das allerallerallerschlimmste: husten im konzert

  • weiterhin führten die Musiker aus, dass das Gehuste sie durchaus auch störe.

    Also doch! Schade, ich hatte gehofft, die Musiker fühlen sich dadurch weniger beeinträchtigt als ich.


    Nun, auch Menschen mit schwachen Nerven könnten in ein Taschentuch hinein husten, was die Problematik sehr entschärfen würde...

    :yes: Das ist richtig. Darum ja auch meine - bei entsprechender Gefühlslage - kaum zu unterdrückenden strafenden Blicke, wenn sich ein Dauer-Huster in meiner Nähe kaum bemüht, das Ganze weniger störend zu gestalten .


    Übrigens stört es mich ebenso, wenn (ältere) Menschen gleich nach Ende des angekündigten Programms fluchtartig den Saal verlassen, um nur ja schnell zur Garderobe und zu ihren Autos zu kommen. Das empfinde ich den Musikern gegenüber als ausgesprochen taktlos. Warum warten sie nicht einfach die Zugaben bzw. den letzten Applaus ab und gehen erst dann, wenn alle anderen Konzertbesucher den Saal verlassen haben? So ließe sich doch auch das große Gedränge vermeiden.


    Fragen über Fragen...

  • Liebe axinia,


    Ganz einfach ist die Bewältigung der Problematik des fluchtartigen Verlassens des Saales am Ende einer Veranstaltung nicht, obwohl es generell natürlich eine Unhöflichkeit und Untugend ist. Viele Besucher müssen nach Konzertende zwingend zeitlich genau geplante öffentliche Verkehrsmittel erreichen, sonst stehen sie u. U. eine halbe Ewigkeit im Freien oder erreichen die Vororte nicht mehr.


    Beim Heilbronner Sinfonie Orchester haben wir deshalb den Konzertbeginn bereits von 20.00 Uhr auf 19.30 Uhr vorverlegt. Jährlich balgen wir uns mit den Verkehrsbetrieben, dass die Rückfahrzeiten exakt mit dem Konzertende abegestimmt werden. Nur machmal gerät gerade durch Zugaben der Zeitplan des Konzerts durcheinander, dann ist das Problem wieder da. Als einer der Verantwortlichen beim HSO bin ich meistens auf der Bühne und treibe die Mitwirkenden zu ganz schnellen Auftritten nach dem letzten Musikstück an. Das verärgert wiederum den Dirigenten und die Solisten, weil durch den "Einpeitscher" Auftritte und der Schlussbeifall brutal gekürzt werden.


    Wie immer im Leben ist auch diese Problematik nur mit gegenseitiger Rücsichtnahme und Toleranz zu lösen.


    Herzlichst


    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Nun, auch Menschen mit schwachen Nerven könnten in ein Taschentuch hinein husten, was die Problematik sehr entschärfen würde...

    Das reicht aber manchmal nicht. Ich erinnere mich noch genau. Anfang der 80er. Zauberflöte in Berlin,
    Oper Bismarckstrasse. Platz in der ersten Reihe. Sauteuer. Tamino Peter Seiffert. Nach der Bildnisarie
    die Oper unter Tränen verlassen, nicht wegen Seiffert, der war grandios, aber meine chronischen
    Hustenanfälle. Ich habe mich geschämt und wollte die anderen Besucher nicht weiter stören. Es war Januar
    oder Februar, draußen war es saukalt. Mantel im Auto, mit dem mein Freund erst viel später zurückkam
    um mich abzuholen. Unvergessener Opernabend mit Hindernissen.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • dazu kommt bei mir noch "Gespräche bis zum Ende der Ouverture - bei Opern" - das alles nervt mich unendlich, wobei die "Huster" eine größere Anzahl von Mitmenschen stören, bei den anderen nur das "Umfeld". Ich versuche immer durch Umschauen oder Hinschauen, die Störenfriede zu beieinflussen, was aber selten gelingt. In ganz schlimmen Fällen bin ich in der Pause oder nach dem Konzert auch schon mal zu den Störern gegangen und habe X( X( sie auf ihre Unart aufmerksam gemacht.


    Allerdings gebe ich zu, dass ich auch schon mal mit Reizhusten in Konzerte gehe und dann krampfhaft versuche, durchzuhalten, was nicht immer gelingt. Oder , wie es mir mal in Bayreuth beim "Liebestod" im Tristan passierte, Waltraud Meier war die Isolde und ich war schon vor Beginn der Arie so gespannt, dass ich mich an meiner eigenen "Spucke" verschluckt habe und dann fast daran erstickt bin , weil ich natürlich nicht loshusten wollte - es war einfach schrecklich !


    Eine andere Geschichte erlebte ich bei einem Liederabend von Grace Bumbry in der Bielefelder Oetkerhalle. Das Publikum war insgesamt sehr unruhig, ständig hustete jemand oder räusperte sich, so daß sich ein genervter Zuhörer bemüssigt fühlte, nach dem dritten oder vierten Lied laut in den Saal zu rufen "mehr Ruhe bitte - oder ähnliches" . Frau Bumbry war so irritiert, daß sie von der Bühne abging und ein Sprecher das Publikum bat, die Pause vorzuziehen. Nach dieser erschien Frau Bumbry wieder, sang wesentlich besser als die ersten Lieder und das Publikum war auch ruhig. Was nun Ursache oder Wirkung war, kann ich nicht beurteilen.

  • Dieses Husten und Bonbonpapierrascheln und ähnliche Ungehörigkeiten (wie laut zur vollen Stunde piepende Armbanduhren) von Konzertbesuchern kann ich ebenfalls nicht ausstehen. Noch schlimmer finde ich aber Leute, die die Regel Nr. 1 bei Orchesterkonzerten missachten:


    Kein Beifall, solange die Arme des Dirigenten noch oben sind! Beifall erst, wenn die Arme des Dirigenten vollständig nach unten gesenkt sind!


    Zu den highlights eines Konzertjahres gehören für mich die Orchesterkonzerte, in denen man mit einem Publikum im selben Saal saß, die dieses Gebot kennen und beherzigen. Das ist aber nicht immer der Fall. Genauso wie ein Tropfen Öl Hunderte Liter Trinkwasser genussunfähig machen kann, reicht ein einziger von diesen Schreihälsen, die noch nicht einmal abwarten, bis der letzte Ton von Mahlers Neunter verklungen ist, um ja der erste "Bravo!"-Rufer zu sein. Ich saß einmal in der Berliner Philharmonie hinter dem Orchester, also in Blickrichtung des Dirigenten, und sah Claudio Abbados schmerzverzerrtes Gesicht, als die herrliche Stille von einem solchen kulturlosen Banausen zerrissen wurde. Abbado schrie innerlich auf ob solchen Banausentums. Und ich habe bei Günter Wands Bruckner-Andachten in Hamburg sehr oft das Gegenteil erlebt. Nach dem letzten Ton einer Bruckner-Sinfonie gefühlte Minuten völlige Stille. Mit Wands Händen in der Höhe. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Erst als Wand die Hände sinken ließ, brach unvorstellbarer Beifall mit Fußtrampeln und allem Drum und Dran los.


    Bei den Abonnementskonzerten der Berliner Philharmoniker mit Simon Rattle, die ich regelmäßig besuche, klappt das Befolgen dieses Gebots auch ganz wunderbar. Das ist wirklich ein höchst fachkundiges Publikum! Die Spreu vom Weizen trennt sich, wenn es Sonderkonzerte der Berliner Philharmoniker (also Konzerte für Nicht-Abonnenten) oder Konzerte im Rahmen der Berliner Festwochen (mit internationalem Publikum) gibt. Beim Sonderkonzert mit Rattle im April, als er die Matthäus-Passion von Bach gab, hätte ich mir eigentlich nach dem unglaublich ergreifenden Schluss überhaupt keinen Beifall gewünscht. Man sollte minutenlang in Stille verharren und dann stumm den Saal verlassen. So etwas funktioniert allerdings wohl nur noch in Kirchen und (gelegentlich) nach dem 1. und 3. Akt von "Parsifal". Umso mehr gilt aber, wenn schon Beifall vom Publikum gespendet wird, die oben genannte Regel. Rattle hatte nach dem Schluss der Matthäus-Passion die Arme demonstrativ so dermaßen in die Höhe gereckt, dass es an Deutlichkeit nicht zu überbieten war. Was macht aber derjenige Teil des Publikums, der sich wohl sonst eher "König der Löwen" anschaut? Brüllt brutal mit den "Bravos" drauf los, bis Rattle (der noch einige Sekunden mit erhobenen Armen weiter dort stand, als wollte er dieses Unheil noch irgendwie abwenden) sich seinem Schicksal ergab.


    Eine Handvoll Banausen im Publikum und schon können Werke nicht in Andacht genossen werden, die dies so sehr nahelegen.

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  • Leider habe ich das bei meinem zweiten Günter Wand-Konzert überhaupt, nach dem ersten 35 Jahre vorher im Kölner Gürzenich, wo das selbstverständlich war (wie in Hamburg), auch erlebt. Es war dies im Jahre 2001, im vorletzten Konzert, das Wand in Lübeck dirigeirte, im Eröffnungsvorkonzert: Schubert 8, Bruckner 9: Am Ende der 9. Bruckner war auch so ein Schreihals sofort Gewehr bei Fuß. Wand war so verärgert und vielleicht auch so geschockt, dass er, der vorm Intendanten Rolf Beck zum Podium und zurück geführt wurde, nicht mehr vor das Publikum treten konnte.
    Aber noch schlimmer, lieber Swjatoslaw ist es, wenn, wie ich es in Coesfeld und auch in Essen einige Male erleben msuste, die Leute zwischen den einzelnen Sätzen klatschen. Mein Gott, was sind wir konservativ. Aber zu Recht!


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Aber noch schlimmer, lieber Swjatoslaw ist es, wenn, wie ich es in Coesfeld und auch in Essen einige Male erleben msuste, die Leute zwischen den einzelnen Sätzen klatschen. Mein Gott, was sind wir konservativ. Aber zu Recht!


    Auch da trennt sich natürlich die Spreu vom Weizen. Welch ein Genuss, mit einem Publikum in einem Saal zu sitzen, das nach dem 3. Satz der "Pathétique" von Tschaikowsky nicht applaudiert. Oder nach dem "Hallelujah!" in einer "Messias"-Aufführung. Eins bekenne ich aber auch gern: als ich mit etwa 16 Jahren das Prokofiew-Klavierkonzert Nr. 3 mit der jungen Martha Argerich so dermaßen fulminant im Konzertsaal dargeboten erlebt habe, dass einem einfach nur noch die Spucke wegblieb, habe ich nach dem 1. Satz auch geklatscht. Ebenso wie eigentlich der gesamte Saal. In solchen Momenten wäre es irgendwie auch schon wieder Quatsch gewesen, sich in Mucksmäuschenstille zu hüllen. Martha Argerich nickte auch freundlich zum Publikum hin, fühlte sich also offenbar in ihrer Konzentration nicht allzu sehr gestört.

  • Da gebe ich dir Recht, das kommt mal vor, dieser sogenannte Szenenapplaus, wie er ja glaube ich in italienischen Opernhäuser gang und gäbe ist, reißt ab und zu auch das fachkundige, disziplinierte deutsche Publikum bei besonders mitreißenden Konzertabschnitten hin. Aber dann muss es auch wieder gut sein. Ich hatte dies letztens auch ich einem Konzert erlebt, aber ich weiß beim besten Willen nicht mehr, bei welchem.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Besonders schlimm finde ich den Szenenapplaus in Opern, die nicht mehr nummernbasiert sind sondern eigentlich in einem Fluß durchlaufen (Puccini, Strauss etc.). Da macht der Applaus alles kaputt, finde ich, und zerstört die ganze, mühsam aufgebaute Stimmung.


    Aber sollten wir nicht zurück zu Erkältungen und sonstigen Auswurfgeräuschen kehren?