Die Großherzogin von Gerolstein von Jacques Offenbach

  • Franzöische Operette - heute abend in arte TV:
    Montag, 19. April 2010 um 22.25 Uhr


    Die Großherzogin von Gerolstein
    Operette nach Jacques Offenbach

    (Deutschland, 2010, 132mn/SWR)
    Regie: Georg Wübbolt
    Darsteller: Agata Wilewska (Wanda), Altea Garrido (Botschafterin ), Anne Sofie von Otter (Großherzogin), Bendix Detleffsen (Ein Pianist ), Carina Braunschmidt (Honorarkonsulin), Christoph Homberger (General Boum), Jürg Kienberger (Pressesprecher), Karin Gamboni (Boutiqueangestellte), Karl-Heinz Brandt (Baron Puck ), Norman Reinhardt (Fritz), Raphael Clamer (Waffen- und Notenhändler ), Rolf Romei (Prinz Paul), Ueli Jäggi (Privatsekretär)
    Chorleiter: Henryk Polus
    Kostüme: Sarah Schittek
    Dirigent: Hervé Niquet
    Ausstattung: Anna Viebrock
    Interpret: Chor des Theater Basel
    Licht: Hermann Münzer
    Inszenierung: Christoph Marthaler
    Orchester: Kammerorchester Basel



    Sendung Montag, 19. April 2010 um 22.25 Uhr
    Wiederholung: 02.05.2010 um 09:50


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hier noch ein paar ergänzende Infos zur heutigen Fersehsendung:


    Anne Sofie von Otter ist nach Basel zurückgekehrt - unter der Bedingung, mit Christoph Marthaler zusammen zu arbeiten. Er inszeniert "La Grande-Duchesse de Gérolstein" von Jacques Offenbach und Anne Sofie von Otter spielt die Großherzogin.
    "Die Arbeit mit Christoph Marthaler war seit langem ein Wunsch, ein Traum", erklärt die Sängerin. "Seit 1990 habe ich davon geträumt oder es mir gewünscht." An Marthalers Arbeit bewundert von Otter die Mélange von Tanz, Gesang und Theater. Ihr künstlerischer Anspruch ist hoch, Star-Allüren kennt sie nicht. Sie wirkt bodenständig, bescheiden und kontrolliert. Das schätzt sie auch an Marthalers Art. "Die Arbeit ist sehr positiv", so die Sängerin. "Er schimpft nicht, er sagt nicht: 'Du darfst nicht das machen oder das.' Es ist eine sehr schöne Atmosphäre, sehr kreativ, sehr ernst aber auch sehr kindisch."


    In "La Grande-Duchesse de Gérolstein" spielt Anne Sofie von Otter die Großherzogin, umgeben von Ja-Sagern. Die Geschichte ist eine Satire auf das Günstlingswesen im Staat und seinem Militär, ein doppelbödiger Stoff, heiter und unterhaltsam. "Eine Operette von Offenbach hat nicht wahnsinnig viel Substanz", sagt von Otter, "aber sie ist sehr witzig, leicht und sehr klug geschrieben. Offenbach weiß ganz genau, was er macht. Man könnte sagen, dass es schlecht ist, aber das finde ich nicht, wenn es gut gemacht wird. Hier ist der Text ziemlich absurd, doof und das passt in diese Inszenierung."


    Es ist ein Offenbach à la Christoph Marthaler: schräg, skurril, verspielt. Selbst der Dirigent hat eine Rolle. Seit seinem Rausschmiss am Zürcher Schauspielhaus inszeniert Marthaler nur noch selten in der Schweiz. Nach Basel hat ihn der Wunsch von Anne Sofie von Otter zurückgebracht. "Sie ist wunderbar, eine tolle Darstellerin", findet Marthaler. "Als Sängerin muss man sie sowieso nicht mehr vorstellen. Sie ist nicht sehr eitel in der Arbeit und macht die unglaublichsten Dinge mit. Sie hat einmal in einem Interview gesagt, sie würde bei mir auch eine Klofrau spielen. Das machen wir hier nicht. Sie spielt eine Großherzogin, aber eine besondere Großherzogin. Da ist sie zu allem bereit. Es ist eine ganz tolle Arbeit mit ihr."


    Quelle: Nicole Pallechi für Kulturzeit / tm (3sat)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Die ultimative Großherzogin für mich ist Felicity Lott. ICh habe eine DVD aus Paris und ihre Mimik und Gestik sind einfach einzigartig. Leider habe ich vor 2 Jahren in Gelsenkirchen die Großherzoging von Gerolstein gesehen und es war so langweilig, das ich in der Pause nach Hause gegangen bin. Das lag wohl auch daran, das auf Deutsch gesungen wurde.

  • Interessant , daß bis heute dieses Werk - abgesehen vom Operettenführer - hier keine Erwähnung fand, vor allem da es - je nach Inszenierung - durchaus auch heute Gültigkeit in der Aussage hat. Dazu mehr im Laufe meines Beitrags.


    Zitat

    Die ultimative Großherzogin für mich ist Felicity Lott. ICh habe eine DVD aus Paris und ihre Mimik und Gestik sind einfach einzigartig.


    Das soll unbetritten bleiben. Die lüsterne älter Frau, die zwar Großherzogin ist, aber mit Sicherheit keine Dame wird von ihr ideal verkörpert. Ich kenne die Aufnahmen, besitze sie und werde sie in den nächsten Wochen - so mir Zeit Bleibt - besprechen. Rezensieren wäre hier zuviel gesagt, denn um das zu tun, wie ich es mir vorstelle, sollte man meiner Meinung nach die französische Spreche PERFEKT beherrschen, denn ansonst gehen ja die Pointen verloren.


    Daher bin ich deutschen Fassungen gar nicht so abgeneigt, die Aufnahme (kein Video nur Ton) für die EMI unter Pinchas Steinberg finde ich recht passabel nachgedichtet.
    Man sollte isch bei Oppenbach stets vor Augen halten, daß eine einigermaßen ädiquate Übersetzung kaum möglich ist, daher wird oft "nachgedichtet", also eine Pointe durch eine ähnliche - hoffentlich wenigstens annähernd gleichwertige - ersetzt.


    Das ist in vielerlei Hinsicht problematisch, weil es dadurch mindestens 5 oder sechs Fasdsungen ein und desselben Stückes gibt, wo man sich oft wundert, weil man gewisse Passagen SO noch NIE gehört hat.


    Andrerseits wird dadurch solch ein Stück für die Aufführung gerettet, eine Operette, die in wesentlichen Teilen vom Wortwitz abhängig ist, sollte vom Publikum auch verstanden werden.


    Eiine deutsche Version muß nicht notwendigerweise drittklassig und langweilig sein, es geht auch besser - allerdings geht das französische Flair dabei natürlich verloren.....


    Die oben erwähne Pariser Aufzeichnung des Stückes auf DVD ist meiner Meinung nach - sehen wir davon ab, daß sie in der Originalsprache ist, und das des Französischen unkundig Publikum hier bereits an eine Barriere stösst - so muß ich sagen, daß hier speziell in den Nebenfiguren etliches zu übertrieben erscheint, was schon "über- skurrill" wirkt, und dadurch an Wirkung verliert,
    Aber das ist eine Geschmackssache, Offernbach trug selbst oft mit dickem Pinsel und grellen Farben auf - somit halten sich meine Einwände in Grenzen,



    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Interessant , daß bis heute dieses Werk - abgesehen vom Operettenführer - hier keine Erwähnung fand, vor allem da es - je nach Inszenierung - durchaus auch heute Gültigkeit in der Aussage hat. Dazu mehr im Laufe meines Beitrags.



    Lieber Alfred,



    es hätte mich doch gewundert, wenn ich eine meiner Lieblingsoperetten noch nie erwähnt hätte. ;)



    Rodolfo hat diese lohnenswerte Aufnahme schon erwähnt:



    Felicity Lott, Sandrine Piau, Francois Le Roux, Yann Beuron,
    Les Musiciens du Louvre, Marc Minkowski




    Kaufempfehlung!



    LG, Elisabeth

  • Ich hatte das "keine Erwähnung" nicht wörlich gemeint, besser wäre gewesen, zu schreiben: "keinen eigenen Thread erhalten - denn eigentlich ist diese Operette einige der wenigen, die einerseits noch den ursprünglichen Geist der Operette in sich tragen - und andrerseits noch einigermaßen bekannt sind. Die Operetten der "goldenen Operettenära", und mehr noch jene der "silbernen" sind ja an sich schon geschönte abhömmlinge, ein wenig verweichlicht und bürgergerecht aufgeputzt.
    Offenbachs Operetten - und die besprochen im besonderen, sind aber scharfzüngihg und schrill, boshaft und gesellschaftszersetzen - verpackt in schmissige musikalische Theme mit Ohrwurmqualität.. sie haben Biss und Schmiss.


    Die handelnde Figuren sind hier Archetypen, die aber immer noch in unserer Gesellschaft zu finden sind.


    Nicht nur die mannsgierige Frauenperson, die zu allem Unglück noch Großherzogin ist, auch ihr "Hofstaat" ist gut gezeichnet, ebenso wie die militärische Führung, deren Ahnungslosigkeit nur noch von ihrer Eitelkeit übertroffen wird.


    Das Holländische Schmierblatt (es muß kein holländisches siein, auch bei uns in Wien haben wir sowas) mit seinen diffamierenden Artikeln über das weichliche Mutterrsühnchen Prinz Paul, - irgendwo hat man das Gefühl das alles irgendwoher zu kennen.


    Typisch auch die boshafte musikalische Überzeichnung. Hier wird keine Operettenseligkeit geboten - hier wird Oper verrissen..



    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Ich habe mich (kurz) gefragt: darf man über eine Sendung berichten, die man vorzeitig abgeschaltet hat? Ich bin zu dem Schluss gekommen, man darf darüber berichten, warum man abgeschaltet hat. Marthalers Inszenierung der "Großherzogin", die Harald zu Beginn dieses Themas angekündigt hat, wurde ja am vergangenen Samstag (28.01.2012) auf 3Sat wiederholt. Gleich zu Beginn wurde mir klar: Regietheater (der Name Marthaler sagte mir bis dato - glücklicherweise - nichts). Regietheater soll es ja nach einer früheren Aussage von Alfred in der Operette gar nicht geben. Ich verweise da aber auf zwei Inszenierungen 2011: La Perichole, Komische Oper, Berlin - Die Fledermaus, Oper Frankfurt. Bezeichnend war ja schon der Vorspann: „Christoph Marthaler inszeniert…“. Also, nicht das Werk ist das Wichtigste, sondern die Inszenierung.


    Mein erster Impuls war - gleich abschalten. Mein zweiter Impuls - wenigsten mal reinhören, was sie mit der Musik gemacht haben. Da wurde ich schon auf die erste Geduldsprobe gestellt. Denn erst wurden mal einige Worte über die Inszenierung verloren (verlorene Worte). Da durfte der Regisseur sagen, dass man sich heutzutage über Krieg nicht mehr lustig machen kann. Dann durfte die Sopranistin Anne Sofie von Otter sagen, dass die Geschichte ja eigentlich blöd sei - eine Fürstin, die sich langweilt und gegen deren Langeweile man einen Krieg anzettelt - Blödsinn. Dass der Krieg von 1870 nur drei Jahre nach der Uraufführung wegen eines angeblichen Affronts in der sog. Emser Depesche ausgebrochen ist und es noch im 20. Jahrhundert in Südamerika einen Krieg wegen eines Fußballspiels gab, sei hier nur am Rande erwähnt. Dass Operette so etwas verzerrt und im Zeitraffer verkürzt und im besten Fall eben herrlicher Blödsinn ist, das scheinen die Protagonisten nicht verstanden zu haben.


    Den Vogel hat aber m.E. der Intendant abgeschossen, der offenbar wohl wissend um die Verunglimpfung eines Werkes sinngemäß äußerte, der Zuschauer dürfe sich ruhig fragen, was das jetzt sollte? Dadurch bliebe das Thema jedenfalls im Gespräch. Da sieht man mal, wie manche abgehobenen Theaterleute so ticken.


    Zurück zu meiner Ungeduld. Nach einem langen pantomimischen Nichts, als endlich einer der Darsteller ins Publikum fragte, ob denn nicht ein Regisseur darunter sei (das war der erste verdiente Lacher an dem Ganzen) dann endlich Musik. Und bald darauf stellte ich mir die Frage, wenn das Ganze so blöd ist, warum hat man dann die Originaltexte beibehalten? Diese stimmten dann z. T. nicht mit dem Geschehen auf der Bühne überein (Wanda sang, dass sie atemlos zu Fritz gerannt sei, putzte aber ein Stockwerk höher gerade imaginäre Fensterscheiben). Bis zum Entree der Großherzogin wollte ich noch durchhalten, als diese aber anfing, nach kurzer Einleitung den berühmten Text "Ach, wie liebe ich die Soldaten" zu sprechen, statt zu singen, kam ich mir endgültig verschaukelt vor und schaltete ab.


    Ich kann nur vermuten, dass man den "blöden" Text mit seinen Wiederholungen bloßstellen wollte. Die Macher wollten ja nach eigenen Aussagen provozieren. Nun, provozieren kann ich auch. Ich meine: die Opernleute sollten die Finger von Operette lassen, die verstehen nämlich nichts davon.


    Falls jemand sich das ganze Stück angetan hat, wollte ich gerne wissen, ob die von Otter das Entreelied doch noch zu Ende gesungen hat (neugierig bin ich nun doch). Und was mich nebenbei noch wundert ist, dass 2010 nach der Erstausstrahlung keiner hier einen Kommentar dazu abgegeben hat. Oder hat sich keiner aufgeregt?



    :thumbdown: Uwe

  • Hallo Uwe,


    ich habe in etwa so lange durchgehalten wie Du. Beim Namen Marthaler hatte ich ohnehin meine Bedenken, denn ich erinnere mich sehr gut an die Inszenierung seiner "La Traviata" In Paris.


    :hello:
    Jolanthe

  • Ich habe gar nicht erst eingeschaltet, weil ich schon vorher erkannt hatte, was hier wohl wieder verbockt und marthalerisiert wird. Welch ein Glück!!!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)