Ich sehe das etwas anders. Bellini und seine Zeitgenossen haben sich sicherlich auch für die Sujets interessiert, die sie vertonten.
Wohl wahr, denn die Wahl einiger Themen lässt darauf schließen, dass durch sie bewusst auch Sozialkritik geübt wird.
Die Schutzlosigkeit gegenüber der Staatsräson in Anna Bolena, die Gewissensnöte der Norma, die wie Aida zwischen Vaterland und Liebe entscheiden muss und die Tragik der Lucia, die aus der heute noch vielerorts lebenden Praxis der Zwangsehe entsteht, sind Vorlagen, die vermutlich eine gewisse moralische Haltung erfordern, um sie zu wählen. Ein Alibi ist es natürlich nicht, denn die meisten Genies können auch auf Knopfdruck Großes zustande bringen.