonny spielt auf“ und „Porgy and Bess“ brauche ich wohl nicht näher eingehen, da die Überschneidungen da offensichtlich sind, deshalb möchte ich mich auf vielleicht weniger bekannte Werke und Aufnahmen konzentrieren.


    Miles Davis kooperierte Ende der 1950er Jahre auch mit dem Komponisten und Arrangeur Gil Evans (nicht verwandt mit Bill Evans). Bei dieser Zusammenarbeit (Solo-Trompete Miles Davis, dazu ein Orchester) entstanden die Platten „Porgy & Bess“ und besonders erwähnenswert „Sketches of Spain“, das an spanische Volksmusik angelehnt ist. Hier findet man an wunderbare Aufnahme des 2.Satzes des „Concierto de Aranjuez“ von Joaquin Rodrigo und Auszüge aus dem Ballett „El amor brufo“ von Manuel de Falla. Bei dieser Platte verwischen sich die Genres, was von Jazz-Puristen auch kritisiert wurde. Aber was soll’s – es ist wunderbare Musik!


    Auch Alban Berg benutzt in „Lulu“ einige Swing-Elemente, im dritten Satz von „La Revue de Cusine“ von Bohislav Martinu verwendet dieser den Rhythmus des Charleston. Gershwin und Kurt Weill (Dreigroschenoper, Mahagonny, Happy End) ließen sich auch von den Klängen des Jazz inspirieren.


    Wie schon erwähnt hat Stravinsky das „Ebony Concerto“ für Benny Goodman geschrieben, Jazz-Anklänge findet man auch in den Klavierkonzerten von Maurice Ravel, Stravinsky benutzt den Ragtime in „L’histoire du Soldat“. Darius Milhaud kann den Einfluss bei seinen Kompositionen „Saudades do Brasil“, „Le Creation Du Monde“ und der „Scaramouche Suite“ nicht abstreiten.


    Dmitri Schostakowitsch wiederum schuf als Mitglied der Jazz-Kommission 1934 seine „Suite für Jazzorchester Nr.1“ mit dem Ziel „den sowjetischen Jazz auf ein professionelles Niveau zu heben“. Allerdings hat diese mit herkömmlichen Jazz relativ wenig zu tun, die Wurzeln liegen eher in Film- und Bühnenmusik.1938 schuf er noch die „Suite für Jazzorchester Nr.2“, die allerdings – so glaubte man – verloren ging und erst im Jahr 2000 in rekonstruierter Form aufgeführt wurde.


    Andreas Priwin, besser bekannt als André Previn, schrieb nicht nur Opern,symphonische Werke und Filmmusiken, sondern er war auch ein begnadeter Jazz-Pianist, der bereits mit 15 Jahren in New York seine ersten Auftritte in letztgenanntem Genre hatte. 1956 erhielt er für die Aufnahme von „My Fair Lady“ mit Shelly Manne (Schlagzeug) und Leroy Vinnegar (Bass) die allererste Goldene Schallplatte für ein Jazz-Album überhaupt.


    Und dann gibt es natürlich auch Jazzer, die wunderbare Interpreten klassischer Musik waren und sind, da besonders der Pianist Chick Corea. Dieser verstarb im Vorjahr, ich besitze von ihm die Aufnahme eines seiner letzten Konzerte – da findet man in der Stückauswahl neben Kompositionen von Thelonious Monk auch die Klaviersonate KV 332 von Mozart, Improvisationen über Themen von Scarlatti, Chopins Prelude op.28 und ein Werk von Skriabin. Ehrlich gesagt – ich habe mir diese Doppel-CD wegen seiner Mozart-Interpretation gekauft.


    Ein Kleinod meiner Sammlung ist auch die Zusammenarbeit von Wynton Marsalis, einem Trompeter, der 1960 geboren, und einer gewissen Edita Gruberova. Mit dem English Chamber Orchestra wurden 1984 hier Werke von Purcell, Händel, Torelli, Fasch und Molter eingespielt.


    Einen Österreich-Bezug hat die „Combo“ L’Arpeggiata, die von der Grazerin Christina Pluhar gegründet wurde. Wenn ich mich recht erinnern kann schrieb ein Kollege eine begeisterte Rezension über ihren Auftritt bei den letzten Salzburger Festspielen. Pluhar versteht es perfekt – je nach Programm – die Grenzen zwischen Barockmusik und Jazz zu verwischen. Ihre Monteverdi-CD (Teatro d’Amore) und besonders „Music for a While – Improvisations on Purcell” sind ganz gewaltig. Mitwirkende an der letztgenannten Aufnahme sind unter anderem der Countenor Philippe Jaroussky und Wolfgang Muthspiel, einer der aktuell führenden österreichischen Jazzgitarristen.


    Jazz in Österreich

    Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich noch einige Worte über Repräsentanten des Jazz in Österreich verlieren. Ohne näher auf sie einzugehen möchte ich Hans Koller, einen Saxofonisten, der mit allen amerikanischen Jazzgrößen zusammengespielt hat und Fatty George, den älteren Lesern vielleicht noch aus dem Fernsehen bekannt, erwähnen.

    International am Bekanntesten ist in der Jazzszene sicherlich Josef „Joe“ Zawinul, der Ende der 1950er Jahre erstmals in den USA als „Sideman“ bei Aufnahmen tätig war, später bahnbrechende Alben mit Miles Davis und dann mit seiner eigenen Jazz-Rock-Formation „Weather Report“ einspielte.

    Ich nehme mal an, dass der Name Friedrich Gulda hier jedem geläufig ist, allerdings vor allem wegen seiner Tätigkeit im Rahmen der klassischen Musik. Ich selbst liebe seine Interpretationen der Mozart-Klaviersonaten, auch seine Einspielungen der Beethoven-Klavierkonzerte sind legendär. Und für mich übertrifft nur Glenn Gould „seinen“ Bach… Weniger bekannt ist wahrscheinlich dass Gulda bereits zu Mitte der 1950er-Jahre immer wieder in New York in Jazz-Clubs auftrat (er war auch mit Joe Zawinul befreundet, mit dem er dann später auch gemeinsame Konzerte gab) und in der dortigen Szene einen sehr guten Ruf hatte. Er versuchte auch immer die Unterschiede zwischen E- und U-Musik zu verwischen, hatte damit aber nicht den Erfolg, den er sich wohl gewünscht hatte. Der Kritiker Robert Fischer schrieb einmal - „Friedrich Guldas Ausflüge in den Jazz wurden einst von den Hohepriestern der Klassik nur mit spitzen Fingern angefasst wie etwas, das man allenfalls zu erdulden habe, weil er doch so schön Mozart spiele.“ Nichtsdestotrotz war er einer der wenigen Musiker, der vom Klavierspiel her sowohl von klassischen Pianisten als auch von Jazzgrößen bewundert wurde.

    Der Solo-Trompeter der Orchesters die Wiener Volksoper, Lorenz Raab, studierte in Wien und Salzburg klassische Trompete, aber ebenso zwei Jahre Jazz-Trompete in Bremen. Er war Solo-Trompeter des Vienna Art Orchesters, bevor er in der Volksoper „aufschlug“. Er hat einige CDs veröffentlicht (mir gefällt „Four Roses“ aus 2002) und wandelt nach wie vor zwischen den beiden Welten hin und her.

    Sein Lehrer am Mozarteum war Hans Gansch, von 1982-1996 erster Trompeter bei den Wiener Philharmonikern. Dessen Bruder wiederum, Thomas Gansch (ebenfalls Trompete) ist einer der profiliertesten Vertreter des Jazz in Österreich, er war Mitbegründer des Ensembles „Mnozil Brass“ und tritt immer wieder in gemeinsamen Programmen mit Georg Breinschmid auf, der wiederum Mitglied der Wiener Philharmoniker war, sich dann aber dem Jazz zuwendete, da für einen Bassisten die Möglichkeiten sich selbst auszudrücken im Rahmen eines klassischen Orchesters doch sehr, sehr begrenzt sind.

    Hear Me Roar!

  • Schlusswort und eine kleine Playlist

    Ich habe versucht einen möglichst breiten Überblick über die Geschichte des Jazz und Verbindungen zur klassischen Musik zu geben. Eine tiefgehende Analyse würde wahrscheinlich Bücher füllen, aber es bleibt die Hoffnung, ein klein wenig neugierig auf diese Musik gemacht zu haben. Ich konnte nicht auf die großen VokalistInnen des Jazz eingehen (Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Frank Sinatra), nicht über Jazz in Japan sprechen (gesehen auf die Einwohneranzahl leben in Japan die meisten Jazz-Fans weltweit!) etc etc etc.


    Abschließend noch eine Liste von Schallplatten, die vielleicht zu einem Einstieg in diese ungeahnte und breit gefächerte Welt geeignet sind. Ich selbst bevorzuge Vinyl, aber es ist fast alles auch auf CDs (und zwar zu einem wirklich sehr günstigen Preis) zu bekommen. Keine Angst – ich glaube, es lohnt sich!!!!


    Benny Goodman – The complete Legendary Carnegie Hall Concert

    Duke Ellington – eh alles 😊

    Django Reinhardt – eh alles 😊

    Charlie Parker – Jazz at Massey Hall

    Charlie Parker – Charlie Parker with Strings

    Thelonious Monk – Genius of Modern Music Vol. 1 & Vol 2

    Chet Baker – Chet Baker Sings

    Shelly Manne and His Men – Live at the Black Hawk Vol.1 – Vol.4

    Dave Brubeck – Time Out

    Oscar Peterson – Night Train

    Coleman Hawkins encounters Ben Webster

    Gerry Mulligan – Night Lights

    Art Blakey & Jazz Messengers – Moanin’

    Bill Evans – The Solo Sessions Vol. 1

    Miles Davis – Kind of Blue

    Miles Davis – Sketches of Spain

    John Coltrane – Blue Train

    John Coltrane – My Favorite Things

    John Coltrane & Duke Ellington

    Grant Green – Idle Moments

    Duke Pearson – Tender Feelin’s

    Hank Mobley – Soul Station

    Lee Morgan - The Sidewinder

    Herbie Hancock – Empyrean Isles

    Keith Jarrett – The Köln Concert

    Hear Me Roar!

  • Dreamhunter

    Hat den Titel des Themas von „JAZZ UND KLASSIK - GIBT ES GEMEINSAMKEITEN? UND WENN WO? - Teil 1“ zu „JAZZ UND KLASSIK - GIBT ES GEMEINSAMKEITEN?“ geändert.
  • Lieber Dreamhunter , als gelegentlicher Jazz-Hörer habe ich Deinen Artikel mit Freude gelesen. Ich gehöre nicht zur beabsichtigten Zielgruppe, aber immerhin höre ich deutlich mehr Klassik als Jazz. Die Anekdoten fand ich auch interessant.



    DIE wohl bekannteste (und auch meistverkaufte) Platte der Jazzgeschichte ist das Album „Kind of Blue“ mit Miles Davis als Bandleader, das wegweisend für die Entwicklung des Modal Jazz war.

    Kind of Blue ist ein großartiges Album. Es scheint sich aber den Verkaufsrang-Olymp mit ein paar weiteren Aufnahmen zu teilen.



    „Köln Concert“ gehört - zusammen mit Miles Davis´ „Kind of Blue“, Herbie Hancocks „Headhunters“ sowie Dave Brubecks „Time Out“ - in die erste Liga der Jazz-Bestseller: sie alle haben eine Auflage von rund 3.5 Millionen Exemplaren erzielt.

  • Eine traurige Gemeinsamkeit ist der Nischenstatus. Ich hatte das ursprünglich völlig falsch eingeschätzt

    Klassik als elitäre Nische - JAZZ als weit verbreitet.

    Das ist - ich weiß es jetzt - Grundsätzlich FALSCH

    JAZZ ist - kaum kann man es glauben - noch weniger verbreitet als KLASSIK

    Ursprünglich hatte ich Angst, der Jazzbereich im Forum würde überhand nehmen und die Klassikhörer vertreiben.

    So entschwanden die wenigen wirklich engagierten Jazzliebhaber aus dem Forum

    Aber da sieht man, wie man sich irren kann. Das Mitglied HERSPI ist mir in guter erinnerung, und ich hatte den Eindruck, daß er hunderte Beiträge zum Thema Jazz verfasst hätte. In Wirklichkeit waren es nur 64. Trotzdem tat es mir leid, als er eines Tages veschwunden ist. Er war Mitglied von 26. Februar 2007 bis 10. Juni 2009

    In Wien gab es ein Spezialgeschäft für Jazz: RED OCTOPUS RECORDS

    Der Virgin Megastore kam nach Wien und machte ihm Konkurrenz. Irgendwann war es das Ende von Octopus Records - Virgin Megastore machte etwas später auch dicht..


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Auch ich habe das mit großem Interesse gelesen,


    und wie so oft, dadurch angeregt, CDs herausgesucht. Miles Davis Kind of Blue ist schon zweimal gelaufen, ich habe sie als SACD ( ohne Hybrid ) - fomidabler Klang. Und natürch auch Sketches of Spain, ganz anders und ebenso genial. Gestern lief schon Oscar Peterson – Night Train und das Köln Konzert. Bestellt habe ich Bill Evans – The Solo Sessions Vol. 1, den habe ich auf Samplern, z.B in der tollen Serie Jazz round Midnight ( Verve ) - die habe ich fast komplett. Ebenso warte ich auf Gerry Mulligan – Night Lights und Charlie Parker – Charlie Parker with Strings. Da habe ich viel Freude vor mir !


    Kalli

  • Lieber Alfred,


    für mich DER Jazz-Laden in Wien ist das "Audiocenter" am Judenplatz. Herr Weber ist extrem freundlich und kompetent !!!


    Und danke für alle Feedbacks! Ich habe auch noch für mein Essay einen Absatz hinzugefügt ->


    John Coltrane – Spiritual Jazz

    „Trane“, ein begnadeter Saxofonist, entwickelte den Modalen Jazz weiter, nachdem er sich nach den Aufnahmen zu „Kind of Blue“ von der Gruppe von Miles Davis trennte. Seine Aufnahmen zu Beginn der 1960er-Jahre waren noch vom modalen Jazz geprägt,

    John Coltrane - Blue train - YouTube

    aber in seinen letzten Jahren (er starb mit knapp 41 Jahren an Leberkrebs) fügte er noch Elemente des Free-Jazz und afrikanische Klänge hinzu. Seine Werke („A Love Supreme“ wird als eine der wichtigsten Aufnahmen der Jazz-Geschichte betrachtet, ist allerdings nicht so sehr für Leute geeignet, die sich dieser Musikrichtung erst annähern, ist meiner Meinung nach sicherlich der Höhepunkt seiner Entwicklung). Die Musik hat etwas Meditatives, Esoterisches unter Einbeziehung von Blues und Bebop, auch die Harfe, ein unübliches Instrument, wurde eingesetzt. Während in den 1940er-Jahren viele afroamerikanische Musiker zum Islam konvertierten, erkannte Joachim-Ernst Behrendt, ein deutscher Musikjournalist, jedoch das Erbe des Christentums deutlich im „Hauptwerk der ganzen Bewegung“, in „A Love Supreme“, das „zwar von der kosmischen Alles-Ist-Eins-Religiosität des Buddhismus und Hinduismus inspieriert“ war, „aber der persönliche Gott des Christentums scheint an zahlreichen Stellen des Textes unmissverständlich durch.“

    John Coltrane - A Love Supreme [Full Album] (1965) - YouTube

    Harry Lachner schreibt über sein Spiel – Was an John Coltranes Soli auch heute noch fasziniert, ist seine große melodische Gestaltungskraft, die Art und Weise, wie er sich souverän abwechselnd innerhalb und außerhalb der üblichen Akkord-Folge bewegt. Anders als andere Musiker seiner Zeit war ihm nicht daran gelegen, sich als jemand zu inszenieren, der etwas des reinen Spiels wegen dekonstruiert. Er hatte so viel an Kreativität und Einfallsreichtum zu verschwenden, dass er damit alles – jeden Ton, jede Akkordfolge, jede Fremdkomposition – mit neuer Bedeutung aufladen konnte.“

    1971, vier Jahre nach seinem Tod, wurde die Saint John Coltrane African Orthodox Church in San Francisco gegründet, wo er als Heiliger verehrt wird.

    Hear Me Roar!

  • Zu Coltrane noch ein Empfehlung von mir :



    Mit dem genialen Sänger Johnny Hartman - wunderbar wie der phrasiert !


    Kalli

  • Lieber Kalli - ja, diese Platte habe ich auch in meiner Sammlung :-) !!! Sie zeigt eine komplett andere Seite von Coltrane - interessant ist, dass er diese Aufnahme (und auch die mit Duke Ellington) zu Beginn seines Plattenvertrags mit Impulse Records aufgenommen hatte und auch recht gut verkauft wurde.


    Danach ist er wirklich "esoterisch" geworden - ich mag die "Crescent" und natürlich "A Love Supreme", "Live at the Village Vanguard" geht auch noch, aber danach kann ich ihm noch immer nicht wirklich folgen. Ich besitze die "Live at the Village Vanguard Again" - und dafür brauche ich


    a) eine gewisse Stimmung und

    b) eine Biere / ein oder zwei Flaschen Wein etc.


    dass ich die irgendwie überstehe....

    Hear Me Roar!

  • Servus Dreamhunter,


    ich finde deine Top of ... - Liste recht gut, was immer du damit vorhast ;). Aber wollen deine Leser so viele Zeilen konsumieren ? ---> ich würde den ausführlichen Text etwas kürzen, weil du nicht die ganzen Differenzierungen brauchst.


    Und:

    warum nimmst du nicht den einen oder anderen Österreicher in die Liste auf ? Von denen es einige sehr gute gibt: Hans Koller, Joe Zawinul (im Netz bei Weather Report, z.B. Stück "Birdland") u.v.a. Die letzten 20 Jahre gefällt mir Gitarrist Wolfgang Muthspiel ganz ausgezeichnet.





    Wir dürfen aus den fachspezifischen Informationen heraus annehmen, dass W. Muthspiel heute zu den international führenden Jazzgitarristen gehört.


    Und noch:

    "....at the Village Vanguard again". Das kann ich gut nachfühlen.




    MlG, D.

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