Die Königsfälschung

  • Kurzbeschreibung
    Der gefälschte König Ludwig XIV., der Sonnenkönig, eine »Fälschung«? Sein Vater, Ludwig XIII. schwul; seine Mutter Anna von Österreich den Frauen zugeneigt? Die scheinbar unglaubliche These: Der Bourbonenkönig sei in Wirklichkeit ein illegitimes Kind aus dem Volk, auf den Thron gehoben, um den Einfluss der katholischen Kirche in Frankreich zu wahren. Max Melbo, alias Volker Elis Pilgrim, auf den Spuren einer Geschichtscamouflage ohne Beispiel.


    Meine Meinung:



    Ohne Beispiel ist die brechreizerregende Arroganz, diese unseriöse Art und Weise geschichtliche Fakten zu fälschen, unhaltbare Thesen aufzustellen und diese als Tatsachen zu verkaufen.




    Nun die allgemeinen Rezensionen sprechen eine eindeutige Sprache, nicht nur dass das gesamte Buch hanebüchene Thesen aufstellt, die man recht problemlos widerlegen kann, es ist auch in einem Stil geschrieben der es unmöglicht macht, diesen Schund als seriös zu betrachten.
    Gossensprache der untersten Schublade.


    Aber ich habe einige der Hauptargumente ausmachen können und widerlege diese sofort um einfach mal aufzuzeigen, mit was für einem Müll manche drittklassigen Autoren versuchen Aufmerksamkeit zu erhaschen.
    Die sie ja nun auch bekommen indem ich diesen Veriss schreibe.
    Eigentlich wäre ignorieren von so einem Schund das einzig sinnvolle, aber da ich im Bekanntenkreis genötigt wurde zu diesem Mist mich zu äußern, tue ich es auch gleich mal öffentlich.





    Melbo:
    Die Mutter ist hochblond, die kommt aus Spanien-Österreich und die waren immer blond, blauäugig und hatten diese bestimmte Habsburger Unterlippe und die hat Ludwig XIV. nicht. Ludwig XIV. ist dunkelhäutig, braun.


    Contra:
    was für ein Blödsinn, überall (Quellen / Gemälde) ist zu sehen das Louis XIV blond ist, blaue Augen hat und volle Lippen.
    Kinderbildnis:





    Melbo:
    Das Elternpaar war schon ziemlich alt für damalige Zeiten, nämlich Ende Dreißig und hatte schon 23 Jahre verheiratet keine Kinder hervorgebracht.



    Contra:
    das war bei meinen Eltern nicht anders, meine Mutter hatte auch mehrere Fehlgeburten, bevor es klappte - also Unsinn.
    Es sei denn ich bin auch untergeschoben :wacky:



    Melbo:
    Dann waren die Eltern schwul und lesbisch, die Mutter gebärunfähig, was man heute nicht hundertprozentig beweisen kann, aber ich konnte zumindest die Schwangerschaftsabbrüche, die man ihr nachsagt doch ausschließen.



    Contra:
    diese Quellen wären natürlich sehr interessant, vor allem für alle anderen Wissenschaftler - das wäre so, als hätte Melbo Händels Requiem gefunden.... :D
    Er kann gar nichts beweisen.



    Melbo:


    Das eigentliche Problem - und damit komme ich zum Täter - war für die Kardinalskorporation in Rom, die merkte, dass Frankreich schon etwa seit anderthalb Jahrhunderten im Erdrutsch Richtung Protestantismus war.



    Contra:
    absoluter Blödsinn.
    Frankreich war fanatisch katholisch, so das Henri IV. ein Gesetz erlassen musste, dass die Protestanten ohne Angst vor Gewalt ihrem Glauben nachgehen konnten (Edikt von Nantes - steht in jedem Geschichtsbuch - vielleicht hätte Melbo mal eines lesen sollen...)



    Melbo:
    Es gab in Südfrankreich das Königreich Navarra, dort waren Protestanten schon Herrscher in dritter Generation. Was für die korporativ organisierten Leute in Rom die Katastrophe war, denn Frankreich über die anderen Kronerben hätte immer mehr, zumindest ein unabhängiges Frankreich werden können. Das gab es schon unter Franz I., der hat ein Konkordat 1516 mit dem Papst geschlossen, dass er bestimmt, wer Bischoff und Priester wird. Also gab es die Angst, wenn das so weiter geht, wird Frankreich als gesamtes katholisches Land bröckeln und es werden keine Gelder mehr nach Rom fließen.



    Contra:
    Blödsinn noch weiter ausgetreten.
    denn dannn ging der Plan ziemlich nach hinten los, denn diese Politik hat auch Louis XIV weiter geführt.
    Thema Navarra, Henri IV. konvertierte bekantermaßen - also was soll der Mist?


    Melbo:
    Ich hatte zum Beispiel andere Gebiete in der Geschichte drauf, aber Ludwig XIV. nicht.


    Contra:
    ja das merkt man bei jedem Satz....


    Melbo:
    Die Memoiren, bevor er es wusste, dass er beschafft ist, und nachher. Also, er hat es erfahren 66 beim Tod seiner Mutter, die hat es ihm gestanden, kurz vor ihrem Sterben. Und da ist der Stil seiner Memoiren ganz anders, künstlich, blockiert. Es ist wie so ein Haushaltsplan, er macht nur noch Listen auf, Rechtfertigung und er verliert den Schmelz der Sprache.


    Contra:
    ob Subjektives Empfinden einen Beweis darstellt ?


    Der Tod der Mutter war im übrigen ziemlich dramatisch (Brustkrebs)
    Auch wenn es immer eine gewisse Distanz gab, so verlor Louis seine Mutter!
    Dass das eventuell auch eine Rolle spielt, kommt Melbo nicht in den Sinn.


    Melbo:
    Es gab wohl schon bei seinem Vater eine etwa 13 Jahre getragene Perücke, aber das hat nicht der ganze Hof getragen. Der hatte eben schüttere Haare, der Ludwig XIII. aber Ludwig XIV. hat ja daraus eine Staatsperücke gemacht. So hieß sie damals. Allongeperücke ist ein späteres Wort im 19. Jahrhundert und er hat es später verlangt, von allen Höflingen, bis ganz Europa. Man kann es nicht fasse, wieso Männer so folgewütig sind. Einer macht irgendeinen Quatsch und dann machen sie es alle. Händel, Leibniz - alle haben diese Riesendinger, die die Franzosen ja Grande Perruque nennen, also große, riesengroße Perücke, oder Perruque carrée, das heißt also, die das Gesicht des Mannes wie eine Behausung umragt, und da ist er geschützt. Und natürlich hat Louis das gebraucht, als er gewusst hat, dass er gar nicht von Königen abstammt.



    Contra:
    Hätte er gewissenhaft recherschiert, dann hätte er auch erfahren, dass die Allonge schon in den 1660er Jahren eingeführt wurde, zusammen mit der Rheingrafenmode. Also bevor die Mutter starb.
    Bereits um 1665 war die Allonge allgemeine Mode nur einer wehrte sich, das Teil regelmäßig zu tragen:
    Louis XIV
    Er wehrte sich dagegen Perücken zu tragen und dafür seine langen blonden ! Haare zu opfern.


    Erst Anfang der 1670er Jahre übernahm er auch diese Mode.
    Er hat die Perücke weder eingeführt, noch war er anfangs von dieser Mode begeistert.





    Melbo:


    Ich habe es im ersten Satz des Buches so formuliert: Der Sonnenkönig Ludwig XIV. ist ein Tonnenkönig. Das heißt, er ist aus dem Misthaufen der Gesellschaft hergeholt worden, aus Süditalien, aus Waisenhäusern, von solchem Kontingent besteht Ludwig XIV. Und das ist für einen damaligen König eine Katastrophe gewesen. Es musste also eine Art Distanz schaffen, einmal für sich selbst, eine Behausung in dieser Bedeutung und die Perücke ist ja nicht nur einen Männerfrisur, sondern sie geht auch noch nach oben. Ich muss sagen, sein Gesicht sieht aus wie ein Vagina-Popo. Dass da ein vaginales Phänomen sich ihm auf den Kopf setzt.



    Contra:


    darauf zu antworten ist eigentlich schon über der Schmerzgrenze.


    Aber es zeigt ganz genau die miese "Forschungsarbeit" dieses Herren.
    Die Allonge verfügte in den 1660er Jahren noch nicht über die Fontage, so nennt man die beiden "Höcker"
    Diese "Höcker" kamen erst Ende der 1680er Jahre auf.


    Bis zu dieser Zeit waren die Perücken zwar sehr groß, was die Länge anging, aber nicht hoch.
    Und wärend sie ab 1690 beständig in die Höhe wuchsen, umso kürzer wurden sie. (Es gab um 1700 jedoch auch Perücken die ebenso lang und auch über die Fontage verfügten)


    1665:




    1675:



    1685:



    1714:



    Melbo:
    Dass er die Gräber der Kaiser zerstören musste - eigentlich hätte er ja von denen abgestammt.
    Wieso zerstört Ludwig XIV. das, also seine eigenen Vorfahren? Weil es eben nicht seine Vorfahren sind.


    Contra:
    ja damals hatten sich alle europäischen Königshäuser furchtbar lieb untereinander. Daher gab es auch nie Kriege, weil sie alle verwandt waren.
    Sie schickten sich Blumen und andere nette Geschenke.
    also wirklich....


    Was Zerstörungsbefehle angeht, so muss man ohnehin vorsichtig sein, die Zerstörung der Pfalz war das Werk von Louvois.
    Die Brandschatzung geschah ohne das Wissen und den Befehl Louis XIV - was diesen natürlich nicht von der Schuld frei spricht.
    Es gibt eine Anekdote, dass er Louvois mit einem Schürhaken erschlagen wollte, als dieser ihm von der Vernichtung berichtete.


    Melbo:


    Einem damaligen König wird ja alles zugegrinst, dass er auch so eine Etikette eingeführt hat. Kein französischer König war wie Ludwig XIV. so etikettiert im Abstand vom französischen Volk. Man durfte sich ihm normal nicht nähern.


    Contra:


    und wieder Unsinn und völlig falsche Behauptungen.
    Die frz. Hofetikette bestand lange vor Louis XIV - sie wurde nur verfeinert.


    Jeder ! durfte Versailles betreten, am Eingang des Schlosses konnte man sich Garderobe, Hut und Degen leihen, damit man anständig gekleidet war.


    Man durfte sich frei bewegen, sich dem König auf drei Schritte nähern um ihm eine Bittschrift zu überreichen.
    Das ist doch alles belegt - das zeigt nur einmal mehr, mit was für einem Schund man es hier zu tun hat!




    Melbo:


    Johann Gottlieb Fichte hat ja mal gesagt, Ludwig XIV. ist eines der fürchterlichsten Ausgeburten des französischen Nationalcharakters, so ungefähr hat er gesagt.


    Contra:
    ah-ha, da also weht der Wind her.
    Herr Melbo wurde wohl mal an der frz. Grenze gefilzt oder hatte sonstige miese Erfahrungen mit unseren Nachbarn.
    Oder er hatte im Französisch Unterricht einen ekelhaften Lehrer...
    Das ganze riecht nur nach einem abgeschmackten Antifranzösischen Pamphlet.


    So was nennt man auch - um im gleichen Niveau zu antworten: Penis-Neid



    Fazit:


    eine plumpe antifranzösische Hetzschrift, die auf merkwürdigen unhaltbaren Thesen aufgebaut ist und in einem Stil verfasst wurde, dessen Beschreibung einen halbwegs anständigen, kultivierten Menschen der Anstand verbietet.
    Soetwas kommt 130 Jahre zu spät, ich weiß nicht ob man heute noch Defamierungen unserer französischen Nachbarn und deren geschichte benötigt - oder ist wieder ein Krieg geplant um das 4. Reich auszurufen ?


    Prädikat: absoluter Scheißdreck :no::no::no:

  • Cher collègue,


    manche Autoren mit einem selbstgefühlten Auftrag, wenig Kenntnis, magerem Fleiß und keinem Gewissen schrecken halt auch vor plumpster Geschichtsfälschung nicht zurück, und leider finden sie halt immer noch einen Verleger, der meint, damit ein paar Euro schneiden zu können - was verführte Sie denn dazu, diesem Machwerk trotz verheerender Kritiken überhaupt Zeit zu widmen?
    Zur Beruhigung der durch solcherlei Humbug strapazierten Nerven empfehle ich, falls noch nicht bekannt, "The Sun King" von Nancy Mitford. Detailgenaue Kenntnis der wirklichen Geschichte, die ja nun wirklich dramatisch genug ist, gepaart mit der anerkannten Mitford'schen Formulierungskunst, sollte geeignet sein, höchstIhre Nerven zu beruhigen.


    Je vous prie de croire, Monsieur, les assurances de ma considération très haute!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • ja das Buch von Nancy Midford mag ich auch sehr, obwohl da auch einige Klöpper drin sind (aber wo nicht)


    Die besten Bücher sind immer noch von Bernier (relativ neu) und das von Erlanger (etwa älter) gerade bei Erlanger wird man von Details und seiner genauen Kenntnis der Materie gerade zu überwältigt.




    Der Grund warum ich mich mit diesem Mist beschäftigt hatte - wie schon angedeutet, es gab jemanden im Bekanntenkreis der das las und hellauf begeistert war, weil er Verschwörungstheorien liebte.
    Ich habe ja gegen solche Theorien absolut nichts, wenn sie gut gemacht sind - aber das ist hier nicht mal wert, einen Groschen-Roman daraus zu zwirbeln.


    Marcel Pagnols Buch über die eiserne Maske ist da ein ganz anderes Kaliber.
    Wer unbedingt eine Verschwörung am Hofe des Sonnenkönigs haben will, der sollte dieses Buch lesen.

  • Ich kenne mich hier zwar nicht aus, aber wenn es eine Verschwörung gab, dann wäre es doch kein Problem gewesen, irgendwo ein blondes Kind aufzutreiben, das den Bildern aus den entsprechenden Familienstammbäumen möglichst ähnlich gesehen hätte...


    Das ist ja der interne logische Widerspruch fast aller Verschwörungstheorien: Einerseits sind die Intriganten so mächtig und so raffiniert, daß sie die Zeitgenossen und die gesamte Fachwelt für Jahrhunderte täuschen konnten. Andererseits müssen sich die genialen Verschwörer aber so grobe Schnitzer erlaubt haben, daß der Aufdecker der Intrige dies erkennen und einem nichtwissenschaftlichen Publikum populär klarmachen kann. ;)


    Ein unterhaltsames Buch aus dieser Zeit mit einem alternative history twist (aber nur beinahe) ist "Turlupin" von Leo Perutz (auch wenn mir seine anderen historischen Romane, "Die dritte Kugel", "Der Marques de Bolibar" und besonders "Der schwedische Reiter" noch besser gefallen)


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • "Turlupin" habe ich entnervt zur Seite gelegt - jetzt plagen mich Zweifel....ich werde es mir noch einmal ansehen.


    In dem Zusammenhang noch eine Empfehlung: "L'allée du roi" von F. Chandernagor, erzählt die Geschichte von Mme de Maintenon und dem Großen König, zwar in Romanform, aber weitestgehend faktengetreu.



    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Volker Elis Pilgrim alias Max Melbo ist meines Erachtens ein New Age Autor, der für den "praktischeren" nicht ganz so esoterischen Teil dieser Strömung steht.


    Zweifelsohne war am Anfang seiner literarischen Karriere ein ernsthafter wissenschaftlicher Ansatz vorhanden, den er aber spätestens mit seinem Hohelied auf die Onanie " Der selbstbefriedigte Mensch" selbst erledigt hat.
    Pilgrim gilt als Pionier einer (feministischen) Männerbewegung, die nie ihre Niesche innerhalb ihrer Niesche verlassen hat und eine Vegetarier Kampfschrift stammt auch von ihm.


    Hier sein Werkkatalog:


    1972/73 Der Untergang des Mannes; Selbstkritik als Gesellschaftskritik, Aufdeckung der Mechanismen der latent-homosexuellen Männergesellschaft
    1974 Dressur des Bösen; Darstellung der Familie als Ursprung des Bösen, Entzauberung der Idylle >Mutter-Kind<
    1975 Der selbstbefriedigte Mensch; Verteidigung der Selbstbefriedigung, Angriff auf die Sexualitätsregelung als Partnersexualität
    1976 Männerbilder; gemeinsam mit Männergruppe-Reflexion von Männern über ihre Rolle
    1977/1983 Manifest für den freien Mann; Programm für die praktische Veränderung männlichen Verhalten
    1980 Das Paradies der Väter - erstellt in Zusammenarbeit mit Dr. Alexej Mend
    1984 Elternaustreibung
    1985 mit dem Pseudonym "Ellis Dohna": Zehn Gründe, kein Fleisch mehr zu essen; über Sinn und Hintergründe vegetarischer Ernährung
    1986 Muttersöhne
    1989 Der Vampirmann
    1990 Adieu Marx
    1992 Fremde Freiheit
    1993 Vatersöhne
    1994 Du kannst mich ruhig "Frau Hitler" nennen


    Im Laufe der Zeit hat diese Männerbewegung wohl ihre Bewegung eingestellt, genauso wie der Nährwert seines vegetarischen Manifestes zur Neige gegangen sein dürfte, so dass sich Herr Pilgrim unter dem Pseudonym Max Melbo jetzt wohl als Historiker versucht.
    Anstelle nun eine anständige Arbeit über Kolonialisierung Australiens zu verfassen, oder eine solche wenigstens ins Deutsche zu übersetzen (Pilgrim lebte die letzten 20 Jahre in Australien, daher wohl auch sein Pseudonym Mad Max Melbourne - Max Melbo), greift er szenetypisch eine kleine historische Verschwörungstheorie auf um daraus ein pseudowissenschaftliches Buch zu verfassen.
    Pseudowissenschaftlich deswegen, weil Pilgrim kein Historiker ist, aber dennoch Psychologie, Rechtswissenschaft, Soziologie, Musik und Film studiert hat, wobei er in irgendeiner dieser Disziplinen auch promoviert hat.
    Er reiht sich damit in eine höchst illustre Gruppe von Autoren ein, deren prominentester Vertreter Erich von Däniken mit seiner Astroarchäologie ist, aber auch Heribert Illig mit seinem erfundenen Mittelalter und eine Reihe unterschiedlichster Geschichtsrevisionisten und Verschwörungstheoretiker.


    Sollte seinem Buch der nötige wirtschaftliche Erfolg zu Teil werden, ist davon auszugehen, dass wir diesbezüglich auf mehr hoffen dürfen, wenn denn Melbo Pilgrim - fast hätte ich gesagt Frodo Beutlin - nicht mit einer reichsdeutschen Flugscheibe nach Antares chauffiert wird. :pfeif:


    Viele Grüße
    John Doe


    PS


    Diese Aussage Melbos

    Zitat

    Ich muss sagen, sein Gesicht sieht aus wie ein Vagina-Popo. Dass da ein vaginales Phänomen sich ihm auf den Kopf setzt.

    ist absolut typisch für das, was er als Pilgrim zum besten gegeben hat. :D


    Und wenn Honoria Lucasta dieses ganze Machwerk als

    Zitat

    Geschichtsfälschung

    und

    Zitat

    Humbug

    bezeichnet, dann kann dem nur beigepflichtet werden.

  • Zuviel der Ehre, das war nicht ich....


    Danke für die Auflistung der Werke dieses Autors; alles kommt auf die "Hände weg!"-Liste


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Hier noch ein Link zu dem besagten Machwerk:



    Das ist natürlich Populärhistorie pur. Jeder halbwegs ernsthafte Historiker übergeht das geflissentlich. Das ist ähnlich wie vor einigen Jahren "Das erfundene Mittelalter" von Illig:



    Ungerechterweise werden solche "Historiker" meist viel bekannter (und reicher) als die seriösen. :angry:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat


    Dann waren die Eltern schwul und lesbisch, [...]


    Selbst wenn... was hindert die beiden daran, gemeinsame Kinder zu haben?


    ?(


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • eben, außerdem war es am frz. Hof ziemlich verbreitet auf beiden Ufern zu grasen.


    Lully war auch nichts eindeutig - und hatte eine ziemlich große Familie...
    Philippe d'Orleans war stockschwul und zeugte dennoch Nachkommen.


    Ich glaube dass der damaligen Zeit diese Ausschließlichkeit eher absurd vorkam.
    Vielmehr ist es eine Gewisse bevorzugung.


    Im 18. Jh. galt man als Hofschranze schon nicht mehr als normnal, wenn man keine Maitressen und wenigstens einen Liebhaber hatte :wacky:



    Wir sind halt anders sozialisiert :pfeif:

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von der Lullist
    ...
    Philippe d'Orleans war stockschwul und zeugte dennoch Nachkommen.
    ...


    Und zwar acht eheliche und einige dokumentierte uneheliche. Außerdem hat ihn Voltaire einer inzestuösen Beziehung zu einer seiner Töchter bezichtigt. Da dürfte die Titulierung "stockschwul" doch leicht übertrieben wirken...


    Oder sollten wir hier gar nicht von der gleichen Person schreiben...? (Du könntest den Vater meinen...)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Honoria Lucasta
    "Turlupin" habe ich entnervt zur Seite gelegt - jetzt plagen mich Zweifel....ich werde es mir noch einmal ansehen.


    De gustibus. Glücklicherweise sind fast alle Erzählungen Perutz' so kurz, daß mir keine Zeit blieb, genervt zu sein. ;) In einer anderen Gruppe nannte es mal jemand als Favorit; ich finde es dagegen auch eines der schwächeren (das beste ist m.E. "Der schwedische Reiter"), aber immer noch recht unterhaltsam.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Honoria Lucasta,


    die Liste brauchst du dir nicht merken, denn das ganze Zeug ist nur noch antiquarisch erhältlich.


    Hallo Joseph II,


    für Mythen, Legenden und Verschwörungstheorien gibt es einen durchaus stattlichen Markt, den zwischenzeitlich auch seriöse Verlage bedienen.
    Trotzdem sich diese Werke einen wissenschaftlichen Anschein geben, haben sie mit Wissenschaft nichts zu tun. Will man dieses Zeugs literarisch einordnen, dann kann man es am ehesten als Sub-Genre der Science Fiction oder phantastischen Literatur bezeichnen.


    Oder es handelt sich dabei um Tendenzschriften politischer Art, die erwiesene historische Wahrheiten in Frage stellen. Das kann derart heftig von Statten gehen, dass sich die seriöse Geschichtswissenschaft tatsächlich damit ausenandersetzen darf, siehe dazu den Revisionismus-Streit, bei dem die seriöse Geschichtswissenschaft zwar gewonnen hat, aber trotzdem eine Niederlage einstecken musste, weil sie sich mit diversen Schwachssinnsthesen befasst und diese dadurch als gleichsam wissenschaftlich-historische These anerkannt hat.


    Ein sehr gutes nicht politisches Beispiel ist Illig, der es tatsächlich zu Wege gebracht hat mit seinem erfundenen Mittelalter eine historische Diskussion auszulösen, deren Ausgang zwar von vorneherein klar war, aber ihn und sein Buch doch deutlich aufgewertet hat. Vom Umsatz desselbigen ganz zu schweigen.
    Wobei pikanter Weise noch hinzukommt, dass Illig genau so wenig ein Historiker ist, wie Melbo Pilgrim, Akademiker dagegen ist er schon (Germanist).


    Als Historiker, der ich einmal war und vielleicht auch immer noch bin, kann ich diese Machwerke nicht einmal als Populärhistorie bezeichnen, da dieser Begriff eigentlich nur eine weitverbreitete Deutung eines realen historischen Ereignisses beschreibt, die vielleicht pauschalisiert, vereinfacht, nur einen Aspekt betont, die anderen aber nicht leugnet.


    Melbo Pilgrim und Illig dagegen gehen doch in eine ganz andere Richtung, in dem sie historische Realitäten schlicht und einfach für nicht existent erklären: Der eine die Vaterschaft von Ludwig 13 an Ludwig 14 und der andere mal mir nichts dir nichts 297 Jahre europäische Geschichte.


    Wenn denn, dann handelt es sich bei diesen Opera doch nur um Pseudo-Historie, die je nach Sujet ganz unterhaltsam sein kann und der alternative timestream novel Konkurrenz macht.


    Abschließend möchte ich dir aber unbedingt beipflichten, wenn du sagst:

    Zitat

    Ungerechterweise werden solche "Historiker" meist viel bekannter (und reicher) als die seriösen.

    Diese Erfahrung habe ich am eigenen Leib gemacht.


    Mit historischem Gruß
    John Doe


  • Meinst Du, lieber Theophilus, nicht Philipp II. von Orléans (1674–1723), Regent von Frankreich 1715–23? Der war alles andere als schwul, soweit ich weiß.


    Der Lullist meint ziemlich sicher Philipp I. von Orléans (1640–1701), den Bruder Ludwigs XIV.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    ...
    Der Lullist meint ziemlich sicher Philipp I. von Orléans (1640–1701), den Bruder Ludwigs XIV.


    Ja, wird wohl so sein. Das war aber doch der Ehemann von Liselotte von der Pfalz, oder?


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ja in zweiter Ehe, zuerst war er mit Henriette Stuart verheiratet, mit der wiederrum Louis XIV ein Verhältnis hatte, die dann aber unter seltsamen Umständen zu Tode kam (man nahm damals an, dass sie vergiftet wurde)


    Es gibt aber einige Historiker die das zu widerlegten versuchten.
    Zumindest war der Tod der Henriette ziemlich unangenehm für den frz. Staat...

  • Wo steht, daß Louis mit Henriette ein Verhältnis hatte? Er war zwar kein Kind von Traurigkeit, aber mit der Frau seines eigenen Bruders ... Also bitte: Quellenangabe.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Ich meine das war bei Bernier.


    Aber damit ist nicht direkt ein sexuelles Verhältnis gemeint - es gibt dazu folgende These - ich muss mal bei Gelegenheit gucken, aus welchem der Bücher das war:


    es ist unangenehm aufgefallen, das Louis sich fast täglich mit Henriette traf - auch wenn es nur freundschaftlich gewesen sein mag.
    (was wirklich war, wird man wohl nicht so ohne weiteres sagen können - die Briefe aus der Zeit sind meist gehässig...)
    Die Tatsache, dass es seine Schwägerin war, machte die Sache eben staatstragend.


    Also wurde ein Verhältnis zu eine ihrer Hofdamen ersonnen, denn diese Liebelei wäre weniger kompliziert gewesen und rechtfertigte die Besuche wieder.
    Diese Hofdame war Louis de la Valliere - nur Louis verliebte sich schließlich wirklich in sie.


    In einigen Büchern habe ich schon gelesen, das man vermutet Louis XIV sei in seine Schwägerin verliebt gewesen - aber ich kann es mir auch schwer vorstellen, dass da mehr gewesen ist.

  • Eine weitere Behauptung Melbos:


    Mit dem Tode der Mutter 1666 soll sich die Außenpolitik Louis XIV um 180° gewandelt haben - vom Musenkönig zum Kriegstreiber.




    Das ist auch mühelos widerlegbar.


    Mal ganz abgesehen von den Schlachten wärend der Fronde, an denen der junge König teilnahm gab es auch schon vorher entsprechende Dinge.



    1663 fand der erste "Gewaltakt" statt, die Annektierung der Stadt Dünkirchen, dass dann mit dem Ballet des Arts (Lully) gefeiert wurde,
    da tanzte er als Verkörperung des Krieges.
    Bereits da war klar, was in Zukunft Sache sein würde.
    Die Stadt wurde aber nur zum Schein belagert und mit Militär besetzt, denn er hatte sie einfach Charles II. von England abgekauft.
    Es fiel kein einziger Schuß - das war eine reine Prophaganda-Aktion.



    Worauf wohl angespielt wurde ist der erste "Raubkrieg" Louis XIV.
    Der erste Devolutionskrieg.
    In diesem Krieg ging es um die spanischen Niederlande (Philipp IV. war 1665 gestorben und Frankreich beanspruchte einen Erbteil)
    Es gab seit 1660 ständig Knatsch, weil Spanien die versprochene Mitgift nicht zahlte:
    1660 heiratete er die spanische Infantin, diese verzichtete auf alle Erbansprüche im Gegenzug sollte Frankreich mit Gold entschädigt werden - das aber nie gezahlt wurde.


    Als der span. König 1665 starb, meldete Louis XIV also Besitzansprüche auf die span. Niederlande an. (meiner Meinung nach völlig rechtens :D )


    Als Rechtfertigung gab Louis XIV. an, dass die versprochene Mitgift von über 50.000 Goldstücken nie ausbezahlt wurde und somit der Erbverzicht seiner Gemahlin deshalb unwirksam sei.
    Als zusätzliche Rechtsgrundlage zog er das brabantische Erbrecht heran.
    In diesem war die "Devolution" vorgesehen, ein privatrechtliches Instrument (aus mittelalterlichen Zeiten), das das Erbrecht von Kindern (auch Töchtern) aus erster Ehe vor jenes der Kinder aus zweiter Ehe stellte.


    Das heißt nichts weiter, alss das der minderjährige Karl II. von Spanien eben nicht erbberechtigt sei, weil dieser aus der zweiten Ehe Philipps IV. stammte. Louis XIV Gemahlin Maria Theresia jedoch war aus erster Ehe.


    Der Ausbruch dieses Krieges erfolgte aber erst 1667 als alle Verhandlungen scheiterten und die Kriegs - Vorbereitungen die seit 1665 vorran getrieben wurden, endlich beendet waren.


    Diesen Krieg mit dem Tod der Mutter in Verbindung zu bringen erscheint mir doch arg seltsam. Zumal eben die Pläne für diesen Feldzug wahrscheinlich schon lange vorher bestanden.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Und noch etwas.


    Melbo kritisiert die akademischen Historiker, dass sie nur Sekundärliteratur widerkäuen.
    Ein Vorwurf, den ich nicht unbedingt widersprechen würde.
    Allerdings sind Verallgemeinerungen immer mit Vorsicht auszusprechen und hinzunehmen.
    Es sind vor allem Lehrer die so vorgehen - gerade im Geschichtsunterricht.
    So eine Arbeitsweise ist sicherlich falsch und negiert schon im Vorfeld eine Diskussion.
    Das ist auch der Grund, warum Geschichtsunterricht so unbeliebt ist.
    Ich hatte meinen Lehrer historische Quellen vorgelegt um bestimmte falsche Fakten zu widerlegen - aber was im Schulbuch steht, hat natürlich mehr Gewicht.
    Hätte ich als damals falsches brav widerholt, hätte ich meine 2 in Geschichte bekommen.....



    Man muss sich mit dem originalen Material beschäftigen und diese Sekundärliteratur nur als Begleitmaterial sehen.
    Geschichte muss sowieso alle paar Jahre neu beleuchtet werden - denn es wächst ja auch ständig der Erkenntnisstand.



    Ich würde mich niemals als Historiker bezeichnen, ich beschäftige mich zwar seit über 15 Jahren mit dem frz. Hof - aber bestimmte Dokumente habe ich auch noch nicht sehen können. Und ich tue dies nicht aus einem rein historischen Interesse.
    Der frz. Absolutismus ist für meine künstlerische Arbeit die "Antike" auf die ich mich beziehe.




    z.B. habe ich mir folgende Bücher über Louis XIV angeschafft, einen weiteren Teil habe ich nur ausgeliehen (manches ist schon arg teuer...)


    Ludwig XIV - das Leben des Sonnenkönigs (Erlanger)


    für mich das am gewissenhafteste und beeindruckenste Buch.
    Aber auch Erlanger ist nicht objektiv, er verherrlicht gerne mal.


    Ludwig XIV (Olivier Bernier)


    leichter geschrieben als Erlanger, aber auch nicht frei von seltsamen Wertungen


    The Sun King (Nancy Midford)


    hier ist das viele seltene Bildmaterial besonders verführerisch. :D


    Ludwig XIV (Malettke)


    sachlich, trocken, ohne jede Subjektivität und auch eher langweilig geschrieben.


    Die Inszenierung des Sonnenkönigs (Burke)


    eine gute Zusammenfassung über die politische Ausrichtung der gesamten Kunst.


    Am Hofe Ludwig XIV (Kossok)


    Der Hof Ludwig XIV in Augenzeugenberichten


    Madame seyn ist ein elendes Handwerck - Biographie über Liselotte von der Pfalz


    Die Briefe der Liselotte von der Pfalz


    Louis XIV et Versailles



    und diverse andere weniger wichtiger Bücher, wie z.B. seine eigenhändige Beschreibung, wie man die Gärten von Versailles zu besuchen habe etc.


    Die weiteren Bücher über Versailles und den Hof aufzulisten erspare ich mir hier.
    Interessant sind vor allem auch Quellen über Mode, Musik, Architektur und Kunst - denn ohne sie kann man dieses ganze Zeitalter unmöglich erfassen.





    Und wie ich schon sagte, wenn man Spaß an Verschwörungstheorien hat, dann sollte man sich lieber mit dem altbekannten Thema "der Mann in der eisernen Maske" beschäftigen.



    auch dieses Buch ist von keinem Historiker geschrieben worden und man merkt alle paar Seiten, das auch Pagnol die Figur "Louis XIV" abgrundtief hasst - aber seine Verschwörungstheorie hat selbst mich zum stutzen gebracht.
    Zumal seine Quellenforschung mit weitaus größerem Sachverstand geschah - zwar auch nur eine These, er lüftet das Geheimnis nicht - aber zumindest lesenswert, was das Buch von Melbo keinesfalls ist - schon der primitive Stil ist eine Disqualifikation.



    Und wie gesagt, wer anständige Literatur lesen will, sollte sich an die oben gelistet Bücher halten.
    In Frankreich gibt es über den Sonnenkönig natürlich 10 mal mehr Bücher, aber auch da setzt sich nicht jeder Autor durch.