"GASPARONE" von Karl Millöcker

  • Gott sei Dank scheint sich die oft totgesagte Operette wieder zu erholen. Betrachtet man die Besetzungen der Aufnahmen, die in diesem Thread eingestellt sind, dann sieht man mit welch hochkarätigen Sängern die häufig unterschätzte leichte Muse besetzt war. Hoffentlich stabilisiert sich dieser erfreuliche Trend.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Gasparone
    Operette in drei Akten von Carl Millöcker.
    Das Libretto verfassten Friedrich Zell und Richard Genée.
    Uraufführung am 25.(26.) Januar 1884 Theater an der Wien Wien
    mit Alexander Girardi • Joseph Josephi • Felix Schweighöfer • Rosa Streitmann • Franz Eppich • Maria Theresa Mossa • Guttmann.

    Die schönsten Melodien:
    - Terzett von Carlotta, Nasoni und Zenobia „Wie freu ich mich, dass Sie noch hier!“
    - Duett zwischen Carlotta und Erminio im Finale des ersten Aktes „Hört von ferne das Geschrei!“
    - Couplet der Zenobia „Der Blick von diesem Ungeheuer - Es gibt ja keine Männer mehr!“
    - Szene und Duett zwischen Carlotta und Erminio „Dunkel breitet sich über das Meer“
    - Benozzos Walzerlied „Er soll dein Herr sein! Wie stolz das klingt!“
    - Erminios Arie „Dunkelrote Rosen bring‘ ich, schöne Frau“, d e r große Schlager aus der Operette, von dem das Publikum mit seinem Beifall oft eine Wiederholung erzwingt, eine Melodie, die der Komponist aus seiner wenig erfolgreichen Operette „Der Vizeadmiral“ übernommen hat.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,,
    die Gesamtaufnahme von cantusclassics und den sehr schönen Querschnitt mit Badorek und Barabas kenne ich auch. Ich besitze auch einen sehr gelungenen Mitschnitt aus dem Radio mit Jörn W. Wilsing und Lotte Schädle in den Hauptrollen. Zur Emi-Aufnahme sage ich, dass die Besetzung insgesamt gut ist, aber Frau Rothenberger ist unüberhörbar über ihren Zenith hinaus. Sie muß sich um jeden Ton bemühen, auch die Mittellage ist sehr angestrengt, die Stimme klingt nur noch abgesungen und verbraucht. Es ist sehr schade, dass hier wohl um der guten Verkaufszahlen eine bekannte und beliebte Sängerin noch einmal vors Mikrophon gezerrt wird. Das hätte sie selbst und auch die Plattenfirma ihren Hörern nicht antun dürfen. Wohlgemerkt, ich mag die Stimme der Rothenberger ansich sehr gern, aber hier: ein klares Nein!!!
    Schöne Grüße
    wega


  • Auf diese CD habe ich schon lange gewartet. Denn diese Aufnahme der Bad Ischler Aufführung von 2013 geht auf die Originalfassung der Operette von 1884 zurück. Wie ich in Beitrag 21 in diesem Thread schon bemerkt hatte, gibt es von Gasparone ja verschiedene Neufassungen und eine CD mit der Originalfassung war bisher nicht mehr erhältlich.


    Volker Klotz bevorzugt ja das Original und ich persönlich bin immer auch für die Original-Versionen, weil ich gerne wissen möchte, wie die Werke zur Zeit ihrer Entstehung geklungen haben mögen. Eigentlich war nicht zu erwarten, dass die Originalfassung noch einmal eine Wiederbelebung erfährt, vor allem deswegen, weil in den Bearbeitungen das Lied „Dunkelrote Rosen“ eingefügt worden war, auf das man nicht mehr verzichten zu können glaubte. Umso erstaunlicher, dass nach Bad Ischl jetzt auch die Dresdner Staatsoperette eine Aufführung ins Programm genommen hat, die sich an der Urfassung orientiert (siehe auch Beitrag 30).


    Die Urfassung unterscheidet sich von der Handlung her eigentlich nicht wesentlich von der Bearbeitung Knebler/Steffan, auf der z. B. die Aufnahme mit Prey und Rothenberger beruht. Allerdings hat man dort, dem Zeitgeschmack (1931) entsprechend die drei Akte in insgesamt neun Bilder aufgeteilt und die Handlungsabläufe etwas umgestellt. Gleichzeitig hat man aber auch die Musiktitel des Originals z. T. auseinandergeschnitten und anders wieder zusammengesetzt und zudem Musiktitel aus anderen Werken Millöckers hinzugefügt, so dass ein direkter Vergleich beider Versionen musikalisch recht verwirrend ist. Hier exemplarisch nur einige Beispiele:

    • Denk ich an dich, schwarze Ninetta. Dieses erste Lied des Conte Erminio ist eine auch rhythmisch abgewandelte Version des Liedes „Oh dass ich doch der Räuber wäre“, das dann später nochmals vorkommt.
    • Nur Gold will ich haben kommt im Original erst im 2. Akt als Teil eines Duetts (Nr. 11) vor, in welchem der Conte die Million der Gräfin Carlotta raubt, aber nur, um dieses Geld vor Nasoni und seinem Sohn Sindulfo in Sicherheit zu bringen.
    • Der verdammte Gasparone wurde von der Nr. 2 des Originals abgekoppelt, das zunächst mit dem Aufmarsch der von Nasoni angeführten Gendarmerie beginnt, die dann dort lautstark tönen „Erscheinen wir als Rächer“. Dieser Teil wurde in der Bearbeitung dann ins Finale des 2. Aktes verschoben.
    • Wie freu ich mich Sie hierzu sehen entspricht weitgehend dem Original, es wurde jedoch eine Melodie hinzugefügt, die im Original erst in dem bereits erwähnten Duett Nr. 11 vorkommt und jetzt zum Text „Liebe erhellt die ganze Welt“ gesungen wird.
    • Das Finale I basiert nur zu einem Teil auf dem Original. Die Umstellungen sind zu komplex, um sie hier zu beschreiben. Wesentlicher Unterschied zum Original ist aber, dass in letzterem das Finale nach der Tarantella noch weitergeht und dramatisch mit der Erzählung von der Entführung des Sindulfo endet. Diese Entführung erfolgt in der Bearbeitung erst im 2. Akt. Stattdessen endet das Finale, eher typisch für die späte Silberne Operette, mit einem Sologesang des Conte Erminio.
    • Auch ich war einst ein junger Mann ist eine Auskoppelung aus dem Finale II des Originals und wird dort von Nasoni mit dem Text „Mein Sohn ist wieder da“ gesungen, nach dessen Entführung.
    • Stockfinster war die Nacht hat mit dem Original nur den Titel und den Refrain gemein und ist ansonsten aus verschiedenen anderen Titeln zusammengesetzt. Auch inhaltlich ist dieser Titel in beiden Versionen sehr unterschiedlich: im Original ein Eifersuchtsduett zwischen dem Schmuggler Benozzo und seiner Frau Sora, in der Bearbeitung die Erzählung des Sindulfo, warum es ihm nicht gelungen ist, das Lösegeld zu übergeben.
    • Finale II – einige Umstellungen, z. B. hier erst das Lied „Erscheinen wir als Rächer“ aus dem 1. Akt und die Million wird erst während dieses 2. Finales von Erminio geraubt.


    Zusätzlich eingefügt wurden:

    • Dunkelrote Rosen
    • Oh schweigen Sie ich will nichts hören
    • Wenn der Morgen hold erwacht


    Der erste Titel stammt aus Millöckers Operette „Der Vizeadmiral“ und konnte nicht, wie in einem der früheren Beiträge behauptet und auch in Wikepedia zu lesen, von Millöcker selbst eingefügt worden sein, da diese Operette ja erst zwei Jahre nach dem Gasparone uraufgeführt wurde. Die Herkunft der beiden anderen Titel ist mir nicht bekannt. Auffallend ist, dass sie stilistisch so gar nicht zu der übrigen Musik passen.


    Wie man den Vergleichen entnehmen kann, haben sich die Bearbeiter mit ihrer diffizilen Puzzlearbeit viel Mühe gemacht, ohne die musikalische Substanz des Werkes wesentlich zu verändern. Einzig das Lied „Dunkelrote Rosen“ kann als Anreicherung angesehen werden aber ich bezweifle, dass man darauf nicht doch auch verzichten kann.


    Die Inhaltsangabe der genannten Bearbeitung wird übrigens hier beschrieben: http://www.tamino-klassikforum…&postID=446274#post446274


    Inhaltsbeschreibungen des Originals finden sich gleich 2 x im Operettenführer:
    http://www.tamino-klassikforum…page=Thread&threadid=5809
    http://www.tamino-klassikforum…ge=Thread&threadID=12592.


    In meinem Reclam Operettenführer wird die Handlung nach der Bearbeitung durch Rogatti und Burkhard (1940) erzählt. Auch diese unterscheidet sich nur in Nuancen vom Original. Wie dann dort die Musiknummernfolge aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis, da ich nicht weiß, welche der bisher hier vorgestellten Aufnahmen sich auf diese Fassung berufen.


    Nun zur hier gezeigten CD. So löblich der Rückgriff auf die Urfassung durch die Bad Ischler ist, so kontraproduktiv scheint mir die Tatsache, dass man die Handlung nun in die 50er(?) Jahre des 20. Jahrhunderts verlegt hat und aus den Schmugglern Mafiosi und aus dem Conte Erminio den Neffen des „Paten“ Corleone gemacht hat. Die Gräfin fährt dann statt mit der Kutsche mit dem Ferrari durch den Wald. Hier hat man dem Regisseur mal wieder seinem Affen Zucker geben lassen.


    Die sängerischen Qualitäten dieser Produktion sind leider allenfalls durchschnittlich zu bewerten. Wie schon öfters bei Aufnahmen aus Bad Ischl vermisse ich sowohl die Ausdruckskraft in den Stimmen als auch ganz allgemein die Textverständlichkeit. Auch das Orchester gefällt mir nicht besonders. Es intoniert oft zu grobschlächtig, ja es haut, vor allem bei den Ensembles und Finali, im wortwörtlichsten Sinne, heftig auf die Pauke.


    Anzumerken sei noch der lächerliche Preis von 93,82 €, den Amazon derzeit für die CD haben will. Da muss man sich doch die Frage stellen, ob in der Verwaltung von Amazon noch Menschen arbeiten oder ob nicht schon die Maschinen eigenständig den Preis festlegen, nach der Formel: derzeit nicht am Lager -> Nachfrage groß -> Preis hoch. Glücklicherweise gibt es dieselbe CD bei jpc und anderen auch zu einem „normalen“ Preis.


    :) Uwe

  • Ich höre gerade einen sehr gut gesungenen Querschnitt aus "Gasparone" auf Vinyl. Mit Ursula Schirrmacher, Eva-Maria Grossmann, Herbert Ernst Groh und Brigitte Mira. Es ist eine Aufnahme, die ich nicht Original auf CD finde und deshalb nicht missen möchte. Daher habe ich sie mir auf CD überspielen lassen.

    W.S.