• Neben Voces8, den Cambridge Singers, den King´s Singers und wenigen weiteren Chören von der dunklen und nebligen Insel gehört Tenebrae zu der kleinen Gruppe der weltweiten Spitzenchöre. Sie wurden hier schon einigemale erwähnt, sind aber bisher ohne eigenen Thread; diesem Mangel soll hiermit abgeholfen werden.


    Fangen wir mit einer wirklich beeindruckenden Vorstellung an, Chesnokov, Tebe poem.


  • Tenebrae wurde 2001 von einem ehemaligen Mitglied der King´s Singers gegründet: Nigel Short. Anders als Voces8, die ja schon vom Namen her auf eine bestimmte Mitgliederzahl festgelegt sind, steht auf der Website von Tenebrae nichts zu Anzahl und Namen der Mitglieder, es scheinen zur Zeit 16 zu sein.


    Das Motto lautet "Passion and Precision", und das hört man auch.


    Sie singen Stücke aus der Zeit vom 16. bis zum 21. Jahrhundert.


    Das nächste Stück ist das bekannte If ye love me von Thomas Tallis.


  • Lieber m-müller ja, die gefallen mir auch sehr! :)


    Versa est in luctum - Lobo - Tenebrae conducted by Nigel Short

    Versa est in luctum wurde 1598 nach dem Tode Philipps II. komponiert und ist eine angemessen majestätische Motette für sechs Stimmen - die Musik, die die himmlischen Harfen, Orgeln und Stimmen beschwört, auf die im Text Bezug genommen wird.

    Hier noch zwei Empfehlungen auf CD....


    Thomas Tallis "Lamentationes Jeremiae

    Tomas Louis de Victoria, Requiem "Officium defunctorum" (1605)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Vielen Dank für die CD-Empfehlungen, lieber Fiesco!

    Sehr gut, diese Empfehlungen, denn Fiesco kennt sich echt aus. Aber du hättest diese Empfehlungen schon Monate früher bei mir lesen können. Aber besser spät als gar nicht.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Tenebrae in Rehearsal:

    Folgende Tipps würde ich für weitere Proben geben (auch Chöre der Champions League) brauchen das. Ich selbst habe das Stück mehrfach in verschiedenen Chören gesungen, für Laienchöre ist es die Hölle! Also Respekt erstmal für Tenebrae.

    1. Es ist zu schnell. Dadurch hört man eigentlich nur sich jagende Koloraturen.

    2. Es ist zu sopranlastig. Die tollen Koloraturen der andern Stimmen gehen unter. Sie kommen bei mir eher als Gewusel an.

    3. An den Enden einiger Phrasen werden diese zu kurz abgerissen, wo eine kleine Pause angebracht wäre, statt atemlosem Schnappatem.. Das ist die Standard-Crux bei zu schnellem Singen.

    4. Alle drei Punkte führen bei mir zum Eindruck einer gewissen Sterilität.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Lieber Pingel,


    Du hast Recht, das Stück ist für Laienchöre tatsächlich die Hölle. Aber Tenebrae ist ja kein Laienchor.


    Hinsichtlich Geschwindigkeit würde ich Dir nicht Recht geben, bei einem Vergleich mit mehreren anderen ernstzunehmenden Chören liegt Tenebrae in der Mitte, es gibt etliche, die schneller sind.


    Bei der Sopranlastigkeit würde ich zustimmen, das kann aber auch an der Aufnahme liegen, wenn die Mikrofone zu weit in Richtung erste Reihe angeordnet sind. Aber vermutlich ist die Aufnahme im Studio erfolgt, also unabhängig vom Video, dann müßte man den Tontechniker schelten. Denn an sich singen (nach meinem Eindruck) die anderen Stimmen genauso laut wie die Sopräne.


    Im Vergleich zu den anderen auf youtube verfügbaren Aufnahmen würde ich Tenebrae recht weit vorn ansiedeln (übrigens auch die 8 Jahre alte Aufnahme der Voces8, die damals sicher noch keine Supertruppe waren).


    Hinzu kommt, daß das eigentliche Stück mit Instrumentalbegleitung aufgeführt werden soll (Mozart meinte gar, man müsse ein ganzes Orchester dafür haben), die hier gehörte Probe also noch nicht als das tatsächliche Stück gelten kann.


    Welche Aufnahme gefällt Dir besser?

  • Ich muss zugeben, dass ich bei den Bachschen Motetten parteiisch bin. Sie gehören zu meinen ungeliebten Stücken; das Magnificat gehört auch dazu. Ich habe Jahrhunderte gebraucht, um "Jesu, meine Freude" zu lernen. Bei Bach gerate ich immer an meine Grenzen, was für die Johannespassion nicht gilt. Der Hauptpunkt ist, dass es keine Stücke zum Singen sind, sondern verkappte Streicherkompositionen. Nur dort findest du so wahnsinnige Koloraturen, für die man ein Studium braucht. Es ist ja auch bezeichnend, dass Nigel Short hier nur dirigiert und nicht mitsingt Außerdem habe ich bei diesen Sachen, ähnlich wie bei den Ouvertüren und den Brandenburgischen Konzerten, den Verdacht, dass es absichtlich komplizierte Sachen sind, um bei den Höfen Anstellung zu finden. Vor Jahren gab es im WDR eine kleine Sendereihe eines Musikprofessors, der darlegte, dass Bach gar nicht der 5. Evangelist werden wollte und auf die geistliche Musik auswich, weil er am Hof keine Anstellung bekam. Ein weiterer Beweis ist, dass Bach nicht oft eine sinnvolle Textverteilung hat. Außerdem beweist das Parodieverfahren, dass er auch bequem andre Texte unterlegen konnte. Als ich zum ersten Mal die Kantate "Herkules am Scheidewege" hörte, waren mir alle Stücke bis auf eines wohlbekannt: das "Weihnachtsoratorium" als Querschnitt (so wie früher die Opernquerschnitte). Mein entscheidendes Kriterium aber ist dies: Schütz und Polyphonie liebe ich weit mehr, obwohl Bach immer große Kunst ist. Schütz schreibt immer für Sänger, zu denen sich auch Instrumente gesellen können. Dass Schütz a-cappella die größte Kunst sei, ist ein Irrtum. Schütz schreibt auch genau auf den Text. Wenn ich bestimmte Bibelstellen im Kopf habe, habe ich meist die Schützsche Komposition gleich dazu; und weil es so sinnvoll ist, behalte ich diese Texte auch. Die Vokalpolyphonie ist mindestens genauso gut wie Bach, ist aber trotz Koloraturen leichter zu singen. Vor allem ist hier jede Stimme wichtig, man darf nur nicht rauskommen.

    Du weißt ja, dass vor allem mein Lieblingskomponist Victoria von keinem Chor besser gesungen wird als von "Tenebrae"

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  • Den Tenebrae Choir verfolge ich schon die letzen Jahre.


    Im a cappella Bereich einer DER Chöre meiner Meinung nach :hail::hail::hail:.

  • Der ultimative Showdown zwischen Voces8 und Tenebrae - Tenebrae hat vor kurzem zwei Stücke von Byrd aufgenommen, die Dr. Pingel in der Version der Voces8 als sinngemäß ´zwei der bestgesungenen Chorstücke überhaupt´ geadelt hat.


    Mal sehen, wie sich dagegen Tenebrae schlägt.


    Ne irascaris Domine


    Civitas sancti tui

  • Unglaublich! Ich kenne das Stück ja gut, weil ich es auch schon gesungen habe. Das hier ist die absolute Perfektion. Die Stimmen sind gut zu hören, etwa der Bass, den man sonst wenig hört. Die Soprane, so rein, so dynamisch. Trotzdem gibt es einen faszinierenden Gesamtklang. Also, das ist alles so gut, dass ich jetzt hier nicht weiterschreibe. Voces8 werde ich nochmal afsuchen. Eine sehr gute Aufnahme ist auch die etwas ältere von "Stile antico".

    Ich habe jetzt Voces8 nochmal gehört: die gleiche Perfektion, aber anders ausgeführt. Bei Voces8 wird kräftiger gesungen, besonders im ersten Teil. In diesem Fall klingt die Musik wie eine Anklage. Tenebrae singt es eher melancholisch, geprägt von unendlicher Traurigkeit. Es ist sozusagen innerlicher. Nach den Regeln des Basketballs würde ich 101 (Tenebrae) zu 100 (Voces8) urteilen.


    Nachtrag: nach mehrmaligem Hören fällt mir besonders auf, wie überragend die Männerstimmen sind. Der Bass ist ja geteilt, was seine Wichtigkeit in diesem Stück unterstreicht. Eine heikle Stelle ist in "Civitas sancti tui", wenn die tiefen Stimmen alleine singen, da ist die Gefahr des substanzlosen Singens besonders groß.

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  • John Michael Trotta, Dies Ira aus Requiem



    Noch ein zeitgenössischer Komponist, der auch noch anderes kann als schräge Töne. Tenebrae auf dem erwartbaren hohen Niveau.

  • Bruckner, Os justi



    Oh ja, sie sind wirklich gut, aber nach etlichem Hin- und Herhören erscheint mir der Gesamtchorklang bei Voces8 harmonischer, weicher, stimmiger. Es sind nur kleine Nuancen, und ich kann es auch nicht an bestimmten Stellen festmachen, aber, lieber Pingel, meine 101 Punkte gehen an Voces8 und die 100 an Tenebrae.

  • Wir haben in meinem ersten Vokalensemble einige Bruckner-Stücke gesungen. Ich bin aber doch erstaunt, wie gut diese Stücke sind, wenn sie nicht von Männerchören mit 100 Kehlen geschmettert werden, bei denen anschließend einige Sänger ins Sauerstoffzelt verfrachtet werden müssen, sondern von kleinen Ensembles. Die Gefahr ist allerdings, dass diese die großen dynamischen Veränderungen nicht adäquat singen können, wozu unbedingt ein ff oder fff gehört. Das ist bei Voces8 und Tenebrae natürlich nicht der Fall, da singt ja jeder für drei.. Welche Aufnahme ich nun vorziehe, kann ich nicht entscheiden, was an der Aufnahme-Technik liegt. Voces8 ist distanzierter und es ist nur eine Tonaufnahme, das sind keine gleichen Bedingungen.

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  • Orlando di Lasso, Musica dei donum optime

    Was für ein Klang, was für ein Ambiente! Auch mit einem kleinen Ensemble kann man eine subtile Pracht erzeugen. In letzter Zeit achte ich mehr auf die Männerstimmen. Die große Crux vieler Ensembles ist, dass vor allem die Bässe zu leichtgewichtig sind und in dem ganzen "Gewimmel" (sorry for that) untergehen und man über den silbrig schimmernden Sopranen (makellos und ohne tremolo) die Männer nur als einen diffus brodelnden Untergrund wahrnimmt.

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  • Sie können auch schrecklich




    James MacMillian (1959), schottischer Komponist

    So schrecklich ist es nicht. Es erinnert mich an den Amerikaner Whitacre oder an die skandinavischen modernen Komponisten mit ihren wunderbaren "Nebelmusiken", Nysted z.B.

    Da hätte ich die Idee, ein Konzert nur mit schottischen Komponisten oder mit Musik, die sich auf Schottland bezieht (war da nicht was mit Beethoven, Mendelssohns Schottische sowieso) zu veranstalten, mit exorbitanten Eintrittspreisen, dafür aber jede Menge freiem Whisky.

    Mein diesem Stück vorausgegangener Klick war irgendwas mit dem Gewandhausorchester unter der Leitung von Kurt Masur. Das ist ja eine Dirigentenlegende in der Kategorie "Undurchschaubarer Wuselkönig"! Hier jedoch dirigiert Nigel Short musterhaft: knappe Bewegungen, präzise Einsätze. So einen Dirigenten habe ich auch. Wenn man die ganzen Clowns an den Dirigentenpulten sieht.... ich könnte vor Lachen nicht spielen.

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  • Whitacer ist ja fast auschließlich tonal und harmonisch, das vermisse ich hier weitgehend. Zum Schluß wird es angenehmer.


    Hier in der Nähe, in Balve, in Europas größter "Kulturhöhle", gibt es einmal pro Jahr ein Irish Folk Festival. Das ist zwar nicht klassisch, aber die Folk-Musik ist nah an der schottischen. Kenntnisse schottischer oder irischer Klassik gehen mir weitgehend ab.

  • Thomas Tallis - O sacrum convivium



    mehr nach meinem Geschmack - auf einem kräftigen Renaissance-Klangfundament wiegen sich die einzelnen Stimmen durch das Stück

  • In meinem Schreibtisch, Unterthema Pingels Chorbuch, findet sich im letzten Eintrag zwei Aufnahmen von Komm, Jesu komm von Bach. Hier oder im Thema Voces8(auch von M.Müller) könnt ihr kommentieren. Ich werde erstmal nichts dazu sagen.

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