AKSEL SCHIÖTZ- Der beste Liedsänger auf Schellack

  • Hallo liebe Schellackfreunde!


    Nun möchte ich euch einen großen Sänger eines etwas unbekannterern Repertoires vorstellen.


    "Schiötz Kunst ist die, welche die Kunst verbirgt"


    Das sagte der Kritikerpapst Jürgen Kesting über den dänischen Ausnahmesänger. Sein Vortrag war sehr fein abgestimmt, bis in die kleinsten Nuancen einfach perfekt! Kontraste und zu starke Brüche vermied er, er sang wie aus einem Guss.


    Geboren wurde Aksel Schiötz am 1. September 1906 in Roskilde in Dänemark.


    Zuerst widmete er sich nur nebensächlich der Musik und er studierte in Kopenhagen Englisch, Dänisch und Deutsch, um an einer Hochschule Lehrer zu werden.
    Doch dann packte ihn der Eifer und er begann ein Gesangsstudium bei Agnete Zacharias und Valdemar Lincke.
    Später studierte er noch bei John Forsell, dem Lehrer eines gewissen Jussi Björlings.


    Im Jahre 1936 gab er seinen ersten Liederabend. Erst im Jahre 1939 trat er das erste Mal auf der Opernbühne auf. Seine Antrittsrolle in Kopenhagen war der Ferrando in Mozarts Cosi fan tutte.


    Doch schon 1940 endete seine internationale Karriere, da Dänemark von den Nazis besetzt wurde. Nach dem Krieg wurde er vom dänischen König geadelt und er reiste nach England, wo eine Gesamtaufnahme der Schönen Müllerin entstand. Sein Begleiter war Gerald Moore.


    Doch schon 1946 wurde seine Karriere erneut unterbrochen, da bei ihm ein Tumor auf dem Hörnerv festgestellt wurde. Er ließ sich operieren und pausierte zwei Jahre.


    Sein Comeback war furios. Seine Liederabende in der New Yorker Townhall waren restlos ausverkauft.


    Einige Jahre, 1955, später wechselte er ins Baritonfach und trat kurz darauf von der Bühne ab.
    Er nahm eine Professur in Minnesota an und schrieb das Buch "The Art of Singing"


    Am 19. April 1975 starb er in Kopenhagen!


    Sein Repertoire war sehr ausgefallen, zumindest Teile davon.
    Von Mozarts Ferrando, Belmonte, Tamino, Don Ottavio, die seine einzigen Opernrollen bleiben sollten angefangen, setzte er sich stark für Komponisten ein, die damals kaum bekannt waren.


    Zum Beispiel nahm er Lautenlieder von Dowland, Arien von Buxtehude und Bellmann (1745-1790) auf. Das Lied war sowieso seine Stärke. Die Intensität seiner Schönen Müllerin und der Dichterliebe von Schumann ist beeindruckend. Lieder von Weyse, Brahms, Grieg und, natürlich, dänischer Komponisten hatte er ebenso im Repertoire wie geistliche Partien wie z.B. im Bachschen Weihnachtsoratorium, der Matthäuspassion, den Messias und die Schöpfung! Kantatenaufnahmen von Bach gibt es ebenfalls!!
    (Alles erhörbar auf der Great Voices Edition, die ihm sogar eine Doppelcd widmen!)


    Ein großer Sänger, der aufgrund seines etwas "unpopuläreren" Repertoires leider in Vergessenheit geraten ist.
    Ich hoffe mein Thread leistet einen kleinen Beitrag zu seiner Renaissance!


    LG joschi

  • Hallo!!


    Hab mir in der Nacht noch mal die wahnsinnsaufnahme von Dowlands Lautenlieder und den Buxtehudearien angehört. Einfach Wahnsinn! :jubel: :jubel:


    Schiötz klare Aussprache und sein angenehmes Timbre machen diese Aufnahmen zum Genuss. Die Einfachheit dieser Musik und die klare, reine Tenorstimme harmonieren perfekt. Sollte man sich anhören, das ist ein Tipp auch für alle Nicht-Schellackfreunde!!


    Den Liedliebhabern wird der Name sowieso ein Begriff sein, also gehe ich hier nicht ins Detail. (Weil ich auch nicht unbedingt ein Experte im Liedfach bin) :stumm:


    Um euch einen groben Überblick über sein Repertoire zu geben, hier die Tracklist von den Great Voices CDs:


    CD1
    1 Flow my tears-Dowland-1941
    2 Shall I Sue-Dowland-1941
    3 Now cease, my wand´ring eyes-Dowland-1941
    4 Was mich auf dieser Welt betrübt-Buxtehude-1940
    5 Aperite mihi portas justitiae-Buxtehude-1946 (Partner nicht angegeben)
    6 Frohe Hirten-Bachs Weihnachtsoratorium-1940
    7 Ich will bei meinem Jesu-Matthäuspassion Bach-1942
    8 Comfort ye- Der Messias-Händel-1940
    9 Ev´ry valley-Der Messias-1940
    10 Hör klockorna med ängstlig dan-Bellmann-1946
    11 Gubben är gammal-Bellmann-1946
    12 Un aura amoroso-Cosi fan tutte-1942
    13 Hier soll ich dich denn sehen- Die Entführung aus dem Serail-1943
    14 Il mio tesoro-Don Giovanni-1942
    15 Dies Bildnis ist bezaubernd schön-Zauberflöte-1942
    16 Mit Würd und Hoheit angetan-Die Schöpfung- unbekannt


    CD2
    1 Skon jomfru, lik dit Windu op-CFE Weyse (1774-1842)-1938
    2 Lysets Engel, gaar met glans-Weyse-1939


    Schuberts schöne Müllerin (1939/1940)
    3 Der Neugierige
    4 Ungeduld
    5 Mein
    6 Eifersucht und Stolz
    7 Die böse Farbe
    8 Des Baches Wiegenlied


    Schumanns Dichterliebe (1946)
    9 Im wunderschönen Monat Mai
    10 Ich will meine Seele tauchen
    11 Ich grolle nicht
    12 Und wüsstens die Blumen
    13 Ein Jüngling liebt ein Mädchen
    14 Am leuchtenden Sommermorgen
    15 Ich hab im Traum geweinet
    16 Die alten bösen Lieder
    17 Die Mainacht-Brahms-1946
    18 Ständchen-Brahms-1946
    19 En Digters sidste Sang-Grieg-1946
    20 Varen-Grieg-1943
    21 To Brune Ojne-Grieg-1943
    22 Udfarten-Grieg-1943
    23 Serenade-Lange Müller(1850-1926)-1941
    24 Midsommervise-Lange Müller-1941
    25 Mor Danmark- Knudage Riisager (1897-1974)-1939


    Bei jpc gibt die kompletten Schiötz-Recordings Vol.1-10 um je 19€ pro CD!


    Und die legendäre Winterreise mit Gerald Moore:


    Hoffe euer Interesse an Schiötz geweckt zu haben. Er hat zumindest meines für den Liedgesang geweckt!


    LG joschi

  • Es ist mir ein Rätsel, wie dieser "Tenor-Tenor" als Bariton enden konnte. Schiötz habe ich besonders als Mozart-Sänger geschätzt.

  • Hallo Mengelberg,


    Wie oben erwähnt hatte er einen Gehirntumor, und war nach der


    Operation halbseitig gelähmt, und er hat seine Stimme mühevoll wieder


    aufgebaut. Übrigens ist ein Bariton auch ein Sänger. :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Neben der beeindruckenden Schönen Müllerin, die die Ausdruckskraft eines Patzak oder Pears mit der stimmlichen Attraktivität eines Wunderlich paart, gibt es noch eine ähnlich schöne Aufnahme der Dichterliebe.


    Unter den Opernaufnahmen findet sich eine der schönsten Versionen der beiden Ottavio-Arien.


    Was mich bei Schiötz immer begeistert, ist eine unglaubliche künstlerische Ernsthaftigkeit, eine enorm hohe Konzentration auf das, was er wiedergibt. So entstanden wirkliche wahre Sternstunden!


    Gruß aus Lübeck,
    Dieter


  • Hallo Herbert,


    es war ja auch gar nicht abwertend gemeint. Ich gab nur meiner Verwunderung Ausdruck, daß ein Sänger, der ein solch ausgesprochenes Tenor-Timbre hat, zu einem Bariton werden kann.


    :hello:
    M

  • Hallo!


    Ich habe mir, angeregt durch diesen thread, noch einmal meine "Schöne Müllerin" in der Interpretation von Schiötz, und anschließend die von Peter Pears angehört.
    Ich ziehe bei Schiötz immer den Vergleich mit Heinrich Schlusnus: Beide hatten wunderbare Stimmen, aber sie singen mir die Schubert-Lieder einfach zu geradlinig-schlicht. Auch wenn der Müllersbursch sicherlich nicht zu "sophisticated" herüberkommen darf, mir fehlt bei Schiötz auch ein wenig der triumphierende Jubel, den Pears z.B. in die Frage "Frühling, sind das alle deine Blümelein, ..." legt, oder die Verzweiflung in "... der Mai ist kommen. der Winter ist aus." Und in "des Baches Wiegenlied" ärgert es mich immer wein wenig, wenn die Strophe, in dem der Bach das Mädchen wegjagt, einfach weggelassen wird.
    Es nimmt diesem Lied die Ambivalenz, die in dieser Rolle des Baches doch auch liegt.


    Doch ich will nicht zuviel meckern, seine Bach-, Händel- und Mozartaufnahmen sind wirklich eine Klasse für sich (Dowlandlieder kenne ich nur 3 mit Schiötz, aber die gefallen mir auch sehr gut!).


    LG Petra

  • Was mich bei Schiötz immer begeistert, ist eine unglaubliche künstlerische Ernsthaftigkeit, eine enorm hohe Konzentration auf das, was er wiedergibt. So entstanden wirkliche wahre Sternstunden!


    Ja, das sehe ich auch so. Heute vor 40 Jahren ist dieser großartige Künstler gestorben.


    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Und in "des Baches Wiegenlied" ärgert es mich immer wein wenig, wenn die Strophe, in dem der Bach das Mädchen wegjagt, einfach weggelassen wird.


    Ja, leider hat Aksel Schiøtz in seinen beiden Aufnahmen der "Müllerin" (die erste von 1940 ist ja wohl nur bruchstückhaft überliefert) den vierten Vers weggelassen. Da ist er in guter Gesellschaft. In den frühen Aufnahmen war es durchaus üblich, zu kürzen. Franz Navál dürfte der erste Sänger gewesen sein, der den Zyklus aufgenommen hat - und zwar bereits im Jahr 1909. Bei ihm sind die Verse zwei und drei gestrichen. 1934 folgte Gerhard Hüsch mit einer Gesamtaufnahme und verzichte auf den zweiten und den vierten Vers. So hielt es auch Walther Ludwig 1957. Es will aber auch etwas heißen, das abschließende Lied in seiner ganzen Länge und Komplexität gestalterisch durchzuhalten. Schiøtz hätte es gewiss gekonnt. Kesting hat Recht - das Zitat findet sich im Eröffnungsbeitrag - wenn er die Kunst von Schiøtz darin sieht, dass er die Kunst verbirgt. Bei ihm merkt man gar nicht, dass er singt - so natürlich, schlicht und selbstverständlich ist sein Stil. Mich irritiert etwas der Thread-Titel: "Der beste Liedsänger auf Schelllack" (inzwischen ja mit drei l). Die Schelllack als historischen Bezug für die Leistung eines Sängers zu verwenden, der 1975 mit knapp siebzig Jahren starb, ist unzulänglich. Das macht den Sänger so furchtbar alt, zumal seine Aufnahmen inzwischen vorbildlich auf CD übertragen wurden. Manfred zeigt die erste CD einer dänischen Edition des Labels Danacord, die ich auch für sehr gelungen halte. Ich höre diesen Tenor oft und gern.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent