Ein neuntaktiges Zwischenspiel folgt. Das Auf und Ab in Quarten bei der Pauke und der Harfe, das die ganze Zeit über die dumpf-gleichförmige Grundlage aller Bewegungen der melodischen Linie gebildet hat, erklingt weiter, während sie erst einmal verstummt. Triller erklingen in den Klarinetten und den Violen. Oboe und Englisch-Horn lassen eine Aufwärtsbewegung von Moll-Terzen erklingen, die wie ein wehmütiger Ruf wirkt. Die Hörner antworten darauf mit ihrer rhythmisierten Dreier-Akkordfolge. War diese noch in c-Moll gehalten, so ist sie nun, wenn die Violinen und die Violen sie aufgreifen und wiederholen, in C-Dur harmonisiert. Noch einmal erklingt die Dreierfigur bei den Hörnern, nun wieder in Moll, und dann erlischt das permanente Auf und Ab von Pauken und Hörnern mit einem Mal und pianissimo artikulierte Tonrepetitionen, von der dritten Klarinette und der Harfe ausgeführt, treten an seine Stelle. Englisch-Hörner und Flöten treten hinzu, eine erwartungsvolle klangliche Spannung baut sich auf, und dann geht die Harfe zur Artikulation von fließend artikulierten triolischen Arpeggien über.
Reines, klares F-Dur hat sich eingestellt. Und in diesen hellen klanglichen Raum tritt nun die Singstimme und gibt sich der geradezu beseligt anmutenden Deklamation einer nun erstmals in diesem Lied weiträumig phrasierten und kantabel sich entfaltenden, in tiefer Lage (einem „C“) ansetzenden und sich über eine ganze Undezime bis zu einem hohen „F“ aufschwingenden melodischen Linie hin: „Auf der Straße stand ein Lindenbaum…“. Die erste Solo-Violine folgt ihr con sordino darin, die zweite und dritte tut das zunächst auch, beide bleiben dann aber zurück, so dass sich in ihren Bewegungen ein klanglich zart anmutendes Quarten-Intervall einstellt, das die Lieblichkeit der melodischen Linie noch steigert. Bei den Worten „Da hab´ ich zum ersten Mal im Schlaf geruht“ verharrt sie in silbengetreuer Deklamation lange auf diesem hohen „F“ und senkt sich danach über einen kleinen Bogen und eine Dehnung bei dem Wort „Schlaf“ in mittlere Lage ab. Auch die zweite Silbe von „geruht“ trägt dabei eine Dehnung. Man vernimmt es in klanglich geradezu betörender Weise: Das lyrische Ich gibt sich beseligt den Erinnerungen an einen die Seele von ihrem Leid erlösenden Schlaf unter dem Lindenbaum hin.
Der klangliche Zauber, der von dieser wie verzückt in hohe Lage aufsteigenden melodischen Linie ausgeht, setzt sich in den nachfolgenden Melodiezeilen fort, und in den kurzen Pausen dazwischen tragen Holzbläser und Streicher das Ihre dazu bei, indem sie in terzenseliger Weise Elemente der melodischen Linie wiederholen. Die bogenförmig fallende, wieder steigende und am Ende in eine Dehnung mündende melodische Linie auf den Worten „Der hat seine Blüten über mich gestreut“ wird von den ersten und den zweiten Violinen (pianissimo und con sordino) mitvollzogen, was ihre zauberhafte klangliche Eindringlichkeit geradezu unwiderstehlich werden lässt. Um dem gleichsam die Krone aufzusetzen, wiederholen die Klarinetten diese melodische Figur in Gestalt von Terzen im Nachspiel, und gegen Ende gesellen sich sogar noch die Violen dazu. Hier, an dieser Stelle, moduliert die Harmonik kurz nach f-Moll. Zwar kehrt sie am Anfang der dritten Melodiezeile („Da wußt ich nicht…“) wieder zu F-Dur zurück, aber das bleibt nicht stabil. Bei den Worten „das Leben tut“ ereignet sich eine Rückung nach b-Moll, und nach einer neuerlichen Rückkehr zum f-Moll bei der langen Dehnung, die in hoher Lage auf dem Wort „alles“ liegt, moduliert die Fallbewegung, die die melodische Linie in kleinen und großen Sekunden bei den Worten „alles wieder gut“ beschreibt, von einem F-Dur über ein g-Moll zurück zu F-Dur.
Wie sind diese kurzen Moll-Eintrübungen der Harmonik der melodischen Linie zu erklären? Der fahrende Geselle artikuliert sich in der dritten Strophe durchweg im Präteritum, bzw. im Imperfekt. Die lyrischen Aussagen erfolgen aus der Retrospektive, und von daher muten die Anflüge von Moll-Chromatik an wie das Hereinragen der Vergangenheit mit all ihren Leid-Erfahrungen in die Gegenwart. Das b-Moll liegt ja auf der kleinen Sekundfall-Bewegung der melodischen Linie bei den Worten „das Leben tut“, - das Leben, das im dritten Lied mit der Erfahrung des glühenden Messers in der Brust voll gegenwärtig war. Die Moll-Eintrübung bei dem Wort „wieder“, die bei der Wiederholung dieser Worte erneut erklingt, ist wohl eher wie der Ausdruck von Wehmut aufzufassen, vor allem deshalb, weil im ersten Fall die zweiten Violinen unmittelbar mit dem Wort „gut“ ihre überaus liebliche bogenförmige Terzen-Figur erklingen lassen und bei der Wiederholung der Worte („ach, alles wieder gut“) im Anschluss daran die ersten Violinen eine in hoher Lage ansetzende und von dort in Terzen und Sexten in mittlere sich absenkende, wiederum klanglich höchst eingängige, ja regelrecht süß wirkende melodische Figur artikulieren, in die hinein die Singstimme dann ihr zweimaliges „alles“ auf einem „A“ in mittlerer Lage pianissimo hineinhaucht.
Wunderbare Ruhe und Frieden strahlt die Musik der letzten Worte aus. Die Singstimme lässt von jeglicher Bewegung ab und deklamiert die einzelnen Worte und ihre Silben auf nur einem Ton, dem dann eine Pause folgt. Die tonale Ebene senkt sich dabei ganz langsam ab, und am Ende ereignet sich bei den Worten „Und Welt und Traum“ ein zweifacher Terzfall zu einem tiefen „A“, der Quarte zum Grundton. Auch im Orchester ist tiefe Ruhe eingekehrt. Nachdem die Streicher ihre so liebliche Fallbewegung aus dem doppelten „alles“ beendet haben, kommentieren nur noch die Hörner mit sich von Terzen zu Quarten erweiternden Rufen die Singstimme, und die Harfe lässt ihre permanenten Arpeggien erklingen.
Wenn das lyrische Ich zur Ruhe des „Alles wieder gut“ gefunden hat und man nun ein klanglich rundum harmonisches Nachspiel erwartet, erlebt man eine Überraschung. Sie kommt nicht laut daher, sondern im Pianissimo, das sich gar ins vierfache Piano zurücknimmt. Aber sie vermag gerade deshalb umso mehr zu treffen und nachdenklich zu stimmen. Erst artikulieren die Klarinetten eine in die Chromatik abgleitende Tonfolge „C-D“ – „Es-H“. Und dann, nach einer fast eintaktigen Pause, erklingt bei den Flöten in hoher Lage – durch eine fermatierte Pause getrennt und langsam immer mehr verlöschend – das zentrale „Blaue-Augen“ Motiv. Und es tritt nicht in Dur-Harmonisierung auf, wehmütig-schmerzliches f-Moll prägt es ganz und gar. Erst jetzt ist dieses Lied, und damit der ganze Zyklus, an sein Ende gelangt.