Verdis Don Carlo in Frankfurt, 20.10.2007

  • Hier ist mein Eindruck, einige andere Taminos werden ja am Sonntag, dem 28.10. dort ebenfalls sein, ich hoffe, wir werden hier dann eine rege Diskussion führen können.


    Diskussionen im Vorfeld hatten wir ja schon ab hier.


    Bei der Aufführung handelt es sich um die siebente, die letzte Fassung, 5-aktig, in italienisch.


    Das Bühnenbild ist streng, die Kostüme klassisch (etwas für unsere "Staubis" also).


    Das Bühnenbild besteht aus Säulen (rundrum) und Altären (mehrere in der Mitte, die je nach Bedarf mal aus dem Boden hochgefahren werden, oder samt Boden drumrum etwas vesenkt werden), so daß der Eindruck einer griechisch-römischen "klassischen" Kirche entsteht (Ich war noch nicht in Madrid im Escorial)). Wenn Ihr es gesehen habt, werdet ihr verstehen, was ich meine. In diesem Sinne also nicht überladen (und ich frage mich, warum der Wald von Fontainebleau aus Granitsäulen besteht... ;-) ), also ein wenig "vergleichbar" mit dem weißen Kubus von Konwitschny. Ob die Personen auf der Bühne nun "klassische mittelalterliche Kostüme" tragen, oder nicht, hilft bei der Inszenierung nicht, es paßt aber zum "Drumrum" besser als Jeans... ;-)


    Was mir überhaupt nicht gefallen hat, war die musikalische Leistung.


    Schon die ersten Akte waren nicht zusammen, dann haben die Musiker ihre Noten immer extrem laut umgeblättert, und dann hat sogar noch ein Blechbläser sein Instrument in einer Pause freigeblasen. Den "Furz" hat man ganz deutlich vernehmen können. Wenn dann später wenigstens das Zusammenspiel besser geklappt hätte, wäre das ja verzeihbar gewesen, leider gingen viele Gesangsstellen im "Lärm" unter, und damit hat mich die ganze Inszenierung nicht wirklich beeindruckt.


    Ganz schwach war die Stelle mit Philipp und dem Großinquisitor, das hat mich bei Konwitschny massiv beeindruckt, und ich war gespannt, wie es David McVicar und Carlo Franci in Frankfurt "hinbekommen" würden. Sangestechnisch schwach, nicht zwingend, und auch gegen die klasse Idee von Konwitschny, die Eboli dauernd im Bild zu lassen, konnte die Inszenierung nicht ankommen.


    Mir gefiel die französische Textversion auch besser als die italienische, das wiederum kann ich der Frankfurter Inszenierung aber nicht anlasten...


    Dennoch: Ich will die Sänger nicht schlechter machen, als sie sind: Die Sänger insgesamt waren gut, auch wenn sie manchmal vom Orchester "getötet" wurden.


    Die Inszenierung ist "brauchbar", aber nicht berückend, oder zwingend.


    Hans-Jürgen Linke schreibt in der Frankfurter Rundschau dazu, daß McVicar der Versuchung widerstanden habe, den Stoff näher ans 21. Jahrhundert zu bringen. Und er lobt die feine Orchesterarbeit. Leider beides Punkte, die ich so nicht unterstreichen kann. Ja, Don Carlo und Posa waren hervorragende Sänger, auch Eboli und Elisabeth, sowie Philipp sind sehr gut, aber, wenn sie vom Orchester plattgemacht werden, hilft das leider alles nichts... Ich hätte mir auch "mehr Bezug zur Gegenwart" gewünscht... Da halte ich es lieber mit Midou Grossmann in klassik.com, und sage: "Der berühmte Funke wollte am ganzen Abend nicht überspringen..."


    Auch die Frankfurter Neue Presse lobt das Ganze... während sich die Offenbach Post wieder auf meine Seite schlägt: "Ärgerlicher noch: McVicar bietet zwar eine Menge Material, aber ansonsten ziemlich wenig Ideen." Anders als ich fand Axel Ziebulski (von der Offenbach Post) aber das Orchester gut. Der Wiesbadener Kurier ist etwas unentschieden, und der Mannheimer Morgen ist im Internet nur für Abonnenten zugänglich... ,-(


    Nachdem ich nun auch eine Presserückschau hier eingebunden habe, hoffe ich auf eine rege Diskussion nächste Woche, wenn mehr von uns diese Inszenierung gesehen haben werden.


    Matthias

  • Danke für diesen Vorbericht, obschon der ja nicht sehr motivierend klingt. :(
    Wahrscheinlich hat Alviano aus denselben Gründen noch gar keinen reingesetzt......


    Was mich natürlich auch schwarz ärgert ist, wenn gute Sänger vom Orchester plattgemacht werden. Eine Unsitte der heutigen Zeit, die mir zutiefst verhasst ist :motz:


    Wer geht denn nun ausser Gioachino, Peter und mir sonst noch am Sonntag in die Aufführung?
    ich kann leider erst mit arger Verspätung in die Diskussion einsteigen, da ich anschliessend bis zum 7.11. unterwegs bin.


    F.Q.

  • Zuerst es ist die französische Fassung,


    und das Ganze spielt in einem Möbelhaus wie IKEA (zumindest meiner Meinung), Marquis Posa wird aus einer sich öffnenden Kastentür erschossen,


    alles in Straßenanzügen und kurzen Kleidern bei den Damen.


    Als die Elsabeth von einer ital. Sängerin gesungen werden sollte, holte man rasch für diese die alte schöne Inszenierung,


    und es wurde auch in italienischer Sprache gesungen,


    wobei ich nichts gegen das französiche Original habe,


    aber doch nicht bei IKEA.


  • Entschuldige, aber das ist doch kompletter Unsinn, in den letzten beiden Saisonen standen immer beide Inszenierungen - die konservative italienische und die moderne französische - auf dem Spielplan, oft sogar in einer Woche, und das hat absolut nichts damit zu tun, welche Muttersprache die Elisabeth spricht!!!
    Übrigens hast du merkwürdige Vorstellungen von Möbelhäusern, denn in denen sollte man zumindest Möbel kaufen können. Unser Konwitschny-Carlos spielt bekanntlich auf völlig leerer Bühne, ohne alle Requisiten. Vielleicht schaust du dir die Produktionen einmal an, bevor du Halbwahrheiten verbreitest.
    lg Severina :hello:

  • Das stimmt,ich selbst habe in Wien die ital. Fassung gesehen
    und weiss auch das an dem Haus zwei Fassungen gespielt werden


    Rita

  • Hallo,
    kann einer der Moderatoren die letzten Beiträge in den Konwitschny-Thread verschieben. Diese gehören ja nun wirklich nicht hier hinein.


    Oper 337 meint mit IKEA vermutlich die Einrichtung bei Ebolis Traum. Straßenanzüge und kurze Kleider habe ich nur dort gesehen. Man sollte sich vielleicht einmal die ganze Oper ansehen.


    :hello:


    Emotione

  • Hallo!


    Ich war inzwischen - sonst ja sehr selten in der Oper - auch im Frankfurter Don Carlos.
    Und mir hat die Inszenierung sehr gut gefallen. :yes:
    Da habe ich direkt Lust bekommen, doch öfters in die Oper zu gehen! :yes:
    Es stimmt, daß Orchester war im Verhältnis zu den Sängern manchmal zu laut, aber insgesamt war das ein sehr schöner Opernabend!


    Geärgert hat mich eher, daß der Librettist Schillers Drama inhaltlich erheblich verschlimmbessert hat (das hat man ja oft bei Opernfassungen von Dramen) und daß auf den Plätzen so wenig Beinfreiheit war - mir haben am Ende die Knie wehgetan - aber beides hat ja nichts mit der Inszenierung zu tun.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Lieber Pius,
    es gibt nur wenige Opernwerke, bei denen der Dramentext wörtlich vertont wurde, z.B. Salome, oder Wozzeck. Zur Zeit, als Verdi seine Opern schuf, herrschten ganz andere Gesetze in der Oper (Arien, Duette, Ensembles, Chöre). Die originalen Texte z.B. von den Dramen Schillers könnte man doch nur als Sprechgesang komponieren. Das wäre sehr traurig. Wir hätten auch nicht "Le Nozze di Figaro", oder alle "Faustvertonungen", kurz gesagt: Die Oper ist ein ganz anderes Kunstwerk als ein Drama und wenn man das begreift, was ja eigentlich logisch ist, kann man sich an beiden Gattungen erfreuen.


    (Nur das italienische Libretto des "Don Carlo", entspricht den Wünschen Verdis).


    :hello:Herbert,

    Tutto nel mondo è burla.

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