Die Entführung aus dem Serail, Oper Köln, 26.11.2010

  • Bin gerade dem frisch ondulierten Premierenfeiervolk entflohen. Boah, da schüttelt es mich ja jedesmal: Küsschen, Küsschen - Trallalala und mittendrin noch der WDR. Grausam. Nun denn, in dieser Stadt ist man ja leider nicht mal mehr fähig der maroden Oper eine feste Ersatzspielstätte zu bieten und so tingelt man von Haus zu Haus, lässt es sich schön reden - oder auch nicht. Mozarts Entführung durften wir heute passend im Migrantenstadtteil Mülheim, in der Industriearchitektur des Palladiums goutieren. Inszeniert vom Hausherrn, war es doch nur eine etwas reduzierte Übernahme seiner Berliner Produktion.


    Lauffenberg ist erfreulicherweise keiner von den ganz radikalen Regiemonstern, er erzählt die Opern stets relativ librettonah - und scheint auch dementsprechend seine eingeladenen Regisseure an die Leine zu nehmen. Ich erwähnte das ja schon mehrfach. Nun denn, seine "Entführung" ist im Grunde wie jede "Entführung" vor dem Regietheater - mit einer traurigen, leider alles vermiesenden Komponente: Das Ganze spielt - Gähn - mal wieder im Hier und Jetzt. Wie aktuell! Belmonte schneidet sich zu Anfang aus einem Schmugglerwarekarton. Dahinter öffnet sich ein halb in Trümmern liegendes Domizil mit Eisenträgern und Beton und verwaschenen maurischen Mustern. Osmin fuchtelt mit dem Maschinengewehr, Burkas allerorten, ein wenig Bauchtanz, türkisches Machotum usw.


    Wie schön wäre diese Inszenierung wenn es in der librettogemäßen Zeit gespielt hätte. So hat das Ganze nämlich leider nicht funktioniert und sich selbst ad absurdum geführt: Unseren heutigen Probleme mit dem Islam wurden mittels des türkisch sprechenden Bassa, der im übrigen wie ein eitler Fatzke wirkte, durch die angedeutete Steinigung Konstanzes bei der "Martern"-Arie, durch moderne Waffen derart überbetont, dass man sich fragt, wieso Osmin und co. sich ständig so blöde an der Nase herumführen lassen. Wieso verprügelt Osmin nicht einfach Blonde? Das wäre doch die konsquente und praktizierte Realität. Fanatismus lässt sich garantiert nicht mit so einem läppschen Spruch: "Ich kratze Dir die Augen aus." eindämmen. Sprich: Das dem Libretto eigene märchenhafte Element funktioniert nicht mit der realistisch geschilderten Bedrohung durch den heutigen Islam. So wirkte das Ganze streckenweise arg albern und ärgerlich unglaubwürdig.


    Dennoch erfreulich, dass Lauffenberg die Personen so anlegt, wie es im Libretto steht: Konstanze liebt Belmonte wirklich und fällt erst mal in Ohnmacht als sie ihn wiedersieht. Das war sehr anrührend. Es wird nichts verdreht. Es gibt kein "gegen den Strich bürsten." Deswegen: In historischen Kostümen und Kulissen wäre das Ganze glaubwürdiger gewesen.


    Dirigiert hat Markus Stenz ganz wunderbar. Die Sänger waren gut. Alle noch sehr jung. Schöne, unverbrauchte Stimmen. Vor allem die Konstanze hatte ein sehr schönes Timbre. Ein wenig von Gruberova. Auch Belmonte war ein guter Mozarttenor. Ich saß in der dritten Reihe - aber selbst da ließen Textverständlichkeit und Tragfähigkeit aller Stimmen einiges zu wünschen übrig. Nur kann das auch an der Akustik liegen. Wie gesagt, die Klangfarben aller Sänger waren sehr, sehr schön.


    Freundlicher, etwas müder Beifall mit zwei, drei Claqueur-Bravi für einzelne Sängerinnen und den Hausherrn.


    So viel aus Köln. Ein erhebender Opernabend war es nicht, abe ich war zumindest auch nicht total vergrätzt wie bei der unsensiblen Münchener Rusalka oder der gehirnamputierten Butterfly in Mainz oder...leider ließe sich die Liste endlos fortsetzen, doch da ich für diese "Saure Gurken-Aufzählung" mal einen Rüffel erhielt, beende ich hiermit meinen Bericht.

  • Hallo!


    Wenn nichts dazwischenkommt, werde ich mir in Köln mal die "Entführung" ansehen. Es sind einfach die entsetzlichen Inszinierungen, die mich eine zeitlang aus der Oper vertrieben haben. Ich bin mal gespannt, was aus der geplanten "Fusion" Bonn/Köln wird. Bestimmt nichts Gutes. Möge das noch durch großen Protest verhindert werden.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Hallo wolfgang,
    Hallo wotan,


    im Opernbus, der einen in die
    ungünstig gelegene Spielstätte bugsiert, gingen gestern die Emotionen
    hoch. Begeistert war irgendwie keiner so recht. Es wurde auch viel am
    Gesang kritisiert. Vor allem die zwei stromlinienförmigen Damen bekamen
    ihr Fett weg. Ich fand es eigentlich gut, dass die Sängerinnen und
    Sänger auch optisch zu den Rollen passten. Und als Konstanze sich ihrer
    weißen Burka entledigte, dachte ich: "Das arme Mädchen - gezwungen diese
    entsetzliche Stück Stoff zu tragen. Es ist schon grauenhaft, wenn man
    in diesen Kulturkreis geboren ist und damit aufwächst, doch wie viel
    schlimmer ist es, wenn einem sowas als Europäerin aufgezwungen wird."


    So
    sind es am Ende auch die Frauen, die den Aufstand proben (ein wünschenswerter, aber in Realität wohl leider noch Jahrzehnte entfernter Ausweg aus dem
    mittelalterlich verkrusteten Islam): Als Pedrillo das schöne Lied vom im
    Mohrenland gefangenen Mägdelein zupft, kommt eine Haremsdame nach der
    anderen mit Reisetasche raus und am Ende entledigen die Damen sich ihrer
    Burkas und halten dem Bassa das Maschinengewehr an den Hals. Da war es
    wieder: Diese unglaubwürdige Element der Inszenierung. Die
    Gewaltbereitschaft, der Fanatismus - all das, was uns hierzulande so
    verunsichert und abschreckt - wurde derart richtig und realistisch
    aufbereitet, ja, auf die Spitze getrieben, dass die Problemlösungen und die gesamte Opernhandlung völlig naiv und albern rüberkam. Es war,
    als würde man zwei Stücke sehen, die zwar dasselbe Thema zu Grunde
    gelegt haben, doch komplett unterschiedlich damit umgehen. Sprich.
    Mozart wurde bleischwer. Und schön anzusehen - aber, was darf heute
    schon noch ungestraft schön
    sein - war es auch nicht, diese Trümmerbühne. Das nahm der Musik die letzte Leichtigkeit.


    Wie
    gesagt, ich fand es gesanglich sehr klangschön, aber wenig tragfähig.
    Schiebe das aber mehr auf die Akustik der Halle. Im Bus war man anderer
    Meinung. Bin gespannt auf Eure Ohrberichte.

  • Alles, wie gehabt: Die Kölnische Rundschau schreibt in ihrere Kurzkritik von "viel Beifall für die Entführung". In Realität war der Beifall schleppend und müde, wurde schon deutlich weniger bei der 2. Verbeugerunde - und ich konnte die Abendspielleitung das Ensemble anfeuern hören, sich schnell noch einmal zu verbeugen.


    Im Radio kam man erfreulicherweise zum selben Fazit, wie ich: Mozart
    habe mit der Entführung keine ernste Auseinandersetzung mit dem Islam
    angestrebt. Dafür sei das Libretto nicht geeignet und käme somit häufig
    albern rüber, was schade sei.

  • Liebe Knusperhexe,
    vielen Dank für deinen Bericht. Mich regt es auch furchtbar auf, das selbst einigermassen "normale" Inszenierungen immer wieder mit unsinnigen Zeitverlegungen arbeiten.
    Ich liebe Mozarts Entführung über alles - leider ist es weit und breit nicht möglich eine einzige Inszenierung dieser Oper OHNE Zeitverlegung anzutreffen!


    Vor Jahren habe ich einmal in Zürich Jean-Pierre Ponnelles Inszenierung gesehen. Die war wirklich ein Traum - ist aber leider schon lange abgesetzt.
    Die neue Münchner Inszenierung nervt schon seit 8 Jahren mit ihren schwebenden Sofas, einer Kastrationsszene in der Ouverture - und am schlimmsten mit den gestrichenen Dialogen, welche durch handlungsverfälschende Ergüsse eine Burka tragenden Schauspielerin ersetzt werden. Insofern scheint ihr ja in Köln noch gut dran zu sein.
    Viele Grüsse
    Figarooo

  • Lieber Figaroo,


    wir hatten in Köln ja den Mozart-Zyklus von Ponelle. Ich weiß, dass Lauffenberg ihn auch sehr schätzt. Das merkt man den Inszenierungen an. Dennoch: Es ist alles so kopflastig, so gewollt. Mir kam es manchmal so vor, als hätte er sich dem Zeitgeschmack widerwillig angepasst und eigentlich etwas anderes gewollt. Seine Inszenierungen werden immer da am lebendigsten, wenn er sich von der hohlen Regietheaterphrase lossagt. Wenn er das Libretto nicht als Vehikel für eine aufgepfropfte Islamabhandlung benutzt sondern es als solches anerkennt und in diesem Geiste weiterspinnt. So waren Szenen, wie der teelöffelschwingende Pedrillo, die ihre Burkas abwerfenden und bauchtanzenden Haremsdamen voll im Einklang mit der Musik und hätten zu Ponnelle gepasst. In einem anderen Bühnenbild und mit anderen Kostümen wäre die Sache rund gewesen. Und, ja Du hast recht, besser als die Münchener Inszenierung war es allemal. Aber schlimm, dass wir uns ständig mit so Notbehelfen zufrieden geben müssen. Und ganz schlimm finde ich mal wieder die teilweise verfälschende Berichterstattung der Presse. Regietheater hat ziemlich viel mit Ideologien zu tun. Das wird mir leider immer klarer.


    Wünsche Dir einen schönen 1. Advent,


    Knusperhexe im Plätzchenrausch

  • So, gestern ging die zweite Vorstellung der Entführung über die Bühne, und ich muss sagen, ganz glücklich bin ich mit dem Abend nicht geworden.
    In Anbetracht meiner knapp bemessenen Zeit kann ich leider keine ausführliche Inszenierungs-Beschreibung abgeben, evtl hole ich das bei gelegenheit nach, außerdem hat Knusperhexe ja schone ine Menge Details beschreiben.
    Fakt ist, dass Laufenbergs Inszenierung - ähnlich wie bei seinem Don Giovanni - sehr auf die Musik achtet und nicht dagegen arbeitet, was ich sehr lobenswert finde. Beste Szene für mich war die "Martern"-Arie, wo Konstanze träumend ihre steinigung erlebt. Ein wirklich toller Augenblick. Aber ansonsten konnte die Regie nicht gerade mitreißen, im Gegenteil: Dass zuweilen türkisch gesprochen (und gesungen) wurde, war zwar eine gute Idee, aber duch die Übersetzung (durch Osmin) zogen sich die Dialoge in die Länge. Kurzum: Der Aufführung, die gestern eh nicht wirklich gut funktionierte, mangelte es an dem schwung, die Mozart in seiner Musik eiingefangen hat.
    Im Gegensatz zu Knsuperhexe hatte ich aber nicht das gefühl zwei geschichten zu erleben: Osmin hat in meinen Augen ernsthaftes Interesse an Blonde ebenso wie der Bassa an Konstanze. Gerade Osmin ist durchaus zur Gewalt fähig, will sie aber nicht an Blonde im Übermaß anwenden. Als er es einmal probiert, schlägt sie ihm ein Bild über den Schädel. Das Empfinden der eigentlich dominaten Männer mächt sie für die Frauen zu schwach, die durchaus an ihnen Interesse haben, aber sich wieder ihrem Kulturkreis zuwenden. Um so gewichtiger erscheinen die letzten Worte des Bassa: "Wen man durch Wohltun nicht gewinnen kann, den muss man sich vom Halse schaffen."
    Musikalisch wurde die Aufführung und ihr Niveau von Konrad Junghänel getragen, der dem Gürzenichorchester ein fabelhaftes Dirigat entlockte. Allerdings waren die Auftakte für stellenweise unkonzentriert singende Sänger doch ein wahrer Stolperstein: Das Ständchen von Pedrillio musste in der dritten (?) Strophe abgewunken werden, weil dieser njicht mehr mit dem Orchester zusammen kam, und auch Blonde setzte einmal ihren Auftakt "Welche.... Wonne" in den leeren Raum und musste das Wort wiederholen. Vermutlich hatte man es dem Paladium zu verdanken, dass buchtsäblich 80 % des Textes nicht zu verstehen waren. Sängerisch waren die guten Künstler von einer Sternstunde wie im Don Giovanni weit entfernt: Brad Cooper sang mit angenehmen Timbre einen guten Belmonte, sang viel im Pianobereich, das stellenweise aber doch unsicher klang. Olesya Golovneva war eine durchaus berührende Konstanze, die sich bis Matern-Arie steigerte. Anna Palimina sang das Blonchen recht keck, hatte allerdings gelegentlich scharfe Höhen und hätte in dieser Partie noch mehr mitreißen können. John Heuzenroeder war ein solider Pedrillio. Wolf Matthias Friederich war kein Osmin im Brummbärbass-tonfall, sondern näherte sich der Partei böse deklamierend, was seine Bühnenpräsenz zwar unterstrich, aber auch zeigte, dass er einige Probleme der Partie kaschierte.
    Insgesamt also keine Aufführung, die man lange im Gedächtnis behalten wird. Das Paladium scheint keine geeignete Ausweichspielstädte für die oper Köln zu sein. Interessant wäre zu wissen, wie Sänger und Orchester unter besseren bedingungen gelungen hätten.

  • Fakt ist, dass Laufenbergs Inszenierung - ähnlich wie bei seinem Don Giovanni - sehr auf die Musik achtet und nicht dagegen arbeitet, was ich sehr lobenswert finde.

    Definitiv, deswegen fällt diese Inszenierung für mich auch unter verträgliches Regietheater.

    Osmin hat in meinen Augen ernsthaftes Interesse an Blonde ebenso wie der Bassa an Konstanze. Gerade Osmin ist durchaus zur Gewalt fähig, will sie aber nicht an Blonde im Übermaß anwenden. Als er es einmal probiert, schlägt sie ihm ein Bild über den Schädel. Das Empfinden der eigentlich dominaten Männer mächt sie für die Frauen zu schwach, die durchaus an ihnen Interesse haben, aber sich wieder ihrem Kulturkreis zuwenden. Um so gewichtiger erscheinen die letzten Worte des Bassa: "Wen man durch Wohltun nicht gewinnen kann, den muss man sich vom Halse schaffen."


    Gerade Blonches und Osmins Verhalten fand ich hier total unglaubwürdig: In der Realität, die diese Inszenierung ja für sich anstrebt, hätte sich ein Osmin so etwas wohl kaum gefallen lassen. Da prallen Libretto und Inszenierung unvereinbar aufeinander.


    Die Figur des Bassa blieb hier völlig nebulös. Ich kann kein türkisch bzw. kurdisch, doch mir erschien das alles sehr monoton und unbetont. Seine noble Geste kam völlig unbegründet und so schmierig und erfolgssüchtig, wie er vorher rüberkam, hatte ich wieder das Gefühl SWITCH! Wir sind jetzt wieder in einem anderen Stück. Den letzten Satz fand ich schon immer mit am aussagekräftigsten im ganzen Libretto, doch als Kernaussage stehen doch merh humanistische Ideale - und die wurden hier leider verschenkt.



    Musikalisch wurde die Aufführung und ihr Niveau von Konrad Junghänel getragen, der dem Gürzenichorchester ein fabelhaftes Dirigat entlockte. Allerdings waren die Auftakte für stellenweise unkonzentriert singende Sänger doch ein wahrer Stolperstein: Das Ständchen von Pedrillio musste in der dritten (?) Strophe abgewunken werden, weil dieser njicht mehr mit dem Orchester zusammen kam, und auch Blonde setzte einmal ihren Auftakt "Welche.... Wonne" in den leeren Raum und musste das Wort wiederholen. Vermutlich hatte man es dem Paladium zu verdanken, dass buchtsäblich 80 % des Textes nicht zu verstehen waren. Sängerisch waren die guten Künstler von einer Sternstunde wie im Don Giovanni weit entfernt: Brad Cooper sang mit angenehmen Timbre einen guten Belmonte, sang viel im Pianobereich, das stellenweise aber doch unsicher klang. Olesya Golovneva war eine durchaus berührende Konstanze, die sich bis Matern-Arie steigerte. Anna Palimina sang das Blonchen recht keck, hatte allerdings gelegentlich scharfe Höhen und hätte in dieser Partie noch mehr mitreißen können. John Heuzenroeder war ein solider Pedrillio. Wolf Matthias Friederich war kein Osmin im Brummbärbass-tonfall, sondern näherte sich der Partei böse deklamierend, was seine Bühnenpräsenz zwar unterstrich, aber auch zeigte, dass er einige Probleme der Partie kaschierte.
    Insgesamt also keine Aufführung, die man lange im Gedächtnis behalten wird. Das Paladium scheint keine geeignete Ausweichspielstädte für die oper Köln zu sein. Interessant wäre zu wissen, wie Sänger und Orchester unter besseren bedingungen gelungen hätten.


    Für mich war das Dirigat auch das Beste des Abends - sorry: Hatte Stenz geschrieben, natürlich: Junghänel. Mir gefiel das Timbre von Belmonte auch. Im Stadtanzeiger wird gerade seine Leistung sehr schlecht bewertet. Dafür wird die Blonde sehr gelobt und die gfand ich am schwächsten. Auch der Osmin ging teilweise voll unter. Allerdings konnte er sich mit viel Präsenz retten. Schön, dass Dir auch die Konstanze gefiel. Mich hat Ihre Darstellung und ihr Gesang, neben Belmonte, am meisten berührt.


    War bei Euch der Applaus denn auch so müde wie bei der Premiere?

  • In einem Bericht zur Elektra Premiere in Köln stand das im Opernhaus doch noch gespielt werden könnte und das man die Opern nicht woanders hätte aufführen lassen müssen. Und wieso ist jetzt aufeinmal davon die Rede das die Sanierung bis zum Jahr 2015 dauern soll ? Sollten es nicht eigentlich nur 3 Jahre seiin ? Weiß jemand von euch näheres darüber ? Mit der Ausweichstätte der Rheinoper dem ROM konnte ich mich auch nicht anfreunden, wegen der schlechten Akkustik.

  • Lieber Rodolfo,


    dieses Thema ist für mich ein rotes Tuch. Unser formidables Opernhaus war technisch schon bei der Eröffnung total veraltet. Dazu kommt eine schlechte Akustik, eine miese Wegeführung und noch einige andere bedauerliche Misstände. Ich hätte den Kasten mit Wonne in die Luft gejagt. Durch das Volksbegehren, kein neues Schauspielhaus zu bauen, in das Probebühnen der Oper und andere Räumlichkeiten integriert werden sollten, müssen die Pläne zwangsläufig wieder überarbeitet werden. Mittlerweile habe ich den Überblick verloren, was den aktuellen Stand anbelangt. Nur so viel: Ich empfinde diese vielen Spielstätten teilweise interessant, auf die Zauberflöte in der Aula freue ich mich sehr. Doch überwiegend ist das Ganze lästig und irgendwie peinlich für Köln. Ich wäre froh, wir hätten so ein Shakespeare-Zelt wie Düsseldorf.


    Lieben Gruß,


    Knuspi

  • Hallo Knusperhexe,
    so toll war das ROm auch nicht. Die Akustik war miserabel Im Foyer und im Zuschauerraum hat es ständig gezogen .Ich wäre auch dafür gewesen das Kölner Opernhaus in die Luft zu sprengen und ein neues aubauen zu lassen, das wäre wahrscheinlich nicht so teuer gewesen und der Wiederaufbau hätte auch kürzer gedauert. Denn 5 Jahre nicht in einem Opernhaus spielen zu können bedeutet eigentlich das Ende für ein Opernhaus. Im alten Opernhaus habe ich immer im 2. Rang Balkon 1. Reihe am Seitenbalkon gesessen und hab immer sehr gut gesehen. Nur die Sitze waren unbequem. Ich kann mich noch an meinen Kampf beim Ring an 2 Tagen erinnern. Dafür war es aber mit Öffentlichen Verkehrsmitteln von Köln Deutz in 4 Haltestellen sehr gut zu erreichen.

  • Ja, es gibt so ein paar Akustikgeheimplätze: 1. Rang Mitte und 2. Parkett Mitte! Du meinst, Du wärst in einem anderen Haus. 1. Parkett ist leider an den Seiten gar nicht zu empfehlen.


    Tja, fünf Jahre - wer weiß, was dann ist. Kürzlich las ich, dass das einst so florierende Wiesbadener Opernhaus, völlig runtergweirtschaftet sei. Die Vorstellungen würden teilweise nicht mehr als 1/4 Besucher anziehen. Wundert mich nicht! Allein der Freischütz war ja zum Davonlaufen. Laufenberg hat diesbezüglich in Köln für etwas Ruhe im Karton gesorgt, aber ob er fünf Jahre durchhält. Und dann diese unleidliche Bonn-Geschichte.

  • Also, zwischendrin gab es bei uns Applaus, aber nie wirklich spontan-enthusiastischen "Ausbruch" wie man ihn sonst gerade in dieser Oper hat. Am Ende kam dann herzlicher Applaus, der aber nicht wirklich überbordete, jeder Sänger hatte seine Befürworter und damit seine Bravos sicher. aber Begeisterung klingt definitiv anders.


    Auf die Zauberflöte bin auch gespannt, die werde ich am 18.12 in Köln besuchen. Unter anderem auch wegen Krenare Gashi, die ich zum Ende ihrer Studienzeit in Detmold als Micaela erlebte und völlig von den Socken war. Diese Stimme hat mich wirklich beeindruckt. jetzt möchte ich gerne wissen, wie sich weiter entwickelt hat.

  • @ Wotan C.B.


    da freue ich mich, von der Aufführung am 18.12. von Dir zu hören ! Vor allen Dingen auch wegen Krenare Gashi !


    Ich habe sie ja auch während iher Zeit in Detmold häufig gehört, auch als Lied-Sängerin und damals beim Wettbewerb in GT. Habe sie auch persönlich kennengelernt und finde sie sehr sympatisch. Würde mich freuen, wenn sie halten kiönnte, was sie versprochen hat ! Gruss G.

  • Freunde von mir waren am 1.12. in der Entführung: Sie fanden es sterbenslangweilig - und sind Opernliebhaber. Als besonders störend empfanden sie - das hatte ich schon völlig verdrängt - wie Belmonte laut knisternd die Baupläne präsentiert und so den Gesang völlig überdeckt. Auch dass die Sänger häufig zwischen den Stuhlreihen agierten, kam nicht sonderlich gut an. Ich finde so etwas auch störend und es erinnert mich mehr an Varieté als an Oper. Ich hatte ihnen vorgeschwärmt von der Konstanze der Golovneva. Die war aber krank geworden und sang an dem Abend leider nicht. So übernahm das Blondchen Palimina die Partie. Kam nicht so gut. Gefallen hat ihnen ebenfalls der Belmonte. Osmin lieferte wie schon bei der Premiere ziemliche Wechselbäder. Ganz mies beurteilten sie, dass sein Anfangslied auf kurdisch gesungen wurde. Den Bassa fanden sie ebenfalls überhaupt nicht überzeugend. "Dieser edle Gesinnungswandel war völlig unglaubwürdig!" Das Dirigat Junghänels sei das Beste des Abends gewesen. Dafür würde ich mir das Ganze glatt auch noch mal ansehen bzw. - hören. Der Applaus sei o.k., aber nicht übermäßig gewesen.


    Mir fiel im Gespräch ein, dass Köln nach der Ponnelle-Inszenierung eine Bilderbuch-Entführung von Hampe bekam. Die wurde unter Krämer leider direkt abgesetzt und dafür kam eine ganz schreckliche Geschichte, die sogar in die Musiknummern eingriff, strich, umstellte und verrenkte Holzpuppen präsentierte. Nach einer Spielzeit und leeren Stuhlreihen war die futsch. Ich habe mir das damals gar nicht angetan. Kann mit dieser von Laufenberg für 'ne Zeitlang leben.

  • Sag mal, liebe Knusperhexe, als der Krämer damals in Köln anfing, waren damals von Beginn an wirklich alle schönen Inszenierungen einfach so weg?
    Wenn ja, gab es da überhaupt noch so etwas wie ein Repertoire?
    Hier in München quält der Krämer schon seit Jahren mit einer scheusslichen, todlangweiligen Traviata, die auch bei besten Sängern nur schwer zu ertragen ist. Die geschmacklosen Bühnenbilder sind schon seit Jahren völlig kaputt, trotzdem hält die BSO immer noch an diesem Krampf fest...

  • Lieber Figaroo,


    das war damals ganz schrecklich. Wie eine chemische Keule! "Jetzt wird alles neu!", lautete damals der Schlachtrufslogan. Nicht nur, dass die Wandelhalle durch das Kinderopernzelt vollgerümpelt wurde, der Imbiss in den Garderobenbereich verlegt und das Foyer mit einem abstrusen Wandbild geschmückt wurde, was nach Einschreiten der Denkmalbehörde wieder entfernt werden musste, auch die Abonnements wurden neu gestaffelt und das Schlimmste war natürlich die Spielplangestaltung:


    Mit der Ansage, dass die klassischen Inszenierungen allesamt abgespielt seien und die Ausstattung verschlissen(, was nicht stimmte) wurden nur die modernen Inszenierungen übernommen. Einzig eine Rossini-Oper - vom scheidenden Intendanten Hampe kurz vor der Sommerpause als Abschiedsgeschenk malerisch inszeniert - blieb noch ein paar Wochen im Spielplan. Doch die Stützen des Repertoires waren weg - ohne, dass man sich richtig verabschieden konnte: Carmen, Hoffmann, Traviata, Bohème, Freischütz, Barbier, Rosenkavalier, Hänsel und Gretel usw. Von einer Spielzeit auf die andere war das Repertoire massiv ausgedünnt. Die Besucherzahlen sanken in den Keller. Die Abonnenten kündigten wie verrückt. Aber .... ein Einlenken erfolgte nicht. Und das, obwohl Köln bis zum Intendantenwechsel das am besten besuchte, deutsche Opernhaus war! Da habe ich das Regietheater hassen gelernt. Jede Neuinszenierung zerfetzte unter dem Jubel der Regietheaterjünger und der Presse das Libretto. Wer da nicht mitjubelte galt als reaktionär. Wir "reaktionären Bekehrungsunwilligen" saßen immer wie versteinert im Zuschauerraum und hatten das Gefühl, irgendwelchen abstrusen Kundgebungen beizuwohnen, aber nicht mehr einer geliebten Oper.


    Ich habe drei Kreuze gemacht als Krämer theatralisch das Handtuch schmiss. Doch seine Intendanz wirkt bis heute nach: Wir haben leider gar keine alten Inszenierungen mehr bei uns. Und wir hatten so schöne!!!!


    Laufenberg hat jetzt einige Relikte der Krämerzeit wiederaufgenommen - allerdings erfreulicherweise dabei die ganzen Regietheatermarotten ausgemerzt, s. meine Rezis zu Hoffmann und Bohème, sodass es eigentlich klassische Inszenierungen in scheußlichem, modernen Dekor sind.


    Damals hat es mich immer nach Düsseldorf getrieben, nur da passiert ja in dieser Spielzeit dasselbe wie damals bei uns: Bis auf eine Inszenierung wird alles alte verschrottet. Es ist zum Kotzen!



    Lieben Gruß,


    Knuspi

  • Letzte Meldung:


    Zitat

    Die Oper Köln ist zu einem Gastspiel in den Irak eingeladen worden. Uwe Eric Laufenbergs Inszenierung von Mozarts "Entführung aus dem Serail" soll in den Städten Bagdad, Arbil und Sulaymania gezeigt werden. Ein offizieller Vertreter der Republik Irak hatte am Freitag die Premiere besucht und im Anschluss die Einladung ausgesprochen. Nun will die Kölner Oper prüfen, ob sie die Einladung annehmen kann. Noch nicht geklärt sind die Finanzierung der Reise und die Frage der Sicherheit.


    (Quelle: WDR)


    LG


    ;)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Knusperhexe: Das klingt ja wirklich furchtbar. Hier in München ist man da ja etwas geschickter vorgegangen. Auch wenn einiges unter Sir Peter völlig unsinnigerweise angesetzt wurde (z.B. Everdings Meistersinger) gab es, trotz der meist modernen Neuinszenierungen immer noch so betwas wie einen Kern klassischer Inszenierungen. Boheme, Rosenkavalier Hänsel, Cenerentola, (Früher auch noch die kürzlich ausgetauschte Tosca), Carmen, Butterfly, Zauberflöte, Barbiere..., sind Inszenierungen an die sich keiner wirklich rantraut, auch der Bachler nicht, denn der weiss, was das Publikum dann mit ihm machen würde..... Und in München gab es auch immer wieder mal klassische Neuinszenierungen wie Anna Bolena, Puritani, Don Carlo, Figaro, Ariodante, Tamerlano oder auch eingeschränkt die neue Tosca. Und zu behaupten alte inszenierungen seien alle verschlissen, stimmt sowieso nicht, da man auch dann das Bühnenbild restaurieren bzw. neu nachbauen kann, wie in München mit der Zauberflöte und Boheme geschehn.