Große Themen der Weltliteratur als Vorlage zu Opern des 20. Jahrhunderts

  • Liebe Forianer,


    In einem anderen Thread schrieb "Mignon":


    Zitat

    Das heißt, es gibt anscheinend auch "Moderne Musik" die auf klassischer Literatur aufbaut.


    Ja natürlich - von antiken Vorlagen - über Goethe - Oskar Wilde - bis hin zu Dürrenmatt (ein "moderner Klassiker") - alles ist dabei.


    Ich gebe soigar zu, daß einige dieser Opern - ich habe sie noch nicht gesehen, weil mein geschmacklicher Schwerpunkt ja woanaders liegt - auch für meine Begiffe interessant erscheinen - schon der literarischen Vorlage wegen.


    Man muß halt wissen welche Prioritäten man setzt. Die Belcanto-Opern mit teilweise abstrusen Libretti, die beschwingten heiteren deutschen Spielopern, die französichen , eleganten Abarten davon - wen interessiert da eigentlich die Handlung ? Aus meiner Sicht wurde die oft genug zusammengestoppelt um der Musik einen Vorwand zu geben, und um schöne Stimmen zu präsentieren.


    Viele moderne Opern jedoch sind eigentlich "Musikdrama" im eigentlichen Sinne - hier wird die Musik zur Betonung des Textes eingesetzt - zur Verstärkung der Wirkung.


    Ich glaube jedoch, daß solche Opern sich lediglich eignen live in der Oper gesehen zu werden - sie mögen beeindruckend sein. Ich könnte mir aber kaum vorstellen, daß sie auf CD das bieten - was ich mir persönlich von Oper erwarte: Musikalischen GENUSS....


    (und nun stenigt mich.... :P )


    Aber vielleicht sollten wir doch solche Opern kurz anreißen, welche "klassische" Themen im weitesten Sinne des Wortes aufgreifen.
    Spezialthreads sollte damit jedoch nicht vorgegriffen werden - sie sollen diese lediglich anregen.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zu Literaturopern des 20. Jh. wurde folgende These gepostet:


    Zitat

    Ich glaube jedoch, daß solche Opern sich lediglich eignen live in der Oper gesehen zu werden - sie mögen beeindruckend sein.


    Ich sehe das natürlich genau andersrum. Während viele hervorragende Opern z.B. des 19. Jh., zum Beispiel "La Vestale" von Spontini, wunderbare Stellen haben, aber als Ganzes viel zu langweilig sind, um mittels CD vollständig angehört zu werden, also "nur" für die Bühne taugen, sind die Literaturopern des 20. Jh. oft so kompliziert, dass sie sich erst nach wiederholtem Anhören etwa einer CD-Aufnahme beim Hörer so recht zum Hörgenuss entfalten.


    Das gilt in besonderem Maße für eine der allerherausragendsten Opern des 20. Jh.:
    Die Soldaten
    von Bernd Alois Zimmermann
    Text: Jakob Michael Reinhold Lenz
    (der als ein Sturm-und-Drang-Hauptvertreter neben Goethe, Klinger und anderen gilt)

  • Zitat

    also "nur" für die Bühne taugen


    ...und oft, sehr oft nicht einmal das... :stumm:


    Dann nenne ich einmal Carl Orff und seinen "Prometheus". Das Werk wurde 1968 uraufgeführt. Es verwendet das Aischylos zugeschriebene Drama im altgriechischen Original. Orff rhythmisiert den Text, lässt nur wenige Stellen in ekstatischer Deklamation singen und setzt mit dem Orchester gleichsam Klangzeichen.
    Durch die extreme Statik der Handlung bedarf das Werk nicht unbedingt der Bühne, es schafft sich sozusagen seinen eigenen Klangraum und fesselt den Zuhörer durch seine Einzigartigkeit.

    ...

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Zu Literaturopern des 20. Jh. wurde folgende These gepostet


    Ein Literaturoper ist allerdings nicht nur eine Oper, die auf Literatur basiert, sondern eine, die das Originalwerk unverändert als Libretto benutzt. Das würde die Reihe der hier zu besprechenden Opern ziemlich eingrenzen. Ich glaube nicht, daß das die Absicht war?


    Eine moderne Oper, welche ein klassisches Thema aufgreift (und mal einen eigenen Thread verdienen würde), ist Bartóks Herzog Blaubarts Burg. Die Blaubart-Legende ist sehr alt und hat zahlreiche literarische Bearbeitungen erfahren. Das Libretto von Balász ist dunkel und symbolistisch und in viele Richtungen interpretiertbar. Ich halte den Textx Balász' für eines der besten Libretti in der Operngeschichte, ebenso wie ich Bartóks Musik hervorragend finde.


    Die Behauptung, daß Opern, in denen der Text eine übergeordnete Rolle spielt, entweder auf dem heimischen Sofa oder auf der Bühne besser seien, finde ich ein bißchen unsachlich. Es kommt ja nicht drauf an, ob das Werk in einer bestimmten Epoche geschrieben ist und ob der Text oder die Musik wichtiger ist. Es kommt immer nur auf das Werk an - auch die Opern der Moderne sind sehr unterschiedlich. Und dann kommt es auch noch auf den Geschmack des Hörers an. Ich kann ja auch nicht generell sagen, daß alle Belcanto-Opern besser von CD aus zu erfahren sind, weil sie auf der Bühne zu albern wären... oder so.


    :hello:
    M.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt



    Ich glaube jedoch, daß solche Opern sich lediglich eignen live in der Oper gesehen zu werden - sie mögen beeindruckend sein. Ich könnte mir aber kaum vorstellen, daß sie auf CD das bieten - was ich mir persönlich von Oper erwarte: Musikalischen GENUSS....


    Genau diese Erfahrung habe ich gerade mit "Death in Venice" von Britten gemacht. Die CD, die ich mir zur Vorbereitung auf die Premiere gekauft hatte, landete nach 30 Minuten wieder im Regal, zu unerträglich war mir das (bitte alle Britten-Fans wegschauen) Gejaule. Erst mit den Bildern der Inszenierung zusammen fand ich Gefallen an der Musik. In einer ruhigen Stunde werde ich mir die CD dann nochmal anhören und dazu die Bilder im Kopf anschauen.

    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Bravo, ein tolles Sujet !


    Frage mal unseren Freund Kurzstückmeister, ob er damit etwas anfangen kann.


    Liebe Grüße -


    vom Operngernhörer :hello:

  • Ich habe nicht wieder finden können, was ein lieber Konversationspartner über Bartóks Oper in diesem oder in einem ähnlichen Konversationsfaden geschrieben hat, deshalb dachte ich, dass eine Wiederholung eventuell nicht so schlimm ist. Eine der für mich schönsten modernen Opern ist Bartóks „Herzog Blaubarts Burg”, dessen Libretto sein Freund, der Schriftsteller Béla Balázs geschrieben hat. Balázs hat mehrere „Kunstmärchen” verfasst. Die Symbolik dieser Geschichte ist eine kongeniale Grundlage zu Bartóks Musik.


    Und wenn ich mich schon zu Wort gemeldet habe, dann möchte ich noch ein Beispiel erwähnen, wo ein bekanntes Thema der Weltliteratur Grundlage einer Oper geworden ist: Das Drama von Frederico Garcia Lorca „Bluthochzeit“ wurde von Sándor Szokolay aufgegriffen. Seine Oper mit dem gleichen Titel hatte in den sechziger-siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts großen Erfolg und internationale Anerkennung. Der pathetisch-leidenschaftliche Stil Szokolays und seine Wurzeln in der Bauernmusik passten sehr gut zu dem Sujet.


    :hello: KP