Tannhäuser, 2. Aufzug, heute auf MDR

  • Der Besucher sagt:


    Der Vergleich mit der Übermalung eines Bildes wird oft gebracht, was mich nichtsdestoweniger immer wieder erstaunt. Denn der Unterschied ist so offensichtlich, dass ich absolut nicht begreife, wie man annehmen kann, damit etwas ausrichten zu können.


    Im übrigen halte ich es für sehr unklug, hier irgend einen guten Geschmack" oder gar irgendwelche moralischen Betrachtungen einzumischen, nur weil es keine ernstzunehmenden ästhetischen oder philosophischen Argumente gibt oder einem keine einfallen.


    Und natürlich ist dann die Wissenschaftsfeindlichkeit nicht weit, und wer nach Argumenten fragt, wird als Winkeladvokat verunglimpft. Dabei kann er ja eigentlich nichts dafür, dass er die besseren Argumente hat. So ergeht es ja hier auch Herrn Dr. Kaletha, der sich hier auf seinem ureigensten Gebiet (und meinem) belehren lassen muss, und zwar von Leuten, die deutlich weniger davon verstehen als er, und auch noch überzeugt sind, dass man sich zu Fragen dieses Gebiets nur äußern kann, wenn man möglichst wenig davon versteht. Ich bewundere seine Engelsgeduld, die mir allerdings nicht gegeben ist. Darum beende ich mein Gastspiel mit einem herzlichen Gruß an den Kollegen, vor dem ich den Hut ziehe.

  • Zitat Gast: "Meines Wissens ist noch niemandem ein germanischer Gott mit Speer und Schlapphut über den Weg gelaufen, so daß sich sagen ließe: so und so hat der auszusehen."


    Dann frag mal Herrn Mime, den Bruder von Herrn Alberich. Der hat ihn wirklich gesehen. Siegfried hat ihn auch gesehen. Und natürlich auch Alberich. Das sind jetzt schon drei. ;)


    Und was Brecht anbetrifft in einem Deiner vorangegangenen Beiträge: Der hat sich wenigsten noch seine eigenen Stücke geschrieben, in denen er seine Vorstellungen entwickelte. Das war sehr weitsichtig. Ihn würde ich also nicht unbedingt zum Zeugen der Verteidigung für das "Regietheater" - das es nach Deinen Bekunden ja gar nicht gibt - aufrufen. Insofern ist das jetzt ein bisschen schwierig.


    Herzlich grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Der Besucher sagt:


    Zum Abschied noch zwei Anmerkungen:


    1. Der Einwand mit dem Gott, den keiner gesehen hat, stammt nicht von mir, sondern von einem anderen Gast. Allerdings passt er gut zu der (absurden) Behauptung, die "Ring"-Inszenierung der Berghaus sei "unhistorisch" gewesen, was ja wohl nicht heißen soll, was es heißt, sondern, dass die Ausstattung nicht der geschichtlichen Wirklichkeit der geschilderten Zeit entsprach, was allerdings kaum möglich sein dürfte, weil tatsächlich niemand wissen kann, wie die Leute in dieser Zeit, die es nicht gegeben hat, angezogen waren.


    2. Brecht hat keineswegs nur eigene Stücke geschrieben und inszeniert. Sein berühmter Satz vom Materialwert, auf den hin die Werke der Klassiker überprüft werden müssen, bezieht sich auf den Umgang des Theaters mit den überlieferten Texten. Der große Mann taugt also nicht zur Unterstützung eines Standpunkts, der dem seinen diametral entgegengesetzt ist.


    Eine abschließenden Bemerkung zur Vermutung, das sogenannte »Regietheater« (was immer das sein mag), sei aus Opposition gegen die Unterdrückung in der DDR entstanden und zu verstehen: Abgesehen davon, dass sie – wie gezeigt – historisch nicht haltbar ist, lag Brecht und den Regisseuren der DDR, die in diese Kategorie einsortiert werden, daran, selbständig zu denken und auch ihre Adressaten zu selbständigen Denken (im Unterschied zum widerspruchslosen Nachbeten und Nachvollziehen einmal etablierter Wahrheiten) anzuhalten. Damit eckt man überall an, wo das Bestreben vorherrscht, dass alles so bleiben möge, wie es ist. Und auch die Argumente und Drohungen sind dieselben. Sie sind aber auch genauso wirkungslos, wirkungslos wie das Bellen der Hunde, das die Karawane nicht aufhält.

  • Lieber chrissy, da ist mir doch noch etwas eingefallen. Wenn du wie ich Otmar Suitner schätzt, dann empfehle ich dir sehr diese DVD:


    Lieber Manfred /timmiju
    Ganz herzlichen Dank für diesen interessanten Tip und Hinweis. Wird demnächst auf meinem Wunschzettel stehen.
    Dir, trotz bestimmt auch miesen Wetters, einen schönen Sonntag und herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Der Vergleich mit der Übermalung eines Bildes wird oft gebracht, was mich nichtsdestoweniger immer wieder erstaunt. Denn der Unterschied ist so offensichtlich, dass ich absolut nicht begreife, wie man annehmen kann, damit etwas ausrichten zu können.


    Leere Phrasen und Idioterklärungen des Meinungsgegners sind keine Argumente. Bisher ist noch keine meiner Fragen beantwortet worden.

  • Der Besucher sagt:


    Na, da will ich mal nicht so sein und doch noch schnell ein Wort dazugeben: Wenn jemand ein Gemälde übermalt, ist dieses Bild unwiderruflich zerstört, weil es nur dieses eine gibt. (Das trifft nicht zu, wenn er das mit einer Kopie dieses Gemäldes tut.) Wenn jemand eine Oper aufführt und dabei z. B. so viel Lärm macht, dass man die Musik nicht hören kann, ist die Möglichkeit, dass anderswo eine andere Aufführung stattfindet, bei der man die Musik hören kann, damit nicht ausgeschlossen. Der Komposition ist damit also kein irreversibler Schaden zugefügt. (Möglicherweise aber einem Zuschauer, der so exzessiv den Sensiblen gibt, dass er den Arzt aufsuchen muss, aber bei diesem Vergleich geht es ja um einen hypothetischen Schaden am Werk, nicht um den Rezipienten.) Das ist der Unterschied und der Grund, warum der Vergleich nicht funktionieren kann. Anders gesagt: Ein Gemälde existiert nur einmal und ist nicht mehr vorhanden, wenn es übermalt oder zerschnitten wird. Die Musik existiert immer dann, wenn sie aufgeführt wird und eine Aufführung beeinträchtigt die anderen nicht. Der Vergleich würde funktionieren, wenn es darum ginge, dass so ein böser, böser Regisseur nicht nur eine Inszenierung macht, die irgendwelchen Leuten missfällt, sondern auch gleichzeitig sämtliche gedruckten und geschriebenen Partituren der Oper vernichtet. Das ist aber nicht der Fall. Ergo...


    Eigentlich ist das gar nicht so schwer zu verstehen, fällt mir gerade auf.

  • Darum beende ich mein Gastspiel mit einem herzlichen Gruß an den Kollegen, vor dem ich den Hut ziehe.


    Schade!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Schade!


    Bevor ich selbst überschwenglich werde, erwarte ich von einem Diskursanten, dass er Argumente sachlich widerlegt und nicht leeres Stroh drischt.


    Gegenseitiges Schulterklopfen mag ja sympathisch wirken, doch ziehe ich eine direkte Konfrontation vor.

  • Zitat von Gast

    Dabei kann er ja eigentlich nichts dafür, dass er die besseren Argumente hat.

    Wer die besseren Argumente hat, darüber kann man geteilter Meinung sein. Wenn aber mit hochgelehrten Argumenten aus anderen Wissenschaften versucht wird den gesunden Menschenverstand totzuschlagen, dann sind das für mich keine Argumente. Die Oper ist ein Gesamtwerk, was sich wohl nicht bestreiten lässt. Eine völlig andere Handlung zu erfinden und dazu die fremde Musik zu missbrauchen, das Werk sogar unter dem ursprünglichen Namen des Werkes herauszugeben und damit die Zuschauer zu verar...... dafür gibt es wirklich keine Begründung und keinerlei Argument, auch wenn sich die Befürworter noch so sehr winden und (für mich) - wie schon einmal gesagt - "leeres Stroh dreschen". Nur in einem kann ich dem Gast folgen: Das Wort "Regietheater" trifft nicht den Kern, obwohl es allgemein dafür verwendet wird. Ich habe es daher von Anfang an entweder in Anführungsstriche gesetzt oder es einfach als das benannt, was es ist, nämlich Verunstaltungstheater.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Bevor ich selbst überschwenglich werde, erwarte ich von einem Diskursanten, dass er Argumente sachlich widerlegt und nicht leeres Stroh drischt.
    Gegenseitiges Schulterklopfen mag ja sympathisch wirken, doch ziehe ich eine direkte Konfrontation vor.

    Uuups, gleich so aufgeregt?



    Leere Phrasen und Idioterklärungen des Meinungsgegners sind keine Argumente. Bisher ist noch keine meiner Fragen beantwortet worden.

    Manchmal werden gegebene Antworten auch negiert, weil einem deren Inhalt nicht zusagt ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Uuups, gleich so aufgeregt?


    Mein Blutdruck ist normal, lieber Michael,


    wird es aber nicht mehr lange bleiben, wenn mir niemand erklärt, worin meine Dummheit besteht. Ich möchte mich ja gerne bessern.

  • Zitat

    Eigentlich ist das gar nicht so schwer zu verstehen, fällt mir gerade auf.


    Natürlich nicht - es ist geradezu einleuchtend - wie alle Sophismen :D


    Der Pferdefuß bei diesem Vergleich ist nur der, daß hier nicht EINMAL eine Oper verschandelt wird, sondern daß sich hier mit der Zeit so etwas wie eine "Mafia" gebildet hat - aus Regisseuren, Kritikern, und Linken (denen an der Zerstörung des bürgerlichen Theaters sehr gelegen ist) In Geiselhaft hält man dann noch die Sänger, die - sobald sie sich vernichtend übers Regietheater äussern - seltener bis gar nicht engagiert werden - ausser die sind schon sehr berühmt. Dann gibt es natürlich noch eine Gruppe von Sängern denen das alles "egal" ist - hauptsache die Gage stimmt - Ich kann es ihnen nicht verübeln.
    Der Effekt ist jener, daß man kaum mehr "werksgetreue" Aufnahmen sieht - und die Jugend mit jenem Dreck gefüttert wird, der heute an den deutschen Opernhäusern (und natürlich auch anderen) angeboten - nein: aufgedrängt, nein: zwangsverordnet wird.
    Damit tritt der Effekt der Prägung ein. Die Jugend wird an verdorbene Aufführungen gewöhnt und an linke Ideologien - anstatt die Werke der alten Meister unverfälscht zu sehen. Immer wieder wird betont, daß die "heutige Gesellschaft" mit den alten Werken im Originalzustand nichts anfangen kann - das betraf die "breite Masse" schon immer. Aber die war wohl nie die Zielgruppe für Opernbesuche....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sehr geehrter Gast /Besucher
    Zuerst mal möchte ich Sie herzlich begrüßen und ich freue mich, daß Sie das Angebot des Chefs unseres Forums angenommen haben, sich hier einzubringen. Ich habe Ihre Beiträge und Meinungen mit Interesse gelesen und möchte Ihnen auch meine Achtung und Bewunderung ausdrücken, daß Sie sich gleich als Einstieg dem hochbrisanten Thema "Regietheater" widmen. Das es hier zu unterschiedlichen Meinungen und Ansichten kommt, ist völlig klar und liegt in der Natur der Sache.
    Vielleicht sollten Sie sich überlegen statt als "Gast", um eine Mitgliedschaft in unserem Forum zu ersuchen.
    Zum Thema.
    Ich will versuchen kurz und zitatweise auf einige Dinge von Ihnen und einiger Mitglieder einzugehen.
    "Kurz" deshalb, weil ich zum einen nicht weiß, ob Sie evtl. weiter in unserem Forum bleiben und zum anderen, Sie beziehen sich in der Hauptsache auf die Regisseurin Ruth Berghaus. Und um diese Person zu beleuchten und zu beurteilen, das wäre von solcher Komplexität und einem solchen Zeitaufwand, das den hiesigen Rahmen sprengen und überfordern würde. Ich mache auch keinen Hehl aus meiner Meinung, diese intensive Mühe, ist mir diese Person nicht wert.


    Immerhin erinnere ich mich, von einer »Elektra«-Inszenierung gehört zu haben, die auf mindestens ebenso heftige Ablehnung gestoßen ist. Ich habe sie nicht gesehen,

    Ich habe sie auch nicht gesehen (war ich noch viel zu jung), habe aber von gut unterrichteten Kreisen Jahre später von dem Skandal gehört.


    Es gab also wirklich nicht nur den Fischer-Werz-Kitsch, wenn er auch dominierte.

    Was bitte, ist Fischer- Werz- Kitsch?


    (In anderen Gegenden der DDR gab es übrigens noch viel mehr von diesem »Klamauk, Spektakel und Schwachsinn« zu sehen. Da verklären Sie die Vergangenheit denn doch ein wenig zu stark.)

    Ich verkläre die Vergangenheit überhaupt nicht. Und an meinem kleinen heimatlichen Theater gab es keinen Klamauk etc..
    Hier habe ich Opernabende erlebt, wo ich heute noch nachträglich staune, was mit den bescheidenen Mitteln für großartige Inszenierungen auf die Beine gestellt wurden.


    Zitat von Gast

    Es bleibt dabei, Auch in einer Diktatur ist nicht alles gut.

    Wer hat das behauptet? Ich bestimmt nicht!


    Leider hat Frau Berghaus an der Berliner Staatsoper mehr und mehr das Sagen bekommen.

    Das trifft, aus meiner Sicht, zumindest auf ihre unantastbare Stellung als Regisseurin zu. Im Hintergrund waren da politische Größen zugange, die sie nicht nur förderten und protegierten, sondern auch schützten. Auf der anderen Seite hatte sie auch dort viele Gegner und Feinde. Irgendwie hielt sich das die Waage.


    Aber mehrheitlich waren es schon recht attraktive Produktionen, von denen wir heute nur träumen können.

    Volle Zustimmung. Das kann ich aus eigener Erfahrung und Erleben absolut bestätigen.
    (Damit meine ich aber nicht die Berghaus)!


    Ich bitte nicht vergessen zu wollen, dass das, was heute hier als Regietheater gilt und in der Regel abgelehnt wird, in einem ganz erheblichen Maße auf die Regisseurin Ruth Berghaus zurück geht. Damals - unter dem Intendanten Hans Pischner - fing es an. Im Ostteil Berlins. Pischner hat die Berghaus immer gefördert und so gut es ging zu ihr gehalten. Daran ist überhaupt nicht zu deuteln.

    Nein, daran ist zwar nichts zu deuteln, ob er es aber aus künstlerischer Überzeugung und Akzeptanz tat, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht mußte auch er sich dem äußeren politischen Druck beugen.


    vielen Dank für diesen durchaus erhellenden Blick auf die Geschichte des (Opern-)Regietheaters, der sich wohltuend von der Behauptung, "daß in der DDR ein Biogastannhäuser nicht möglich gewesen wäre!" abhebt.

    Lieber Michael. Lese ich da eine gewisse hoffnungsvolle Schadenfreude heraus? Sei beruhigt, soweit wäre es garantiert nicht gegangen. Davon bin ich wirklich überzeugt. Du kannst mir glauben, ein ganz klein wenig kenne ich mich, bei aller Bescheidenheit, mit der Berliner Staatsoper aus.


    Ruth Berghaus hatte an der Staatsoper nie »das Sagen«. Sie hatte bis zum Ende der DDR mit den unglaublichsten Schwierigkeiten und Demütigungen zu kämpfen.

    Ja und nein. Das Sagen hat sie in diesem Sinne bestimmt nicht gehabt. Dazu hatte sie zum Glück auch genug einflußreiche Feinde. Und Schwierigkeiten und Demütigungen? Nun, das liegt doch wohl hauptsächlich in ihrer Person und Lebensart begründet. Sie war doch aus meiner Sicht eine Gratwanderin, wie keine Zweite! Auf der einen Seite huldigte und propagierte sie den Sozialismus /Kommunismus, auf der anderen Seite lebte und genoß sie alle Privilegien und Vorteile, die der Kapitalismus bot. Wie schrieb mal die Presse über sie "Die Arbeiterklasse im Kopf und im Mund und den Mercedes in der Garage ihres Traumhauses". Ich behaupte und vermute, wenn nicht Paul Dessau ihr Ehemann gewesen wäre, hätte sie es nie soweit gebracht!


    Wie auch immer: Das, was man so unter »Regietheater« versteht, hat natürlich nicht mit Ruth Berghaus angefangen.

    Das sehe ich aber zum großen Teil doch so.


    auf diese Weise wird sich die schöne Mär von der regietheaterfreien Diktatur des Proletariats wohl nicht halten lassen.

    Wer hat das behauptet? Natürlich gab es Regie, ohne die geht es ja wohl nicht. Nur sollte man Regie nicht mit Mißbrauch und Verunstaltung oder Verfremdung gleichsetzen.


    Der "Biogas-Regisseur" Sebastian Baumgarten ist übrigens der Enkelsohn von Hans Pischner, dem langjährigen Intendanten der Ostberliner Staatsoper. Dem Vernehmen nach sind sich beide sehr nah, und der Junge dürfte einiges vom Alten gelernt haben.

    Das stimmt. Logischerweise sind sie sich verwandtschaftlich nah. Das bedeutet aber nicht unbedingt zwangsläufig, daß sie sich auch in künstlerischen Fragen nah sind und übereinstimmen.


    Baumgartens Mutter hat jahrelang selbst gesungen, wenn ich mich nicht ganz irre, im Chor der Staatsoper. Sie starb früh.

    Das stimmt, auch nach meinem Kenntnisstand.


    Wie soll etwas verfälscht werden, das nicht existiert? Meines Wissens ist noch niemandem ein germanischer Gott mit Speer und Schlapphut über den Weg gelaufen, so daß sich sagen ließe: so und so hat der auszusehen. Und das Bild eines Ritters ist bei vielen ja auch eher durch die Lanzelot-Filme geprägt.

    Auch mir ist keiner davon über den Weg gelaufen. Zum Glück aber auch noch keiner in SA oder SS- Uniform, wie man das heute oft im Theater erleben kann. Wenn Werke, wie es in "Neudeutungen" zur Mode geworden ist, in diese furchtbare Zeit transponiert werden!
    Und was die Ritter betrifft, so weiß man wohl aus Zeitzeugenberichten und Bildern /Gemälden aus früherer Zeit, wie diese ausgesehen haben und kann sie authentisch nachgestalten.


    So ergeht es ja hier auch Herrn Dr. Kaletha, der sich hier auf seinem ureigensten Gebiet (und meinem) belehren lassen muss, und zwar von Leuten, die deutlich weniger davon verstehen als er, und auch noch überzeugt sind, dass man sich zu Fragen dieses Gebiets nur äußern kann, wenn man möglichst wenig davon versteht. Ich bewundere seine Engelsgeduld, die mir allerdings nicht gegeben ist. Darum beende ich mein Gastspiel mit einem herzlichen Gruß an den Kollegen, vor dem ich den Hut ziehe.

    Herr Dr. Kaletha muß sich nicht belehren lassen, da hat bestimmt auch keiner die Absicht. Sein Fachwissen steht außer Frage und wird garantiert von niemandem angezweifelt, sondern von allen geschätzt und anerkannt. Aber auch andere, ob promoviert oder nicht, haben Wissen und Erfahrungen und bringen dieses in Diskussionen ein. Und ganz nebenbei, in unserem Forum sind noch ganz andere Kapazitäten, die auf ihre Art ganz unauffällig und bescheiden sind.


    Ich hoffe mit meinem Btr. ein paar kleine Antworten gegeben zu haben.


    Frdl. Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Der Besucher sagt: Zum Abschied noch zwei Anmerkungen:

    Schade und bedauerlich, daß ich das jetzt erst lese. Da hätte ich mir viel Zeit und Mühe ersparen können!!!
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Na, da will ich mal nicht so sein und doch noch schnell ein Wort dazugeben: Wenn jemand ein Gemälde übermalt, ist dieses Bild unwiderruflich zerstört, weil es nur dieses eine gibt. (Das trifft nicht zu, wenn er das mit einer Kopie dieses Gemäldes tut.)


    Dann bleiben wir doch bei der Kopie und fragen uns, ob das Übermalen dann einen Sinn macht.

  • Das sehe ich aber zum großen Teil doch so.


    Da bist Du in theatergeschichtlichen Dingen aber relativ schlecht bewandert. Das, was man heute so als "Regietheater" einstuft, hat seine Wurzeln bei Leuten wie Adolphe Appa und Edward Gordon Craig, also schon so um 1910. Dann kam das Berlin der zwanziger Jahre, lies mal in Kortners Erinnerungen "Aller Tage Abend" den berühmten Bericht über die Premiere von "Wilhelm Tell" am Staatstheater, die zu einer regelrechten Saalschlacht führte. Die Berliner Krolloper wurde ja schon erwähnt, wo Fehling den "Fliegenden Holländer" inszenierte und die völkische Presse schäumte, Senta sei ein bolschewistisches Flintenweib, Erik ein linker Agitator und so weiter. Oder auch Piscators Inszenierung der "Räuber", wo Spiegelberg der Maske nach an Trotzki erinnerte und die "Prawda" in der Tasche trug. Nach heutigen Kriterien "Regietheater" par excellence. Das wurde alles 1933 gewaltsam abgebrochen, die meisten der beteiligten Künstler in die Emigration gezwungen. Und was die Situation in der DDR anging. auch da war es bezeichnend, daß beispielsweise Götz Friedrich lieber emigrierte, weil er nicht die Möglichkeit hatte, im Lande nach seinen Vorstellungen zu arbeiten.


    (PS: es sind hier wirklich zwei unterschiedliche Gäste zugange, wobei mir der andere seiner Diktion nach durchaus bekannt vorkommt... ggf. Gruß nach Zürich!)

  • De Besucher sagt:

    Dann bleiben wir doch bei der Kopie und fragen uns, ob das Übermalen dann einen Sinn macht.


    Dazu gibt es zweierlei (eigentlich dreierlei) zu sagen:


    1. Die Frage lässt sich so nicht beantworten. Ob diese Übermalung sinnvoll ist oder nicht, hängt davon ab, wie sie gemacht wird. Es kann also sein, es kann auch nicht sein.


    2. Der Vergleich, der plötzlich seine Richtung geändert hat (bisher ging es ja um die Behauptung eines irreversiblen Schadens an einem Werk), ist auch in diesem Sinne nicht zutreffend. Denn das Theater ist nicht die (ggf. übermalte) Kopie eines Werkes, sondern die Aufführung selbst ist das Werk, das im Theater präsentiert wird. Ein Werk freilich, das syergetisch zusammengefügt ist und andere Werke in sich aufnehmen kann (nicht muss). Insofern ist der Vergleich mit einer Übermalung (sei es eines Originals oder einer Kopie) in diesem Sinne nicht möglich.


    (Die dritte Bemerkung wäre, dass eine Übermalung sowieso keinen Sinn »machen« kann. Sie kann sinnvoll sein, einen Sinn haben, möglicherweise einen Sinn ergeben, aber machen kann sie nichts.)

  • Da bist Du in theatergeschichtlichen Dingen aber relativ schlecht bewandert.

    In aller Bescheidenheit, ich bin mit meinem Bildungsstand eigentlich ganz zufrieden.


    Das, was man heute so als "Regietheater" einstuft, hat seine Wurzeln schon so um 1910. Dann kam das Berlin der zwanziger Jahre,

    Für mich lag der erkennbare Schwerpunkt des Themas auf "Staatsoper, Theater/Oper in der DDR und auf der Berghaus".
    Darauf bin ich eingegangen.


    Und was die Situation in der DDR anging. auch da war es bezeichnend, daß beispielsweise Götz Friedrich lieber emigrierte, weil er nicht die Möglichkeit hatte, im Lande nach seinen Vorstellungen zu arbeiten.

    Ob er nicht die Möglichkeit hatte, "so zu arbeiten wie es seinen Vorstellungen entsprach", vermag ich nicht zu beurteilen. Wenn es tatsächlich so war, dann mag das ein Grund gewesen sein. Gewiß spielten aber auch rein private persönliche Interessen eine Rolle.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Der Vergleich, der plötzlich seine Richtung geändert hat (bisher ging es ja um die Behauptung eines irreversiblen Schadens an einem Werk)

    Die Behauptung stammt aber nicht von mir. Meiner Meinung nach sind die technischen Voraussetzungen ohnehin nicht relevant für unseren Vergleich.



    Die dritte Bemerkung wäre, dass eine Übermalung sowieso keinen Sinn »machen« kann. Sie kann sinnvoll sein, einen Sinn haben, möglicherweise einen Sinn ergeben, aber machen kann sie nichts.)

    "Wir müssen nach der Schnur sprechen, oder er sticht uns mit Silben zu Tode. Wahrhaftig, Horatio, ich habe seit diesen drei Jahren darauf geachtet: das Zeitalter wird so spitzfindig, daß der Bauer dem Hofmann auf die Fersen tritt."
    Der letzte Nebensatz ist ersatzlos zu streichen.

  • Liebe Tamino - Mitglieder, lieber anderer (=Besucher?) Gast,


    ich bin der Gast, der seine Beiträge immer mit "viele Grüße, B." unterzeichnet - dies vielleicht zur Erklärung.


    Zu der interessanten Diskussion (die mir ebenso kontrovers wie konstruktiv zu sein scheint) möchte ich folgende Gedanken hinzufügen:


    Das gemalte Bild ist in seiner "Endform" bereits vorhanden, der Betrachter sieht es als fertiges Ganzes vor sich (auch wenn man es beim Anschauen quasi "nachmalt", "nachvollzieht".)
    Anders verhält es sich bei der Oper: man kann sie nicht auf einen Blick erfassen oder hören, sie entwickelt sich in einem Prozess, der Zuschauer- und Hörer muss es also im Ablauf mitvollziehen. Damit da überhaupt erst eine Interpretation erfolgen kann, muss ich doch überhaupt das Ganze erst einmal, nach bestem Wissen und Gewissen, so nachvollziehen, wie es ursprünglich einmal gedacht war.
    Dass es da viele Lücken, Leerstellen, offene Fragen gibt, ist wohl richtig - aber dennoch kann man sich bei einer Oper der Barockzeit schon in etwa vorstellen, was den historischen, sozio-kulturellen und sonstigen Gegebenheiten der damaligen Epoche entspricht.
    Wenn ich als Zuschauer das erfassen kann, dann habe ich in einem zweiten Schritt eventuell die Chance, mich zu fragen, wo jetzt die Bezüge für die heutige Zeit liegen.
    Wenn ich jedoch eine durchgestylte, durchmodernisierte Inszenierung habe, dann ist quasi der zweite Schritt schon vor dem ersten getan, und ich bin als Zuschauer der "Arbeitsgrundlage" beraubt.
    Jetzt kann man einwenden, dann gibt es ja gar keine modernen Inszenierungen mehr, man kann ja dann nur über aktuelle Bezüge reden, sie aber nicht mehr zeigen - in der Tat sehe ich das so, dass man diese (Neu)inszenierungen dann nicht mehr als das Werk selber bezeichnen sollte, also nicht mehr als z.B. Mozarts Don Giovanni, sondern als beispielsweise "Neuenfels Don Giovanni unter Verwendung der Oper Mozarts", also als eigenständiges Kunstwerk inspiriert von Mozart - damit ginge ich konform.
    Aber das Ganze als "Mozarts Don Giovanni" zu verkaufen und dann nach Belieben zu verfremden erscheint mir ein Irrweg und Missverständnis zu sein - die Vermengung von Original und Adaptation.


    viele Grüße,


    B.

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  • Lieber Michael. Lese ich da eine gewisse hoffnungsvolle Schadenfreude heraus? Sei beruhigt, soweit wäre es garantiert nicht gegangen. Davon bin ich wirklich überzeugt. Du kannst mir glauben, ein ganz klein wenig kenne ich mich, bei aller Bescheidenheit, mit der Berliner Staatsoper aus.


    Warum und gegen wen sollte ich Schadenfreude, gar hoffnungsvolle Schadenfreude verspüren? - Nein, nein, chrissy, so wichtig ist mir das Thema Regietheater dann doch nicht.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich glaube auch, dass in der ehemaligen DDR ein "Biogashäuser" nicht möglich gewesen wäre. Aber auch nicht in der guten alten BRD bis 1989.


    Diese extremen Erscheinungsformen des "Regietheaters" (= Verunstaltungstheaters) sind dann doch eher ein Produkt der letzten zehn Jahre. Es bäumt sich gleichsam ein letztes Mal noch auf. Ein letztes dekadentes Zucken einer todgeweihten Sache.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • der sich wohltuend von der Behauptung, "daß in der DDR ein Biogastannhäuser nicht möglich gewesen wäre!" abhebt.

    wohltuend???


    Warum und gegen wen sollte ich Schadenfreude, gar hoffnungsvolle Schadenfreude verspüren? - Nein, nein,

    Lieber Michael
    Na, dann ist doch alles klar und wir sind beide zufrieden. Ich wollte Dir auch nichts unterstellen. Ich möchte nur aus eigener Erfahrung und Erleben deutlich machen, die Berliner Staatsoper, wie auch andere Opernhäuser in der DDR, war ganz sicher in DDR- Zeiten kein "Verunstaltungstheater".
    (Das Thema Ruth Berghaus ist ein anderes Kapitel, wo mir jedes Wort für diese Person nicht wert ist).


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Der Besucher sagt:

    (Das Thema Ruth Berghaus ist ein anderes Kapitel, wo mir jedes Wort für diese Person nicht wert ist).


    Es ist ja auch nicht nötig, dass Sie sich zur Person äußern. Hier wäre eher eine qualifizierte Äußerung zu ihrer künstlerischen Arbeit am Platze. Die kann man durchaus unterschiedlich bewerten, aber man sollte solche Bewertungen nicht mit Wertungen des persönlichen Lebens (die Ihnen ohnehin so wenig zustehen wie uns allen) verwechseln oder auch nur vermischen.


    Freilich bin ich nicht überzeugt, dass Sie zu einer der bedeutendsten, originellsten und einflussreichsten Theaterkünstlerinnen des vergangenen Jahrhunderts viel Erhellendes zu sagen haben. Was Sie über ihre angebliche Machtposition geäußert haben, zeigt jedenfalls schon mal beeindruckende Unkenntnis der Tatsachen.

  • wohltuend???


    Wieso nicht? - Übrigens, Deine "?" Taste scheint zu klemmen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Schön, dass der GAST-Account erstellt wurde, um hier den Vertretern des Regisseurswahnsinns auch eine anonyme Möglichkeit zu bieten, ihre kruden Ansichten unters Volk zu bringen und langjährige Mitglieder gefahrlos beleidigen zu können.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ja, es ist tatsächlich eine Besonderheit dieses Forums, die alle Welt bewundert, dass alle Mitglieder hier mit ihrem realen Namen und unter Angabe ihrer Postadresse schreiben, also ganz und gar nicht anonym. Aber dass Herr Schmidt hier Beleidigungen durchgehen lässt, kann ich mir nicht denken. Können Sie da ein Beispiel bringen? Sie meinen ja sicherlich nicht die Bezeichnung "Vertreter des Regisseurswahnsinns", oder?


    Machen Sie sich übrigens keine Sorgen, das GAST-Expermiment geht ja heute zu Ende.


  • Vielleicht hat er aber nur dreimal hintereinander draufgedrückt???


    Warum sollte chrissy das tun?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • um hier den Vertretern des Regisseurswahnsinns auch eine anonyme Möglichkeit zu bieten, ihre kruden Ansichten unters Volk zu bringen und langjährige Mitglieder gefahrlos beleidigen zu können.

    Lieber Joseph II.


    Keine Bange, so schnell sind wir doch nicht zu beleidigen. Und von Neueinsteigern, die mal schnell ad hoc provozieren und sich selbstgefällig produzieren wollen, schon gar nicht. Da stehen wir doch drüber.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY



    ihre (hier Berghaus) künstlerische Arbeit... Die kann man durchaus unterschiedlich bewerten

    Eben. Aber im Gegensatz zu Ihnen mir gegenüber, bin ich so tolerant, Ihre offensichtliche Verehrung für diese Regisseurin zu akzeptieren. Ich und viele andere, sehen das halt etwas anders.

    man sollte solche Bewertungen nicht mit Wertungen des persönlichen Lebens (die Ihnen ohnehin so wenig zustehen wie uns allen) verwechseln oder auch nur vermischen.

    Manchmal schließt das eine aber das andere nicht aus. Auch auf die Gefahr, das ich hier im konkreten Fall das etwas zu überspitzt sehe, mag sein. Aber dies ist Meinung. Die müssen Sie nicht teilen, ist mir egal!
    Wahrscheinlich werden wir auch zu bevorzugten Automarken, Musikrichtungen und anderen Dingen unterschiedlicher Meinung sein. Ist doch normal, oder?



    Freilich bin ich nicht überzeugt, dass Sie zu einer der bedeutendsten, originellsten und einflussreichsten Theaterkünstlerinnen des vergangenen Jahrhunderts viel Erhellendes zu sagen haben. Was Sie über ihre angebliche Machtposition geäußert haben, zeigt jedenfalls schon mal beeindruckende Unkenntnis der Tatsachen.

    Das will ich nicht und das muß ich auch nicht. Da gibt es schon lange ausführliche Publikationen und Dokumentationen.


    (Oberes 1. Zitat von GASTwurde von mir leicht verändert, bzw. passend für meine Antwort gekürzt)

    Jegliches hat seine Zeit...

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