Hallo Experten, Hallo Einsteiger,
derzeit schießen sie hier im Tamino-Klassikforum wie Pilze aus dem Boden.
Die Einsteigerthreads!
Also Threads, in denen der Versuch unternommen wird, einem Einsteiger einen Komponisten oder eine Musikrichtung näherzubringen.
Folgende Beispiele aus jüngster Vergangenheit wären hier zu nennen:
Bruckner für Einsteiger-welche Einspielungen sind empfehlenswert?
Schostakowitsch für Einsteiger
Kammermusik für Einsteiger.
Ich begrüße diese Entwicklung außerordentlich (noch mal Dank an alle, die mir bei meinen Einstiegen bisher halfen ). Ein Thema brennt mir allerdings schon lange unter den Nägeln. Nachdem ich nun den noch jungen Kammermusikthread angelesen habe, kann ich nicht mehr länger an mich halten. Sinngemäß lese ich aus vielen Beiträgen solcher Threads immer wieder eine Botschaft wie die folgende heraus:
„Soooo, Du willst also einsteigen. Na dann suchen wir Dir doch mal ein besonders gefälliges, leicht zugängliches Stück heraus!“
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Bin unendlich dankbar für solche Threads und habe selber schon sehr viel raus gezogen. Aber der Ansatz, starken Tobak vermeiden und auf leicht zugängliche Werke verweisen funktioniert sicherlich nur sehr bedingt. Einige hatten behauptet, der Bruckner Thread sei an der einen oder anderen Stelle entgleist und ginge zu sehr in die Tiefe. Der Detailierungsgrad sei für einen Einsteiger oft zu hoch. Mir hat eben das gefallen. Diese zwanglose und uneingeschränkte Diskussion über das gesamte Werk eines Komponisten. Ich konnte dort rauslesen, was die Faszination Bruckner ausmacht und habe unendlich viele Anregungen bekommen. Und genau hierin sehe ich Sinn und Zweck solcher Threads. Einen Überblick schaffen. Nicht etwas Gefälliges für den unbedarften Einsteiger raus suchen. Den gibt es nämlich gar nicht, den Einsteiger. Es kommt nämlich immer darauf an, wo der Einsteiger herkommt, was er mitbringt und wo er hin will.
Nehmen wir an Edwin möchte sich einer Musikrichtung nähern, die er bisher sträflich vernachlässigte (oder unterschätzte ). Würdet Ihr ihm etwas leicht zugängliches oder nicht doch eher etwas künstlerisch wertvolles und musikhistorisch bedeutendes raus suchen. Ich weiß, das eine schließt das andere nicht aus, aber Ihr versteht sicherlich worauf ich hinaus will.
Nehmen wir an, ein Freund von Bruckner, Mahler und Schostakowitsch, der sich in der Vergangenheit hauptsächlich den sinfonischen Werken dieser Komponisten widmete, möchte nun das Thema Kammermusik angehen. Würdet ihr ihm die Mozart Sonaten für Klavier und Violine oder nicht doch eher Schostakovitsch’s 8tes Streichquartett ans Herz legen?
Ähnliches gilt für den Klassikeinsteiger an sich. Da hört man immer wieder „Zauberflöte“. Als ich in die Klassik einstieg, fand ich die Zauberflöte kindisch, naiv und kitschig. Heute sehe ich die Zauberflöte ganz anders und erkenne diese als Kunstwerk, welches seinesgleichen sucht, an, verstehe aber jeden, der heute so denkt wie ich damals. Ich war vorbelastet durch harte Stromgitarrenmusik, Hip Hop und Techno. Deswegen konnte ich mit Mahler erst mal mehr anfangen als mit Mozart. Den Mozart hab ich mir erarbeitet und erst über die Zeit das Schöne in der klassischen Musik entdeckt.
Ich erhoffe mir ganz konkrete Dinge von solchen Einsteiger Threads. Ich einen Überblick. Viele Meinungen. Expertenmeinungen. Die Meinungen Gleichgesinnter. Was macht die Faszination Bruckner aus? Wieso liebt ihr Kammermusik? Wie habt ihr damals den Einstieg gefunden? Was war musikhistorisch bedeutend und warum. Hinweise auf Referenzeinspielungen. Prädestinierte Interpreten. Hinweise auf weiterführende Literatur. Werksbeschreibungen. Wie wirkt welches Werk auf Euch. Dieses Werk ist starker Tobak, dieses Werk ist sehr melodisch, dieses Werk ist sehr düster...
Hilfe zur Selbsthilfe ist meiner Meinung nach angesagt.
Nicht,
Brukner? Ganz klar: 4-7-3-9-5-8…
Wie seht Ihr das?
Als Experten, als Einsteiger.
Auf eine angeregte Diskussion freut sich
Euer GalloNero