Der 45jährige, in Hamburg geborene Tenor Daniel Behle, Sohn der Sopranistin Renate Behle, hatte sich mit 11 Mozartarien und einer Mozart- sowie einer Schubert-Zugabe viel vorgenommen. Wo sonst das Orchester (L’Orfeo Barockorchester unter der Leitung von Michi Gaigg) mindestens nach jeder zweiten Arie eine konzertante Einlage zwecks Schonung der Solistin oder des Solisten einlegt, singt Behle nach der einleitenden Don Giovanni-Ouvertüre bis zur Pause durch („Dalla sua pace“ und „Il mi tesoro“ aus Don Giovanni, „Hier soll ich dich nun sehen“, „O wie ängstlich“, „Wenn der Freude Tränen fließen“ und „Ich bau ganz auf deine Stärke“ aus der Entführung sowie Taminos Bilnisarie). Nach der Pause und der Cosi-Ouvertüre folgten „Un’aura amorosa“ und „Ah, lo veggio“ aus Cosi fan tutte sowie abschließend „Se all’impero, amici Dei“ aus La Clemenza di Tito und „Fuor del mar ho un mar in seno“ aus Idomeneo.
Behles durchaus viriler, einen metallischen Kern aufweisender Tenor trägt gut in der Elbphilharmonie. Sie scheint dem eher weichen Klang der Ottavio-Stimme schon entwachsen zu sein. Da singt Dovlet Nurgeldiyev weicher und vor allem auch schöner, inniger, während es bei Behle nach einem Helden klingt, der Don Giovanni durchaus Kontra geben würde. Während der beiden Otavio- und auch der Belmonte-Arien kam mit durchaus in den Sinn, wenn der Tenor auf Wagner umschaltet, würden die Winterstürme im Großen Saal der Elbphilharmonie wunderbar klingen. Behle hatte eine für mich etwa befremdliche Neigung, bei den ersten Arien verstärkt die Resonanzräume des Kopfes zu nutzen, was meinem klanglichen Empfinden nicht entgegen kam, dafür wechselte er zum Teil ziemlich abrupt in die laute Bruststimme, was offenbar die Gesangsdramatik steigern sollte, mir aber doch etwas manieriert vorkam. Bei der Bildnisarie entfielen diese Einschränkungen, der Tenor muss die Stimme aber auch nicht so oft so hoch schrauben. Die Ferrando-Arien gelangen ebenfalls. Ganz in seinem Element war Behle bei den dramatischen Koloraturen der beiden letzten Arien, zu denen die gezielt eingesetzten Lautstärkeausschläge nach oben auch besser passten.
Insgesamt war es ein interessanter Abend, der Lust auf mehr macht, auf die großen Heldenpartien von Weber, Beethoven oder Wagner. Jetzt kam Daniel Behle mir eher wie ein beginnender Heldentenor vor, der seine Stimme mit Mozart noch einmal ölen wollte. Angekündigt ist Behle bereits mit dem Tenorpart aus Mahlers Lied von der Erde März 2020 in der Laeiszhalle mit den Hamburger Sinfonikern unter Sylvain Cambreling. Damit schlösse Behle zur Gruppe der drei Tenöre Kaufmann, Schager und Vogt auf, die diesen Part hier innerhalb des letzten Jahres gesungen hatten.