Haydns Klaviertrios - Salonmusik?

  • Die Haydn Trios vom den Beaux-Arts gefallen mir auch ausgesprochen gut und waren lange meine einzige Quelle. Die Einspielung vom Trio 1790 ist sicher ehrenwert, aber ich habe tatsächlich Probleme mit dem Klang des Klavieres, so dass ich kaum ein Trio durchhalte.


    In der letzten Zeit macht das trio Gaspard auf sich aufmerksam, mit dem erkennbaren Wunsch eine neue Gesamteinspielung zu versuchen. das Spiel des Trios gefällt mir außerordentlich, abgesehen von den rein aufnahmetechnischen Qualitäten der Chandos Aufnahme. Ich zeig hier einfach erstmal die Cds. Zu den Einspielungen werde ich wahrscheinlich erst etwas später Inhaltliches posten



    und erst in diesem Monat erschienen



    Hier zur Einspielung ein kleiner Teaser von Chandos. Es wirkt ein wenig, als wäre der Recording Engineer über den Noten eingeschlafen. Bei ddiesem Ergebnis kann ich ihm verzeihen :)



    und hier noch eine Live Einspielung des bekannten Zigeuner Trios von den Gaspards. Auf den Cds ist es noch nicht erschienen.


  • Hörte gerade eben das Trio Nr. 22 in Es-Dur aus der Brilliant Box mit dem Van Swieten Trio. Es ist nicht so bekannt wie das Trio mit dem Gypsy Rondo, aber man trifft es schon auch ausserhalb Gesamtaufnahmen. Was für ein Werk! Der erste Satz ist fast schon früh-romantisch. Das Cello, obwohl es mit der linken Hand des Klaviers gekoppelt ist, hat einen interessanten Part der viel zum musikalischen Geschehen beiträgt, vor allem in der Durchführung. Die romantische Stimmung setzt sich im langsamen Satz fort und Haydn schließt das Trio mit einem sehr ausgedehnten Finale. Von der Spieldauer her ist dieses Trio nicht viel kürzer als die Quartette und auf seine Weise ebenbürtig.


    LG aus Wien.:hello:

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  • Trio Nr. 23 in D-Moll.


    Meine Wiederentdeckung der Haydn Klaviertrios geht weiter mit dem D-Moll Trio. Ich hörte die Aufnahme mit Hörbarth, Cohen und Coin und verglich sie mit der von Van Swieten Trio aus der Brilliant Box. Beide sind sehr gute Aufnahmen, wobei ich Hörbarth/Cohen/Coin bevorzuge, weil mir das Van Swieten Trio im zweiten Satz etwas zu zügig unterwegs ist. Ich habe auch noch die Kompleten Aufnahmen vom Beaux Arts Trio, die gut gespielt sind, aber mit einem modernen Klavier wird das Cello doch zu sehr gegen die Wand gedrückt. Diese CD’s höre ich seit dem ich HIP Aufnahmen der Klaviertrios habe (hier unbedingt notwendig, da sonst die Streicher untergehen) nicht mehr.


    Das Trio ist kaum bekannt und ich muss zugeben, dass ich es selber seit gut zehn Jahren nicht mehr gehört habe. Das ist vielleicht das Problem bei Haydn, dass er so viele tolle Sachen schuf, dass das eine oder andere Meisterwerk zwangsläufig in Vergessenheit gerät.


    Wie in den Trios 13 und 19 (ich verwende die Hoboken Nummerierung, ich weiß es gibt andere) in C-moll und G-Moll, beginnt Haydn das Trio mit Moll-Dur Doppelvariationen. Anders als wie bei 13 und 19, sind sich die beiden Themen nicht ähnlich, sondern kontrastieren voneinander stark. Das Moll Thema ist eckig, kantig und etwas unheimlich, während das Dur Thema jubelnd und triumphierend daher kommt. Auch in diesem Satz hat das Cello einen guten Part, vor allem in der zweiten Variation des Moll Themas, wo es in hoher Lage spielen darf und dadurch mehr hörbar ist. Trotzdem ist es nach wie vor an der linken Hand des Klaviers gekoppelt. Ich finde es faszinierend, wie Haydn Trios komponierte bei denen man notfalls das Cello weglassen konnte (er schrieb schließlich für den Amateur Markt) und dem Instrument trotzdem einen guten Part gibt.


    Der zweite Satz ist wieder so ein proto-romantisches Stück, wie der von Trio 22. Anders als dort, sind die Streicher hier aber besser integriert, vor allem die Violine darf mit einigen wunderschönen Solos brillieren. Dieser Satz (wie auch viele andere) lässt Schumanns Aussage über Haydn als guten alten Hausfreund lächerlich erscheinen.


    Das Finale (ich glaube es ist so ein Sonaten-Rondo, bin mir aber nicht sicher) ist ein munterer Dialog zwischen den Instrumenten, an dem auch das Cello (zwar nicht ganz unabhängig) teilnehmen darf.


    Nachdem ich die zwei Trios nach langer Zeit wieder hörte, habe ich natürlich Lust auf mehr bekommen. Es wird aber ein längeres Projekt werden, schließlich hat die Brilliant Box doch 10 CD’s.8|


    LG aus Wien.:hello:

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  • Meinem Verständnis nach war der Grund für die weitgehende Doppelung des Klavierbass durch das Cello weniger die Option, letzteres wegzulassen, als die Verstärkung der in diesem Register schwachen damaligen Klaviere.

    In gewissem Sinne haben ab ca. 1790 die Trios für Haydn anscheinend die Solosonaten "ersetzt". Er schrieb nur noch 5 Klaviersonaten, aber 15-20 Trios (je nach Grenzziehung und Datierung).


    Ich kann verstehen, dass für Ensembles die Stücke nicht so attraktiv sind. Sie sind immer noch vgl. mit den Quartetten, Klaviersonaten und Sinfonien am schlechtesten diskographisch repräsentiert (und von einer der ersten GA wurden nur die frühen Werke auf CD herausgebracht, der größere Teil mit dem Haydn-Trio Wien nie, vermutlich weil schon die LPs sich ggü. BeauxArts zu schlecht verkauften).

    Mir als Hörer ist das relativ egal (so wie mir egal sein darf, dass manche Streicher Bruckner hassen, weil ihnen die Hand von den ständigen Tremoli weh tut), die Attraktivität der Musik hängt für mich nicht am Cellopart.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Meinem Verständnis nach war der Grund für die weitgehende Doppelung des Klavierbass durch das Cello weniger die Option, letzteres wegzulassen, als die Verstärkung der in diesem Register schwachen damaligen Klaviere.

    Ich vermute es war beides. Ich kann mir gut vorstellen das beim bürgerlichen Hausmusizieren nicht immer ein Cello verfügbar war. Wahrscheinlich ließen sich Trios mit einem nicht unbedingt notwendigen Cellopart da leichter verkaufen. Auch las ich irgendwo von einer Herausgabe von 6 Sonaten von CPE Bach die “mit oder ohne Begleitung einer Violine und Violoncello gespielt werden können”. Natürlich ist das schwache Bassregister der damaligen Klaviere auch ein Argument den Bass mit einem Cello zu verstärken.

    Attraktivität der Musik hängt für mich nicht am Cellopart.

    Das tut es für mich auch nicht (naja, vielleicht ein wenig schon, da ich in meiner Jugend Cello spielte). Jedoch finde ich, dass die Musik interessanter wird wenn alle drei Instrumente beteiligt sind. Dass Haydn das schafft, mit einem nicht ganz unabhängigen Cello, finde ich einer der Errungenschaften dieser Trios.


    LG aus Wien.:hello:

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    Einmal editiert, zuletzt von MusicFan9976 ()

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  • Die Violine kann z.T. auch durch Flöte ersetzt werden (sofern nicht relevante Doppelgriffe notiert sind); die Cellostimme folgt weitestgehend der l.H. Clavier (nota bene: bei manchen Ausgaben steht „Clavier oder Cembalo“), mal simplifiziert, mal oktaviert, manchmal anderweitig leicht modifiziert (wichtig z.B. fände ich aber die Triolen am Ende des Mittelsatzes von #25); quasi wie bei Mozart KV 254, das aber auch als Divertimento firmiert.


    Die verschiedenen Besetzungsoptionen (Vl./Fl. , Clavier/Cembalo, mit/ohne Vc.) ermöglichten eine breitere Abnehmerschaft. Komisch eigentlich, daß das Sinfonien- und Quartett-Entwickler-Gen hier nicht so aktiv war ... nichtmal beim berühmten 25er, das aus 1795 stammt. Da war Mozart dann mit der obligaten Cellostimme ausnahmsweise mal schneller (bereits KV 496, spätestens ab der DF).

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Ist es nicht so, dass das Cello bei Haydns Klaviertrios erst sehr spät von irgendeiner eigenständigen Relevanz ist und zunächst sogar die Violine von sekundärer Bedeutung war?


    Die fünf oder zehn Klaviertrios mit ungefähr den höchsten Hoboken-Zahlen dürften an erster Stelle stehen. Selber habe ich aufgrund von dessen Originalität einen echten Favoriten:



    (Die Aufnahme aus der Tube habe ich auf die Schnelle gewählt, ansonsten kenne ich sie nicht. Doch so richtig schwach kann das Beaux Arts Trio wohl nicht sein ... ;))


    Aber ich weiß nicht, inwieweit solches von Euch geteilt wird. :)

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Die Violine kann z.T. auch durch Flöte ersetzt werden (sofern nicht relevante Doppelgriffe notiert sind) [...]

    Hier ist eine CD für die Flöte vorgesehen. Vielleicht weißt Du (im Gegensatz zu mir), ob das ein systematisches Phänomen der Auswahl ist - falls ich mich verständlich ausdrücke ... ?!



    Es handelt sich um die Trios Hob. XV/15 (G-Dur), XV/16 (D-Dur) und XV/17 (F-Dur).


    Eine alternative Gesamtaufnahme kenne ich nicht, nur einige vor allem der späteren Trios finden sich im Regal zwei- oder dreimal. Das Trio mit dem ungarischen Finalsatz, das man so nur auf Englisch aussprechen darf - :wacko::pinch: -, ist sicher dreimal vorhanden und hübsch finde ich es schon, auch per Live-Erfahrung.


    EDIT: Ganz am Anfang des Threads wird meine Frage von oben beantwortet. Ich bitte milde um ein mildes Pardon!

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  • Zitat von Johannes Roehl

    Balkanschnitzel, Sinti-Soße, Roma-Baron, ich weiß, o.k. ich beuge mich dem PC-Terror :D

    Leider habe ich das in Musikbesprechungen für unser Lokalblatt auch schon so ähnlich gehalten. Stolz darauf bin ich wahrlich nicht, aber ich muss die nicht freischaffenden Kolleginnen und Kollegen und mich Freischaffenden dazu auch in keine Bredouille bringen. X(


    Okay, vor dem "Roma-Baron" oder Pippis Vati hört der Spaß auf. Ich war Deutschlehrer, habe gerne Literatur unterrichtet und bin für sinnvolles Zitieren.

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  • Die drei Trios Hob. XV: 15-17 sind explizit für Flöte (alternativ Violine) komponiert. Von den anderen habe ich noch nie eins mit Flöte gehört, aber gibt es vermutlich auch (dafür habe ich eine CD von Mendelssohns berühmtem d-moll-Trio mit Flöte statt Geige!).

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  • Sonate für Violine oder Flöte und Fortepiano oder Cembalo mit der Begleitung eines Violonzell ad libitum nach Art einer mobilen ethnischen Minderheit mit Migrationshintergrund, die oft - offenbar ganz zu Unrecht - als Fachkräfte für spontane Eigentumsübertragung angesehen wurden.


    Sinti Roma damit zufrieden?

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  • Von den anderen habe ich noch nie eins mit Flöte gehört, aber gibt es vermutlich auch

    Was spricht auch dagegen? Es gibt eine ganze Reihe von Sonaten (KV 10-15) und/oder Trios (Kozeluh P:IX 34-36) mit Alternativbesetzung; Mozarts erste richtige Violinsonate KV 301 z.B. war ursprünglich ebenfalls betroffen, das ò flauto hat er allerdings später ausgestrichen und einige Passagen im ersten Satz oktaviert. Ich könnte mir auch KV 296 gut mit Flöte vorstellen, besonders der Finalsatz hat für mich Flöten-Flair. An der Bearbeitung des Flöte-Harfe-Konzerts für Violine-Clavier arbeite ich noch ...

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  • :thumbup: Da kann ich mithalten, da ich:


    1) frühe Violinsonaten Mozarts auf der Flöte im Regal finden und

    2) mit folgender Aufnahme dienen kann - im Rahmen einer hübschen, aber arg zufälligen Zehnersammlung:


    - CD 8: Trio Wiek (2005, Freiburg) mit Christina Fassbender (Flöte), Justus Grimm (Violoncello), Florian Wiek (Klavier) - mit Mendelssohns Opus 49, außerdem die originalen Flötentrios von Carl Maria von Weber und Louise Farrenc - es gab sicher auch mal eine Einzel-CD, aber, scheint's, nicht beim Partner.

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  • Ich glaube, dass Musizieren damals eher pragmatisch und weniger idealistisch angegangen wurde. Wenn notwendig, hätten sie im 18. Jahrhundert die Trios auch mit Trompete, Orgel und Fagot gespielt. Wir wissen, dass Haydn beispielsweise Arien von Mozarts Figaro in Esterhazy aufführte und dafür die Instrumentation einfach an sein Orchester anpasste.


    Ich vermute, dass sich Trios für Violine, Cello und Klavier auch deswegen durchgesetzt haben, weil diese Instrumente (zumindest Violine und Klavier) in bürgerlichen Haushalten am weitesten verbreitet waren.


    LG aus Wien.

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  • Ich besitze zahreiche Aufnahmen der - meist jüngeren - Vergangenheit, die aber mehrheitlich gestrichen sind. Darüber hniaus habe ich in die Aufnahmen mit Hörbarth, Cohen und Coin per Videoclip hineingehört und bedaure, daß sie ebenfalls bereits gestrichen sind. Aber es gibt wenig Grund zum Wehklagen, denn es sind in den letzten paar Jahren doch einige schöne Neuaufnahmen auf den Markt gekommen.

    Naxos hat seine Serie fortgesetzt, sich aber - wie schon bei den anderen Serien - für unterschiedliche Interpreten pro Veröffentlichung entschieden.

    Das mag man begrüßen oder nicht - zumindest ist es abwechlungsreich und man lernt auf diese Weise diverse Ensembles kennen. Dereinst waren die Naxos Aufnahmen mit 7.99 Euro einigermaßen günstig, derzeit mit 14.99 Euro pro Folge sind sie eigentlich - zumindest was den Preis betrifft - nicht mehr wirklich konkurrenzfähig. Oder - neutraler formuliert - der durch den günstigen - Preis vorhandene Wettbewerbsvorteil ist futsch.

    Wobei anzumerken wäre, daß auch die Alternativen in dieser Hinsicht HEUTE keine Gefahr mehr darstelen, die wirkliche Konkurrenz sind die Gesamtaufnahme aus der Vergangenheit - die sich aber oft schon seit Jahren in den Archiven der Sammler befinden....


    Dennoch - die eine oder andere Einzelveröffentlichung wird man sich vermutlich schon gönnen.


    Die von Astewes in Beitrag Nr 63 vorgestellte, begonnene Gesamtaufnahme des Labels CHANDOS mit dem Trio Gaspard ist inzwischen bei Folge 3 angekommen

    Das Besondere an dieser Serie (mich wundert, daß astewes es nicht erwähnt hat ) ist, daß am Ende jder CD ein kürzeres zeitgenössisches Trio gespielt wird, das eigens vom Trio Gaspard in Auftrag gegeben wurde.

    Wie jeder weißmag ich an sich solche Mischprogramme nicht, aber hier hat man geschickterweise des zeitgenössische Stück jeweils ans Ende der CDs gestelt, so daß Verächter zeitgenössischer Musik die Hörsitzung auf Wunsch vorzeitig abbrechen können und nicht inihrer "Haydnseligkeit" gestört werden. Dazu sei aber angemerkt, daß die "Zugaben" durchaus auch konservativen Hörern zugemutet werden können....

    Ich habe zudem eine "Rezension" einer Person, die mit "Anonym" gezeichnet ist gelesen, die die Aufnahme als Klavier-Totalausfall bezeichnet hat, weil man Haydns Sonaten "heutzutage auf dem Klavier nicht mehr machen kann" (?!!) Es ist für mich schwer zu entscheiden ob das unter die Rubrik "Fanatismus", "Bosheit" oder "Dummheit" fält - vermutlich von überall ein entsprechender Anteil. Webseitenbetreiber wären IMO gut beraten anonyme "Kritiken" nicht zuzulassen oder aber konsequent zu löschen. Viel Blödsinn blieb damit dem Leser erspart....


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Die von Astewes in Beitrag Nr 63 vorgestellte, begonnene Gesamtaufnahme des Labels CHANDOS mit dem Trio Gaspard ist inzwischen bei Folge 3 angekommen

    Das Besondere an dieser Serie (mich wundert, daß astewes es nicht erwähnt hat ) ist, daß am Ende jder CD ein kürzeres zeitgenössisches Trio gespielt wird, das eigens vom Trio Gaspard in Auftrag gegeben wurde.

    Ich wollte nicht verschrecken ^^. Das Trio Gaspard setzt sich auch stark für ganz neue Musik ein und beauftragt sie auch. Auf der letzten Scheibe eine Komposition von KIT Armstrong und davor das "One Bar Wonder" zum Trio Hob 15:7 von Johannes Fischer. Bezüge sind da und werden gut erklärt ...

  • Ich habe zudem eine "Rezension" einer Person, die mit "Anonym" gezeichnet ist gelesen, die die Aufnahme als Klavier-Totalausfall bezeichnet hat, weil man Haydns Sonaten "heutzutage auf dem Klavier nicht mehr machen kann" (?!!) Es ist für mich schwer zu entscheiden ob das unter die Rubrik "Fanatismus", "Bosheit" oder "Dummheit" fält - vermutlich von überall ein entsprechender Anteil.

    Dann gieße ich mal drei Gallonen Öl ins Feuer. Das könnte auf mich zutreffen. Allerdings würde ich es als Einsichtigkeit bezeichnen. Natürlich kann man das heutzutage auf dem Klavier noch machen - doch wozu, wenn es auch wieder eine Vielfalt an Clavieren gibt? Für mich scheiden Konzerte und Einspielungen auf modernem Instrumentarium inzwischen kategorisch aus (K.O.-Kriterium). Der Klang der modernen Instrumente ist mir zu gleichförmig, welche Bandbreite haben historische Instrumente resp. deren Nachbauten dagegen ... außerdem liegt das Klangergebnis für mich näher am Original, wenn Instrumente der Kompositionszeit oder deren Nachbauten verwendet werden; ich möchte hören, was der Komponist gehört/gedacht hat (soweit wie möglich) und nicht irgendeine Interpretation oder Bearbeitung (was natürlich das Spielen auf hist. Instrumenten auch immer ist, aber in geringerem Umfang). Da das Thema eh schon totgeredet ist, brauche ich diesbezüglich keine weiteren philosophischen und/oder belehrenden Sprüche - belassen wir es dabei, daß es Geschmacksache ist und ich mich für den meinen definitiv irreversibel entschieden habe. Kunst unterliegt per se einem Wandel, den ich aber - HIPseidank - nicht mitmachen muß.


    Der anonyme Schreiber sieht das Klavier offenbar nicht als (legitime) Option, sondern als Notlösung - der es heutzutage nicht mehr bedarf. Man baut sich eben die Argumente zusammen, wie man sie braucht: hier wie da. Ich habe für mich mein verbindliches Kreuz gemacht, was andere machen, soll mir tofu sein. Ich habe auch eine gewisse Zeit benötigt, mich an das Geklimper und Gesäge zu gewöhnen; das war allerdings ein schleichender, unbewusster Vorgang, der aber eine gewisse innere Zufriedenheit ausgelöst hat - und das gefällt mir.


    Historische Texte, überträgt man sie in heute gebräuchliches Deutsch, verlieren ihren Reiz. Gemälde werden auch nicht dem heutigen Kunstverständnis angepasst und übermalt; das Geschrei bei Restaurierungen (Freilegung der originären Farben; Entfernung der Patina) war auch schonmal recht groß. So liebe ich die Missklänge, da die alten Instrumente schwerer zu intonieren sind, aber eben auch deren klangfarbliches Spektrum, mag und erwarte Hornkiekser, weil dies die Lebendigkeit der Musik zu Tage fördert und nicht leblos, klinisch rein, abgespult wird (okay, daswar jetzt nicht nett, sorry - aber ein Vergleich muß irgendwie notdürftig in Worte gefasst werden). Perfektion mag ich nicht; die ist mir zu langweilig und zu unglaubwürdig.


    Ich lebe in meinem ULLIversum, und da gefällt es mir ausnehmend gut. :S8)

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Lieber Ulli. Wir sind noch immer beim Thema, insbesondere im Falle diesen Werkes. Ich hatte eine Phase, da war ich ganz wild auf "historische Instrumente" Heute bin ich geneigt beide Varianten zuzulassen. Insbesondere wenn man zahlreiche Aufnahmen von beinahe Amateuren (oder noch schlimmer) auf abgespielten , schlecht oder gar nicht restaurierten Instrumenten - oder in ungeeigneten akustisch abscheulichen Aufnahmeräumen gehört hat.

    Hier - bei den Haydn Klaviertrios - war meine erste Erfahrung dasTrio 1709 auf einem historischen Nachbauinstrument und zwei historischen Geigen. Die Aufnahme wurde bereit von 2 anderen Mitgliedern, wegen des "klimprigen" Klavierklangs erwähnt. Und die raunzigen Violinen haben mich auch nicht überzeugt. Geschmackssache. Andere Gesamtaufnahmen klangen wieder ein wenig "routiniert" - Die erste Aufnahme die mich dereinst überzeugt hat war die mit dem "Kungsbacka" Trio. Ich habe bedauert, daß sie nicht mit diesem Ensemble fortgesetzt wurde - aber vermutlich hat es sich etwa um 2018 aufgelöst (?) Generell zu "Originalinstrumenten" Es ist richtig, daß sie "authentischer" klingen - aber nicht in jedem Fall unbedingt besser. Bei Bach und Zeitgenossen bevorzuge ich authentisches, im Falle Beethovens führt für mich kein Weg am modernen Flügel vorbei. (wobei ich auch historisches geniesse - aber nicht als "Referenz" Da gibts ja neben Steinway durchaus auch Bösendorfer, Fazioli, Bechstein, Grotian Steinweg und Blüthner, Yamaha und Sigeru Kawai nicht zu vergessen.

    Der anonyme Schreiber sieht das Klavier offenbar nicht als (legitime) Option, sondern als Notlösung - der es heutzutage nicht mehr bedarf.

    Das ist ein durchaus legitimer Standpunkt, den ich akzeptiere - er darf aber nicht dogmatisch als "Maß aller Dinge" formuliert werden - notaben da dies den Interpreten Image- ind finanziellen Schaden anrichtet..


    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Generell zu "Originalinstrumenten" Es ist richtig, daß sie "authentischer" klingen - aber nicht in jedem Fall unbedingt besser.

    Richtig. Ich gehe den Kompromiss gerne ein, wobei dies für mich gar kein Kompromiss ist - wie oben beschrieben, mag ich keine perfekt klingende Musik wie sie aus dem Computer generierbar ist. Das Geklapper, Gezirpe usw. gehört(e) dazu. Vermutlich hat es den Zeitgenossen damals auch nicht unbedingt gefallen, sonst wären die Instrumente nicht mit dem Wunsch nach Verbesserung weiterentwickelt worden - es ändert für mich aber nichts daran, daß ich es dennoch oder gerade deswegen „authentisch“ hören möchte. Mir kommt es fast garnicht auf eine gute Interpretation an, sondern auf die Musik selbst, die eben so oder so geklungen haben mag. Das ist mein Focus. Deswegen auch: ja, lieber eine schlechte HIP als eine perfekte moderne Interpretation. Wenn es aber zusätzlich noch toll interpretiert ist, lehne ich das natürlich nicht ab und sacke den Bonus ein.


    Man kann dann sogar soweit gehen (und das hat man auch), Werke so zu interpretieren, wie sie z.B. zu Beethovens Zeit geklungen haben (also beispielsweise Bach auf einem Graf-Flügel und Ähnliches). Das finde ich eben auch sehr interessant. Aufnahmen mit dem Mozart-Walterflügel spiegeln wieder, wie Mozart nach 1800 geklungen hat, da der Flügel nicht mehr im mozartschen Originalzustand ist. Das sollte man berücksichtigen. Wie die Sachen heute auf modernem Geflügel klingen, das weiß ich und kann ich ggfs. selbst spielen - es interessiert mich nicht.


    Das ist ein durchaus legitimer Standpunkt, den ich akzeptiere - er darf aber nicht dogmatisch als "Maß aller Dinge" formuliert werden - notaben da dies den Interpreten Image- ind finanziellen Schaden anrichtet..

    Der Standpunkt ist an sich sehr logisch und konsequent; man könnte dem Autor antworten, daß er die CD ja nicht hören muß, sondern es selbst spielen kann (das wäre ebenso logisch und konsequent). Dogmatismus sollte vermieden werden, spielt aber doch immer wieder - auch versteckt bzw. unbeabsichtigt - eine Rolle. Kritik muß erlaubt bleiben und ist immer von vielen Seiten beleuchtbar; Leser eines solchen „Verisses“ sind ja auch nicht blöde und können derlei Geschwafel durchaus einschätzen (hoffe ich jedenfalls). Wie gesagt, hätte der Satz auch von mir stammen können - allerdings mit dem zynischen und nicht ganz ernst zunehmenden Unterton, den man von mir kennt (vgl. KSMs Bemerkungen über Dr. P. an anderer Stelle). Ich käme allerdings gar nicht erst in die Verglegenheit, solch eine Einspielung zu rezensieren, da ich sie gar nicht erst hören - geschweige denn kaufen - würde.


    Mir ist im Ürbrigen nicht ganz klar, wie diese Bemerkung einen Image- oder finanziellen Schaden erwirken sollte; ich habe schon schlimmere Verrisse lesen dürfen und auch selbst geschrieben. Die Kernaussage fasse ich so auf, daß der Autor lediglich sein Unverständnis darüber zum Ausdruck bringt, daß immer noch moderne Klaviere verwendet werden, obwohl es wieder historische Claviere gibt. Dem könnte ich mich insoweit anschließen, allerdings der Antwort (weil man es kann/darf/möchte) bewusst. Ebensogut oder schlecht könnte man fragen, ob denn die Flöte ein Blechblasinstrument ist? Ich glaube nicht. Warum wird sie dann nicht mehr aus Holz gebaut ... was für ein Quatsch!

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  • Hier - bei den Haydn Klaviertrios - war meine erste Erfahrung dasTrio 1709 auf einem historischen Nachbauinstrument und zwei historischen Geigen. Die Aufnahme wurde bereit von 2 anderen Mitgliedern, wegen des "klimprigen" Klavierklangs erwähnt. Und die raunzigen Violinen haben mich auch nicht überzeugt. Geschmackssache.

    Es gibt klar Unterschiede im Klang der ausgewählten Instrumente und unter Berücksichtigung der Spielweise und der Aufnahmetechniken. Das Trio 1790 habe ich zunächst mit den Claviertrios von Kozeluh kennen und bewundern gelernt. Hier kam aber ein bestimmter Aspekt zeitgleich zum tragen: die Werke waren nämlich per se unbekannt, es gab also keinen Vergleich. Bei der Haydn-Box ist insofern Vorsicht geboten, daß man sich schnell übersättigt und (des Klanges wegen) überrollt fühlt - das liegt an der Menge der Trios und daran, daß man „weichgespülte“ Vergleichsaufnahmen gewohnt ist. Ich verrate sicher nichts Neues, wenn ich behaupte: auf die Dosis kommt es an.


    Beispiele:



    Hier erklingt z.B. Bach auf einem Hammerflügel (wie weiter oben erwähnt) und Mozarts alla-turca-Sonate auf einem tatsächlich schäbingen Instrument, dazu noch falsch gespielt. Auch der Haydn klingt wie auf einem verrauchten Wirtshauspiano gespielt. Das ist allenfalls von historischem Interesse, gefallen tut es mir nicht.


    Man muss natürlich wissen, dass diese originalen Instrumente heute nicht mehr so klingen wie im historischen Neuzustand.

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  • Die Aufnahme wurde bereit von 2 anderen Mitgliedern, wegen des "klimprigen" Klavierklangs erwähnt.

    Falsche Erwartungshaltung?


    Entweder die beiden kannten den Klang historischer Insrumente überhaupt nicht; dann ist die Beschreibung als „klimprig“ im Vergleich zu herkömmlichen Aufnahmen legitim.


    Oder aber es waren zwar historische Instrumente dem Klang nach bekannt, aber nur z.B. Mozart-Walter oder gerne bei Beethoven/Schubert Graf-Flügel(nachbauten). Das ist genau so ein gequirlter Einheitsbrei wie die Verwendung modernen Instrumentariums. Beethovens Graf-Flügel war nur leih-/ersatzweise bei ihm (er hat ihm weder gehört, noch hat er ihn je gehört); richtiger Weise müsste ein Broadwood (ab c1818) zum Einsatz kommen, davor Nannette Streicher (hat er gespielt und bestellt, aber nie gekauft), bis 1817 Schantz/Seuffert, 1804 bis 1815 André Stein, davor Walter (allerdings unbeledert). Wenn man z.B. die Beethoven-Cadenzen zu Mozartkonzerten hören oder spielen will, muß man sich eines Instrumentes der Beethovenzeit (oder später) bedienen, da Mozarts Walter gar nicht den Ambitus hatte, diese Cadenzen umsetzen zu können (vom andersartigen Klang mal ganz abgesehen). Meine Lieblingssonaten Beethovens (Les Adieux, Waldstein- und Hammerklavier-) sammle ich in die Tiefe, d.h. mich begeistern die z.T. völlig unterschiedlichen Klangfarben und -möglichkeiten verschiedenster historischer Instrumente. Aber dies nur am Rande ... zurück zu Haydn:


    Das gewählte Instrument beim Trio 1790 - soweit ich mich erinnere: ein nicht näher spezifizierter Nachbau eines Instruments aus dem späten 18. Jahrhundert oder Derek Adlam nach einem Instrument von Matthäus Heinlmann (?) - mag hinsichtlich Farbgebung Wünsche offen lassen, klingt für mich aber durchaus feinnervig und bestimmend, eher nicht klimperig. Für die frühen Trios ist m. W. auch ein Cembalo zum Einsatz gelangt.


    Recht abenteuerlich sind dagegen diese drei Herren unterwegs:



    Maxim Emelyanychev, Fortepiano Paul McNulty nach Anton Walter

    Riccardo Minasi, Violine Hieronymus Amati (1627)

    Federico Toffano, Violoncello Carlo Giuseppe Testore (1727)




    Streunerhaft, umtriebiger und vorurteilsfreier habe ich den Finalsatz bislang nicht vernommen. Sicher bleibt so manch einem das Gulyás im Hals stecken ...  :pfeif: Mal ganz undogmatisch: so muss das! Jó étvágyat kívánunk!


    Und wer auf die Geige flötet, bitte sehr:



    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Ich bin zwar kein HIP Purist, aber bei den Haydn Klaviertrios bevorzuge ich tatsächlich Originalinstrumente. Wobei es für mich weniger eine Frage des Klangs ist, sondern eher eine der Balance zwischen den Instrumenten. Die Streichinstrumente kommen bei einem Originalklavier viel besser zur Geltung als wie bei einem modernen Konzertflügel.


    LG aus Wien.:hello:

    LG aus Wien.:hello:

  • Das kommt demnächst reingeflötet:



    Flötentrios Hob. IV:6-11 für Flöte, Violine, Cello (Divertimenti)

    Flötentrios Hob. IV:1-4 für 2 Flöten & Cello "London Trios"
    Flötentrios Hob. XV:15-17 (Nr. 15 für Flöte, Violine, Cello; Nr. 16 & 17 für Flöte, Cello, Klavier)

    Flötentrios Hob. XI:82, 100, 103, 109, 110, 118 für Flöte, Violine, Cello (Arrangements)


    Les Curiosités Esthétiques


    Jean-Pierre Pinet & Valérie Balssa, flûtes traversiéres

    Cyrielle Eberhardt, Violon

    Cécile Verolles & Étienne Mangot, Violoncelles

    Aline Zylberajch, Fortepiano

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Die Londoner Trios für 2 Flöten und Cello (alternativ für Flöte, Violine und Cello) sind sehr hörenswert.


    LG aus Wien.:hello:

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  • alternativ für Flöte, Violine und Cello

    ... alternativ zwei Violinen, Cello? :/ Oder Violinpart 2 + Cello = Clavier. Da ist vieles denkbar ...

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • ... alternativ zwei Violinen, Cello? :/ Oder Violinpart 2 + Cello = Clavier. Da ist vieles denkbar ...

    Vor Jahren hatte ich eine Schallplatte mit den Trios in dieser Besetzung. Rampage spielte Flöte, Stern die Violine und Rostropowitsch das Cello. Ob diese Besetzung authentisch ist weiß ich nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es damals auch so gespielt wurde.


    LG aus Wien.:hello:

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  • Das Wiener Publikum sehnte sich nach hochwertigen Alternativen zum Streichquartett. Mit seinem e-Moll-Trio (Hob. XV: 12) erfüllte Haydn 1789 noch vor seinen England-Reisen die Erwartungen voll und ganz. Kaum fertig gestellt, wurde es ihm von seinen Verlegern schon förmlich aus den Händen gerissen.


    Durch diese Erfolge angespornt, ließ sich Haydn während der zweiten England- Reise in den Jahren 1794 / 95 zusätzlich von der Pianistin Therese Jansen-Bartolozzi zu seinen bedeutendsten Trios inspirieren, widmete ihr die beiden Trios C-Dur und Es-Dur (Hob. XV: 27 und 29) und stand ihr außerdem bei der Hochzeit mit einem Kunsthändler als Trauzeuge zur Seite.

    MusicFan9976 hatte das e-moll-Trio a.a.O. hinsichtlich der historischen Popularität in Relation zu Mozarts KV 478 gesetzt. Im Schaffen Haydns scheint das Werk ein Dreh-und-Angelpunkt für die Komposition der späteren Trios gewesen zu sein, wie dem obigen Zitat zu entnehmen ist. Also untersuche ich das mal hörender Weise.




    Der Rhythmus der Anfangstakte (TAM-tam-tam/TAA-tada/dam) ist identisch mit dem Thema der Sonata facile von Mozart (KV 545), weshalb es der Kollege vielleicht als eingängiger (bekannter) empfindet als das Kopfmotiv von KV 478. Außerdem ähnelt es melodisch stark dem Kyrie-Thema (Mozart-Requiem oder Haydn Quartett f-moll op. 20 Nr. 5, Finalsatz bzw. Händel Dettingen Anthem). Das 2. Thema setzt in T. 35 (G-Dur) ein. In der Durchführung werden erstes und zweites Thema miteinander verwoben, die Nähe zum „Kyrie“ wird hier besonders hörbar, finde ich. Das Vc. hat durchaus auch eine eigenständige Stimmführung, die nicht bloße Unterstützung des Clavierbasses ist; sehr exponiert ist dies allerdings nicht (z.B. 47/48, Arpeggio 73 oder 142/43).


    Daß die Streicher hier keineswegs ad libitum sind, zeigt gleich der Beginn des Andante, bei dem sie die Liedmelodie gezupft (pizzicato) untermalen, was einen besonderen Effekt ergibt. Das folgende Unisono arco (gestrichen) T. 9ff. erinnert mich an das Unisono von Mozarts A-Dur-Violinsonate (Andante D-Dur). Der Satz zeichnet sich durch harmonische Kuriositäten aus; erstmal die enharmonische Rückung nach G-Dur in T. 19, im weiteren Verlauf ähnlich verschroben wie in Mozarts a-moll-Rondo KV 511 ca. T. 44ff. dann zu Dis-Dur (!), welches wiederum zum Leitton umfunktioniert zur Reprise E-Dur führt. Der Satz hat mich durch seine Einfachheit vs. Satzdichte gesetzte Art stark beeindruckt. Der Satz wimmelt nur so vor Doppelkreuzen und Synkopen und steht der Popularität des Trios m. E. diametral entgegen; es wundert mich, daß das nicht abschreckend gewirkt hat - wobei es nicht schwierig zu Spielen ist.


    Es folgt ein überwiegend fluffiges finales Rondo in E-Dur, in dem der Cellopart druchaus selbständige unverzichtbare Parts übernimmt; es tritt ein Trialog der Instrumente tatsächlich ein.


    Patrick Cohen spielt auf einem Hammerflügel von Anton Walter, Wien, 1790; Erich Höbarth spielt auf einer Violine von G. Guarnerius filius Andreae, Cremona, 1683; Christophe Coin spielt auf einem Violoncello von C.A. Testore, 1758.

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Im Zuge der Diskussion von KV 478 und Hob XV/12, habe ich mir beide Werke wieder angehört. Ich bleibe bei meiner Meinung, dass beide Werke eher herausfordernd und auch für den Hörer anspruchsvoll sind. Haydns E-Moll Trio nimmt meiner Meinung nach eine Sonderrolle unter den Klaviertrios ein. Es ist wahrscheinlich Haydns dichtestes Trio und ich finde das Zitat von Irmgard hier besonders aufschlußreich, denn Haydns E-Moll Trio scheint tatsächlich der Tonwelt der Streichquartette näher zu sein als die seiner anderen Trios; man hört hier kaum etwas von der leicht verträumten Stimmung die man sonst bei Haydns Klaviertrios begegnet.


    Interessant finde ich auch die Tatsache, dass Haydns Trio 3 Jahre nach KV 478 komponiert wurde. Hatte sich in den 3 Jahren der Geschmack des Wiener Publikums gewandelt? Waren 1788 schwierige Werke „in“? War Mozarts Klavierquartett vielleicht sogar ein Wegbereiter?


    Ich weiß das sprengt jetzt hier den Ramen des Threads, aber ich habe mich immer gewundert warum Haydns Musik im 18. Jahrhundert viel populärer als Mozarts war und es heute genau umgekehrt ist.

    LG aus Wien.:hello: