Bildbetrachtung - Jaques Louis David: Der Tod des Marat

  • Diesmal stelle ich ein Meisterwerk des Klassizismus vor.
    Jaques Louis David malte das Bild "Marats Tod" 1793 nach Marats Ermordung durch Charlotte Corday.
    David war selbst Jakobiner und mit Marat persönlich befreundet.
    der Kurzstückmeister und ich diskutierten über dieses Bild, bevor ich es veröffentlichte, und zwar über das Thema, inwieweit das Geschen realitätsah wiedergegben wurde - und wir vertraten durchaus unterschiedliche Standpunkte in dieser Angelegenheit.



    David war einer der führenden Historienmaler des Klassizismus, und sein Stil zieht sich wie ein Roter Faden durch sein Werk. Und genau hier ist die Antwort auf die Frage wie realitätsnah dieses Bild wohl sein mag.
    Googeln gilt nicht - man bringt sich hier ums Vergnügen selber nachdenken zu dürfen (egal wie das Ergebnis ausfallen mag)
    Aber vileeicht ist es auch ganz interessant das Bild in seiner Wirkung allein zu beurteilen. Es gibt übrigens ein zweites Bild, welches die Ermordung Marats darstellt. Ich werde es im Laufe dieses Threads - so er auf Resonanz stösst vorstellen und zeigen wie unterschiedlich eine Geschichte "erzählt" werden kann - selbst wenn sie eine historische Begebenheit erzählt.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Nun ich habe noch einen ganz anderen Standpunkt :D



    Ich persönlich finde dieses Bild und die damals damit verbundenen Feierlichkeiten mehr als abscheulich.


    Obwohl ich glaube, dass selbst die Jakobiner froh waren, dass dieses Monstrum endlich weg vom Fenster war.
    Ein fanatischer Irrer im Blutrausch, der maßgeblich mitverantwortlich war dass es zu Unruhen kam und zu den barbarischen Septembermodern, deren Details wiedermal zeigten wozu Menschen überhaupt fähig sein können. Seine Parole "ich fordere 100.000 Köpfe"


    Marat, genaus wie der restliche Abschaum, sollten aus dem Gedächtnis der Menschheit auradiert werden, oder als jene Monster angeprangert werden, die sie wirklich waren.
    Das waren keine Politiker, das war der Bodensatz der Gesellschaft, der an Niederträchtigkeit, Blut- und Machtgier bestenfalls noch von ebensolchen Emporkömlingen wie Hitler, Lenin, Mao und Stalin gleich kommen.


    Wäre die Revolution damals friedlich verlaufen, dann hätten wir und die letzten 150 Jahre mit ihren Kriegen sparen können.
    Es gäbe bereits seit langem die absolute Gleichstellung der Frau.
    Renten und Krankenversicherungen, Menschenrechte usw.



    Das Bild von Marat ist in jedem Fall unrealistisch.
    Denn dieser Herr saß nur aus einem Grund täglich in der Badewanne.
    Damals galten Bäder vor allem noch als medizinische Anwendungen und hatten weniger etwas mit Reinlichkeit zu tun.


    Die Körperpflege wurde meist mit der trockenen Toilette durchgeführt.
    Der Körper wurde mit Äthanol abgerieben, und Körper und Haare mit Pomaden und Pudern gepflegt.
    Man kann auch ohne Wasser sauber sein - vor allem bedeutete Sauberkeit auch stets frische Wäsche.



    Aber zurück dazu, warum Marat nun in der Wanne saß.
    Er schloss sich einer Gruppe von Menschen an, die zum Marsfeld maschierten und dort die Republik ausrufen wollten - allerdings ohne Genehmigung der Nationalversammlung und des Königs.


    Diese Versammlung auf dem Marsfeld wollte General Lafayette friedlich beenden, ein weiterer Revolutionär, und der ehemalige "Präsident" des dritten Standen bei der Generalversammlung und jetzige Bürgermeister von Paris, Bailly , ließ auf die Menge feuern und die "Verschwörer" verfolgen. Das ganze ging als Massaker auf dem Marsfeld in die Geschichte ein.


    Marat entkam durch die Abwasserkanäle (die es ja laut Prophaganda erst im 19. ahrhundert gab :faint: denn im 18. Jh. waren ja alle sooooooo dreckig....) dann floh er kurze Zeit nach England.


    In den besagten Kanälen zog er sich eine Hautkrankheit zu, diese versuchte er als Arzt, diesen Beruf hatte er ja, mit Bädern zu behandeln.



    Von daher ist das Bild relativ unrealistisch, denn der Anblick von Marat, dürfte nicht allzu angenehm gewesen sein.... :pfeif:


    Und das Bild war nunmal ein reines Prophagandamittel.
    Nun hatte man einen gefährlichen Irren weniger, dafür aber eine Ikone, einen Märtyrer.


    :kotz:

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Nun ich habe noch einen ganz anderen Standpunkt :D


    Ich auch. Wie sagte Robert Stuhr es so schön? «À bas les Jacobins»!!


    Zitat

    Obwohl ich glaube, dass selbst die Jakobiner froh waren, dass dieses Monstrum endlich weg vom Fenster war.
    Ein fanatischer Irrer im Blutrausch, der maßgeblich mitverantwortlich war dass es zu Unruhen kam und zu den barbarischen Septembermodern, deren Details wiedermal zeigten wozu Menschen überhaupt fähig sein können. Seine Parole "ich fordere 100.000 Köpfe"


    Ein Mann der vllt geistig noch mehr verschmutzt war als körperlich. Und körperlich war er schon ekelhaft. Es gibt eine Zeichnung, wo Marat im Bade ist. Darauf sieht er bestimmt nicht «appetitlich» aus. :kotz:


    Ich gebe Matthias völlig Recht. Die Jakobiner waren Mörder pur sang. Ob man Robespierre nimmt, Saint-Just oder wer denn auch. Sie waren einfach Vorläufer der Kommunisten.


    LG, Paul

  • Die Jakobiner waren nur ein Produkt ihrer Zeit. Um ihnen wirklich gerecht zu werden, ist es unumgänglich, einen Blick auf ihre zeitliche Umgebung zu werfen. Und wenn man dies tut, dann wird man feststellen, das dieselbige keinen Deut besser war als die kurze Äre von Robespierre, Saint-Just und Marat: Eine schon seit den großen Bauernkriegen überholte Ständegesellschaft mit einer moralisch und geistig degenerierten Herrscherschicht, die Land und Leute aussaugte, wie ein übelster Parasit. Ich möchte diesbezüglich nur an dieses unsägliche Brot und Kuchen - Zitat von Marie - Antoinette erinnern oder an das Schicksal des erfolglosen Ludwig XV-Attentäters, dem 1757 eine der grausamsten Hinrichtungen überhaupt zu Teil geworden ist (Vierteilung bei lebendigem Leib nach vorhergehender Verstümmelung).


    Frage: Wäre auch nur ein Barönchen belangt worden, das versucht hätte einen Knecht oder eine Magd zu erschlagen?


    Ein grober Klotz braucht einen groben Keil. Obwohl es unter den Jakobinern zu schlimmen Exzessen gekommen ist, sind auch sie letztendlich Vorkämpfer einer freieren und besseren Welt, als die was davor war und wenn schon nicht die Väter, so doch die Großväter der parlamentarischen Demokratie mit ihren so schönen Errungenschaften wie Presse -, Wissenschafts- und Gedankenfreiheit, Rechtstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit, Säkularismus oder kurz gesagt wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.


    Mit Beginn der Aufklärung war klar, dass Absolutismus und Feudalgesellschaft an ihr Ende gekommen sind und wenn es blutig geworden ist, so doch nur deswegen, weil die Repräsendanten der alten Ordnung sich schlicht und einfach weigerten, das zu akzeptieren und ihre alten Pfründe als geschminkte und gepuderte Bluthunde zu verteidigen trachteten.


    Hätte Ludwig XVI nur halb soviel Grips gehabt, wie dein Schwager Joseph II, dann hätten sich Robespierre, Saint Just und Marat im Parlament ausgetobt und die Erfindung des Dr. Guillotins wäre nur eine Maschine zur Durchführung "humanerer" Hinrichtungen gewesen und nicht ein Apparat zur zügigen Durchführung von Massenexekutionen.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Oh je, oh je...



    Ich empfehle dringend aktuellere Literatur zum Thema zu lesen.
    Das was Du hier schreibst, ist genau der Salat, den man in der Schule zu hören bekommt, und leider ist das nichts anderes als Geschichtsfälschung – bzw. eine Verzerrung der eigentlichen Begebenheiten.



    Marie Antoinette hatte diesen Satz niemals gesagt.


    Dieser wurde, wie im in diesem Thread:


    Marie Antoinette / Gluck


    Schon erläutert. Es war Rousseau ! der nichts anderes tat, als eine dämliche Bemerkung der Königin Marie Therese von Österreich wieder aufzuwärmen.
    Sie war die Gattin des Sonnenkönig, sie starb 1683 – also gute 100 Jahre bevor es in Frankreich ernst wurde.



    Louis XVI war keineswegs dümmlich oder der Aufgabe nicht gewachsen.
    Mehr noch als Marie Antoinette, wurde Louis XVI und der Adel verunglimpft.
    Louis XVI war ein intellktueller Bücherwurm, der sich vor allem für technische Neuerungen und Physik interessierte.


    Zudem war es Louis XVI unter dessen Herrschaft die Todesstrafe abgeschafft wurde, der die Menschenrechte anerkannte, übrigens mit den Worten „was macht es schon, wenn ich ein wenig meiner Macht verliere, wenn dadurch mein Volk glücklicher wird“


    Er hätte auch anders reagieren, wie z.B. Napoleon indem er einfach die Aufstände blutig niedergeschlagen hätte. Aber er verbot seinen Soldaten auf Frauen und Kinder zu schießen.
    Was Napoleon später übrigens mit der Bemerkung „was für ein Feigling“ kommentierte.
    Denn er hatte den Royalistenaufstand in Paris mit brutalster Gewalt niederschlagen lassen.


    Er war es auch, der durch sein technisches Wissen und Verständnis die Erfindung des Arztes Guillotin perfektionierte.
    Allerdings war es seine Hoffnung niemals die Todesstrafe auszusprechen, was er auch nicht tat.



    Die Rechsprechung des Ancien Regime ist weitaus weniger ungerecht, als man das immer wieder gerne darstellt.
    Ganz im Gegenteil, selbst schon unter Louis XIV wurde das Rechtssystem reformiert.
    Wenn ich dann an das Revolutionstribunal denke...


    Die wirklich Rückständigen Staaten waren leider jene die wir Heute als BRD kennen –hier ging es teilweise zu wie im Mittelalter.


    In Frankreich jedoch gab es einige große Probleme die einfach nicht zu bewältigen waren:


    1. das Wirtschaftssystem war überholt und neue Reformen ließen sich damals genau so wenig mit der Brechstange durchführen wie Heute.
    2. der Staat war verschuldet, und zwar hauptsächlich durch den Krieg, den Frankreich als Allierte mit den Vereinigten Staaten von Amerika, gegen England und Preussen führte. Amerika wollte die Unterstützung mit Gold aufwiegen – war aber nach dem Sieg zahlungsunfähig.
    3. ein ähnliches Problem wie Heute, für bestimmte Personengruppen gab es zu viele Steuerschlupflöcher, so war es einigen Personengruppen möglich eben nur verschwindend geringe Beiträge zu zahlen.




    Zur Hinrichtung des Attentäters Louis XV.
    Diese Bestrafung wurde sowohl vom Volk, als auch vom Parlament gefordert. Louis XV versuchte übrigens vergeblich diese barbarische Bestrafung zu unterbinden.
    Der Absolutismus war niemals ! Realität, bestenfalls Anspruch, auch unter Louis XIV, alle französischen Monarchen mussten sich den Gerichten und dem Parlament beugen.



    Die frz. Revolution war keineswegs der Fortschritt den man uns ständig glauben machen möchte.
    Sondern ein gealtiger Schritt zurück in eine Art von Barbarei wie man sie vielleicht von 1618 – 1648 her kannte.
    Mit „Hexenjagd“, Grausamkeit, Willkür, Diktatur, Unmenschlichkeit.
    Gefolgt von endlosen Kriegen, religiösen Fanatismus, Militarismus, Unterdrückung der Frau, Kinderarbeit, Arbeiterausbeutung.


    Vor der Revolution gab es übrigens nur drei Stände, danach 4 – das Proletariat kam noch dazu, auf dessen Rücken sich die wirklichen Blutsauger dann labten, das Großbürgertum.


    Wenn man sich ansieht, was für Ideen vor der Schreckensherrschaft und den Septembermorden vorgebracht wurden, was für ein unglaublicher Enthusiasmus herrschte, dann kann man sich nur noch mit Abscheu davon abwenden, was diese Männer daraus gemacht haben.
    Sie haben die ursprünglichen Artikel der neuen Verfassung allesamt verraten und fast 200 Jahre Rückschritt zu verantworten.


    Oder zum besseren Verständnis:



    http://www.republique.de/diverses_todesurteil.php




    Aber ich will hier keine politische Diskussion vom Zaun brechen.
    Daher in kurzen Worten:


    Vive le Roi !! a bas la Revolution !!


    :D :D :D :D :D

  • Interessant zu welchen Diskussionen ein einziges Bild anregt - noch dazu eines, das - geht es nach Willen von Auftraggeber und Maler - das gar nicht dazu gesachaffen wurde, Diskussionen zu fördern - eher das Gegenteil war angestrebt.
    Aber bevor ich hier selbst meine eigene Meinung zu diesem Bild abgebe ermuntere ich jene, die der Auffassung sind, selbst aus Mangel an historischem Hintergrundwissen, politische Statements abzugeben, das Bild als soolches zu betrachten, und zu schreiben, was ihr seht, was Euer Eindruck ist.
    Da sitzt ein Man in der Badewanne, auf seiner Brust eine kleine Wunde, die Feder in der erlahmten rechten Hand, jedoch sie ist ihm nicht entglitten, etwas weiter vorn erkennt man ein Messer.


    Man beachte den Gesichtsausdruck, die Haltung alles - und sage dann, welchen Eindruck man von diesem Bild hat. Hintergrundwissen - oder eine persönliche Einstellung zu Maler, Abgebildetem und Umständen sind zwar interessant, aber eher nicht hilfreich, wenn es darum geht den Eindruck zu beschreiben, der bei, Betrachten des Bildes entstehen mag, entstehen soll, oder eben NICHT entsteht....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • ich weiß nicht ob man das so trennen kann. :D wie würde eine Diskussion erst aussehen, wenn es um ein Staatsportrait von Hitler ginge :pfeif:


    Aber ich versuchs


    Zum einen erinnert es stark in seiner Darstellung und Machart einem Bild der Malerei des 17. Jh.
    Dieser Eindruck entsteht wohl hauptsächlich durch die starken Licht / Dunkel Kontraste und die "Aura" der Stille , dann ist der Bezug zur religiösen Entrückung, besser noch zum Leiden Christie offensichtlich - was das ganze noch ekelerregender macht.


    Im Grunde könnte eine "Kreuzabnahme" oder "Grablegung" Christi hier Vorbild gewesen sein.

  • Lieber Lullist,


    war es nicht ein Mann von Adel, der Mozart in den Hintern getreten hat?
    War es nicht ein Mann von Adel, der den großen Haydn hielt wie einen Domestiken?


    Alleine deswegen schon ist mir als Bewunderer der Musik dieser beiden wirklichen Herren die große Revolution alles andere als unsympathisch!


    Aber Spaß bei Seite: Das Ancien Regime war - wie du selbst zugibst - mehr als marode, die Revolution als solche war berechtigt und wenn sie auch als solche gescheitert ist, ihre Ideale sind es nicht, was man alleine daran schon erkennen kann, dass die ihr folgende Restauration genau so gescheitert ist.


    Wenn ich der französischen Revolution etwas zum Vorwurf mache, dann nur die Einführung des Nationalismus in die Politik und die diskrete Machtübernahme der Bourgeoisie im Staat, welche sich hier und jetzt gerade auf´s Äußerste bemüht, eine andere revolutionäre Schrift mit Wahrheit zu erfüllen.


    Ansonsten möchte ich dir beipflichten, dass dieses Bild wirklich an eine Kreutzabnahme oder Grablegung erinnert und als solches für mich genauso einen Auswuchs der französischen Revolution darstellt, wie dieser komische Revolutionskalender in der damaligen Zeit.


    Abschließend möchte ich noch auf ein durchaus sehenswertes Theaterstück mit dem Titel "Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade" (uraufgeführt 1964) von Peter Weiss hinweisen, das bis dato leider noch nicht vertont worden ist, obwohl es reichlichst musikalisches Potential hätte.


    Mit republikanischem Gruß
    John Doe
    :]


    P.S.: Staatsportraits vom Adolf leiden grundsätzlich unter diesem Schuhbürsterl, dass er unter seiner Nase trug. Auch wenn sie noch so pathetisch sind, irgendwie wirken sie immer lächerlich. Ich erinnere da nur an dieses eine Bild, wo er als weißer Ritter in gotischer Rüstung und Schuhbürstchen gekommen ist, das reich zu retten.

  • Zitat

    war es nicht ein Mann von Adel, der Mozart in den Hintern getreten hat?
    War es nicht ein Mann von Adel, der den großen Haydn hielt wie einen Domestiken?


    das Komponisten und Künstler aller Art zur damaligen Zeit Angestellte waren, ist doch nichts falsches.
    Sie hatten ein gutes Auskommen und konnten ohne Existenzangst arbeiten - etwas was Heute übrigens nicht mehr möglich ist.


    Und Mozart war für seinen Rauswurf selbst verantwortlich, das ist kein Argument - ich hätte ihn auch entlassen. :D


    Die meisten Künstler konnten sich mit diesem Verhältnis wunderbar arrangieren und wenn ich daran denke, wie man als Künstler Heute vom Volk behandelt wird, dann wünsche ich mir doch sehr einen Adligen als Mäzen für den ich arbeiten dürfte :pfeif:

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  • Nun, ich bin auf dieses Bild in einem Gespräch mit Alfred gekommen, da er mal wieder meinte, dass Mozart rokokohaft-lieblich gespielt gehört und ich meinte, dass Mozart nicht Rokoko sei sondern in die nächste Epoche falle, den herben, kargen Klassizismus mit David an der Spitze der Mozart-Zeitgenossen. Zeitlich ideal für Vergleichszwecke wäre der Schwur der Horatier, als besonders karg und unmittelbar erschütternd hatte ich den Tod des Marat in Erinnerung, der mich tatsächlich im Museum recht schockiert hat und mir mein erstes David-Erlebnis verschafft hat (im Gegensatz zu den irritierten Momenten, als ich seine Bilder nur reizlos und spröde fand, als ich erstmals den Raub der Sabinerinnen etc. in jenem großen Louvre-Saal vor der Nase hatte). Als Freund der Ölmalerei, die insofern zu ihrem Medium steht, als die Pinselstriche mit Ausdruck dastehen und die Farben raffinierte oder überwältigende oder einfach schöne Wirkungen erzeugen, war mir damals diese sehr formorientierte, die Farbe nur als Mittel zum Zweck möglichst reizlos einsetzende und zudem detailverliebt-glatt kein Gefühl für spontan hingesetzte Pinselstriche vermittelnde klassizistische Malerei so fremd, dass ich keinen Reiz daran finden konnte.


    Und dann sah ich eben diesen Marat und war von der unmittelbaren schonungslosen Konfrontation mit der Leiche und dem eben nicht als Öl-Orgie verkärten Blut recht erschüttert. Ein tolles Bild, dessen Kargheit die unmittelbare Wirkung der Todesdarstellung befördert.


    Wenn ich jetzt das Bild im Internet wiedersehe, erkenne ich natürlich den potenziell lieblich-verklärten Gesichtsausdruck der Leiche, ferner die Möglichkeit, die Schönheit der Wiedergabe des Fleisches und der Feder etc. als freundlich-verhübschende Idealisierung aufzufassen. Und dem ist ja auch so, Leichen sehen etwas weniger ideal aus.


    Dennoch - die Leere der oberen Bildhälfte erzeugt einen Eindruck von spiritueller Absolutheit im Anbetracht des Todes, die Leiche wirkt unter dieser riesigen Leere in ihrer hübschen Wanne ganz passiv in den linken Winkel geknickt und jenes bloße Holzstück auf dem unten die Widmung angebracht ist wiederholt die Atemlosigkeit der oberen Bildhälfte. Der Vergleich mit Kreuzabnahmen und Beweinungen ist ja schon angeregt worden, die Transformation aus den barocken Diagonallagen in ein Raster aus Horizontalen und Vertikalen verstärkt aber in diesem Falle den Eindruck der unerbittlichen Trostlosigkeit, der mich jedenfalls (wenn ich mir nicht vor Augen halte, dass der Dargestellte idealisiert ist) erreicht - die Figur scheint innerhalb dieser starren Horizontal-Vertikal-Rasterung umso zerknickter, zerstörter.


    Ob uns das aber bei der Frage nach der Menge des Vibratos bei Mozart was hilft, und ob Böhm oder Gardiner angemessener den Geist jener Zeit evozieren kann, bleibt natürlich offen, somit wird also künftig Alfred mit David für Böhm und ich mit David für Gardiner "argumentieren" können, und zwar mit dem selben Bild ...


    8)

  • Lieber KSM


    Ich glaube nicht, daß ich mit David für Böhms Mozart argumentieren werde, da gibt es andere, typischere Maler des 18. Jahrhundert, wenngleich mir, als ich mich mit David befasste mir erstmals klar machte, daß auch er ein Schönfärber war - und das eigentlich in allen seinen mir bekannten Bildern, sei es jenes Napoleonbild, welches in etlichen Varianten existiert oder in seinen anderen "Historienbildern"


    Zurück zu Marat:


    So sah ihn der französische Portraitmaler Joseph Boze, 1793 in seinem Todesjahr. Marat war damals grade 50.



    Im Vergleich hiezu eine Zeichnung, ebenfalls 1793 von David angefertigt.






    Und nun zwei weitere Historienbilder, welche die Szene, von Marats Ermordung festhalten, bzw eine sehr subjektiv gefärbte Geschichte erzählen im Vergleich mit Davids Bild, das wir hier besprechen (sollten)


    Paul Jacques Aimé Baudry, [1858]




    Antoine Weerts (1847-1927) Das Bild stammt aus 1886



    mit freundlichen Grüßen


    aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Lieber Lullist,


    der Rausschmiss Mozarts ist eine Sache, eine andere ist das Wie, außerdem fällt doch in diese Zeit auch der Beginn der Emanzipation des Künstlers von seinem Dienstherren, seinen Sängern und seinen Veranstaltern.
    So erstrebenswert kann es also für einen Künstler doch nicht gewesen sein, seine Zeit als mäßig besoldeter Domestik bei einem Duodezfürstchen zuzubringen. Selbstverständlich hat es aber solche Musiker gegeben, die sich damit arrangieren konnten, aber irgendwie befinden die sich halt alle gefäherlich nahe am Kunsthandwerk, bzw. stellen die große Schar der sog. Kleinmeister.


    Genauso, wie Luthers Bibelübersetzung ihren Teil dazu beitrug, die Bauern offensiv werden zu lassen, hat auch die Aufklärung im letzten Viertel des 18. Jhdt. begonnen, Früchte zu tragen. Ob die selbigen nun jedem gleichermaßen gut geschmeckt haben, ist eine ganz andere Sache.
    D.h. so idyllisch, so schön kann die Zeit kurz vor der Revolution nicht gewesen sein, hätte es diese doch sonst nicht gegeben, genau so, wie es anderen Ortes nicht recht viel besser gewesen sein kann, hätte man dort dann nicht auf einmal soviel Angst davor gehabt.


    Gegen Ende des 18. Jhdt. hat es in Mitteleuropa überall gegärt, das Neue war schon da, wurde vom Alten aber noch überlagert und blockiert, was man jetzt eben nicht nur an der französischen Revolution sieht, sondern eben auch ganz deutlich an den Emanzipationsbestrebungen der Künstler. Von dem her gesehen gehört Mozart trotz seiner ganzen Idyllen, die er zweifelsohne auch geschaffen hat, zur nächsten Epoche.
    Der Höhepunkt dieser Entwicklung, die ja nicht nur von gemeinen Volk wahrgenommen worden ist und mitgetragen wurde, sondern auch durchaus vom Adel an verantwortlicher Stelle, ist doch das Ende des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation 1806, ein Ereigniss, zu dem es ja nicht aus einer plötzlichen Laune Franz II heraus kam, genauso wenig wie Napoleon den Hauptgrund dafür geliefert hat.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Lieber Alfred :


    ein interessanter Thread über einen Zeitraum , den ich für einen der spannensten der gesamten Geschichte halte ( neben der renaissance ) .


    Auch hier gilt alleine wegen der mindestens beiden Darstellungen desselben Erignisses der Satz


    Der Zeitzeuge ist der grösste Feind des Historikers !


    Hier durch DAVID eine eher plakative Darstellung , eher eigentlich wirklichkeitsfremd ( z. B. Einstich in die obere rechte Lungengegen , soforn es sich bder tatwaffe um ein Messer gehandelt haben sollte ) .


    Eie posthume Hommage an einen Mit - Jakobiner , über die Egon Friedell seine Sicht detailliert geschreiben hat .



    Einen schönen Tag !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Taminos :


    ich bin überzeugt , dass es hier keine Annäherung geben kann zwischen den doch sehr verschiedenen Standpunkten zu sehr unterschiedlichen Themaen .


    In Frankreich selbst hat es sich ( möglicherweise bis heute ) am besten und freiesten leben lassen in der "Provinz" . Sicherlich ausserhalb von Paris .


    Die hängt mit dem Zentralismus von Frankreich zusammen . Die ( derzeit noch schweigende ) Mehrheit der Franzosen wird einmal Sarkozy ( zu Recht ) so wegfegen wie seinerzeit den fasschistoiden de Gaulle .


    Wenn man de Gaulle in seiner krankhaften Selbstgefälligkeit noch in Paris erelbt hat , zu wlechem Tyrannen des 20. Jahrhunderts soll es denn im Auftreten Unterschiede gegeben haben ?


    Ein Blick aus der Provinz auf Paris wirkte geradezu erleichternd .


    Hitler hat sich inmitten von Adligen ( was leisten die eigentlich ? woher kommen deren Allmachtsansprüche ? - übrigens in der BRD unvermindert . Zustände wie im ZDF des Roland K. ) gesuhlt ; Lenin & Co. haben sie nur "beseitigt" , um selbst an deren Stelle zu kommen .


    Der alte Kennedy hat mit der US-Mafia engstens "kooperiert" usw. . Hat sich etwas auf der Welt gebessert ?


    Eher nein , ausser dass eigentlich alle Angst vor der "A-Waffe" haben .


    Und "unabhängig" si d doch nur die wenigen , die sich untereinander gerne abhängig gemacht haben !


    Wieviele Leute haben weltweit wirklich etwas Entscheidenes zu sagen ? 100 , 200 Wesen , die sich Mensch nennen ?


    Skeptisch ,



    Frank



    PS.: Mit dem Marat - Bild von David ist es wie mit den Möglichkeiten der modernen Fotografie .


    Man bekommt schon alle s so hin wie "man" / "frau" es haben will .



    Die Wirkungen hat LeBon in seiner "Psychologie der Massen" eindringlich beschreiben . Absolut lesenswert !


    Nebenbei : Der Text der italienischen Nationalhymne , Strophe 1 , ist heute noch - völlig unreflektiert - an dem jüngeren Scipio , einem brutalen Schlächter , festgemacht . Kein weiterer Kommentar .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Lieber Lullist



    der Rausschmiss Mozarts ist eine Sache, eine andere ist das Wie, außerdem fällt doch in diese Zeit auch der Beginn der Emanzipation des Künstlers von seinem Dienstherren, seinen Sängern und seinen Veranstaltern.
    So erstrebenswert kann es also für einen Künstler doch nicht gewesen sein, seine Zeit als mäßig besoldeter Domestik bei einem Duodezfürstchen zuzubringen. Selbstverständlich hat es aber solche Musiker gegeben, die sich damit arrangieren konnten, aber irgendwie befinden die sich halt alle gefäherlich nahe am Kunsthandwerk, bzw. stellen die große Schar der sog. Kleinmeister.,



    Würde man sich gegenüber seinem heutigen Arbeitgeber so verhalten, was würde denn da anders sein ?
    Sicher Colloredo war vieleicht kein einfacher Dienstherr aber noch schwieriger war wohl Mozart selbst.


    Mozart ist ein Sonderfall, weil er versuchte freischaffend durchzukommen - gezwungener Maßen, den aufgrund seiner Persönlichkeit war er am Hofe nicht "vorzeigbar" als Wunderkind nahm man sein kindisches Verhalten noch mit Humor, danach wohl aber weniger.


    Ich weiß nicht ob man Monteverdi, Cavalli. Lully, Delalande, Marais, Purcell, Locke, Händel, Vivaldi, Telemann, Rameau, Hasse, Bach, die Scarlattis, Gluck etc. zu der Schar von Kleinmeister zählen kann - sie alle waren in fürstlichen Diensten und das tat ihrer Genilalität keinen Abbruch, und niemand käme auf die Idee ihre Musik als "Handwerk" im heutigen Sinne zu bezeichnen.


    Nur weil man mit seiner Kunst Geld verdient, heißt das ja nicht automatisch, dass es keine Kunst mehr ist.

  • Aber wir sind sehr ins Politische geraten.
    Ein Teil der Moderation schlägt - auf Grund früherer Erfahrungen - eine Löschung der politischen Stellen dieses Threads vor - Ich begnüge mich damit, aufzurufen sich vorzugsweise mit der optischen Wirkung des Bildes auseinanderzusetzen, andernfalls ich den Thread sperren lasse.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat

    Original von der Lullist
    Zum einen erinnert es stark in seiner Darstellung und Machart einem Bild der Malerei des 17. Jh.
    Dieser Eindruck entsteht wohl hauptsächlich durch die starken Licht / Dunkel Kontraste und die "Aura" der Stille , dann ist der Bezug zur religiösen Entrückung, besser noch zum Leiden Christie offensichtlich [...]


    Im Grunde könnte eine "Kreuzabnahme" oder "Grablegung" Christi hier Vorbild gewesen sein.


    Hallo,
    die von Dir angenommene Nähe zum Caravagginismus kann ich betreffend Licht-/Dunkelkontrast nicht nachvollziehen - der ist nämlich nicht sehr stark ausgeprägt.
    Auch kommt mir die Bildflächen-Parallelstellung der Wanne und die sich ergebene Horizontal-/Vertikaldominanz sehr unbarock vor.
    An welche Bilder aus dem 17. Jahrhundert denkst Du?
    :hello:

  • Ich habe das Bild einige Tage auf mich einwirken lassen und möchte nun meine subjektiven Eindrücke - die natürlich ein wenig vom Hintergrundwissen beeinflusst sind - schildern.


    Ich habe schon dem Kurzstückmeister (KSM) gegenüber meinen Standpunklt vertreten, daß dieses Bild eine Heuchelei und Geschichtsverfälschung par excellence ist.
    der KSM wandte ein, David sei nicht nur Zeitgenosse, sondern auch Parteigänger und Freund des Ermordeten gewesen, eine gewisse Authenzität sei wohl gegeben.
    Angeblich ist das Original wesentlich beeindruckender als der Druck - und das Bild sei suggestiver als man glaubt.


    Ich selbst habe lediglich festgestellt, daß hier kaum Blutgeflossen ist, daß die Einstichstelle eine denkbar ungeeignete wäre, wollte man jemanden töten, und daß hier ein unschuldiger Märtyrer sein Ende fand - auch wenn man es natürlich besser weiß. Das Interier ist auf das Notwendigste beschränkt, alles wirkt wie auf einer Bühne.


    Baudrys Bild darunter, das den gleichen Vorgang darstellt, geht andere Wege und hat dadurch auch eine andere Aussage:
    Fast englelgleich - und dennoch mit entschlossenem Gesichtsausdruck steht Charlotte Corday vor ihrem Opfer, nicht unähnlich den zahlreichen Bildern im Laufe der Kunstgeschichte, die "Judith mit dem Haupt des Holfernes" zum Thema haben.
    Eine Heldin - keine Mördernin - und eine hübsche noch dazu. Schade nur, daß schon in 4 Tagen auch ihr Kopf in den Korb fallen wird....
    Marat, das Opfer liegt, da, wie ein gesclachtetes Vieh, das keiner Erwähnung wert ist. Das Bild ist genauso tendenziöse wie das erste.



    Am unglaubwürdigsten - wenngleich dem Geschmack der Entstehungszeit entsprechen - ist jedoch Weerts Bild. Alles ist übertreben und unecht . und dennockh muß die Wirkung des Originals - bei entsprechender Beleuchtung kollossal sein.....


    Sicher kein Kunstwerk ersten Ranges, aber ein gutes Beispiel dafür wie man gegen Ende des 19. Jahrhunderts "historische Ereignisse" malte.
    Eine Art gemaltes "Neuschwanenstein" - ist man fast geneigt zu sagen.....


    Dagegen verglichen ist Davids Bild geradezu nüchtern, sachlich und ungeschminkt...



    mfg aus Wien


    Alfred



    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Mit einer Aussage habe ich sehr viel Mühe: man solle das Bild betrachten und beurteilen ohne Hintergrundwissen.


    N.m.M. kann man ein Bild erst beurteilen wegen des Hintergrundwissens.


    LG, Paul

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  • Zitat

    N.m.M. kann man ein Bild erst beurteilen wegen des Hintergrundwissens


    Nicht unbedingt. URTEILEN kann man IMMER, auch Fehlurteile sind Urteile. Und es ist natürlich interessant zu welchen Schlüssen man bei solch einem Bild kommen kann, wenn man den HIntergrund nicht kennt.
    (Auch das ist ein Aspekt dieses threads)
    Beispielsweise wäre folgendes möglich:


    Eine fanatische Royalistin ersticht den Schöngeist und Humanisten Marat in der Badewanne beim Verfassen eines Briefes. Der Arme hat aber nicht viel leiden müssen, sein verklärter Gesichtsausdruck sagt uns, daß er seinen Frieden gefunden hat.
    Ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft wurde durch die feige Meuchelmörderin jäh aus dem Leben gerissen......


    Ohne Zweifel ein Fehlurteil - aber ein durchaus verständliches - sowie vom Maler beabsichtigtes...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Ist schon erstaunlich, was ich auf die relativ einfache Frage von Alfred „… inwieweit das Geschehen realitätsnah wiedergegeben wurde …“ hier zu lesen bekommen habe. Will mich von all dem nicht beeinflussen lassen und versuchen, eine einfache, beschreibende Antwort zu geben:
    Betrachte ich also Herrn Marat, so fallen mir einige Dinge auf.


    - Zunächst schaue ich hin und frage ich mich: `Ist der schon tot?´ - Doch auf dem Kasten, der sich wie ein Grabstein der Wanne zugesellt lese ich: „à Marat“ = „für Marat“. Das hilft mir nicht wirklich weiter. So frage ich lieber nach dem Realismus der Körperdarstellung. Lebt der Gezeigte vielleicht noch?


    - Für einen Toten, der grade brutal und sicher schmerzhaft starb, sieht er sehr friedlich aus. Und vor allem: hat ein Toter noch einen solchen Muskeltonus?


    - Hat der Mann mit dem Schnitt in der Brust viel Blut verloren? Es sieht nicht so aus, obwohl der Stich schräg durch die Lunge ins Herz geführt wurde, wie es zu vermuten steht. Folge: Mengen von Blut und Wundwasser einer kollabierenden Lunge!? Nicht wirklich zu sehen! Vielleicht ja schön säuberlich weggewischt? Und hat der, der es wegwischte danach vielleicht das Blatt berührt und es dem Toten in die Hand praktiziert? Ebenso wie die Feder, die fast noch schreibbereit in der Rechten steckt?


    - Jemand hat dem Mann, wenn er denn schon tot ist, die Augen geschlossen!? Dafür, das er schon länger tot ist, würde sprechen: der fast versiegte Blutquell! Andererseits sieht der Körper noch recht gespannt, die Haut fast lebendig-durchblutet aus.


    Mein Urteil im Sinne der Frage von Alfred: Nein, David hat hier das Geschehen wohl kaum realitätsnah gezeigt. Er hat „idealisiert“, wenn dieses Wort hier erlaubt ist.


    :yes:Niko

    "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." - Nietzsche

    Einmal editiert, zuletzt von vivelamusic ()

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich habe schon dem Kurzstückmeister (KSM) gegenüber meinen Standpunklt vertreten, daß dieses Bild eine Heuchelei und Geschichtsverfälschung par excellence ist.
    der KSM wandte ein, David sei nicht nur Zeitgenosse, sondern auch Parteigänger und Freund des Ermordeten gewesen, eine gewisse Authenzität sei wohl gegeben.


    Du musst lebhafte Träume haben ...
    Ich habe nie über die Frage der Realitätsnähe gesprochen.
    Und schon gar nicht darüber, wie David zu Marat stand.

  • Es kann schon sein, daß ich lebhafte Träumne habe -
    denn ich erinnere mich, daß Du mir gesagt hättest, Das Original habe dich beeindruckt.
    In Gegensatz zu meiner Ansicht - so habe ich es in Erinnerung - wäre es nicht geschönt, sondern hinterlasse einen veritable Eindruck des Todes
    (Die Formulierungen sind natürlich von mir - weil ich mich an Deine nicht absolut erinnern kannn - aber das ist jedenfalls bei mir hängengeblieben.)


    Daraus habe ich geschlossen, dies wäre neulich in Berlin gewesen-
    Aber das Bild hängt in BELGIEN !
    Hast Du mir erzählt, du habest es gesehen - oder hab ich das AUCH "geträumt" ?


    Liebe Grüße
    Alfred

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  • Ja, ich war 2004 in Belgien, das Bild hat mich beeindruckt, und (wie auch oben geschrieben) habe ich es als herb und schockierend empfunden. Aber die Frage nach der Realitätsnähe ist ja etwas anderes und das Verhältnis von David und Marat hatte mich nie besonders interessiert, in den 5 Jahren habe ich auch die Widmung vergessen und hätte daher vor Deinem Posten des Bildes auch nicht mehr gewusst, welche Botschaft (edler gemeuchelter Marat) von dem Bild vermittelt wird.


    Die Frage nach Realitätsnähe ist aber bei Malerei grundsätzlich nicht sehr fruchtbar und wird wohl eher von den Bildern weg als zu ihnen hin führen (indem man nämlich betont, was alles nicht realistisch ist).


    :hello:

  • Ach des goldenen Traums Wonn' ist dahin,
    Mich umschwebet nicht mehr sein Morgenglanz,
    Und ein Kummer, wie verschmähter
    Liebe, kümmert mein Herz.


    Müde labet auch wohl Schatten am Weg'
    In der Öde, der weit umher sich krümt;
    So hat jüngst mich die erhabne
    Männin, Kordä gelabt.


    Richter schändeten sich, sprachen es los
    's Ungeheuer: sie sprach nicht los, und that,
    Was mit Glut einst auf der Wange,
    Thränen, der Enkel erzählt.