Liebe Mit-Taminos,
ich wurde von der Chefredakteurin des "Neuen Merkers" ersucht für die nächste Ausgabe einen Artikel über Jazz zu schreiben, Zielpublikum sollen Leser sein, die eher nur Oper und Klassik hören.
Nach vielen Recherchen (und Kürzungen) habe ich den Artikel produziert, den ich mit Euch teilen möchte (es waren dann doch 11 A4-Seiten) - ich hoffe, dass er gut aufgenommen wird. Wie gesagt, es geht darum Menschen, die 175x den Tristan und 100x den Ring gesehen haben, diese Kunstform näher zu bringen, entsprechend auch die Plattenliste, die ich gemacht habe (.. normalerweise gehört "A Love Supreme" in jede Sammlung...)
Liebe Grüße aus Wien,
Kurt
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JAZZ UND KLASSISCHE MUSIK – GIBT ES GEMEINSAMKEITEN?
Es mag vielleicht viele Leser verwundern was ein Artikel über eine relativ moderne Musikrichtung im „Merker“ zu suchen hat, allerdings findet man – bei näherer Analyse – doch den einen oder anderen Anknüpfungspunkt. Seien es nun Künstler, die in beiden Genres erfolgreich waren, über die Einflüsse der klassischen Musik auf Jazzmusiker – und vice versa.
Ich befasse mich erst seit ca. 3 Jahren mit dem Jazz in all seinen Ausprägungen und besitze nur ca. 650 Tonträger, trotzdem denke ich dass ich genug gelernt habe, einen kleinen Überblick zu geben. Dazu ist es aber wichtig, die Geschichte des Jazz zu betrachten. Und da haben wir schon die erste Parallele zur „klassischen“ Musik. Nur – was bei letztgenannter Jahrhunderte brauchte (vom Madrigalgesang über Barock über die Wiener Klassik, Romantik bis hin zur Zwölftonmusik), ereignete sich beim Jazz in nur 50 Jahren. Und im Gegensatz zur Klassik, wo wir nie erfahren werden wie Mozart seine eigenen Kompositionen interpretiert hat, ist beim Jazz (mit ganz wenigen Aufnahmen) alles auf Tonträgern dokumentiert.
Geschichte des Jazz - Ursprünge
Ähnlich wie der Blues wurde der Jazz im Süden der USA geboren. Seine Wurzeln hat er ebenfalls in der Musik (und im Rhythmus) der Sklaven. Vereinfacht gesagt ist Jazz die Musik des über Jahrhunderte unterdrückten Schwarzen Mannes (der Einfachheit halber verzichte ich auf das Gendern..), dem es, besonders in dieser Stilrichtung, bis zum Ende der 1960er Jahre nicht möglich war, die Frustration über die Lebensumstände in Worte zu fassen und dies nur über die Instrumente tun konnten.
Man könnte den Beginn dieser Musikbewegung in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts verorten, als es im Süden der USA (Hochburg war New Orleans) Marschkapellen gab, die bei verschiedenen Anlässen spielten. Diese Musik wurde vom Blues und kreolischer Musik beeinflusst, aber auch von der europäischen Tradition. Dazu muss man wissen, dass die Kreolen nicht versklavt waren, es gab viele Mischehen und sie arbeiteten nicht am Feld, sondern als Verwalter auf den Plantagen. Daher auch die Kenntnis von der europäischen Klassik. Allerdings wurden die Kreolen später auch vom Leben des „weißen Mannes“ ausgeschlossen und daher näherten sie sich zwangsläufig den Schwarzen an, was zu einer „Befruchtung“ durch europäische Musik führte. Improvisation – was später zu einer der wichtigsten Merkmale des Jazz wurde – spielte zur dieser Zeit keine Rolle. Da es sich um „Marching Bands“ handelte war die Besetzung fast ausschließlich auf Holz- und Blechbläser fokussiert, gemeinsam mit Banjo und dem Schlagwerk. Die Melodien wurden zu dieser Zeit kaum niedergeschrieben.
Woher kommt eigentlich der Name „Jazz“? Da ist sich die Musikwissenschaft nicht ganz einig. Es könnte aus dem Slang der (Ex-)Sklaven kommen und bedeutet so viel wie Beischlaf, es könnte auch lautmalerisch die Geräusche von Raddampfern beschreiben.
Gegen Ende des 19.Jahrhunderts entstand der „Ragtime“ (auf deutsch – zerrissene Zeit), ein Klavierstil, bei dem die linke Hand die Rhythmusgruppe einer Band ersetzt. Die Stücke waren komplett notiert, auch da gab es noch keine Improvisation. Die Musik lebte von der Spannung aus durchgehendem Rhythmus der linken Hand und der „zerrissenen“ Melodik der rechten Hand. Das sicherlich bekannteste Stück dieser Ära ist „The Entertainer“ von Scott Joplin (sehr bekannt durch den Film „Der Clou“).
In den 1910er-Jahren verließen die ersten Bands aus dem Süden New Orleans und machten in weiterer Folge diesen neuen Musikstil im ganzen Land populär. Sie nannten sich „Jazz Bands“ oder auch „Jass Bands“. So erreichte man Kansas City, Kalifornien, New York, Detroit oder Chicago, allerdings wurden auch die ersten Bands in Havanna gegründet.
Zu dieser Zeit entwickelte sich eine Abart des „New Orleans Jazz“, nämlich der Dixieland. Dieser Stil wurde zum Großteil von weißen Musikern gespielt, er war schneller und hatte mehr Noten und stärkere Akzentuierungen in den Melodien. Die „Original Dixieland Jass Band“ spielte 1917 Aufnahmen ein, die als erste Jazzplatte gelten.
Die ersten Jazz-Bands tourten durch Europa und im Jahr 1919 war es niemand geringerer als Robert Stolz, der die erste österreichische Jazz-Komposition verfasste – „Bobby Jazz“ (op. 338)
Einige der bahnbrechendsten Aufnahmen in der Geschichte erfolgten zwischen 1925 und 1929, als der aus New Orleans stammende Louis Armstrong mit seiner Studioband (Louis Armstrong and His Hot Five, später auch „Hot Seven“) die Kollektivimprovisationen um seine Trompetensoli ergänzte. In der weiteren Geschichte lösten die Instrumentalsoli die der jeweiligen Orchester fast komplett ab.
Das Stück, das wahrscheinlich am besten die Fähigkeiten eines Louis Armstrong zeigt, ist der „West End Blues“. Ich möchte gerne aus dem Buch „Glück in Scheiben“ von Jon Evers zitieren – „Er beginnt mit einer c-Moll Kadenz, die wie ein Katarakt herunterstürzt und dann in einer perlenden Kaskade bis zum hohen C aufsteigt. Ich weiß nicht, was man bei der Kadenz mehr bewundern soll: die perfekte Phrasierung oder den strahlenden Ton; die stupende Technik oder die – damals – unerhörte harmonische Kühnheit. … Das perfekte Timing ergibt eine innere Spannung, die sich erst im Thema auflöst, das von Louis in wahrhaft majestätischem Pathos vorgetragen wird“. (Anm. des Verfassers – ich besitze diese Aufnahme und – ja, ja und wieder ja…)
Wieder ein Schwenk zurück nach Europa – die „Roaring Twenties“ machten die Stilrichtung derart populär, dass 1928 in Frankfurt am „Hoch’schen Konservatorium“ die weltweit erste Jazz-Klasse gegründet wurde.
Die Swing-Ära
1920– 1940 war die wohl kommerziell erfolgreichste Ära des Jazz. Der „Swing“ wurde zu Anfang der 1930er Jahre erfunden, unterstützt vom Radio. Großteils weiße Ensembles brachten ein den ganzen USA die Musik nahe, die schon Jahre vorher von afroamerikanischen Musikern gespielt wurde. Der „Swing“ war eine Tanzmusik, die in den Dance-Halls überall gespielt wurde und er war die vorherrschende Unterhaltungsmusik dieser Dekade. Der berühmte Cotton-Club in Harlem, der ein gemischtes Publikum hatte, was zu dieser Zeit außerordentlich war, beherbergte die bekanntesten Big Bands dieser Zeit, angefangen von Duke Ellington über Benny Goodman bis hin zu Count Basie.
Kansas City wurde auch zu einem der Hotspots der Jazz-Szene und aus dem dort vorherrschenden „Kansas City Jazz“ wurde schlussendlich der „Rhythm & Blues“.
In Europa gründete Django Reinhardt sein „Quintette du Hot Club de France“ und entwickelte gemeinsam mit den Geigenvirtuosen Stephane Grapelli eine Musikform, die als „Gypsy-Jazz“ bekannt wurde.
Benny Goodman – Ein Kämpfer gegen Diskriminierung und ein „Cross-Over“-Musiker
Benjamin Goodman stammt aus Chicago und war Sohn einer jüdischen Immigranten-Familie. In jungen Jahren schon bekam er eine Klarinette und erhielt in einer lokalen Synagoge seinen ersten Unterricht. Anschließen lernte er zwei Jahre lang bei einem Mitglied des Chicago Symphony Orchestras und er konnte schlussendlich in seinen Teenagerjahren schon seine Familie finanziell unterstützen (mit 15 Jahren verdiente er schon mehr als sein Vater, der in einer der unzähligen Schlachthöfe Chicagos Arbeit gefunden hatte).
Goodman übersiedelte dann nach New York, wo er als Studiomusiker für Radioübertragungen und als Musiker am Broadway arbeitete. Schon bald gründete er eine Big Band und wurde in den 1930ern der wohl bekannteste Jazz-Musiker in den USA. Er war auch der erste, der die Rassentrennung bei Orchestern durchbrach – so engagierte er Lionel Hampton und Charlie Christian für sein Orchester. Er setzte auch durch, dass seine schwarzen Musiker in den Hotels und Restaurants gleich behandelt wurden wie deren weiße Kollegen. Zu dieser Zeit waren– besonders im Süden – Schwarze extrem diskriminiert (so musste zum Beispiel Billie Holiday, eine der großartigsten Sängerinnen in diesem Genre, im Gegensatz zu den weißen Bandmitgliedern den Lastenaufzug benutzen und durfte, wenn sie nicht sang, nicht auf der Bühne bleiben). Goodman bestand auf Gleichberechtigung für alle und sagte sogar ausverkaufte Konzerte ab, wenn dies nicht gestattet wurde. Durch seine jüdische Herkunft wusste er sicher, was Diskriminierung bedeutet und hatte dadurch wahrscheinlich mehr Verständnis für die Afroamerikaner. Überhaupt ist es ein interessantes Faktum, dass man in Jazzkreisen bei den Musikern überdurchschnittlich viele Musiker und Produzenten mosaischen Glaubens findet.
Goodman ist nicht nur für einige der bedeutendsten Aufnahmen der Swing-Ära verantwortlich – hier möchte ich besonders die Aufnahme seines Carnegie-Hall-Konzerts aus 1938 hinweisen, das übrigens das erste Nicht-Klassische Konzert in diesen hehren Hallen war, er trat auch immer wieder als klassische Musiker auf. Seine Aufnahme der Klarinettenkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart sollte in keiner Sammlung fehlen. Dass Goodman auch außerhalb der Jazz-Community geschätzt wurde zeigten auch Paul Hindemith, Aaron Copland und Bèla Bartok, die ihm Kompositionen widmeten.
Duke Ellington – der bedeutendste Komponist des 20.Jahrhunderts?
Der Beginn der 1940er Jahre war sicherlich die kreativste Zeit von Edward „Duke“ Ellington, dessen Vater auch als Butler im Weißen Haus gearbeitet hatte. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er von seiner Mutter mit sieben Jahren, begann aber erst mit 14 Jahren sich mit dem Instrument näher auseinander zu setzen. Geboren 1899 gründete er schon bald sein erstes Orchester, die „Washingtonians“, dessen Namen schlussendlich zum „Duke Ellington Orchestra“ wurde. Durch Auftritte im Cotton Club, die auch vom Radio übertragen wurden (unter dem Namen „Duke Ellington and his Jungle Band“), erreichte sein Orchester schon bald nationale Berühmtheit.
Ellington, der während seiner fast 60-jährigen Karriere über 2.000 Lieder und Orchesterwerke komponierte, unterschied sich von anderen „Jazzern“ dadurch, dass seine Werke durchkomponiert und durcharrangiert waren und er dadurch den Mitgliedern seines Orchesters nicht die Möglichkeit zur freien Improvisation gab. Allerdings wusste er um die Stärken und Schwächen seiner Solisten (von denen einige sogar 50 Jahre in seinem Orchester tätig waren) und schrieb ganz gezielt Soli für diese, die den individuellen Eigenheiten eines jeden Musikers entsprachen (unterstützt von Billy Strayhorn, mit dem ihm eine lebenslange Freundschaft verband).
Das bekannteste Konzert (ich würde es eher als ein Concerto Grosso bezeichnen), das er für einen seiner Musiker schrieb, war das „Concerto for Cootie“ aus dem Jahr 1940. „Cootie“ Williams war einer seiner Trompeter. Es ist vielleicht ganz interessant, die musikalische Analyse zu lesen – die Quelle dazu fand ich auf der Website www.swingandbeyond.com“ Ich habe diese in Auszügen übersetzt –
Concerto for Cootie" beginnt mit einer achttaktigen Einleitung, in der Williams unbegleitet auf seiner gedämpften Trompete das achttönige Melodiefragment spielt, das während des gesamten Stücks als wiederkehrendes Motiv dient. Die Band nimmt dies dann bei der ersten Wiederholung dieses Motivs auf, wobei die singenden Saxophone hoch und dann absteigend einsetzen, während Juan Tizols Ventilposaune allein tief und aufsteigend einsetzt. Es folgen die beiden anderen Posaunen, und schließlich fügen Wallace Jones' Trompete und Rex Stewarts Kornett der Klangmischung hinzu.
Während sich diese Instrumente allmählich zusammendrängen, wird ihre Harmonie immer dichter und dissonanter. Am Ende der Einleitung steht ein kompletter Stopp, der das Ende der Einleitung markiert. Obwohl sie nur siebzehn Sekunden dauert, enthält diese Einleitung ein Füllhorn an musikalischen Ideen, Instrumentalklängen und Dynamik. Das war das Genie von Ellington.
Der unkonventionelle erste Refrain von "Concerto for Cootie" besteht im Wesentlichen aus vier zehntaktigen Abschnitten. Der erste dieser Abschnitte kann als die "A"-Melodie identifiziert werden, die in der Einleitung zu hören war. Im nächsten zehntaktigen Abschnitt erklingt eine Wiederholung dieser Melodie. Die "B"-Melodie (eine Brücke) erscheint in den dritten zehn Takten, und in den vierten zehn Takten kehrt die Hauptmelodie zurück. Zur Vereinfachung meiner Erklärung dessen, was bei dieser Aufführung geschieht, werde ich die vier Abschnitte des ersten Refrains als A1, A2, B und A3 bezeichnen.
A1 beginnt wie die Einleitung mit einem unbegleiteten Williams auf der gedämpften Trompete, der das achttönige melodische Fragment spielt. Man beachte, dass er am Ende seiner Phrasen einen Lippentriller verwendet. In dieser A1-Sequenz jedoch kommt Cooties instrumentale Unterstützung in Form des Posaunentrios (mit Jimmy Blantons Bass als Untermalung), das Williams mit skurrilen, weichen Harmonien antwortet. Man beachte, wie Blantons Bass seinen Gehrhythmus zusammen mit Sonny Greers flüsternder, gebürsteter kleiner Trommel einsetzt, wenn Williams sein Solo in dieser A1-Melodieexposition beendet und die fünf Zungenstimmen die A1-Sequenz beenden. Ellingtons Zungenstimmen sind hier ganz typisch dukistisch. Jedes der vier zehntaktigen Segmente in diesem ersten Refrain folgt einem ähnlichen Muster: Williams spielt zuerst ein Solo, gefolgt von verschiedenen Instrumentenmischungen.
A2 beginnt damit, dass Williams das melodische Hauptfragment noch einmal wiederholt, diesmal aber mit minimalen Verzierungen. Die Zungenblätter bilden hier zunächst ein ruhiges Klangpolster. Dann kehrt Blantons Walking Bass zurück und wird von den absteigenden Zungenblättern, die nun dichter harmonisiert sind, und den sanft rhythmischen offenen Blechbläsern begleitet.
B beginnt mit dem Knurren von Williams auf seiner immer noch gedämpften Trompete. Man beachte, wie Ellington hier einen klaren Call-and-Response-Hintergrund für Cootie geschaffen hat, bei dem die Rohrblätter mit den offenen Blechbläsern mitspielen. Eine kurze Aufwärtsphrase beendet das B-Segment schnell.
A3 ist im Wesentlichen dasselbe wie A2, außer dass Williams' Solo von den Zungenbläsern gefolgt wird, dann drei absteigende fette Noten von den Posaunen, denen eine Passage der gesamten Band folgt, die eigentlich der Beginn einer viertaktigen Modulation von der Tonart F nach D ist.
Der zweite "Refrain" ist eine weitere Abweichung Ellingtons von der Standard-Songform. Er besteht aus einer sechzehntaktigen Sequenz plus einer zweitaktigen Modulation. In diesem Refrain hören wir Williams' brillanten und doch dichten offenen Trompetenton, der mit Lippentrillern und Glissandi verziert ist. Ellington bietet Cootie ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Instrumentarium als Hintergrund.
Bemerkenswert ist Ellingtons Einsatz seiner dreiköpfigen Posaunengruppe als eigenständiger musikalischer Klang in dieser Sequenz und in der gesamten Aufführung. Das langsame Aufkommen von Posaunensektionen als eigenständige Chöre in Bands der Swing-Ära hatte Ende der 1930er Jahre begonnen und setzte sich bis in die 1940er Jahre fort. Schließlich entdeckten die Arrangeure das Potenzial der Posaunensektionen, üppige musikalische Klänge zu liefern, und sie wurden als eine weitere lebendige instrumentale Farbe in Big Bands eingesetzt.
In der nächsten Sequenz, die zehn Takte lang ist, setzt Williams wieder den Plunger-Dämpfer ein. Hier spielt er eine Paraphrase des melodischen Hauptmotivs von "Concerto for Cootie", wobei sowohl das dynamische Niveau als auch das Register der Musik nun auf sotto voce reduziert sind. Sowohl die Band als auch Cootie steigern die Musik und intensivieren sie als musikalisches Tüpfelchen auf dem i, mit dem diese klassische Aufführung endet.
Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass das „Concerto for Cootie“ in der Originalfassung nur insgesamt 3:16 Minuten dauert und dies nur eine Zusammenfassung einer Analyse ist, die 35 Buchseiten umfasst. Wer außer mir sieht da noch eine Parallele zur klassischen Musik?
Ellington schrieb in weiterer Folge auch Konzert-Suiten wie zum Beispiel „Black, Brown and Beige“, eine Big-Band-Fassung der „Peer-Gynt-Suite“ und die „Liberian Suite“, ein Auftragswerk der Regierung von Liberia zur Feier des 100-jährigen Jubiläums des Staates, der seinerzeit von befreiten amerikanischen Sklaven gegründet wurde.
Einige Kritiker waren Ellington in späteren Jahren vor das Wesentliche des Jazz zu Gunsten einer „künstlichen Klassik“ aus den Augen verloren zu habe. Diesen entgegnete er „Ich bin kein Jazzmusiker, ich will die Musik des amerikanischen Negers (sic!) machen.“ Ein anderes Zitat – „Art ... Der einzige Maßstab, nach dem das Ergebnis beurteilt werden sollte, ist einfach der, wie es klingt. Wenn es gut klingt, ist es gelungen, wenn nicht, ist es gescheitert.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Die Magie dieses Genies kann man am besten mit den Worten eines Kritikers zusammenfassen -
„Ellington spielt Klavier, aber sein eigentliches Instrument ist seine Band. Jedes Mitglied seiner Band ist für ihn eine bestimmte Klangfarbe und eine bestimmte Skala von Gefühlen, die er mit anderen, gleich charakteristischen mischt, um etwas Drittes zu erzeugen, was ich den „Ellington-Effekt“ nennen möchte. (...) Ellington geht es um den individuellen Musiker und um das, was geschieht, wenn alle Individuen ihre musikalischen Eigenarten zusammentun. Wenn ein Zuhörer ihn auf dem Podium beobachtet, kann er leicht auf den Gedanken kommen, dass er die üblichen Routine-Bewegungen macht wie jeder andere, der vor einer Band steht. Wer aber ganz genau beobachtet, wir bestimmt entdecken, wie ihm oft eine winzige Drehung des Fingers genügt, und er hat aus einem Musiker den gewünschten Klang herausgeholt.“