Der Zwerg (Ein tragisches Märchen nach Oscar Wilde)
Infantin : Noa Danon (Steffi Lehmann)
Ghita : Evmorfia Metaxaki
Don Estoban : Taras Konoshchenko
Der Zwerg : Erik Fenton
Eine florentinische Tragödie (Oper in einem Aufzug nach Oscar Wilde)
Bianca : Wioletta Hebrowska
Guido Bardi : Wolgang Schwaninger
Simone : Gerard Quinn
Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck und Chor des Theater Lübeck unter der musikalischen Leitung von GMD Ryusuke Numajiri; Inszenierung Bernd Reiner Krieger, Bühnenbild und Kostüme Roy Spahn.
(Premiere am 18.April 2014)
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Einmal mehr setzt das Haus inmitten der Lübecker Altstadt auf (leider viel zu) selten gespieltes Repertoire und läßt nach Korngolds Die tote Stadt nun zwei Werke des Zeitgenossen und Konrngold-Lehrers Alexander von Zemlinsky folgen. Das passt schon deshalb, weil beide Einakter (zumindest lt. Wikipedia) schon ihre Wiederentdeckung in Norddeutschland erlebt haben: So begann die Zemlinsky-Renaissance 1977 mit Aufführungen in Kiel und setzte sich 1981 an der Hamburger Staatsoper mit Inszenierungen von Adolf Dresens fort. Letztere wurden meiner Erinnerung nach irgendwann sogar auf 3sat gezeigt; für mich Anlaß genug, in den späten 80ern eine Aufführung unter Gerd Albrecht mit dem großartigen Kenneth Riegel in der Rolle des Zwerges zu besuchen. Nun, ein gutes Vierteljahrhundert später also Lübeck:
Wie auch in den vergangenen von mir besuchten Aufführungen (z.B. Don Carlo, Tristan und Isolde) vermochte das Ensemble durch mindestens gute, zum Teil sehr gute Gesangsleistungen zu überzeugen. Etwas besser dabei die Besetzung der florentinische Tragödie, wo es vor allem Gerald Quinn (zuletzt als beeindruckenden Posa erlebt) gelang, dem vom Pantoffelhelden zum Heroen seiner Ehe mutierenden Simone eine ausgewogene Glaubwürdigkeit zu verleihen. Neben ihm eine geradezu berückende Wioletta Hebrowska (spätestens seit ihrer Brangäne für mich eines der tragenden Ensemblemitglieder in Lübeck) als Bianca, sowie ein leichthin gesungener Frauenheld Bardi (Wolfgang Schwaninger). Alle drei vermochten dem als Konversationsstück beginnenden Ehedrama mit unerwartetem Ausgang so viel Spannung zu verleihen, dass es keinen Moment langweilig wurde. Zum Stück selber, dass sicherlich einigen bekannt sein dürfte (Eine florentinische Tragödie im TAMINO-Opernführer) habe ich mir im Nachhinein die Frage gestellt, ob nicht ein Vergleich mit dem ersten Aufzug der Walküre interessante Einsichten liefern könnte; vielleicht komme ich irgendwann einmal darauf zurück.
Der erste Teil des Abends gehörte jedoch dem Zwerg, gefeiert wurde also Der Geburtstag der Infantin (auch hier sei auf den TAMINO-Opernführer verwiesen). Leider konnte Noa Danon aufgrund einer Bronchitis nur spielen. Den Gesangspart übernahm von der Bühnenseite die junge Sopranistin Steffi Lehmann, was allerdings ausgezeichnet funktionierte. Sehr warm und lyrisch die Ghita gesungen von Evmorfia Metaxaki, während Taras Konoshchenko als Haushofmeister nicht immer zu verstehen war. Zu Beginn etwas "dünn" und unsicher konnte sich Erik Fenton in der schwierigen Rolle des Zwerges zum Ende hin steigern und lieferte eine anrührende Darstellung ("Nein! Sag', daß es nicht war ist ...").
Auch das Regiekonzept Bernd Reiner Kriegers konnte überzeugen: Als verbindendes Glied beider Werke mochte der Komponist Alexander von Zemlinsky gelten. Angelegt in der Zeit der Werkentstehung um 1920 herum sehen wir zu Beginn einen Komponisten (Zemlinsky(?)) (dargestellt durch Gerard Quinn/Simone) im Beisein seiner Muse (Alma Schindler(?)/Bianca/Infantin) am Flügel. Sie verlassen die Bühne und das Märchen vom Zwerg beginnt wie aus einem Traum heraus. Später wird der Zwerg durch die Infantin geschminkt und ist wiederum klar als Zemlinsky zu erkennen. Es läßt sich vielleicht sagen, dass der Zwerg, der ja nicht um seine Gestalt weiß, erst in diesem Moment zu einem Zwerg bzw. Außenseiter wird.
In der florentinischen Tragödie erscheint dann wieder Zemlinsky in der Gestalt des Simone (oder umgekehrt), während Bianca im selben Kostüm, wie zu Beginn und auch, wie die Infantin auftritt. Alles scheint miteinander verwoben ...
Das Bühnenbild (Roy Spahn), eine in dunkler Holztäfelung gehaltene Eingangshalle einer herrschaftlichen Villa mit Kamin und seitlichem Treppenaufgang bleibt dabei zum einen unaufdringlich, bietet jedoch andererseits genug "Spielraum" sowohl für die Phantasiehandlung des Märchens, als auch für die Tragödie.
Jetzt neugierig gewordene haben noch am 14.06.2014 die Möglichkeit, die letzte Vorstellung der Saison 2014/15 zu besuchen.