Undine Premiere Leipzig 29.10.22

  • Nun also die erste Premiere nach dem Ende der Ära Schirmer. Und die lässt in musikalischer Hinsicht viel, in szenischer Hinsicht wenig Gutes erahnen, wenn dies denn eine Ansage zur künftigen Ausrichtung der Oper sein sollte.
    Überraschend schon die Wahl des Stückes. Die Undine von Lortzing ist ja nun nicht gerade ein häufiger Gast auf den Bühnen, was sicherlich nicht gegen das Stück spricht. Und obwohl Lortzing nach meiner Kenntnis im Ausland recht wenig bekannt ist, waren doch zahlreiche fremdsprachige Gäste unter den Zuschauern.

    Die Premiere war auch seit längerer Zeit ausverkauft. Vielleicht haben viele die Gelegenheit genutzt, sich das Stück mal auf der Bühne anzusehen. Auch für mich war das insoweit eine persönliche Premiere, als ich zwar Aufnahmen der Undine besitze, das Stück aber noch nie im Theater erlebt habe.

    Nun muss ich einräumen, dass Lortzing nicht unbedingt zu meinen Lieblingskomponisten gehört.

    Trotzdem hat die Undine – jenseits des bekannten Liedes des Veit im dritten Akt – etliche schöne Stellen und gegen Ende sogar deutliche musikdramatische Ansätze. Lortzing arbeitet in dem Stück auch schon sehr weitgehend mit Leitmotiven.

    Musikalisch also durchaus ein anregender und erfreulicher Abend, zumal das Stück vom neuen musikalischen Leiter der Oper, Christoph Gedschold, mit dem bestens aufgelegten Gewandhausorchester hervorragend umgesetzt wurde.
    Die Besetzung i mit größtenteils bewährten, teils neuen Kräften des Hauses gut bis ausgezeichnet. Es wäre unfair, hier an Einzelleistungen herum zu mäkeln. Jedenfalls die Hauptrollen waren ausgezeichnet besetzt. Hervorheben will ich allerdings den ganz ausgezeichneten Kühleborn von Matthias Hausmann, der sowohl darstellerisch als auch sängerisch mal wieder eine ganz herausragende Leistung bot.

    Nun haben ja die Inszenierungsteams unserer Zeit ohnehin so ihre Probleme mit märchenhaften, fantastischen Stoffen. Dem Programmheft war zu entnehmen, dass der Stoff "in die Gegenwart übersetzt" werden sollte, was ich aber dem Resultat nicht entnehmen konnte. Die "Inszenierung" beschränkte sich nämlich darauf, die Darsteller in läppische bis ausgesprochen alberne Kostüme (die Männer im Chor sahen aus, wie man sich den deutschen Klischee Touristen auf Mallorca vorstellt) zu stecken. Solche Albernheiten denunzieren ein für den heutigen Geschmack ohnehin etwas problematisches Stück. Das Bühnenbild bestand aus einer großen Holztreppe Und sonst nichts. Wenn man sich das Foto auf der Facebook Seite der Oper ansieht, hat man im Grunde genommen schon die gesamte Inszenierung gesehen. Lediglich für das Schlussbild wurde dann die Bühnentechnik im Rohzustand hochgefahren, was dann angeblich die Unterwasserwelt symbolisieren sollte.
    Von Personenregie keine Spur. Größtenteils Rampengesang. Meiner Meinung nach war das (junge) Team mit der Inszenierung dieser Oper völlig überfordert. Gerade Spiel- und Zauberopern sind meiner Meinung nach nichts für Anfänger, sondern fordern die Hand eines erfahrenen Regisseurs. Sonst kommt eben ein derart läppisches Resultat dabei heraus. Ich will ausdrücklich klarstellen, dass ich mich an eine „modernen“ Inszenierung à la Regietheater möglicherweise an Einzelheiten gestoßen hätte, da ich ja Traditionalist bin . Aber immerhin hätte es evtl. etwas Interessantes zu sehen gegeben, an dem ich mich hätte reiben können und das Denkanstöße gegeben hätte. Wie gesagt, die Inszenierung und das Bühnenbild waren einfach einfach albern und banal.

    Am Ende großer Applaus für Orchester, Chor (wie immer ganz ausgezeichnet) und Solisten. Etliche Buhs für das Inszenierungsteam.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Dank für den Bericht! Habe Lust, selbst nach Leipzig zu fahren und die Undine bei Euch zu sehen.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Hier ein kleiner Trailer, den das Opernhaus veröffentlichte:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die Vorstellung wurde übrigens sowohl vom MDR (Klassik und/oder Kultur) als auch von irgendeinem Kanal des Deutschlandfunks live übertragen und soll dort angeblich als Stream in irgendeiner Mediathek noch einige Zeit zur Verfügung stehen. Interessierte können also reinhören.


    Die nächsten Premieren in Leipzig sind übrigens Otello im Dezember und Don Giovanni im Januar(also zwei „Schwergewichte“ des Repertoires). Boshafter alter Mann, der ich bin, erwarte ich mit besonderer Spannung die Lösung des „Otello Problems“. Die Besetzung weist zur Zeit einen weißen Sänger aus.
    Ganz besonders freue ich mich dann auf die Premiere von Peter Grimes im nächsten Jahr.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo,

    da Undine die erste Oper war, die ich vor vielen Jahren komplett gehört habe (natürlich die Emi-Aufnahme mit Rothenberger, Gedda, Prey und den vielen anderen Größen), habe ich mir die weite Fahrt geleistet, um das Stück an einem großen Haus einmal zu sehen (vor vielen Jahren ging das schon mal in Lüneburg). Ich teile im wesentlichen Mishas Meinung: eine gute musikalische und gesangliche Leistung, aber szenisch blieben viele Wünsche offen. Die Kostümwahl, in der sich Menschen und Wassergeister auch kaum unterscheiden, war teilweise albern bis zur Peinlichkeit, vor allem Undines Eltern wirkten da wie Witzfiguren (das gilt nicht für den Gesang). Die Dialoge waren lang und vor allem brachten sie teilweise wenig, weil die wichtigen Handlungsstränge (Undines Auftauchen bei den Eltern) während der Ouverture dargestellt wurden und damit also klar waren.

    Musikalisch überrascht haben mich Bertaldas Arie und das Duett Kühleborn-Undine, beide fehlen in der Gesamtaufnahme der Emi. Ansonsten sind die Duette Veit-Hans und die Lieder des Veit sicher dem biedermeierlichen Zeitgeschmack geschuldet und halten den geraden Verlauf der Handlung eher auf, trotzdem sind sie schön, und eine geradlinige Handlung ist in der Oper ja nicht allzu oft gegeben - ein weites Feld.

    Insgesamt bereue ich die lange Fahrt nicht, es ist in jedem Fall begrüßenswert, dass die Undine und überhaupt Lortzing mehr Platz auf den deutschen Bühnen finden (in Leipzig läuft soweit ich weiß auch immer noch der Casanova).

    Als Freund selten gespielter Werke hat mir diese Undine gefallen. Die Regie hätte mehr leisten können, aber ehrlich gesagt, wenn das Regietheater da in die Vollen gehauen hätte - ich male das hier mal nicht aus - wäre es schlimmer gewesen.

    Wer also die insgesamt hörenswerte Musik mal live erleben möchte, sollte sich die Inszenierung gönnen.

    Schöne Grüße

    wega

  • Lieber Misha, wie lang ist die Undine? Es grüßt Hans

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*