Gestern abend habe ich wie jedes Jahr das o.g. Konzert im TV genossen. Diesmal unter Leitung von Andriss Nelsons mit Musik aus dem 19. und 20. Jahrhundert, quer durch Europa.
Einmal mehr wurde die Klasse des Orchesters präsentiert. Mein derzeitiger Lieblingsdirigent liebt schnelle Tempi, und was geboten wurde war teilweise atemberaubend. Dazu die wunderbare Kulisse des Parks Schönbrunn, wunderbar illuminiert und durch die Wolkenbildung in der Abendstimmung noch verschönt.
Das waren die Begleiterscheinungen. Es wurde auch musiziert und glücklicherweise nur kurz und nicht langweilend moderiert. Die Ansagerin blieb bei dieser Aufzeichnung im Verborgenen.
Zu Beginn der Walkürenritt. Das Orchester brachte diesen Knaller zu Beginn, ich hatte den Eindruck, daß gerade dieses Stück zum Einspielen paßte. Das Orchester nutzte diesen Hit, um sich zu finden und Nelsons, um sich warm zu machen für die kommenden Stücke.
Lise Davidasen war die Sängerin des Abends. Sie brachte die Hallenarie aus dem Tannhäuser und lies ihrer hochdramatischen Veranlagung deutlich freien Lauf. Jetzt waren alle zum ersten Male dran und hatten sich gefunden. Was danach kam war für mich der Genuß pur.
Da wäre die Moldau von Smetana, präzise und sanft dahinplätschernd von der Quelle bis zur Mündung, tänzerisch die Elfen, umkämpft der Vysherad, mächtiger werdend, majestätisch die goldene Stadt passierend und als breiter Fluß langsam in der Elbe verschwindend. Ich mag die Moldau (Anmerkung - kommende Spielzeit in meiner Heimatstadt der komplette Zyklus "Mein Vaterland"). Beeindruckend die beiden Smetana-Kompositionen danach, die Polka aus den "2 Witwen" und der "Komödiantentanz aus der Verkauften Braut.
Verdi war vertreten mit der Ouvertüre zur Macht des Schicksals und Lise Davidsen zeigte in der Friedensarie auch ihre sentimentale und zarte Seite.
Für mich eine völlig neue Erkenntnis: die französische Komponistin Augusta Helmes. Hier waren die erklärenden Worte der Moderatorin angebracht. Die Musik (Zwischenspiel aus "Ludos pro patria") hatte ich noch nie gehört. Das Orchester brachte ein Stück voller Zartheit, verträumt, wunderbar gespielt, einfach ergreifend. Ich glaubte, bei einigen Zuschauern feuchte Augen gesehen zu haben.
Danach zwei Hits aus Sowjetzeit - der Säbeltanz aus Gajaneh und der berühmte Walzer Nr.2 von Schostakowitsch.
Die obligatorischem Zugaben beendeten ein herrliches Konzert vor einer 5-stelligen Zuschauerzahl. Zuerst das "Wiener Blut". Betörend und verträumt, mit unverkennbarer Anlehnung an den Klang der Wiener Schrammeln das Violinsolo. Und zu Schluß der Csardas aus der Csardasfürstin, wobei Lise Davidsen und das gesamte Orchester dem wahnsinnigen Tempovorgaben des Dirigenten folgen konnten. Ein wunderbarer TV-Abend, wohltuend unter den sonst üblichen Krimis am Samstag Abend.
Viele Grüße von La Roche