Konzert Daniel Behle, Elbphilharmonie, 16.10.2019

  • Der 45jährige, in Hamburg geborene Tenor Daniel Behle, Sohn der Sopranistin Renate Behle, hatte sich mit 11 Mozartarien und einer Mozart- sowie einer Schubert-Zugabe viel vorgenommen. Wo sonst das Orchester (L’Orfeo Barockorchester unter der Leitung von Michi Gaigg) mindestens nach jeder zweiten Arie eine konzertante Einlage zwecks Schonung der Solistin oder des Solisten einlegt, singt Behle nach der einleitenden Don Giovanni-Ouvertüre bis zur Pause durch („Dalla sua pace“ und „Il mi tesoro“ aus Don Giovanni, „Hier soll ich dich nun sehen“, „O wie ängstlich“, „Wenn der Freude Tränen fließen“ und „Ich bau ganz auf deine Stärke“ aus der Entführung sowie Taminos Bilnisarie). Nach der Pause und der Cosi-Ouvertüre folgten „Un’aura amorosa“ und „Ah, lo veggio“ aus Cosi fan tutte sowie abschließend „Se all’impero, amici Dei“ aus La Clemenza di Tito und „Fuor del mar ho un mar in seno“ aus Idomeneo.

    Behles durchaus viriler, einen metallischen Kern aufweisender Tenor trägt gut in der Elbphilharmonie. Sie scheint dem eher weichen Klang der Ottavio-Stimme schon entwachsen zu sein. Da singt Dovlet Nurgeldiyev weicher und vor allem auch schöner, inniger, während es bei Behle nach einem Helden klingt, der Don Giovanni durchaus Kontra geben würde. Während der beiden Otavio- und auch der Belmonte-Arien kam mit durchaus in den Sinn, wenn der Tenor auf Wagner umschaltet, würden die Winterstürme im Großen Saal der Elbphilharmonie wunderbar klingen. Behle hatte eine für mich etwa befremdliche Neigung, bei den ersten Arien verstärkt die Resonanzräume des Kopfes zu nutzen, was meinem klanglichen Empfinden nicht entgegen kam, dafür wechselte er zum Teil ziemlich abrupt in die laute Bruststimme, was offenbar die Gesangsdramatik steigern sollte, mir aber doch etwas manieriert vorkam. Bei der Bildnisarie entfielen diese Einschränkungen, der Tenor muss die Stimme aber auch nicht so oft so hoch schrauben. Die Ferrando-Arien gelangen ebenfalls. Ganz in seinem Element war Behle bei den dramatischen Koloraturen der beiden letzten Arien, zu denen die gezielt eingesetzten Lautstärkeausschläge nach oben auch besser passten.

    Insgesamt war es ein interessanter Abend, der Lust auf mehr macht, auf die großen Heldenpartien von Weber, Beethoven oder Wagner. Jetzt kam Daniel Behle mir eher wie ein beginnender Heldentenor vor, der seine Stimme mit Mozart noch einmal ölen wollte. Angekündigt ist Behle bereits mit dem Tenorpart aus Mahlers Lied von der Erde März 2020 in der Laeiszhalle mit den Hamburger Sinfonikern unter Sylvain Cambreling. Damit schlösse Behle zur Gruppe der drei Tenöre Kaufmann, Schager und Vogt auf, die diesen Part hier innerhalb des letzten Jahres gesungen hatten.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Ich habe Daniel Behle ja im Febraur 2018 in Hamburg als Erik erlebt - das schrie für meine Ohren eher nicht nach größeren heldischen Aufgaben...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber

    Der Erik ist aber auch eine sehr undankbare Partie, ich habe ihn als Erik (auch?) am 24.2.18 (mit Lundgren als Holländer und Groissböck als Daland, beide sehr gut, Ingela Brimberg als Senta nicht so gut) gehört und fand ihn überzeugend, auch sein Max im Jahre 2016 hat mich überzeugt. Vielleicht vermeidet Behle auch die Festlegung auf das Heldenfach, weiß man, wie sich ein Tenor nach der Schreipartie Erik stimmlich fühlt?

    Herzliche Grüße, Ralf Reck

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  • Lieber Ralf, wenn Du das Programm nochmal nachhören möchtest, hier ist die CD!

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Ralph Reck!


    Hab herzlichen Dank für Deinen Bericht über das Mozart-Konzert von Daniel Behle.

    Ich fand ihn sehr interessant, da ich Behles Karriere in einem früheren Stadium sehr intensiv und mit viel Sympathie verfolgt hatte, in jüngster Zeit aber außer seinem David in den Meistersingern nichts mehr von ihm live gehört habe.


    Könntest Du nicht Deine detailliert geschilderten Eindrücke auch im Daniel-Behle-Thread (letzter Beitrag: Daniel BEHLE - Lied und Oper) einstellen?
    Da könnte dann auch der Hinweis auf die CD mit Mozart-Aufnahmen von Rheingold platziert werden! Obwohl die Karriere von Daniel Behle in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen hat, ist seit Oktober 2012 leider kein Beitrag in dem Thread mehr erschienen.


    Ich finde es immer wieder betrüblich, dass über Stimme und Gesang von Sängern unserer Tage meist nur in Threads berichtet wird, in denen Eindrücke von aktuellen Opern- oder Konzertbesuchen beschrieben und besprochen werden. Solche Threads sind natürlich verdienstvoll - aber: nach ein paar Tagen tauchen sie doch meist in den Tiefen des Forums unter.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich fand ihn sehr interessant, da ich Behles Karriere in einem früheren Stadium sehr intensiv und mit viel Sympathie verfolgt hatte, in jüngster Zeit aber außer seinem David in den Meistersingern nichts mehr von ihm live gehört habe.


    Daniel Behle singt in den nächsten Wochen übrigens den Lohengrin in Dortmund (mit Christina Nilsson als Elsa) und in Stuttgart.

  • Daniel Behle singt in den nächsten Wochen übrigens den Lohengrin in Dortmund (mit Christina Nilsson als Elsa) und in Stuttgart.

    Diese Meldung ist sehr interessant. Ein wenig habe ich Befürchtungen, ob diese Partie nicht doch zu früh für diesen Sänger sein könnte. Andererseits "Wer nicht wagt der nicht gewinnt.

    Herzlichst

    Operus Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Caruso41, ich habe den Text, gering verändert, in den von Dir empfohlenen Thread eingefügt. mit dem CD-Hinweis von Rheingold1876 gelang es mir allerdings noch nicht. Ralf reck

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